Anvertraute Gaben
von Christine Urban (06638 Karsdorf)
Predigtdatum
:
09.08.2009
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
8. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Matthäus 25,14-30
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Wochenspruch:
Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern. (Lukas 12,48)
Psalm: 40, 9-12
Lesungen
Altes Testament:
Jeremia 1,4-10
Epistel:
Philipper 3,7-11 [12-14]
Evangelium:
Matthäus 25,14-30
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 295
Wohl denen, die da wandeln
Wochenlied:
EG 497
Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun
Predigtlied:
EG 414
Oder: EG 419
Lass mich, o Herr, in allen Dingen
Hilf, Herr meines Lebens
Schlusslied:
EG 320, 1+7+ 8
Nun last uns gott dem Herren
Vorbemerkung: Die Predigt ist so geschrieben, dass der Predigttext (= Evangelienlesung) im Verlauf der Predigt gelesen wird.
Es ist von daher sinnvoll, neben der Epistel auch die alttestamentliche Lesung des Sonntags zu lesen (Jer 1, 4-10). In der Predigt wird auf diese Lesung bezug genommen.
Jesus sprach: „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an; dem einen gab er fünf Zentner Silber, dem andern zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und zog fort. Sogleich ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu. Ebenso gewann der, der zwei Zentner empfangen hatte, zwei weitere dazu.
Der aber einen empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn. Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und forderte Rechenschaft von ihnen. Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte, und legte weitere fünf Zentner dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit weitere fünf Zentner gewonnen. Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!
Da trat auch herzu, der zwei Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit zwei weitere gewonnen. Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude! Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist: du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine. Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wusstest du, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe? Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen. Darum nehmt ihm den Zentner ab und gebt ihn dem, der zehn Zentner hat. Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden. Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“
Liebe Gemeinde!
"Das kann ich nicht!" - Wie oft haben Sie diesen Satz schon gehört? Staunend nimmt jemand wahr, was ich kann, er aber nicht. Trotzig höre ich diesen Satz immer wieder, wenn von jemandem etwas verlangt wird, was er noch nie probierte. Ganz unterschiedlich kann er klingen, je nach dem, wer ihn sagt und zu wem.
Kinder sagen ihn genauso wie Erwachsene. Bei Kindern versuchen wir es dann mit Aufmunterungen und/oder Hilfestellungen. Bei Schulkindern steckt vielleicht hinter dem Satz die Befürchtung, als Streber angesehen zu werden. Vielleicht ist es auch eine ungewohnte Umgebung, die sie vorsichtig werden lässt. Bei Erwachsenen hilft manchmal Überreden, manchmal glauben wir Hopfen und Malz verloren. Oder wir ahnen Einstellungen, die wir nicht verstehen können oder mit denen wir nur schlecht umgehen können: "Einmal dumm gestellt, erspart Arbeit für ein halbes Leben." Bei beiden Altersgruppen spielt natürlich auch eine Rolle, sich nicht blamieren zu wollen. Denn vor Publikum geht man immer ein Risiko ein. Und wer macht das schon gern und freiwillig!?
Das kann ich nicht! - sagt der Prophet Jeremia, als er berufen wird. Es klingt wie ein Hilferuf. Ich bin zu jung, zu unbegabt, zu wenig ausgebildet, kann nicht reden, habe zwei linke Hände. Ich kann's einfach nicht! Schluss, aus, Ende der Diskussion! Es wird nicht einmal ausprobiert. Schade, da verpasst gerade jemand eine Chance! Schade, vielleicht wäre es schief gegangen, aber vielleicht hätte es ja auch gut geklappt und er wäre um ein Erfolgserlebnis und damit eine Lebenserfahrung reicher.
Es gibt zum Glück ganz viele Menschen, die sich trauen. Manchmal rührt ihr Mut von dem Zutrauen anderer her. Ich weiß, dass du das kannst. Manche machen dabei die erstaunliche Erfahrung, was sie alles können - ohne es zu wissen. Manches hätten es nicht geglaubt. Jetzt, da sie es versucht haben, können sie mehr als vorher. Da kam schon Mancher ins Staunen nach erledigter Aufgabe. Da hat danach so Mancher anderen Mut in ähnlichen Situationen gemacht. So ist das wohl gemeint im dem Gleichnis, von dem Jesus erzählt:
Predigttext lesen
Ein Talent ist die Menge, die ein Mann tragen kann. Martin Luther übersetzt es deshalb mit Zentner. Unsere deutsches Wort Talent, das inzwischen eine ganz andere Bedeutung hat, stammt wahrscheinlich aus diesem Gleichnis. Im Text gehen die Bedeutungen ineinander über, ja sie vermischen sich.
Der Herr im Gleichnis weiß, wem er wie viel anvertrauen und damit zutrauen kann. Keiner der drei Knechte weiß, wie lange die Reise des Chefs dauern wird. Alle drei fangen gleich an zu handeln, jedoch auf ganz unterschiedliche Art und Weise und mit sehr unterschiedlichem Ergebnis.
