Wochenspruch: Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern. (Lukas 12,48)
Psalm: 63,2-9
Reihe I: Philipper 3,(4b-6)7-14
Reihe II: Jeremia 1,4-10
Reihe III: Matthäus 7,24-27
Reihe IV: Matthäus 25,14-30
Reihe V: 1. Könige 3,5-15(16-28)
Reihe VI: Matthäus 13,44-46
Eingangslied: EG 449 Die güldne Sonne, voll Freud und Wonne
Wochenlied: EG 395 Vertraut den neuen Wegen
Predigtlied: EG 632 Wenn das Brot, das wir teilen
Schlusslied: EG 262 Sonne der Gerechtigkeit
Jesus sprach: Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet.
Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.
Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder,
ein Pfarrer berichtet Folgendes über sein Pfarrhaus: „Seit einigen Jahren wohne ich mit meiner Familie in einem alten großen Haus. 1885 wurde es als Ersatzbau für das ursprüngliche Pfarrhaus errichtet und ein Patron muss, selbst für damalige Verhältnisse, recht tief in seinen Geldbeutel gegriffen haben. Kein Wunder das es ortsprägend und daher auch unter Denkmalschutz stehend ist. Gut, der Zahn der Zeit hatte gehörig an Dach, Fenster und Fassade genagt, im Sommer sind Fledermäuse und Mauersegler unsere Gäste, aber die teilweise bis zu 70 Zentimeter dicken Mauern aus Bruchstein und ein gut nutzbarer Gewölbekeller vermitteln dem aufmerksamen Betrachter: hier wurde solide gebaut. Dieses Haus bietet Schutz und Geborgenheit, ganz gleich ob es draußen Kälte, Hitze, Sturm oder sintflutartigen Regen gibt. Vor drei Jahren ging ich in den Keller und wollte anlässlich einer kleinen Familienfeier eine Flasche des köstlichen, selbstgemachtes Liköres holen, als mich fast der Schlag traf. Mehrere dunkel- bis hellbraune Gebilde hatten sich in dem Keller ausgebreitet, teils bis zu 2 Metern im Durchmesser. Die schnell herbei gerufene Architektin bestätigte die schlimmsten Befürchtungen: das war echter Hausschwamm. Das Fundament des Hauses massiv bedroht.“
Keine Frage – so explizit spricht Jesus nicht von einem Fundament, wie wir es kennen. Das Bild, das er verwendet, nimmt noch stärker den Untergrund in den Blick: Fels oder Sand.
In Israel und Palästina kann man im Februar/März noch heute sehr eindrücklich erleben, worauf Jesus im Bild vom Hausbau anspielt: Wochenlange Trockenheit - und dann, aus heiterem Himmel, ein anhaltender Starkregen, der sich in den Wadis zu reißenden Flüssen vereinigt. Deren mächtige Strömung reißt unterschiedslos alles mit sich, was keinen Halt auf Felsengrund hat.
Ein eindrückliches Bild, das uns Jesus da vor Augen führt, eine klare, gut verständliche Sache. Wenn die Regengüsse und Sturzbäche kommen, braucht man ein gutes Fundament, sonst rutscht alles ab. Auf das Fundament kommt es an, weil es einem festen Halt gibt. Und das hilft auch bei allen schweren Entscheidungen. So ein festes Fundament im Leben, und ein Keller, der immer trocken ist – das wäre ja schön.
Jedoch wollen wir ja heute nicht über Baukunst, Architektur und statische Berechnungen nachdenken, sondern vielmehr über das, was Jesus uns am Ende seiner Bergpredigt vermitteln möchte. Gerade die Worte dieser Predigt haben es ganz schön in sich: von Barmherzigkeit ist die Rede, vom Salz der Erde und Licht der Welt. Jesus redet über Versöhnung und Feindesliebe, das Abwehren von Sündhaftigkeit, unvergänglichen Reichtum und fordert dazu auf, sich nicht den Sorgen zu unterwerfen. In dieser Bergpredigt lehrt er uns zu beten und warnt vor Irrwegen und Irrlehren.
