Menü

Abenteuer jetzt

von Elke Burkholz (Messel)

Predigtdatum : 15.03.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Okuli
Textstelle : Lukas 9,57-62
ggf. Homepage, auf der die Predigt verzeichnet ist : http://www.elkeburkholz.com
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes. (Lukas 9,62)

Psalm: 34,16-23

Predigtreihen

Reihe I: Jeremia 20,7-11a(11b-13)
Reihe II: Lukas 9,57-62
Reihe III: Epheser 5,1-2(3-7)8-9
Reihe IV: 1. Könige 19,1-8(9-13a)
Reihe V: Lukas 22,47-53
Reihe VI: 1. Petrus 1,(13-17)18-21

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 452 Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied: EG 391 Jesu, geh voran
Predigtlied: EG 640 Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen, EG 390 Erneure mich, o ewigs Licht
Schlusslied: EG 97 Holz auf Jesu Schulter

Predigttext Lukas 9,57–62

Vom Ernst der Nachfolge

57 Und als sie auf dem Wege waren, sprach einer zu ihm: Ich will dir folgen, wohin du gehst.
58 Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.

59 Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.
60 Er aber sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!
61 Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich Abschied nehme von denen, die in meinem Hause sind.
62 Jesus aber sprach zu ihm: Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

Träumen sie manchmal von einer Weltreise? Denken Sie manchmal: Mein Leben ist so sinnlos. Ich würde gerne etwas Großes erreichen, aber ich weiß nicht wie? Jesus lädt sie ein zu einem Abenteuer, das durch nichts zu toppen ist. Aber wie das bei  Abenteuern vermutet werden kann, ist es anstrengend und herausfordernd sich darauf einzulassen. Wie herausfordernd lesen wir in Lukas 9, 57-62:

(Predigttext)

Jesus wollte keine Kirche gründen, sondern er hat nach Leuten gesucht, die sich für das Reich Gottes einsetzen. Er sagt, was man dafür tun muss: Alles Alte, alle Bindungen hinter sich lassen und ihm folgen. Auch die Familie darf einen nicht aufhalten. Und dann muss man es in kauf nehmen, dass man keine Heimat mehr hat, nirgends zu Hause ist und immer unterwegs sein muss.

Für mich klingt das nicht besonders attraktiv. Sicher ist es ein Abenteuer. Vielleicht ist es das, wovon Menschen träumen, wenn sie um die Welt reisen möchten. Aber ich bin mehr für das zu Hause bleiben und Sicherheit haben. Ich soll meine Sicherheit aufgeben für etwas so Nebulöses wie das Reich Gottes? Was ist das überhaupt, dass Jesus ein solchen Opfer dafür von mir verlangen kann?

Das Reich Gottes, das ist für Jesus das Wichtigste. Er ist gekommen, um das Reich Gottes zu verkünden. Alles, was er sagt, alles, was er lebt, dreht sich um das Reich Gottes. Und trotzdem ist es nicht so einfach zu sagen, was das Reich Gottes eigentlich ist. Es hat etwas mit dem wahren Leben zu tun. Es ist das, was Gott auf der Erde bewirkt und es ist das, was über dieses Leben hinaus geht. Jesus redet darüber in Gleichnissen. Das Reich Gottes ist klein wie ein Senfkorn und wächst heran zu einem großen Strauch. Das Reich Gottes ist wie ein Vater, der sich freut, weil sein verloren geglaubter Sohn zurück kommt. Das Reich Gottes ist wie ein Hochzeitsfest, zu dem alle eingeladen sind. Das Reich Gottes ist Frieden und Gerechtigkeit und die Hoffnung, dass Gott sich durchsetzt und dass das Böse mit Gutem überwunden werden kann. Das Reich Gottes, das ist Heilung für alle, die krank sind und Leben für uns, die wir vom Tod bedroht sind. Das Reich Gottes ist dort, wo niemand ausgeschlossen wird und wo wir erleben, dass wir die Schuld ablegen können und uns vergeben wird. Kurz zusammen gefasst: Das Reich Gottes ist da, wo Gott herrscht, und Frieden und Gerechtigkeit sich küssen.

Ja, das ist schon gut. Natürlich sehnen wir uns nach diesen paradiesischen Zuständen. Und klar werden wir uns auch gerne für eine bessere Welt einsetzen.