Mit wem identifizieren wir sich am schnellsten? Mit dem Herrn, der vor einer Reise seinen Besitz regelt. Das ist wie in der Urlaubszeit, wo man sich jemanden sucht, der die Blumen gießt, den Briefkasten leert und auch sonst immer einmal nach dem Rechten sieht. Doch hier geht es um seinen ganzen Besitz, der sich in acht Talenten Silber bemisst - sehr viel Geld. So viel hat wohl niemand von uns, und insofern brauchen wir uns gar nicht mit ihm zu vergleichen.
Die Knechte sind uns da viel näher. Sind uns die fleißigen, risikobereiten näher? Ganz selbstverständlich machen sie sich an die Arbeit und tun das, was gerade dran ist. Sie fragen nicht weiter oder verschieben die Sache. Sie finden auch keine Ausrede - keine Zeit, keine Lust. Warum gerade ich? Nein, gleich machen sie sich auf und der Erfolg gibt ihnen recht. Ist das nicht so mit Talenten, dass sie sich vermehren, indem sie angewendet werden?
Oder identifizieren wir sich mit dem, der sich nichts zutraut? Aus Angst kommt er beim Graben ganz schön ins Schwitzen. Wovor hat er Angst? Vor der eigenen Courage oder vor dem Urteil der anderen? Scheut er das Risiko oder weiß er es wirklich nicht besser? Es besteht überhaupt keine Gefahr, die das Vergraben rechtfertigt. Solche Zurückhaltung kennen wir. Wer nichts macht, macht nichts verkehrt. Solche Lethargie lähmt viele. Es nützt ja doch nichts. Das kann ich nicht und will's auch nicht können. Da mach ich mir doch die Finger nicht schmutzig. Das sollen mal die andern machen! Gehören wir eher zu denen, die lieber in der zweiten Reihe stehen?
Zu dem, was die beiden Fleißigen erwirtschaften, erhalten sie als Lohn ein dickes Lob und die Einladung zu einem Fest, das Versprechen von Gemeinschaft. Dem dritten Knecht wird sein Talent genommen, er wird getadelt und in die Einsamkeit und Finsternis geworfen. Ihm wird die Gemeinschaft verwehrt, weil er sich als nicht gemeinschaftsfähig erwiesen hat. Er hat die Verantwortung, die ihm übertragen wurde, nicht wahr-genommen. Wer sein Talent vergräbt, verschwendet seine Energie auf unnütze Weise. Schade! Es wird auch nicht erzählt, woher der Knecht um diese Hartherzigkeit seines Herrn weiß.
Uns kommt beides bekannt vor. Wir kennen Menschen, denen offensichtlich alles zufällt. Sie können einfach alles und setzen es gern für andere ein. (Wen Gott beim Arbeiten erwischt, dem schickt er immer neue.) Um unsere Kirchengemeinden sähe es schlecht bestellt aus, wenn es nicht so viel ehrenamtliches Engagement gäbe. Auch viele Vereine profitieren von der Einsatzbereitschaft der Mitglieder. Wie überhaupt immer zupackende Hände gebraucht werden. Christliche Gemeinde wächst ja gerade dadurch, dass sich die einzelnen Glieder mit ihren Gaben einbringen: da singt jemand im Chor mit, da betreut ein anderer seine Nachbarn, da sieht jemand bei den technischen Anlagen nach dem Rechten, da kümmert sich einer um die Kinder und ein anderer steht am Grill. Eine bäckt wohlschmeckende Kuchen, eine andere liefert den Kaffee, jemand hat ein gutes Händchen für den Altarschmuck und ein anderer spielt die Orgel. Manches Talent ruht noch bzw. ist noch nicht ausgegraben. Da sind alle gefragt, beim Suchen und Entdecken zu helfen.
Doch überall gibt es die "Drückeberger". Eine Zeit lang werden sie getragen, mitgetragen und ausgehalten. Doch irgendwann wird es den andern einfach zu viel. Ausreden kann man irgendwann nicht mehr hören. Die ewigen Nichtstuer werden links liegen gelassen und nicht einmal mehr angesprochen. Da wird man leicht zum Außenstehenden.
Jesus erzählt das Gleichnis, um uns darauf hinzuweisen, dass wir bis zu seiner Wiederkunft die Hände nicht einfach in den Schoß legen sollen, sondern das Wenige, was er uns anvertraut hat zu vermehren. Wir haben Verantwortung und werden dereinst zur Verantwortung gezogen. So sagt es der Wochenspruch. Bei dem einen sind es nur fünf Dinge, die er gut kann und indem er sie im Sinne Jesu einsetzt, vermehrt. Bei dem nächsten sind es nur zwei Dinge, doch gut ins Spiel gebracht, tragen sie Früchte.
Das Himmelreich ist überall da, wo Gott uns Talente anvertraut und uns damit weder unterfordert noch überfordert. Gott weiß genau, was wir leisten können. Himmelreich ist da, wo Talente die Gaben sind, die mir von Gott gegeben wurden und nicht einfach nur Geld und Besitz. Himmelreich ist überall da, wo wir uns dankbar solcher Talente bewusst werden und sie gern für andere einsetzen. Himmelreich ist da, wo wir unsere Talente vermehren, weil wir von anderen lernen oder anderen etwas beibringen. Himmelreich scheint da auf, wo wir die Zeit bis zur Wiederkunft Christi ausgiebig nutzen.
Amen.
Pfarrerin Christine Urban, Reinsdorfer Str. 23, 06638 Karsdorf
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Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
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