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Anvertraute Gaben

von Daniela Opel-Koch (Idstein)

Predigtdatum : 28.07.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 8. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Matthäus 13,44-46
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Leitbild:

Anvertraute Gaben



Wochenspruch:

"Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern."(Lukas 12, 48)



Psalm: 40, 9 - 12



Lesungen

Altes Testament: Jeremia 1, 4 - 10



Epistel: Philipper 3, 7 - 14



Evangelium: Matthäus 25, 14 - 30





Liedvorschläge

Eingangslied: EG 166, 1.4.5 Tut mir auf die schöne Pforte

Wochenlied: EG 497 Ich weiß, mein Gott

Predigtlied: EG 70, 2.3 Wie schön leuchtet der Morgenstern

Schlusslied: EG 324, 12 -14 Ich singe dir mit Herz und Mund



Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie. (Mt 13, 44 - 46)



Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen



Liebe Gemeinde,

die beiden Gleichnisse vom Schatz im Acker und von der kostbaren Perle handeln von zwei Menschen, wie Sie unterschiedlicher nicht sein könnten: der eine, der tagaustagein auf dem Feld für seinen Lebensunterhalt schwer schuften muss; der andere, der anscheinend keine größeren existentiellen Sorgen hat und sich ein wenig Luxus leisten kann. Der eine, der von seinem Tag, vielleicht sogar von seinem Leben nicht viel erwartet; der andere, der rege nach dem sucht, was sein Leben bereichern oder ihn selbst glücklich machen könnte. Und doch verbindet die beiden etwas: der Alltag beider Personen wird von einer Minute auf die andere vollständig auf den Kopf gestellt. Und das in einem ganz positiven Sinne. Schlagartig ändert sich deren Leben – bei dem einen durch einen zufälligen Fund, bei dem anderen durch gezielte Nachforschungen. Denn Gott beschenkt beide mit dem unaussprechlich Überwältigenden.



Fünf Dinge dürfen wir uns anhand beider Gleichnisse in Erinnerung rufen, Fähigkeiten und Gaben, die Gott uns schenkt, die aber manchmal durch den Alltag überdeckt werden von Sorgen, Wut, Traurigkeit oder Zeitnot. Diese Gaben sind Zielgerichtetheit und Offenheit, Zeit für Schönes und Spontaneität und Vertrauen.



1. Zielgerichtetheit: Am Gleichnis von der kostbaren Perle beeindruckt mich am meisten die Haltung des Kaufmanns, der sich im Basar mit seiner ungeheuren und verlockenden Angebotsvielfalt doch nicht beirren lässt und das findet, was zu ihm passt: die schönste aller Perlen. In unserer schnelllebigen, lauten und grellen Welt, in der uns so Vieles als „in“ oder „angesagt“ oder „Muss“ aufgezwungen wird, in der wir täglich von neuen, aufregenden Dingen angefunkelt werden, in der uns Fluten von unterschiedlichen Angeboten überrollen, ist es oftmals schwer, sich richtig zu entscheiden: Welche Handy-Flatrate ist für mich die richtige? Welche Diät bringt mir am schnellsten den Erfolg? Bekomme ich das neue Auto bei einem anderen Händler vielleicht günstiger? Welche Versicherung schließe ich heute ab, damit ich im Alter gut versorgt bin? Lasse ich mein Baby taufen oder soll es später selbst entscheiden, ob es zu einer religiösen Gruppe gehören möchte?



Unser Kaufmann im Gleichnis weiß, was er möchte: er will die schönste Perle von allen finden und lässt sich dabei durch nichts beirren. Nur wer erspürt, was wirklich zu ihm passt, findet den Weg, zufrieden zu werden. Für unsere Kinder übernehmen wir die Verantwortung, dass sie frei ihre Anlagen und Fähigkeiten entwickeln können, dass sie zu charakterfesten und genießbaren Menschen heranwachsen, aber diese Verantwortung haben auch wir als Erwachsene für uns: dass wir immer wieder überprüfen, ob wir noch auf der Suche nach dem sind, was uns wirklich wichtig ist, was uns weiterbringt und glücklich macht. Dafür steht der Kaufmann.