Die Bergpredigt ist eine Herausforderung. Jesus ermutigt seine Predigthörer, sein Wort in die Tat umzusetzen. Sooft ich mich mit Bergpredigt beschäftige, regt sich in mir durchaus der Wunsch, nach seinen Verhaltensmaßregeln zu leben: also barmherzig zu sein, Frieden zu stiften, mich nicht so sehr um mein Wohlergehen zu sorgen. Ich stimme Jesus in Gedanken fast jeder Einstellung zu, zu der er auffordert - und weiß doch, wenn ich ganz ehrlich bin, wie oft ich in der Praxis hinter seinen Aufforderungen zurückbleibe. Wie sehr Hören und Tun bei mir auseinanderklaffen. Ein Umstand, ja, schon fast ein Dilemma, das mir hin und wieder sehr zu schaffen macht.
Wie gehe ich also mit diesen Worten um, die im Denken und Handeln zu meinem unzerstörbaren Lebensfundament werden sollen? Laufe ich da nicht Gefahr, bei deren Umsetzung mich selbst zu überfordern und sie irgendwann ad acta zu legen, weil ich an dieser Überforderung zu zerbrechen drohe? Das kann Jesus so nicht gemeint und gewollt haben.
Also muss es noch einen Weg geben. Dabei kann ein Blickwechsel helfen – weg vom Errichten eines Fundamentes samt Hausbau, hin zu Jesus in seiner Gesamtheit. Ich verstehe das Reden und Handeln von Jesus insgesamt so, dass er damit das Reich Gottes den Menschen nahebringen wollte. Ein Reich, in dem die Liebe Gottes regiert und Gottes Gnade unübersehbar ist. Doch dieses Reich gibt es nicht einfach zu kaufen.
Ein junger Mann betrat im Traum einen Laden. Hinter der Theke stand ein Engel.
Hastig fragt er ihn: „Was verkaufen Sie, mein Herr?“
Der Engel antwortete freundlich: „Alles, was Sie wollen.“
Der junge Mann begann aufzuzählen: „Dann hätte ich gern
das Ende aller Kriege in der Welt, bessere Bedingungen für die Randgruppen der Gesellschaft, Beseitigung der Elendsviertel in Lateinamerika, Arbeit für die Arbeitslosen, mehr Gemeinschaft und Liebe in der Kirche, und …
Da fiel ihm der Engel ins Wort:
„Entschuldigen Sie, junger Mann, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen.“
(Aus: Heinz Summerer, Geistliche Texte für Feste im Jahreskreis, Don Bosco Verlag. Seite 58.)
Diese kleine Geschichte sagt uns, dass wir selbst tätig werden sollen, ja dürfen. Ganz gleich, ob wir nun ein Fundament errichten oder einen Paradiesgarten anlegen wollen – wir dürfen selbst tätig werden.
Dahinter verbirgt sich eine große Freiheit. Die Freiheit des Probierens. Die Freiheit des „Nicht-Funktionieren-Müssens“. Die Freiheit, sich selbst so anzunehmen, wie man ist. Bei diesem Gedanken sollten wir etwas verweilen, denn wir leben in einer Welt, die hauptsächlich von Forderungen und Zwängen bestimmt ist, die wir sehr oft an uns selbst richten oder uns auferlegen.
Denn das Ganze ist einhergehend mit dem Streben nach materieller Absicherung und bestmöglicher Gesundheit. Auf diese Art und Weise, davon sind sehr viele Menschen unserer Tage überzeugt, werde sich das Leben ganz gut und möglichst lange leben lassen. Bei dem Streben nach diesem langen und gesicherten Leben entwickelt sich aber automatisch ein sich immer stärker ausbreitender Egoismus. Denn wir erleben ja, dass der Nachbar, ein Verwandter oder der Arbeitskollege ganz offensichtlich gesünder, besser abgesichert, angesehener zu sein scheint, als wir selbst. Dahin wo der oder die ist, wollen wir ebenfalls und schon kreisen unsere Gedanken immer mehr in dieser Ausrichtung herum. Ohne dass wir es merken, gerät unser Fundament ins Wanken. Ein schleichender, langsamer Prozess. So, als wäre das Fundament unseres Lebenshauses vom Schwamm befallen. Neid und Unzufriedenheit machen sich breit. Die Empathie für andere nimmt immer mehr ab. Menschen verhärten, während das Fundament ihres Lebenshauses immer stärkere Risse bekommt und unter Umständen gar zusammenbricht. Zumal, wenn sich Dinge in ihrem Leben ereignen, die weder geplant waren noch gewollt oder gewünscht sind.
