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Am Tisch des Herrn

von Andreas Herbst ( 39126 Magdeburg)

Predigtdatum : 26.07.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 6. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Johannes 6,1-15
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Wochenspruch:

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.
(Epheser 2,19)

Psalm: 107,1-9

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 16,2-3.11-18
Epistel:
Apostelgeschichte 2,41a.42-27
Evangelium:
Johannes 6,1-15

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 167
Wir wollen fröhlich singen
Wochenlied:
EG 221
oder EG 326
Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Predigtlied:
EG 420
Brich mit dem hungrigen dein Brot
Schlusslied:
EG 216
Du hast uns Leib und Seel gespeist

„Jesus fuhr weg über das Galiläische Meer, das auch See von Tiberias heißt. Und es zog ihm viel Volk nach, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus aber ging auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern. Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden. Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben? Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wusste wohl, was er tun wollte.
Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, dass jeder ein wenig bekomme.
Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das für so viele?
Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer. Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, soviel sie wollten. Als sie aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt. Da sammelten sie und füllten von den fünf Gerstenbroten zwölf Körbe mit Brocken, die denen übrig blieben, die gespeist worden waren. Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll.
Als Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf den Berg, er selbst allein.“


Liebe Schwestern und Brüder!
Ein neues Haus, eine neue Wohnung werden bezogen. Nachbarn kommen und Freunde. Sie überreichen Brot und Salz. Ein traditionelles Begrüßungsgeschenk. Damit geben sie dem Wunsch Ausdruck, dass es nie an Brot und Salz mangeln möge.

Wer Brot und Salz im Haus hat, hat das Lebensnotwendige. Brot geschenkt zu bekommen ist einfach wundervoll. Ein sehr bekanntes Foto zeigt Soldaten der Roten Armee im zerstörten Berlin im Mai 1945, wie sie Brot an eine verstörte, hungernde Bevölkerung verteilen. Vielleicht erinnern sich auch heute noch Frauen und Männer an das erste Brot nach der Flucht aus Ostpreußen oder Schlesien. Den Geschmack dieses Brotes wird man nie vergessen.

Nie vergessen haben die vielen Menschen jenen Tag, an dem sie Jesus folgten auf die große Wiese am See von Tiberias. Begeistert waren sie und fasziniert von diesem Mann, der Menschen heilte, und der dafür sorgte, dass ein Fest fröhlich weitergeht, der Wasser zu Wein werden lassen kann.
Eine riesige Menschenmenge ist auf den Beinen. Fünftausend Männer werden genannt. Frauen und Kinder sind noch nicht einmal mitgezählt. Alle sind sie zu Jesus gekommen, wie wir auch. Auch wir haben in unserem Leben Zeichen von Jesus wahrgenommen. Sie haben unser Leben geprägt, manchmal verändert. Sie weckten Vertrauen in uns, führten uns in seine Gemeinde oder hielten uns bei ihr. Wir sind ihm gefolgt. Manchmal durch ein buntes Durcheinander in unserem Leben, durch einen Berg von Problemen, gegen den Widerstand der Familie, gegen den Spott der Freundinnen und Freunde und nicht zuletzt gegen die eigenen Zweifel.

Nun sind wir hier in unserer Kirche. Wir sitzen in unseren Bänken und nicht im staubigen Gras am See von Tiberias. Mit dabei ist unsere Freude, aber auch die Sorgen und Fragen sind da. Unser Glück, aber auch innere Müdigkeit und Trauer. Fünftausend sind wir nicht. Nur ein Bruchteil dieser Menge. Wir sind lediglich ein Teil der Kerngemeinde. Eine Schar von Treuen. Und doch verbindet uns etwas mit denen, die damals bei Jesus waren. Der Hunger.
Sicher nicht der Hunger, der im Magen sitzt. Ich nehme an, dass jeder von uns schon etwas gegessen hat. Aber der Hunger nach guten Worten, nach Verstanden werden, Anerkennung und Liebe, der ist ganz stark.

Jesus ergreift damals am See sehr schnell die Initiative angesichts der riesigen Menschenmenge. Die Stimmung in einer so großen Zahl von Menschen, besonders wenn sie Hunger quält, kann leicht aggressiv werden. Schnell übersieht er die Situation und fragt Philippus, wo Brot gekauft werden könnte, um die Menschen zu sättigen. Ein souveräner Jesus, der Probleme sofort anpackt.

Hunger, liebe Schwestern und Brüder, gibt es in unterschiedlicher Ausprägung. Es gibt ihn in der Form nicht vorhandener Nahrung und es gibt ihn als Mangel, der nach außen schlecht sichtbar ist. Er ist uns als ein Gefühl bekannt, das unser Herz umfasst und an der Seele nagt.

Da erhält ein Familienmitglied niemals ein gutes Wort von den anderen. Es schuftet sich Tag für Tag und Jahr für Jahr für die Familie ab und erhält nicht die nötige Anerkennung.
Überrascht lesen wir in der Zeitung oder hören davon im Fernsehen: Neben uns leben Familien, in denen Kinder Hunger haben. Sie bekommen kein Frühstücksbrot mit in die Schule. Wenn sie nach Hause kommen, haben sie kein warmes Essen. Vielleicht sind die Eltern arbeitslos und obendrein noch in eine Sucht hineingeraten. Sie sind ihren Kindern, sich selbst und ihrer Umwelt gegenüber gleichgültig geworden. Kinder leiden unter solchen Umständen besonders. Und das in einem der reichsten Länder der Welt.Ein doppelter Hunger nagt an ihnen. Einer, der im Magen weh tut und der Hunger nach Liebe, Freundlichkeit und einer intakten Familie.

