Anvertraute Gaben
von
Predigtdatum
:
17.08.2014
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
8. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
1. Petrus 4,7-11
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
"Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern." (Lukas 12, 48)
Psalm: 40, 9 - 12
Lesungen
Altes Testament: Jeremia 1, 4 - 10
Epistel: Philipper 3, 7 - 14
Evangelium: Matthäus 25, 14 - 30
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 440, 1 - 4 All Morgen ist ganz frisch und neu
Wochenlied: EG 326, 1 - 5 Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Predigtlied: EG 134 oder EG 268 Komm, o komm, du Geist des Lebens oder
Strahlen brechen viele
Schlusslied: EG 497, 1.9 –13 Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun
Hinführung
Der kleine Ausschnitt aus dem 1. Petrusbrief ist vor allem mit seinem Anfangssatz eine Zumutung für heutige Men-schen, auch für Christenmenschen. In der evangelischen Kirche sind wir viel damit beschäftigt, zukunftsfähige Struk-turen zu schaffen. Da liegt der Satz vom nahen Ende aller Dinge ziemlich quer.
Die Predigtvorlage versucht nun dennoch, die ethischen Er-mahnungen – beständig in der Liebe bleiben, Gastfreund-schaft üben, einander seinen Gaben gemäß dienen – unter der Voraussetzung des nahen Endes zu verstehen. Mit „allen Dingen“ werden auch die Bedrängnisse der christlichen Ge-meinde enden. Aber bis dahin ist die Gemeinde gerade mit den genannten Taten gefordert, jedoch mit der Freude im Herzen, dass es ein nahes Ende hat. Die Mächte dieser Welt sind bereits besiegt durch die Auferstehung Christi.
Mit dem Bild „Sonntag im Herzen“ wird diese Haltung ver-anschaulicht. (Eine Bearbeitung des Fotos in Aquarell ist zu finden unter http://gabrielekoenigsart.wordpress.com/menschen/in-meinem-herzen-ists-sonntag/
Die erste Ermahnung „Seid besonnen und nüchtern im Ge-bet“ wird nicht in die Reihe der ethischen Ermahnungen ein-gereiht, sondern beschließt die Predigt und nimmt damit implizit auf, dass wir alles, was wir tun, aus Gottes Kraft tun, nicht aus eigener. Die Predigt braucht im Gottesdienst das Evangelium des Sonntags, das Gleichnis von den anver-trauten Pfunden (Matthäus 25, 14 - 30).
Gliederung
I. Sonntag im Herzen
II. Das Ende ist nahe
III. Was zu tun ist, wenn das Ende nahe ist
a. Beständig Liebe untereinander üben
b. Gastfreundschaft
c. Einander dienen
IV. Besonnen und nüchtern beten
Predigt
(1. Sonntag im Herzen)
Liebe Gemeinde,
auf einem alten Foto vom Anfang des letzten Jahrhunderts ist ein junges Mädchen zu sehen. Mit einem Reisigbesen kehrt sie hinter dem Haus den Hof. Vielleicht ist es ein landwirtschaftliches Anwesen, vielleicht der Hinterhof eines Handwerksbetriebs. Allerlei Gerätschaften stehen herum. Etwas unaufgeräumt sieht’s aus. Es ist nötig, dass da sauber gemacht wird.
Das Mädchen ist vielleicht 15 Jahre alt. Und sie hat Sonn-tagskleider an. Ein dunkles Kleid, weiße Schürze drüber, die Haare sorgfältig gebunden, ihre guten Schuhe hat sie an, geputzt und poliert. Es passt nicht ganz zu dem groben Besen, mit dem sie hantiert. Aber wenn ich ihr Gesicht an-schaue, dann sehe ich: sie ist ganz zufrieden. Innerlich lä-chelt sie, als wolle sie sagen: in meinem Herzen ist Sonntag. Sie strahlt selbst eine besondere Reinheit aus. Die Arbeit, der Dreck, das Gerümpel, der grobe Besen – es macht ihr nichts aus. In ihrem Herzen ist Sonntag.
Wir verstehen den Sonntag in erster Linie als ersten Tag der Woche. „Gott Lob, der Sonntag kommt herbei, die Woche wird nun wieder neu“. Doch der Sonntag enthält auch etwas vom Ende. Alle Mühe, alle Arbeit, alle Sorgen und Bedräng-nisse, alles, was die Woche über schwer auf einem lastet, hat erst mal ein Ende. Es ist Sonntag. Das Ende aller Dinge ist nahe herbeigekommen. Auch dies ist im Sonntag enthal-ten. Ein Glanz vom 7. Schöpfungstag liegt auf jedem Sonn-tag. Alles ist gut. Noch nicht ganz – sicher. Aber in meinem Herzen ist schon Sonntag.
(II. Das Ende ist nahe)
Das Ende aller Dinge ist nahe herbeigekommen, sagt der Apostel, der den 1. Petrusbrief geschrieben hat, seinen Glaubensgeschwistern.
