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Am Tisch des Herrn

von Ursula Seeger (Florstadt)

Predigtdatum : 18.07.2010
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 6. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Apostelgeschichte 2,41a.42-47
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Wochenspruch:

„So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ (Epheser 2, 19)

Psalm: 107, 1 – 9

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 16, 2 – 3.11 – 18
Epistel:
Apostelgeschichte 2, 41 a.42 – 47
Evangelium:
Johannes 6, 1 – 15

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 166
Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied:
EG 420
Brich mit den Hungrigen dein Brot
Predigtlied:
EG 265
Nun singe Lob, du Christenheit
Schlusslied:
EG 182
Suchet zuerst (Halleluja)

Wenn es neben der /den biblischen Lesung/en auch eine Lesung mit einem nichtbiblischen Text sein darf:

Ein Pfarrer setzte folgende Anzeige in die Zeitung:
"Mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns gebe ich den Tod der Kirche St. Stefanus in Werenfurt bekannt. Die Trauerfeier ist Sonntag um 11:00 Uhr."

Natürlich war die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt. In seiner Predigt führte der Pfarrer aus: "Ich habe keine Hoffnung auf Wiederbelebung unserer Pfarre, will aber ein Letztes versuchen. Sie gehen bitte alle an diesem Sarg da vorbei und sehen sich den Toten an. Dann verlassen Sie die Kirche durch das Nordportal. Sollten Sie es sich anders überlegen, kommen Sie durch die Tür im Osten wieder herein. Dann könnten wir gegebenenfalls einen Dankgottesdienst halten!"

Der Pfarrer trat an den Sarg und öffnete ihn. Alle fragten sich: "Wer würde wohl in dem Sarg liegen?" Und jeder, der die tote Kirche von St. Stefanus sehen wollte und sich über den Sarg beugte, sah in einem Spiegel - sich selbst.
Ohne Quellenangabe aus: Willi Hoffsümmer, Kurzgeschichten Band 1, Matthias Grünewald Verlag Mainz, 1981, Seite 49

Wenn Abendmahl (besser noch: Agapemahl) gefeiert wird, passt folgender Text als Hinführung:

Wenn wir miteinander Abendmahl feiern, ist dieses Fest ein Vorgeschmack auf ein Leben, wie es sein könnte:
Ich sehe ein Fest vor mir;
Menschen sind da, die wieder richtig lachen können,
ihre Gesichter werden hell, und ihre Fäuste öffnen sich.
Sie finden verlorenen Lebensmut wieder,
sie atmen auf, sie leben auf,
sie singen Lieder der Freude,
weil ihr Gastgeber wie ein Bruder bei ihnen ist.

Sie haben Zeit füreinander
und gehen aufeinander zu.
Sie sagen Worte, die aufrichten.
Kummer darf geklagt werden,
denn sie trocknen einander die Tränen.
Sie stützen die Schwachen und teilen die Lasten
der Beladenen unter sich auf.
Sie verzeihen Schuld, und ihnen wird verziehen.
Sie können wieder neu miteinander anfangen,
weil die Worte ihres Gastgebers
unter ihnen Kraft gewinnen.

Sie brechen auf und beginnen,
ihre Welt mit Ehrfurcht neu zu gestalten.
Sie öffnen verschlossene Türen,
sie heben die Niedergedrückten aus dem Staub
und verbreiten einen barmherzigen Frieden ohne Angst.

Menschen leben und sterben
in Würde und Geborgenheit,
ihr Leben wird zum Zeichen
des anbrechenden Morgens,
an dem alles an sein Ziel kommt.

Dies alles geschieht, weil mit dem Brot
und dem Traubensaft dieses Festes
die Liebe des Gastgebers seinen Gästen
in Fleisch und Blut übergeht.

Dieses Fest kann jetzt beginnen - mitten unter uns.

Günther Kaltschnee in: Gottesdienst Praxis 1993, S. 149

Predigttext: Apostelgeschichte 2, 42 – 47

Der Predigttext für diesen Sonntag steht in der Apostelgeschichte im 2. Kapitel. Unmittelbar zuvor wird vom ersten Pfingstfest berichtet,
dem Gründungsereignis der christlichen Kirche. Die Jünger hatten sich, ermutigt von Gottes Geist, nach draußen begeben, unter das Volk, und hatten von dem erzählt, was sie erfahren hatten.

Petrus hatte das, was da geschehen war, gedeutet: Nicht etwa das wirre Gerede betrunkener Männer war hier zu hören, sondern das, was die Propheten seit langem angekündigt hatten:

„Wenn die letzte Zeit anbricht, sagt Gott, dann gieße ich über alle Menschen meinen Geist aus. Männer und Frauen in Israel werden dann zu Propheten. Junge Leute haben Visionen und die Alten prophetische Träume.“ (Joel)

In unsere Welt, sagt Petrus, die sich nach Erlösung sehnt, hat Gott seinen Sohn gesandt. Einen Menschen aus Fleisch und Blut und doch ganz anders. Die Jünger hatten es erlebt, wie er vom Reich Gottes redete, und davon, dass eine neue Gerechtigkeit kommt, die Gott selber macht, und sie haben gehört, wie er von Gottes Liebe erzählte. Dass jeder umkehren kann, um ein neues Leben zu beginnen.

