Am Tisch des Herrn
von Felizitas Muntanjohl (65549 Limburg)
Predigtdatum
:
14.07.2002
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
6. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
2. Mose 16,2-3.11-18
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen. (Epheser 2,19)
Psalm: 107,1-9
Lesungen
Altes Testament:
2. Mose 16,2-3.11-18
Epistel:
Apostelgeschichte 2,41a.42-27
Evangelium:
Johannes 6,1-15
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 326
Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Wochenlied:
EG 221
oder EG 326
Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Predigtlied:
EG 374
Ich steh in meines Herren Hand
Schlusslied:
EG 324
Ich singe dir mit Herz und Mund
2 Es murrte die ganze Gemeinde der Israeliten wider Mose und Aaron in der Wüste. 3 Und sie sprachen: Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des HERRN Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen. Denn ihr habt uns dazu herausgeführt in diese Wüste, dass ihr diese ganze Gemeinde an Hunger sterben lasst. 11 Und der HERR sprach zu Mose: 12 Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Sage ihnen: Gegen Abend sollt ihr Fleisch zu essen haben und am Morgen von Brot satt werden und sollt innewerden, dass ich, der HERR, euer Gott bin.
13 Und am Abend kamen Wachteln herauf und bedeckten das Lager. Und am Morgen lag Tau rings um das Lager. 14 Und als der Tau weg war, siehe, da lag's in der Wüste rund und klein wie Reif auf der Erde.
15 Und als es die Israeliten sahen, sprachen sie untereinander: Man hu? Denn sie wussten nicht, was es war. Mose aber sprach zu ihnen: Es ist das Brot, das euch der HERR zu essen gegeben hat. 16 Das ist's aber, was der HERR geboten hat: Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht, einen Krug voll für jeden nach der Zahl der Leute in seinem Zelte. 17 Und die Israeliten taten's und sammelten, einer viel, der andere wenig. 18 Aber als man's nachmaß, hatte der nicht darüber, der viel gesammelt hatte, und der nicht darunter, der wenig gesammelt hatte. Jeder hatte gesammelt, soviel er zum Essen brauchte.
Liebe Gemeinde!
Das Volk Israel war endlich aus seiner Knechtschaft befreit. Nach jahrelanger Unterdrückung war es endlich auf dem Weg in das Gelobte Land, das Land, in dem sie selber Eigentümer sein könnten. Nun aber gibt es auf der Wanderung Probleme mit der Nahrung. Sie wissen nicht wovon sie sich ernähren sollen. Und in der Ratlosigkeit und dem Hunger entfährt ihnen der Satz, den sie wohl schon länger dachten, aber nicht auszusprechen wagten: „Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des HERRN Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen!“
Das ist ein harter Vorwurf. Ihr wollt ja, dass wir hier verhungern, das war eure geheime Absicht! Freilich taten sie Mose Unrecht. Das wussten sie mit dem Kopf auch. Aber in dieser Situation kam ihnen diese Unterstellung noch richtig und angemessen vor. Denn nun litten sie Hunger, und von der Wüste aus sah die Sklaverei in Ägypten sogar noch idyllisch aus. Da gab es wenigstens noch zu essen, und man wusste genau, was einen am nächsten Tag erwartete. In der Wüste war alles unsicher. Lieber sicher in Knechtschaft als ungeschützt auf der Wüstenwanderung!
Und nun betrachten wir uns unsere Knechtschaft. Denn unser freies Land bewahrt uns ja nur vor der offiziellen Sklaverei aber wir leben dafür in anderen Knechtschaften.
Die erste, die mir dabei einfällt, ist die der guten Mutter und Ehefrau. Sie ist stets für ihre Familie auf Trab, sie kocht pünktlich, sie hält alles in Ordnung, sie wartet auf die Rückkehr der Ausgeflogenen, sie stellt sich auf die Launen und Erwartungen des anderen ein und steckt selber eher zurück.
So bleibt die Familie intakt und die Mutter wird gebraucht und ist wichtig. Und sie fühlt sich auch wichtig, und das tut gut. Aber von Jahr zu Jahr sammelt sich auch die Enttäuschung an darüber, dass niemand danach fragt, was sie selber sich wünscht, was sie gern täte, welche Erwartungen sie an das Leben, an die Ehe hatte, bevor sie sich für die Familie zurückstellte; vielleicht weiß sie es auch selber schon kaum noch.
Und wenn es ganz schlimm geht, dann endet das Leben in dieser elenden Knechtschaft, so wie es Kurt Marti in seinem Gedicht „Leichenrede“ beschreibt:
Als sie mit zwanzig
Ein Kind erwartete
Wurde ihr Heirat
Befohlen
Als sie geheiratet hatte
Wurde ihr Verzicht
Auf alle Studienpläne
Befohlen
Als sie mit dreißig
Noch Unternehmungslust zeigte
Wurde ihr der Dienst im Hause
Befohlen
Als sie mit vierzig
Noch einmal zu leben versuchte
Wurde ihr Anstand und Tugend
Befohlen
Als sie mit fünfzig
Verbraucht und enttäuscht war
Zog ihr Mann
Zu einer jüngeren Frau.
Liebe Gemeinde!
Wir befehlen zu viel.
Wir gehorchen zu viel
Wir leben zu wenig.
„Gott hörte das Seufzen seine Volkes in der Knechtschaft, und half ihm, sich zu befreien.“
Oder denken wir an den Mann, der eine ihn ganz unbefriedigende Arbeit macht. Ist es nicht eine tägliche Knechtschaft, Schinderei für andere?