2. Offenheit für Überraschungen: Diese Zielstrebigkeit des Kaufmannes wird ergänzt durch die Offenheit des Ackermannes, sich überraschen lassen zu können. Bei allem Streben geradeaus sollte der Blick nicht durch Scheuklappen begrenzt sein. Ich stelle mir diesen Menschen auf dem Acker so vor, wie er ohne großes Nachdenken seine tägliche Pflicht erledigt und plötzlich, völlig unvorbereitet, durch ein unfassbar wertvolles Geschenk überrascht wird. Man kann es bildlich vor sich sehen, wie die Augen des glücklichen Entdeckers aufleuchten und zu strahlen beginnen als er die schmutzige Kiste aus der Erde hievt und den Deckel öffnet. Überwältigtes Staunen, Kribbeln im Bauch, ein Film voller Wünsche vor dem inneren Auge, die nun alle erfüllt werden könnten.

Wann haben Sie sich das letzte Mal überraschen lassen? Von ihrem Partner, ihrer Familie, ihrem Kollegen, von Gott? Häufig stülpt sich der Alltag mit seiner schweren, grauen und natürlich auch schützenden, weil gewohnten Decke über uns. Da lassen sich die kleinen Überraschungen, die kleinen Leuchtfeuer und Alltagsunterbrecher leicht übersehen: das Lächeln eines anderen auf der Straße, das freundliche Winken eines Kindes, die Sonnenblume, die sich uns zärtlich in den Weg beugt, um uns ein Zwinkern zu entlocken, das quirlige Vogelgezwitscher in einer Hecke oder das liebevoll geschmierte Pausenbrot. Das allzu Selbstverständliche immer wieder als kleinen Liebesbeweis, als Wunder der Schöpfung oder als Störfaktor im Alltagstrott zu erkennen, vermittelt uns dieses Gleichnis. Und es sind nicht nur unsere Mitmenschen die Schätzchen unseres Tages, nein, auch Gott versucht immer wieder, uns zu überraschen – aus dem Nichts heraus, unvorbereitet… nämlich dann, wenn wir in Winken, Blumen, Zwitschern oder Lieblingspausenbroten etwas von Gottes Liebe erspüren. Das ist nichts, was wir verfolgen oder erstreben können, denn Gottes Überraschungen erkennen wir allein in unserem Glauben, in diesem Gefühl, das sich in uns einstellt; nicht beweisbar, aber das ist ja auch die Liebe nicht – und dennoch bestreitet niemand, dass es sie gibt. Von beflügelter Offenheit erzählt uns der Mann auf dem Acker.



3. Spontaneität: Eng zusammen mit der Offenheit, sich überraschen zu lassen, hängt auch die Aussage des Gleichnisses, spontan und aus Freude zu handeln, sich auf sein Bauchgefühl zu verlassen. Der Mensch auf dem Acker scheint nicht lange nachdenken zu müssen, wie er nun mit seinem überwältigenden Fund verfährt. Er grübelt nicht nach: „Wie bekomme ich das schwere Ding von hier weg, ohne dass mich jemand sieht?“ „Wenn ich jemanden zur Hilfe hole, neidet er mir bloß den Schatz.“ „Wenn ich dem Eigentümer des Ackers Bescheid sage, bin ich meinen Glücksfund schnell wieder los.“