Sie haben erlebt, wie Jesus predigte und ihnen selbst das neue Reich eröffnete. Wie er Menschen heilte. Wie er sich mit den Verachteten an einen Tisch setzte. Wie er Sünden vergab im Namen Gottes. Wie er die Liebe, die aus Gott kommt, selber lebte.

Dieser Jesus wurde gekreuzigt. In seinem Sterben, in seinem Tod lag alles Leiden, alle Verzweiflung, alle Ohnmacht der Menschen. Und – sagt Petrus – Gott zeigte sein Leben an ihm. Er hat ihn nicht dem Tod überlassen. Das haben wir alle erfahren, und das hat unser Leben verändert.

Lesung Predigttext:

41 Die das Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen. 42 Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. 43 Es kam aber Furcht über alle Seelen und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel.
44 Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. 45 Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte. 46 Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen. 47 und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.

„Sie waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam“.
„Verkauften die Güter und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte.“
„Sie brachen das Brot hier und dort in den Häusern.“

Lukas, der Autor der Apostelgeschichte, gibt hier eine positive, sympathische und einladende Kurzbeschreibung von Kirche. Eine Beschreibung, die uns sagt, wie es ist, wenn Menschen von Gott zusammen gebracht wurden. Die sich nicht mehr um sich selber drehen und um ihren Besitz, sondern füreinander da sind – nicht aus Druck, sondern aus Freude. Keiner nutzt den anderen aus. Sie sind versammelt um eine Mitte. Sie feiern gemeinsam Gottesdienst. Sie leben als erlöste Menschen. Jesus selbst ist ihr Gastgeber.

Und weil das so ist, kommt es nicht darauf an, ob alle den gleichen gesellschaftlichen Hintergrund haben oder die gleiche Bildung, ob sie arm oder reich sind, ja nicht einmal, ob sie sich sympathisch sind. Jede und jeder ist willkommen. Sie sind Gäste, sie sind Eingeladene, und als solche praktizieren sie ihre Gemeinschaft.

Sie essen gern zusammen. Sie loben Gott. Regelmäßig treffen sie sich zu ihren Mahlzeiten und Mahlfeiern in Privathäusern. Diese gehören einigermaßen vermögenden Leuten. Nur solche Häuser haben genügend Platz für mehr als ein paar Menschen. Bei ihren Mahlfeiern herrscht Freude. Wer dabei ist, kann den Himmel berühren. Für einen Moment ist man ganz nah dran.

Kann das wahr sein? Ist das unsere Kirche? Ist unsere Kirche tatsächlich jemals so gewesen – und sei es nur in ihren Anfängen?

Lukas scheint sich in seiner Beschreibung vom Anfang der Kirche zurück zu erinnern. Er selbst gehörte nicht zu den allerersten Christen. Er kennt nur die Berichte aus dieser Zeit. Und diese Berichte sind schon von vielen Menschen weitergetragen worden, bevor er sie schließlich aufgeschrieben hat. Vermutlich kennt er aus der Gemeinde, für die er schreibt, gewisse Ermüdungserscheinungen. Er weiß, dass der Alltag oft mühsam ist.

„Wie wird es weitergehen?“, mögen seine Mitbrüder und –schwes-tern ihn fragen. „Was sollen wir tun, damit der Glaube lebendig bleibt?“

Lukas malt ein Stück Himmel. Aber ist das nicht nur ein Bild, eine Sehnsucht?

Wenn wir zurückblicken auf 2000 Jahre Kirchengeschichte, dann sehen wir leider auch, was da an Fehlentwicklungen gewesen ist, dann sehen wir auch eine Geschichte von Gewalt und Engstirnigkeit, von Aberglauben und von Beharren auf Privilegien und Pfründen, von Mutlosigkeit und von der Abkehr von der eigentlichen Mitte.

War Kirche je so, wie Lukas es beschreibt? Wahrscheinlich nicht.
Und heute ist sie auf keinen Fall so. Wer das Wort annahm, ließ sich taufen, so heißt es in unserem Bibeltext. Und das waren beim ersten Pfingstfest immerhin 3000 Menschen - 3000 Menschen in nur einer Stadt!

In unserer Landeskirche mit ihren 1174 Gemeinden waren es im ganzen Jahr 2009 insgesamt 14.536, die getauft wurden. Die Tendenz ist seit Jahren abnehmend.

Mit der Gütergemeinschaft ist es auch nicht sehr weit her. Wie viele haben der Kirche schon den Rücken gekehrt, weil ihnen die Kirchensteuer zu hoch ist. Im Jahr 2009 sind in unserer Landeskirche 12.766 Menschen aus der Kirche ausgetreten. Viele sagen dazu, dass sie sich ja eigentlich als Christen fühlen, aber die Kirchensteuer sei einfach

zu hoch, und zu dem, was man selber von der Kirche hat, stehe das nicht im rechten Verhältnis.