Oder denken wir an das Kind, das von den Kameraden nicht akzeptiert, nicht aufgenommen wird. Ist das nicht tägliches Getreten und Missachtetwerden?
Gott hörte das Seufzen seines Volkes in der Knechtschaft, und half ihm, sich zu befreien. Das kostete viel Überwindung und viel Mut. Und der Weg zur Freiheit war lang und mühsam. So saßen sie nun da und murrten. „Wären wir nur in der Knechtschaft geblieben, da ging’s uns besser!“
Wir sind klug und wissen das schon früher und sagen deshalb meist schon rechtzeitig: Wir bleiben lieber, wo wir sind. Denn Befreiung wäre möglicherweise noch schmerzhafter als das Aushalten in der Knechtschaft: Was sagen die Leute, wenn ich keine so gute Mutter mehr bin, wenn ich meine Arbeit aufgebe, um eine andere zu suchen, wenn ich meine Gruppe verlasse und mich zu anderen Menschen hin orientiere?
So bleib’ ich lieber, wo ich bin. Es ist leichter zu klagen, als etwas zu ändern. Es ist leichter, anderen die Schuld an meinem Unglück zu geben, als selber eine Entscheidung zu treffen, die auf Widerstand stößt. Und so bleibt alles so, wie es ist und wir unglücklich.
Gott hörte das Seufzen seines Volkes in der Knechtschaft und half ihm, sich zu befreien. Wenn wir es wollen, können wir auf Gottes Hilfe rechnen. Denn er nimmt unser Seufzen ernst. Wenn wir den Weg aus unserer Gefangenschaft wagen, geht er mit geht er auch durch die Wüste mit, die wir dann durchqueren müssen.
Befreiung geschieht nicht mit einem Mal, sondern auf einem langen, mühsamen Weg. Wir begegnen dabei viel Widerstand. Manche fühlen sich bedroht und legen uns darum Steine in den Weg. Manche sind neidisch und reden darum böse über uns. Auch wir selber bekommen leicht Angst und Gewissensbisse und wissen nicht so genau, ob wir auch zum Ziel kommen. Wie in der Wüste ist uns der Weg unbekannt und wir finden uns nicht so einfach zurecht. Aber Gott wandert uns auch da voraus, wie dem Volk Israel, denn er will unsere Knechtschaft nicht. Er hat uns als freie Menschen geschaffen, seine Kinder, die sich nicht binden lassen sollen von allerlei Erwartungen, sondern nur von Gott selbst und dem, was er von uns erwartet und uns als Aufgabe stellt.
Und darum sorgt er auf diesem Weg durch die Wüste auch für uns. Wir selber wissen von Tag zu Tag nicht mehr, wie wir es schaffen sollen. Wir denken zurück, an unsere Knechtschaft. Da war uns wenigstens klar, was wir zu tun hatten und wir hatten auch unsere kleinen Erfolgserlebnisse. Nun müssen wir uns mühsam neue Wege erkämpfen, und unsere Freiheit kostet viel Ärger und Unsicherheit.
Gott verspricht uns nicht den kostenlosen Flug ins Paradies. Aber er verspricht uns, dass er den mühsamen Weg dorthin mit uns geht. Am Ende steht das Gelobte Land vielleicht nicht ganz so idyllisch, wie wir es uns gern ausmalen; es wird auch dann Arbeit geben und Anstrengungen, aber es ist dann unser eigenes Land.
Bis jetzt leben wir noch kaum wirklich selbst. Wir lassen uns leben von allerhand anderen Bedingungen und Menschen. Wir können dahin kommen, selber zu leben, in unserem Leben nicht geknechtet, sondern als Freie zu leben. Gott gibt uns die Hilfe dazu, wenn wir uns auf den Weg machen.
Die Israeliten litten und murrten. Da schickte Gott ihnen Wachteln und Himmelsbrot. Die Israeliten waren glücklich darüber. Aber freilich nicht lange. Bald war es ihnen über und sie dachten an das vielfältige Essen, das es in Ägypten gegeben hatte.
Gott gibt genug Nahrung. Den Überfluss hat er uns nicht zugedacht. Als die Israeliten ihr Brot aufsammeln, versuchen sie zu hamstern. Aber es nützt ihnen nichts, Am Ende hat doch jeder nur, was er braucht, und am nächsten Tag ist es voller Würmer.
Auf dem Weg mit Gott ist es nötig, dass wir lernen, unser Vertrauen viel stärker auf ihn zu setzen. Wir werden unsere Freiheit nicht finden ohne ihn. Wir brauchen ihn, dass er uns den Weg zeigt, wir brauchen ihn, dass er uns täglich neue Kraft gibt. Wer es ohne ihn versuchte und für sich allein sorgen wollte, der hat das Gelobte Land nicht erreicht.
Das Vertrauen in Gott ist schwer. Viele Israeliten haben es nicht gelernt, viele nur durch viel Leid in langen Wüstenjahren. Aber wer es lernte und Gott vertraute, dass er wirklich in das verheißene Land führt, der hat es auch nach vielen Jahren erreicht.
Gott will unsere Knechtschaft nicht, sondern unsere Freiheit. Er hilft uns auf dem Weg dorthin, wenn wir ihm vertrauen. Wir werden lernen müssen, mit weniger zufrieden zu sein, aber wir werden dafür um so reicher belohnt werden. Wer sein Leben von Gott leiten lässt, der wird mit Gott in das Gelobte Land ziehen. Amen.
Verfasserin: Pfrn. Felizitas Muntanjohl, Theodor-Bogner-Str. 20, 65549 Limburg
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).