Jesus wusste, was fehlt. Er wusste, was sofort zu tun war. Wir fühlen uns heute schnell überfordert als Christen, wenn wir an so ein komplexes Problem geraten, wie es sich in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren aufgebaut hat: die soziale Vernachlässigung ganzer Bevölkerungsschichten und ihr Hunger nach gerechter Verteilung und Lebens-
sinn.

Auch Philippus, der Freund Jesu, der schnell nachrechnete und zu dem Ergebnis kam, zweihundert Silbergroschen – das ganze Kapital der Freunde um Jesus, reichen nicht, um die Menge zu verköstigen. Geht es uns nicht ähnlich? Mit dem Problem des Hungers in unserer Welt konfrontiert, des Hungers nach einem lebenswerten, sinnerfüllten Leben, des Hungers nach sozialer Gerechtigkeit oder elementarer Nahrungsmittelhilfe, da fallen uns viele Argumente ein, um das Thema nicht zu nah an uns heran zu lassen.
Wir sagen: Wir paar Christen, was können wir schon machen? Uns fehlt die Infrastruktur, uns fehlen die Fachleute und das nötige Geld. Wir haben keinen Einfluss auf die Entscheidungsträger. Und ich persönlich? Was kann ich denn schon bewirken?

Andreas, der andere Jünger, der namentlich in unserer Geschichte genannt wird, fand diese Argumentation wohl etwas schwach. Er sieht die Menge der Menschen und hört den erklärten Willen Jesu, den Menschen jetzt das zu geben, was sie brauchen. Dass lässt ihn aktiv werden. Er entdeckt ein Kind, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische dabei. Aber er ist wohl von seiner Entdeckung selbst nicht so richtig überzeugt. Es ist ja auch lächerlich, auch nur daran zu denken, dass angesichts der vielen Menschen und des Problems, sie alle satt zu kriegen, fünf Brote und zwei Fische reichen könnten. Aber er hat sich wenigstens umgeschaut und
etwas versucht. Heute begeben wir uns in solchen Situationen auf Sponsorensuche. Der Jünger muss feststellen: Es reicht nicht. So klein ist der Glaube der Jünger, obwohl sie Jesus unmittelbar bei sich haben. So wenig trauen sie ihm zu. Müssten sie es nicht besser wissen?

Müssten wir es nicht auch besser wissen? Wo wir doch auch tragende Erfahrungen mit Gott in unserem Leben gemacht haben. Durch innere und äußere Widerstände und Zweifel haben sie mich hierher geführt. Und doch melden sich immer wieder Angst und Selbstzweifel. Ob meine kleine Kraft wohl reicht? Ob unsere kleine Gemeinde etwas bewirken kann? Ob unsere Kirche, die so mit sich selbst beschäftigt scheint, noch anderen helfen kann?

Unsere Geschichte ist eine Ermutigung für uns. Ja, sagt sie uns, es reicht! Es reicht gegen alle Rechnerei und Kleingläubigkeit. Gegen alle Mutlosigkeit. Weil Jesus selbst austeilt, wo wir es in seinem Namen tun.

Da ist eine kleine Gemeinde in einer Landeshauptstadt. Am Stadtrand – ehemaliges Neubaugebiet in der DDR. Heute ein Schwerpunkt sozialer Probleme. Zwölf Jahre schon sammelt die Gemeinde Geld, damit Kinder in einer Stadt in Tanzania zur Schule gehen können. Die könnten sonst das Schulgeld nicht bezahlen. Mehr als 80 Kinder können ihren Hunger nach Bildung und Wissen stillen. Nur so haben sie eine kleine Chance, ihre Träume von einem Beruf und einer bescheidenen Existenz zu verwirklichen. Etwa 6000 Euro werden dafür in dieser Gemeinde Jahr für Jahr gesammelt. Es sind kleine und etwas größere Beträge. Vielen Spendern fällt das richtig schwer. Und macher fragt , ob das Geld nicht in der eigenen Gemeinde, im eigenen Stadtteil dringender gebraucht würde. Eine Gemeinde, die sich als von Jesus beschenkt erfahren hat. Darum wollen sie weder ihr Herz noch ihr Portemonnaie verschließen. Sie sammeln und geben weiter. Und sie erfahren, wie Kinder in Tanzania davon satt werden und leben. Das erfüllt sie mit Freude.

In unserer Geschichte heißt es: Alle wurden satt. Ja, es bleibt sogar noch übrig. Mehr als genug für uns heute, die wir auch von dem Brot leben, das Jesus austeilt. „Ich bin das Brot des Lebens…“ sagt Jesus von sich. Das Austeilen hat nicht aufgehört. Es geht weiter durch die Zeiten bis zum heutigen Tag. In jeder Abendmahlsfeier empfangen wir das Brot des Lebens.
Und damit alle Güte und Freundlichkeit, die er für uns bereithält. Brot der Ermutigung,
das unserem Kleinglauben wehren soll, der uns immer wieder einreden will, dass es nicht reicht. Doch, es ist genug da, um es auszuteilen, mitzuteilen und weiterzuschenken, um damit den Hunger der Menschen zu stillen.

Der Hunger der Vielen, die Jesus damals am See Tiberias gefolgt waren, ist wiedergekommen. Der Hunger der Menschen heute wird wiederkommen. Und am Ende der Zeit, so beschreibt es uns die Bibel in einem großartigen Bild, wird auf uns alle eine festliche Tafel warten. Jeder und jede werden genug zu essen und zu trinken haben, Zweifel und Fragen werden gestillt sein. Das Leben in seiner ganzen Fülle wird ausgeteilt werden.
Amen.

Pfarrer Andreas Herbst, Krähenstieg 8, 39126 Magdeburg

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