Und wie ist es mit der Verständlichkeit der Lehre? Können wir sagen, woran wir glauben, klar und überzeugend?

Und die Gottesdienste, die wir zusammen feiern? Mal abgesehen von Weihnachten und Erntedank kommen in Deutschland im Schnitt 3,8 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder zum sonntäglichen Gottesdienst. Sind unsere Gottesdienste nicht einladend genug? Haben sie zu wenig mit dem Leben der Menschen zu tun?

Und wie ist es mit der Feier des Abendmahls, dem Brotbrechen, den gemeinsamen Mahlzeiten „mit Freude und lauterem Herzen“? Wo können wir das spüren - dieses „nah dran sein am Himmel“? Wo gibt es das in unseren Gemeinden heute, dass wir uns unserer Mitte ganz bewusst sind und gemeinsam stärkende Gottesdienst feiern und füreinander da sind?

Doch, das gibt es, natürlich gibt es das, immer wieder und an vielen Orten, auch wenn Kirche nicht immer ihrem Idealbild entspricht. Ja, wie die Apostelgeschichte die erste Gemeinde beschreibt – das ist unsere Kirche, zumindest hin und wieder.

Aber wir, die Menschen, aus denen diese Kirche besteht, wir sind Menschen mitten in dieser Welt. Die neue Welt, das Reich Gottes, haben wir gesehen, erkannt, oder wir ahnen zumindest, wie es sein könnte. Aber noch sind wir in dieser Welt verhaftet. Wir sind nicht einfach mit einem Schlag erlöst und auf die andere Seite gewechselt. Wir zweifeln. Wir haben unseren Kampf mit dieser Welt, mit unseren Lebensumständen. Wir stolpern immer wieder. Wir brauchen das immer wieder, dass Gott uns zu neuen Anfängen ermutigt.

Und dazu brauchen wir dieses Bild von Kirche, wie sie sein könnte. Und auch, dass wir das immer wieder einmal erleben, wie mitreißend und wohltuend Kirche sein kann.

Manche erleben das bei Kirchentagen, wo sie auf einmal viele andere treffen, denen das Leben aus dem Glauben heraus wichtig ist. Volle Kirchen, volle Hallen, Gesang aus vielen Kehlen, Diskussionen mit Menschen, die man kaum kennt. Menschen teilen Erfahrungen, teilen einfachste Quartiere und teilen Brot und Wein und andere „Lebens-Mittel“.

Aber Kirchentage sind nicht Alltag. Doch im Alltag findet sich das auch immer wieder. Wir feiern Gottesdienste, die Mut machen und stärken. Wir taufen Kinder. Wir feiern Abendmahl. Menschen zahlen nicht nur Kirchensteuer, sondern spenden darüber hinaus eine Menge Geld.

Es gibt Menschen in unserer Kirche, die Alte und Kranke besuchen. Es gibt Menschen, die in Kirchenchören singen und so Gott die Ehre geben und unsere Gottesdienste feierlich und fröhlich mitgestalten.
Es gibt Menschen in unserer Kirche, die Hand in Hand arbeiten. Menschen, die sich nicht deshalb engagieren, damit sie gut dastehen, sondern weil sie gebraucht werden. Es gibt soziale Projekte, wie den Mittagstisch oder Hausaufgabenbetreuung. Es gibt Menschen, die sind froh weitergeben zu können, was sie empfangen haben. (Hier können noch andere Beispiele eingefügt werden).

Das alles gibt es in unserer Kirche, in unseren Kirchengemeinden. Vielleicht wäre es gut, öfters zu sagen, aus welchem Geist heraus wir das alles tun.

Sicher dürfen wir auch den Blick nicht verlieren für die Defizite. Wir müssen sehen, was fehlt, wir müssen sehen, was wir besser machen können. Wir müssen sehen, wenn etwas, das gut ist, in Gefahr gerät zu verschwinden.

Die Apostelgeschichte beschreibt uns eine Vision von Kirche – und wir brauchen diese Vision. Wie bei den Gleichnissen Jesu vom Him-melreich wissen wir aber auch: Gelegentlich blitzt unter uns etwas auf, was schon sehr dicht dran ist an diesem Bild von Kirche. Es wäre falsch, das Idealbild von Kirche mit unserer Realität zu vergleichen und dann resigniert aufzugeben.

Wichtig ist, dieses Bild vor Augen zu behalten als etwas, was einmal sein kann, als etwas, das uns anspornt.

Wichtig ist, dass wir uns nicht entmutigen lassen. Wichtig ist, dass wir miteinander nach guten Formen des Zusammenlebens suchen, dass wir bereit sind, miteinander zu teilen, dass wir offen über die Lehre nachdenken, dass wir füreinander da sind und Gottesdienste feiern, in denen Glaube und Leben zusammenfinden, dass wir das Brot brechen hier und dort in den Häusern und Mahlzeiten halten mit Freude und lauterem Herzen. Dann sind wir auf einem guten Weg. Amen.

Verfasserin: Ursula Seeger, Kirchgasse 12, 61197 Florstadt

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