Er sagt das mit Bedacht. Denn er wusste von ihnen, wonach sie sich so sehr sehnten. Wenn es doch endlich aufhören würde. All das, was sie bedrängt: diese ständigen Anfeindungen. Immer wieder die Verdächtigungen, die üblen Nachreden, bis hin zu Anklagen. Die Feindseligkeiten, die sie in ihren Dörfern und Städten ertragen mussten, das alles machte sie zu Fremden in der eigenen Heimat. Sie gehörten nicht mehr richtig dazu zur Gemeinschaft. Sie wurden ge-schnitten.
Und gewiss kam in ihnen auch immer wieder der Gedanke hoch: was haben wir mit dem oberflächlichen Leben unserer Mitmenschen zu tun? Warum sollen wir uns mit dem ganzen Schmutz der Gesellschaft überhaupt abgeben? Mit all den Intrigen, der Gewalt und Herrschsucht, den Gemeinheiten. All das, was uns unser Leben in dieser Umgebung so uner-träglich macht. Sollen wir nicht lieber nach einem Ort suchen, an dem wir ungestört unseren Glauben in vollkommener Reinheit leben können? Ganz nach den Geboten von Jesus, in Liebe zueinander, barmherzig, friedlich, einträchtig, ohne Angst.
Aber, sagt dieser Lehrer der Christenheit, das Ende aller Dinge ist doch nahe. Und dazu gehören ganz bestimmt all die Dinge, die euch so sehr in Bedrängnis bringen. Ihr sehnt euch danach, dass es aufhört mit der Situation, die ihr fast nicht mehr ertragen könnt.
Es tut ihm weh, was er von seinen Glaubensgeschwistern hört. All dieses Schreckliche hat aber nur noch eine be-grenzte Frist. Und für die Zeit, die bis dahin noch bleibt, sollen sie doch so leben, wie wenn sie das Ende aller Dinge schon im Herzen haben, auch wenn sie sich mit diesen Din-gen immer noch herumplagen müssen.
(III. Was zu tun ist, wenn das Ende nahe ist)
Es sind drei wertvolle Hinweise, die er den Christen gibt. Alle unter der Überschrift: „Das Ende aller Dinge ist nahe gekommen.“
(IIIa. Beständig Liebe untereinander üben)
Der erste ist: „Vor allen Dingen habt untereinander bestän-dige Liebe, denn die Liebe deckt auch der Sünden Menge“.
Es passieren Dinge, die nicht gut sind. Auch unter Euch. Da fallen böse Worte. Argwohn schleicht sich ein. Üble Nachrede entsteht. Neid und Eifersucht, Ärger, ja Wut entsteht. Wo Menschen mit ihren Lebensumständen ständig überfordert sind, da passieren schlimme Sachen, bis hin zur Gewalt. Wir kennen das, wenn jemand ausrastet, weil ihm alles über den Kopf wächst.
Dann braucht es jemanden, der nicht mit Aggression antwortet, sondern mit Geduld bei dem steht, der auszurasten droht oder ausgerastet ist. Die Liebe kann einen zur Besin-nung bringen. Der Apostel hat Menschen vor Augen, die immer wieder an die Grenzen von dem kommen, was sie aushalten können: wieder eine anonyme Beschuldigung. Wieder eine Benachteiligung. Wieder Pöbeleien gegen die Kinder. Und im Hintergrund immer die Bedrohung mit Ge-fängnis. Speziell für Glaubensgeschwister in solcher Lage stellt der Apostel ganz obenan: „Vor allem habt beständige Liebe untereinander“.
Zweimal in den vergangenen 80 Jahren haben Christen in unserem Land solche Situationen aushalten müssen. In der DDR und zuvor schon in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Nicht wirkliche Christenverfolgungen, aber doch ein hinterhältiges, feiges und gemeines Bedrängen. Das brachte viele dazu, auch unbesonnene Entscheidungen zu treffen. Da war viel Liebe notwendig unter den bedrängten Christen. Nicht, um alles unter den Teppich zu kehren, son-dern um Raum zu schaffen für Besonnenheit. Menschen, die in der gewissen Hoffnung lebten, dass auch diese schreckli-chen Dinge ein Ende haben werden, konnten am ehesten solche Liebe aufbringen.
(IIIb. Gastfreundschaft)
Das zweite, was der Apostel den Glaubensgeschwistern und bedrängten Gemeinden ans Herz legt, ist die Gastfreund-schaft ohne Murren. Wo Christengemeinden in Bedrängnis geraten, da gibt es immer einzelne, die nicht mehr an ihrem Heimatort bleiben können. Weil ihr Leben bedroht ist, weil sie kein Auskommen mehr haben. Christen unterwegs brauchen gastfreie Häuser von Glaubensgeschwistern. Das kann anstrengend sein. Mit Widerwillen wird es noch anstrengen-der. Aber mit der Einsicht, dass es Glaubensgeschwister gibt, die schlimmer dran sind als man selber, und die Hilfe benötigen, kann Gastfreundschaft zu einem Segen werden. Verfolgte und bedrängte Christen aus manchen Ländern der Erde kommen auch in unser Land und vertrauen darauf, dass Glaubensgeschwister sie gastfreundlich empfangen.