Nein, der Finder folgt seinem Bauchgefühl, verkauft furchtlos all sein Hab und Gut und erwirbt gleich den kompletten Acker mitsamt dem Schatz. Von außen gesehen wirkt das völlig befremdlich: Hätte er sich nicht erst absichern müssen, ob er den Acker überhaupt erwerben kann, ehe er all seine Habe verkauft? Das hätte auch ins Auge gehen können; dann wäre alles futsch gewesen. Aber der Impuls des Finders bringt ihm den Hauptgewinn, den Schritt nach vorn, er blockiert sich nicht durch rationales Fragen und heftiges Kalkulieren und grüblerisches Abwägen, sondern er ergreift die Gelegenheit mutig beim Schopf. Und das ist etwas, das uns sehr schwer fallen kann. Oft verheddern wir uns in wilde Gedankenverrenkungen, grämen und sorgen uns, entfachen Ängste und schreckliche Fantasien, wie wer wann warum reagieren könnte… „Warum hat der mich jetzt angelächelt?“ „Und wieso winkt die mich an?“ „Können die ihre Blumen nicht mal abschneiden, so dass sie mir nicht den Weg blockieren und mich auch noch eine Biene sticht?“

Der Entdecker des Schatzes zeigt uns, dass man die Dinge manchmal einfach nehmen kann wie sie eben kommen – ganz ohne Hintergedanken entpuppen sie sich nämlich gelegentlich als Schatz.



4. Zeit für Schönes: Die Perle steht für etwas sehr Kostbares. Nämlich für das Schöne, das es überall im Leben zu entdecken gibt: in der Familie, im Kindergarten, in der Schule, unter Freunden, im Konfi-Unterricht, beim Spielen, Singen, Tanzen, Fußballspielen, im Urlaub, auf der Arbeit. Wo auch immer. Mit ihrem einzigartigen Schimmer erinnert die Perle daran, dass es neben dem, was man in dieser Welt lernen, leisten und darstellen soll, auch den Bereich des Schönen und Zweckfreien gibt. Wir Menschen, ob nun große oder kleine, alte oder junge, sollten nicht nur an der Messlatte der Leistung gemessen werden. Es geht nicht darum, welches Baby als erstes läuft, welches Kind am ehesten einen Wettbewerb gewinnt. Es geht nicht darum, wer in weniger Zeit scheinbar mehr leistet, ob das Studium der Medizin nun komplizierter ist als die Ausbildung zur Buchhändlerin oder ob einer mehr vom Leben hat, der neben Familie, drei Kindern, 60 Stunden-Wochen auch noch drei Sportarten betreibt und sich in einer Partei engagiert.

Was einen unvergesslichen Glanz und Schimmer ins Leben bringt, so dass die Augen leuchten und vor Freude strahlen, das sind doch oft ganz andere Sachen: Freundschaft, Vertrauen, Ermutigung. Daran erinnert die kostbare Perle.



5. Vertrauen: Jesus hat das Himmelreich mit dem Kaufmann, der alles für die kostbare Perle hergibt, verglichen. Wo Menschen ihr Streben, ihre Zielgerichtetheit, ihre Leistungen mit Vertrauen verbinden können, wo mitten im Gestalten des eigenen Lebens auch Platz ist für den Blick auf den andern, für Zuhören und Gespräche, für Trost und Mitgefühl und gegenseitige Anerkennung, für Gottes Nähe – da ist auch das Himmelreich. Und das lässt sich nicht nur suchen, sondern auch ganz unerwartet finden, wie der Schatz im Acker. Vertrauen dürfen wir darauf, dass Gott mit uns ist, dass er uns auf dem Lebensweg genügend innere Stärke und Interesse verleiht, Vertrauen auf ihn und Freude am Leben, am Fragen und Erkunden und Herausfinden, an Freundschaft, Offenheit und den Blick für das Außergewöhnliche.



Liebe Gemeinde,



an diesem Sonntag möchte uns Gott aufmerksam machen auf Gaben, auf Einstellungen und Impulse, die er uns schenkt, ja anvertraut und zutraut. Damit das unaussprechlich Überwältigende eine Chance hat, jederzeit in unser Leben einzubrechen und es reicher, besser, friedvoller, bunter, schöner zu machen – zu einem Stück vom Himmel eben.



Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.





Verfasserin: Pfarrerin Dr. Daniela Opel

Taubenberg 6, 65510 Idstein


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