Aber warum um Himmels Willen müssen wir dafür unsere Sicherheit, unsere Familie und alle unsere alten Bindungen zurück lassen?

Vielleicht liegt es daran, dass wir innerlich und äußerlich an die herrschende Ungerechtigkeit und die dauernden Auseinandersetzungen, in denen wir leben, gebunden sind. Und diese Bindungen müssen wir tatsächlich lösen, um mit Jesus gehen zu können und frei zu sein für ein erfülltes Leben.

Jugendliche lösen sich von ihren Eltern und orientieren sich mehr an Gleichaltrigen. Das ist wichtig, um herauszufinden, wer sie wirklich sind unabhängig von ihrer familiären Herkunft, um die wichtigen Lebensentscheidungen, die vor ihnen liegen, treffen zu können. Das ist für Eltern und Jugendliche schmerzhaft. Und Eltern können ihren Kindern dabei helfen, indem sie sie loslassen und selbst eigene Wege auch unabhängig von ihren Kindern gehen.

Und auch als Erwachsene müssen wir uns von dem lösen, was wir in unseren Familien erlebt haben. Wir müssen uns von dem lösen, wie andere uns sehen. Wir sind einfach nicht mehr Papas Liebling oder das schwarze Schaf. Wir sind nicht mehr das bevorzugte oder benachteiligte Kind. Wir müssen nicht mehr um Anerkennung von wem auch immer kämpfen. Lassen wir die Toten ihre Toten begraben. Und blicken wir nach vorne, zu dem, wo wir hinwollen. Da hat Jesus recht. Wir müssen uns von dem, was war absetzen und dem zuwenden, was werden kann. Das heißt unsere Lebensreise nicht von unserer Herkunft sondern von unserer Zukunft her bestimmen. Das kann ein innerer Prozess sein oder eine wirkliche äußere Reise. Auf jeden Fall ist es ein Abenteuer.

Vom christlichen Glauben geht eine ungewöhnliche Abenteuerlust aus. Missionarinnen und Missionare haben ihr altes Leben in Europa zurück gelassen, um irgendwo in der Welt neu anzufangen und das Evangelium zu verkünden. Sie wollten andere Kulturen kennen lernen, neues erleben, mit anderen Menschen zusammen sein. Und die meisten Missionar haben sich auf die neuen Kulturen eingelassen und sind in Dialog mit den Menschen, denen sie das Evangelium bringen wollten, eingetreten. Sie haben große Opfer gebracht, haben unter schwierigsten Bedingungen gelebt und sind oft auch früh gestorben. Aber auch im alten Europa ist man damals früh gestorben. Jedenfalls hat der christliche Glaube ihnen ermöglicht ihre Abenteuerlust und ihre Wünsche nach Weltreisen auszuleben. Und die Menschen, die sie getroffen haben, fanden die Missionare meistens ziemlich verrückt aber auch spannend und neue Möglichkeiten eröffnend.

Das Christentum hat aber auch eine große Tradition von innerer, seelischer Entwicklung sowohl in Gemeinschaften als auch zurückgezogen alleine. Bei beidem ging es immer darum, sich vom Alten zu lösen, und einen neuen Weg zu finden, der der eigentlichen Bestimmung entspricht -  ein Weg, der immer zu neuen Begegnungen mit anderen Menschen geführt hat. Das können Begegnungen sowohl mit Leuten sein, die man schon von Kindesbeinen an kennt als auch mit Menschen aus völlig anderen Kulturen. Für beides brauchen wir die Offenheit, zu der Jesus uns hier einlädt. Wer die Hand an den Pflug legt und schaut zurück, wird keine geraden Linien pflügen können. Das Reich Gottes liegt vor uns nicht hinter uns. Das Abenteuer kann innen wie außen stattfinden, in beiden Fällen müssen wir uns von dem lösen, was hinter uns liegt, um auf das zuzugehen, was Gott uns schenken wird.

Es gibt bei uns heute auch beide Wünsche in unserer Brust, der Wunsch nach unterwegs sein und der Wunsch nach zu Hause in Sicherheit sein. Beide haben ihr Recht. Und beide haben einen Ort in der Nachfolge Jesu. Innerer oder auch äußerer Abstand von allem, was uns zu sehr bindet und festlegt ist wichtig. Aber auch geborgen zu sein bei dem Gott, dessen Reich in dieser Welt wächst und der uns beschützt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!

Verfasserin: Elke Burkholz