Gegen all das steht die Freiheit, zu der Jesus uns einlädt. Es gibt nur einen Haken dabei: wir müssen es zumindest einmal versuchen!
Darauf kommt es an – den ersten Schritt zu gehen; es zu wagen, das zu leben, was im Sinne Gottes ist; der Sehnsucht zu trauen, dass etwas neu lebendig werden kann in mir, in meinen Beziehungen zu anderen – im Vertrauen auf Gott. Mit anderen Worten: Danach zu trachten, Christus zu erkennen, ihm gleichgestaltet zu werden – das vermag das Haus unseres persönlichen Lebens gut zu gründen.
All das hat auch Bedeutung über das Persönliche hinaus. Denn auch für das Haus unserer Gesellschaft ist es von Belang, zu hören und zu tun, was Jesus uns ans Herz legt.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich träume nicht davon, dass wir wieder auf eine geschlossen christliche Gesellschaftsordnung zugehen, wie sie zu Zeiten Luthers für viele Leitbild war. Nein, weltanschauliche und religiöse Vielfalt ist heute Wirklichkeit, die wir nicht betrauern sollten. Aber unserer Gesellschaft muss mehr sein als ein mehr oder weniger funktionierendes Wirtschaftssystem, in dem alle Risiken abgesichert scheinen. Die in den vergangenen Wochen und Monaten in unserem Land so oft und so laut beschworene Wertegemeinschaft tut gut daran, sich von Orientierungen Jesu leiten zu lassen. Den Samen dazu können wir am Besten in unseren Familien und Gemeinden legen.
Zwar existiert oft die Meinung, dass der Prophet im eigenen Land nichts gelten würde. Doch wie ist es mit dem Fundament in Jesu Sinn in unseren Gemeinden und Familien? Strahlen sie vielleicht deshalb zu oft zu wenig von der befreienden frohen Botschaft aus, weil zu viel Sand im Spiel ist? Sind es vielleicht gar wir selbst, die für die fortschreitende Erosion des Fundamentes verantwortlich sind?
Somit kommt zu dem, dass wir den ersten Schritt wagen, noch etwas hinzu oder besser, sollte ihm vorausgehen: die ehrliche und selbstkritische Erkenntnis darüber, in wie weit wir selbst uns noch auf einem festen christlichen Fundament befinden. Das „Kehren vor der eigenen Tür“ gehört zwar mit zu den schwersten Aufgaben, die es in unserer Welt zu meistern gilt, doch es lohnt sich in vielerlei Hinsicht. Haben wir das geschafft, können wir auch daran gehen, ein neues Haus zu errichten. Ein Lied, das beschreibt, wie schön es sein kann, so ein lebendiges Haus zu bauen, stammt von Peter Jannsens: „Komm, bau ein Haus“. Darin heißt es:
Komm, bau ein Haus, das uns beschützt, pflanz einen Baum, der Schatten wirft, und beschreibe den Himmel, der uns blüht, und beschreibe den Himmel, der uns blüht.
Ich wünsche uns von Herzen, dass es uns mit Gottes gütiger Hilfe gelingen möge, auf einem festen Fundament zu lebendigen Steinen im Hause Gottes zu werden.
Amen.
Gott, zu dem wir voller Vertrauen Vater sagen dürfen, wir danken dir für alles, was uns Tag für Tag am Leben erhält, für alle guten Gedanken und richtige Entscheidungen.
Doch wir bekennen auch, dass wir das von dir uns an Gut und Gaben geschenkte, nicht nimmer richtig nutzen. Zu oft setzen wir sie nur für uns selbst ein und vergessen dabei dir zu danken. Wir bitten dich um Vergebung.
Genauso erbitten wir von dir auch die Kraft zur Veränderung. Hilf uns bei der Errichtung eines festen Fundamentes in Jesu Sinn, so dass wir zu einer Gemeinde werden, in der man nicht übereinander, sondern miteinander redet, in der man Hilfe gibt und empfängt.
Wir sind dankbar für Hilfe, die von Herzen gern geleistet wird und die beiden wohltut, dem Helfer und dem, der Hilfe empfängt.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Markus Blume, Dorfstraße 10, 06536 Südharz
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