(IIIc. Einander dienen)
Und das letzte noch: „Dient einander. Ein jeder mit der Ga-be, die er empfangen hat.“
Jeder und Jede von Ihnen hier hat wunderbare Gaben mit-bekommen. Sie nützen niemandem, wenn wir sie sicher aufbewahren, bis alles vorbei ist und das Ende aller Dinge gekommen ist. Der dritte Knecht im Gleichnis von den an-vertrauten Pfunden hat seine Gabe sicher vergraben. Am Ende ist er ganz arm dran. Gerade weil das Ende aller Dinge nahe gekommen ist, werden unsere Gaben jetzt gebraucht, nicht erst danach.
Was hat mir denn Gott besonders anvertraut?
Ist es das, dass ich jemanden trösten kann? Dass ich be-drückte Menschen aufmuntern kann? Sind es meine weit-verzweigten Beziehungen? Ist es mein Vermögen? Oder sind es meine Fähigkeiten, praktische Lösungen für ausweglose Situationen zu finden?
Dient einander! Gaben gibt es viele. Gott hat sie mir gege-ben, weil er durch mich etwas bewirken will. Jetzt, vor dem Ende aller Dinge. Was danach sein wird, können wir getrost ihm überlassen.
(IV. Besonnen und nüchtern beten)
In meinem Herzen ist Sonntag. Auch wenn nicht alles schön ist, womit ich mich beschäftigen muss. In meinem Herzen ist Sonntag, ich kann Gott loben über allem, was er mir ge-schenkt hat. Am meisten aber darüber, dass er seinen Sohn Jesus Christus von den Toten auferweckt hat und so dem Tod bereits die Macht genommen hat. Gott hat damit das Ende aller Dinge eingeleitet, das Ende aller bösen Dinge vor allem. In meinem Herzen ist Sonntag.
Sonntag ist für uns Christen auch der Tag, an dem wir ge-meinschaftlich beten. Besonnen und nüchtern nehmen wir uns miteinander Zeit, um zu Gott zu beten.
Besonnen und nüchtern will ich danken für die Gaben, die Gott mir geschenkt hat – und genauso besonnen und nüch-tern für die Gaben, die er meinem Nächsten geschenkt hat.
Besonnen und nüchtern will ich ihn darum bitten, dass er mir die Augen öffnet für die Gelegenheiten, in denen gerade meine Gaben gebraucht werden.
Besonnen und nüchtern will ich das vor Gott bringen, was meinen Nächsten gerade in Not bringt.
Und besonnen und nüchtern will ich mit allen Glaubensge-schwistern zusammen die Worte beten, die Jesus uns gelehrt hat, damit in allen Dingen Gott gepriesen werde durch Jesus Christus. Amen.
Gebet zum Eingang
Einen neuen Tag schenkst du uns, Gott.
Ehe wir die Augen öffnen, bist du um uns.
Ehe wir den Mund auftun, bewegst du unser Herz.
Was wir mitbringen, Freude und Last,
bringen wir vor dich.
Sieh uns an und höre uns.
Gottesdienstbuch Württemberg 2004, Seite 292
Fürbittengebet
Herr unser Gott,
wir danken dir für alle Gaben die du uns anvertraut hast.
Jeden und Jede von uns hast du mit besonderen Gaben be-schenkt.
Wir danken dir, dass wir mit Worten und Taten dazu mithel-fen dürfen,
deine gute Botschaft zu den Menschen zu bringen,
und sie deine Liebe spüren zu lassen.
Wir bitten dich,
öffne uns Augen und Ohren, damit wir erkennen, wo du uns mit deinen anvertrauten Gaben brauchen willst.
Wir bitten dich für deine ganze Christenheit,
für deine Gemeinden, die um ihres Glaubens willen bedrängt und verfolgt werden,
für die Geschwister, die um ihr Leben fürchten müssen.
Wehre allem Hass und aller Gewalt.
Wir bitten dich für die Menschen, die nicht mehr aus noch ein wissen,
weil sie überfordert sind mit den Umständen, unter denen sie leben müssen.
Gib, dass sie Menschen finden, die ihnen mit Liebe zur Seite stehen.
Wir bitten dich für die Kranken in unserer Nähe, für Einsame und Verbitterte,
und für die, die glauben, das Leben nicht mehr aushalten zu können.
Stärke alle in ihrer Nähe, ihnen in ihrer Schwachheit mit ihren guten Gaben zu dienen.
Und stärke in uns allen die Zuversicht, dass das Böse bereits überwunden ist durch deinen Sohn Jesus Christus,
unseren Herrn. Durch ihn preisen wir dich in allen Dingen.
Dr. G. Schäberle-Koenigs
Verfasser: Pfarrer Dr. Gerhard Schäberle-Koenigs Kirchweg 7, 75323 Bad Wildbad-Aichelberg
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).