Wochenspruch: "Bei dir ist die Vergebung, dass man dich fürchte." (Ps 130,4)
Psalm: 143,1–9 (EG 755)
Reihe I: Matthäus 18,21-35
Reihe II: Römer 7,14-25a
Reihe III: Jesaja 44,21-23
Reihe IV: Matthäus 18,15-20
Reihe V: 1. Johannes 2,12-14
Reihe VI: Micha 6,1-8
Eingangslied: EG 168,1-3 Du hast uns, Herr, gerufen
Wochenlied: EG+ 75 Da berühren sich Himmel und Erde
Predigtlied: EG+ 50 Ich sage ja
Schlusslied: EG 168,4-6 Wenn wir jetzt weitergehen
12 Liebe Kinder, ich schreibe euch, dass euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen. 13 Ich schreibe euch Vätern; denn ihr habt den erkannt, der von Anfang an ist. Ich schreibe euch jungen Männern; denn ihr habt den Bösen überwunden. 14 Ich habe euch Kindern geschrieben; denn ihr habt den Vater erkannt. Ich habe euch Vätern geschrieben; denn ihr habt den erkannt, der von Anfang an ist. Ich habe euch jungen Männern geschrieben; denn ihr seid stark, und das Wort Gottes bleibt in euch, und ihr habt den Bösen überwunden.
Hört, hört! Ein Brief! Das ist heute, im Zeitalter von WhatsApp, Instagram & Co. als Kommunikationsmittel selten geworden.
Ein Brief also. An drei Generationen. An die junge, die mittlere und die Generation der Alten. Der Verfasser des Briefes erinnert sie an die großen Worte des Glaubens: Sündenvergebung, Gotteserkenntnis, Überwinden des Bösen.
Große Worte. Alte Worte? Wäre ein solcher Brief für uns heute noch interessant? Wären das noch unsere Themen? Sündenvergebung, Gotteserkenntnis und Überwinden des Bösen? Oder würden wir einen solchen Brief gleich zur Seite legen und sagen „das ist nichts für mich“?
Vielleicht braucht es heute andere Worte; solche, die uns reizen, neugierig machen. Vielleicht braucht es eine Übersetzung in unsere Zeit.
Worum es aber geht, egal, ob ich alte oder zeitgenössische Worte lese: Wir alle, die wir zu Christus gehören, sind angesprochen auf unseren Glauben. Auf einen Glauben, der damit rechnet, dass Gott seine Welt nicht im Stich lässt, sondern erhält und bewahrt. Auch dort und zu Zeiten, wo wir das nicht spüren und wo wir um uns herum so viel erleben, das zum Gotterbarmen schreit: Kriege an so vielen Orten dieser Welt, immer noch, Neid und Missgunst, Naturgewalten, von Menschen verübte Gewalt. Wie sollen wir in solch einer Welt, in der wir all das erleben, Gott erkennen?
Ein kräftiges Zeichen der Gegenwart Gottes, das wünschen wir uns. Eines, das wir nicht übersehen oder überhören können. Und unsere Mitmenschen auch nicht. Aber Gott naht sich nicht immer in großen Zeichen. Oft zeigt er sich ganz anders als wir denken oder wünschen. Ich denke da an die Begegnung von Elia mit Gott, von der das 1. Königebuch erzählt. Elia wird aufgefordert, an den Eingang der Höhle zu treten, in die er sich verkrochen hatte. Und es geschieht ein heftiger Wind, ein großes Erdbeben, ein Feuer. In all dem aber ist Gott nicht zu finden. Danach ein stilles sanftes Sausen. Als das Elia hört, verbirgt er sein Angesicht und tritt an den Eingang der Höhle.
Die Stimme Gottes, sein Wirken überhaupt, kann ich nur in der Stille wahrnehmen. Im achtsamen Hören. Dafür braucht es Zeit. Und die muss ich mir nehmen. Wie in jeder guten Beziehung. Wenn das gelingt, wenn ich mir Zeit nehme für Gott, dann mache ich bisweilen die Erfahrung: Ja, Gott ist da. Für mich. Für andere. Wir können etwas von Gott ahnen und von seinem Wirken, von seinem Sein.
„Deine Sünden sind dir vergeben“. Diesen Satz lesen wir immer wieder in den Evangelien, wenn Jesus einen Menschen geheilt oder in neues Verhältnis zu sich selbst und seinen Mitmenschen gestellt hat. „Deine Sünden sind dir vergeben.“ Das setzt ganz neue Perspektiven frei. Ich kann anders handeln. Ich kann neu anfangen. Mit mir selbst. Und mit anderen. Vielleicht besonders mit denen, denen ich Unrecht getan habe. Ich kann sie um Vergebung bitten, weil ich glauben darf, dass Gott mir vergeben hat. Das ist möglicherweise nicht in jedem Fall so leicht zu erreichen. Mitunter braucht es einen langen Atem und Zutrauen, immer wieder den Kontakt zum anderen zu suchen. Und wenn wir dann die Erfahrung machen, dass der andere neu auf uns zugeht – was für ein Glück ist das, was für ein Geschenk, ja, eine Gnade. Als Glaubende können wir dann auch sagen: Da ist Gott dabei. Er schenkt die Kraft zur Versöhnung, zum Neuanfang. Und wir bekommen eine neue Chance für uns selbst und miteinander.
„Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Diese zentrale Bitte des Vaterunsers klingt auch hier im Predigttext an. „Ihr habt den Bösen überwunden.“ Das kann hier vielleicht als das personifizierte Böse gedacht sein, der Teufel, der Verführer, der Durcheinanderbringer. Aber es muss uns nicht zu Bildern im Kopf führen, zu einem Wesen mit Hörnern und Pferdefuß oder dergleichen. Es genügt, darum zu wissen, dass es Verlockungen gibt, Versuchungen, Anstöße, alles auf den Kopf zu stellen, unseren Alltag durcheinanderzubringen. Und mit all dem im Gepäck dann auch Zweifel, Verunsicherung, Ungewissheit – was ist richtig? Was soll ich tun? Wie soll ich mich entscheiden?
Schlimme Erfahrungen, Erlebnisse, von denen wir sagen, sie haben uns verletzt, geschadet, getroffen, die bleiben nicht aus. Es kommt darauf an, wie wir mit ihnen umgehen. Ob wir uns hinreißen lassen, zu vergelten wie uns getan wurde, oder auf eine Veränderung zum Guten hoffen.
Sündenvergebung, Gotteserkenntnis, Überwinden des Bösen. Oder auch Neuanfang, ein Moment mit Gott, Gutes erleben und schaffen – davon schreibt der Briefschreiber in unserem Predigttext. Er schreibt das an die Jungen, die mittlere Generation und die Alten.
Die Kinder werden daran erinnert, dass sie den Vater kennen und dass ihnen in Jesu Namen die Sünden vergeben sind. Für Kinder, die sich ausprobieren, ihre Welt spielerisch entdecken, dabei an ihre Grenzen gehen und sie bisweilen auch überschreiten, ist es eine ganz wichtige Erfahrung, dass sie Fehler machen dürfen, dass sie trotzdem bedingungslos geliebt und angenommen sind. Aus dieser Erkenntnis können wir auch als Erwachsene lernen. Fehler machen. Fehler einsehen. Und erfahren: Wir werden nicht ewig auf unsere Fehler festgelegt. Gott, der in Jesus Christus auf uns zugekommen ist und alles aus dem Weg geräumt hat, was uns von ihm trennt, der sagt uns je und je zu: „Nichts soll uns voneinander trennen. Dafür stehe ich ein in Jesus, meinem geliebten Sohn, deinem Heiland.“ Ein Ja zu uns, die wir auch immer Kinder bleiben, Kinder Gottes. Und als solche hören wir dieses unbedingte Ja Gottes für unseren Lebensweg, der ihn froh machen soll und uns hilft, ihn zuversichtlich zu gehen.
Den Älteren wird gesagt: „Ihr habt den erkannt, der von Anfang an ist.“ Gotteserkenntnis, Momente mit Gott. Sie speisen sich aus drei Quellen: Aus dem Wort der Heiligen Schrift, aus dem Gebet und aus Weisen, wie er durch das Leben führt. Für mich ist der, der von Anfang an ist, nicht nur der Schöpfer von Himmel und Erde. Er ist für mich vor allem der barmherzige und gnädige Gott, der uns Menschen das Leben mit allem Schönen, das dazugehört, von Herzen gönnt. Und er leidet mit in all dem, was zum Himmel schreit. Gott ist uns nahe und er bleibt es, im Leben und im Sterben und darüber hinaus.
Die Menschen in der Lebensmitte werden daran erinnert, dass sie den Bösen überwunden haben. „Ihr seid stark“, sagt der 1. Johannesbrief. Auch wenn wir uns manchmal ganz anders fühlen. Gar nicht stark, sondern schwach, verzagt, ohnmächtig, vielleicht auch wütend. „Ihr seid stark und das Wort Gottes bleibt in euch." Unsere Stärke kommt aus genau dieser Verbindung. Sie liegt nicht in unserem Willen oder in unseren Möglichkeiten begründet, sondern vielmehr im Wort Gottes, das uns Ermutigung gibt und uns orientieren hilft. Das ist Vergewisserung: Das seid ihr. Das habt ihr. Nehmt das wahr! Haltet daran fest! Setzt euch ein!
In diesem Glauben werden wir bestärkt. Heute. Hier in unserem Gottesdienst.
Lebt euren Glauben. Und lasst ihn andere erleben. Lasst euch erinnern, dass Gott euch liebt. Dass er euch frei macht zu einem Leben mit ihm. Mit neuen Anfängen und Möglichkeiten ihm zu begegnen. Lebt daraus. Weil er euch stark macht. Er sagt Ja zu euch, zu Kindern, zu Großen, zu Alten. Zu Menschen aller Generationen. Drum sagt auch ihr Ja zu ihm.
Amen
Verfasser: Pfarrer Markus Müsebeck, Alsheim
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97