Apostel und Propheten
von Martin Remus (99091 Erfurt)
Predigtdatum
:
13.06.2004
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Trinitatis
Textstelle
:
1. Johannesbrief 4,16b-21
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Wochenspruch:
Christus spricht zu seinen Jüngern: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich. (Lukas 10,16)
Psalm: 34,2-11 (EG 718)
Lesungen
Altes Testament:
5. Mose 6,4-9
Epistel:
1. Johannes 4,16b-21
Evangelium:
Lukas 16,19-31
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 450
Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied:
EG 124
Nun bitten wir den Heiligen Geist
Predigtlied:
EG 409
Gott liebt diese Welt
Schlusslied:
EG 412,1-4
So jemand spricht: „Ich liebe Gott“
Hinführung
Dieser Predigttext enthält e i n e n, wenn nicht gar den Spitzensatz unserer Bibel: „Gott ist Liebe.“ Dieser Satz soll heute gepredigt werden, trotz allem, was ansonsten noch berechtigterweise zu Gott zu sagen wäre und was darüber hinaus noch über ihn in der Bibel zu finden ist (die Bibel redet auch vom zornigen oder schweigenden und unbegreiflichen Gott!). Denn manche unserer Epistel-Predigten enthalten stärker (die durchaus auch notwendigen!) Ermahnungen, Zurechtweisungen und Erinnerungen und sprechen deshalb weniger die Sprache des froh- und freimachenden Evangeliums, aus dem wir Trost, Kraft, Mut und Freude empfangen und das wir so nötig für unser Leben brauchen.
Deshalb vernachlässige ich in dieser Predigt einmal bewusst den Gedanken der Nächstenliebe (V. 20f.), der den Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern sicher sehr vertraut ist und beim Hören der letzten beiden Verse des Predigttextes auch ohne Erklärung verständlich sein dürfte und ggf. durch das Schlusslied (EG 412) zur Sprache gebracht werden kann. Ich lege das Schwergewicht auf den Gedanken der Liebe Gottes und frage danach, wie diese aussieht und wo sie sich gezeigt hat und auch heute zeigt und verstärke das durch das Predigtlied EG 409.
Bei der Lesung der Epistel (oder, falls man den schönen alttestamentlichen Text des Sonntags, 5. Mose 6,4-9, an Stelle der Epistel liest, beim Predigttext) lasse ich den schwer verständlichen Halbsatz „ … denn wie er ist, so sind auch wir in der Welt“ (V.17b in der Luther-Übersetzung) weg, da er beim Hören nach meiner Empfindung ohne Erklärung eher hinderlich ist.
16 Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. 17 Darin ist die Liebe bei uns vollkommen, dass wir Zuversicht haben am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. 18 Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe. 19 Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. 20 Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht. 21 Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.
Liebe Gemeinde!
Das Wort „Liebe“ ist ein schillerndes Wort. Es wird oft gebraucht und oft wohl auch missbraucht. Nicht zuletzt durch platte Schlagertexte, vielleicht aber auch durch bittere Erfahrungen ist es zu einer recht abgegriffenen Vokabel geworden. So kann es sein, dass es manchem schwer fällt, die Aussage positiv zu hören: „Gott ist Liebe“.
Doch genau im positivsten Sinn des Wortes ist dieser kurze Satz gemeint. Er ist e i n, wenn nicht gar d e r Spitzensatz der Bibel:
„Gott ist Liebe“. Sicherlich wird man Gott auch noch mit anderen Eigenschaften zu beschreiben haben, aber die Hauptintention seines Wesens – so sagt es dieser Text unmissverständlich – ist die Liebe.
Und die Bibel bleibt uns auch die Begründung für eine solche Aussage nicht schuldig: Gott liebt die Menschen so sehr, dass ihm auch sein eigener Sohn nicht zu schade war. Deshalb hat er ihn in unsere Welt gesandt und für die Schuld und das Versagen der Menschen in tiefstes Leid und schließlich gar in den Tod geführt. So groß, sagt die Bibel, ist Gottes Liebe zu uns Menschen!
Wenn es uns, wenn es der Kirche doch nur immer gelänge, dies deutlich zu machen und den Menschen zu bezeugen als das Evangelium, als die froh- und freimachende gute Botschaft Gottes!
Manchmal ist es vielleicht doch eher so, dass wir den Eindruck haben, in der Kirche und auch in unseren Gottesdiensten kommt viel stärker zur Sprache: Gott will dies oder jenes von uns …, er möchte, dass wir so oder so leben … – und vielleicht sind wir nach solchen Worten eher etwas bedrückt, weil wir merken, dass uns das nur ungenügend gelingt.
Es ist ja auch hilfreich, wenn wir gesagt bekommen, wie wir leben sollen, damit unser Leben gelingt, aber die Frage bleibt dennoch bestehen: Vermitteln wir in der Kirche und auch in unseren Gottesdiensten genügend Freude darüber, dass wir beschenkte und von Gott geliebte Menschen sind?
Wir s i n d Gottes geliebte Kinder, er hat uns lieb, er meint es gut mit uns – so sagt es uns die Bibel. Können wir ermessen, was uns da gesagt wird? Und hat das Auswirkungen für unser Leben?
Liebe Gemeinde, volkstümlich redet man ja oft vom „lieben Gott“. Aber mit dieser Redewendung wird sicher nicht immer das zum Ausdruck gebracht, was Gottes Liebe wirklich ist.
Für viele Menschen geht es doch nach einem ganz einfachen Schema: Ein l i e b e s Kind ist ein Kind, das tut, was ich will. Wenn es nicht tut, was ich will, ist es kein liebes Kind mehr.
Auf Gott übertragen: Gott ist der l i e b e Gott, wenn er tut, was ich möchte und was ich mir wünsche. Wenn er das n i c h t tut, dann ist der „liebe Gott“ kein l i e b e r Gott.
Natürlich wird so das Wesen der Liebe und auch das Wesen der Liebe Gottes völlig falsch beschrieben. Wenn d a s Gottes Liebe wäre, zu tun, was jeder so von ihm haben will, dann würde diese Liebe ein Chaos verursachen, denn die unterschiedlichen Wünsche der Menschen führen ja schon bei dem, was der Mensch zu realisieren vermag, oft genug zu Chaos, Krieg und lebensbedrohlichen Situationen.
Wenn das Gottes Liebe wäre, zu tun, was jeder so von ihm will, dann wäre Gott nicht mehr Gott, sondern ein dem Menschen verfügbarer Automat zur Wunscherfüllung, und dann würden wir, was ja oft genug geschieht, Gott für alles die Schuld zuschieben können, was nicht klappt; dann wären wir endlich die Verantwortung für unsere Fehler und unser Versagen los!
Aber Gottes Liebe besteht nicht darin, alle unsere Wünsche zu erfüllen. Auch die Liebe von Eltern zu ihren Kindern ist ja nicht einfach daran ablesbar, dass sie ihren Sprösslingen alle Wunschträume realisieren.
Gottes Liebe zeigt sich anders. In besonderer Weise hat sie sich gezeigt in seinem Sohn Jesus Christus, der sich den Menschen und insbesondere den Armen, Bedrückten, Traurigen und Verachteten zuwandte; der Liebe praktizierte, indem er selbstlos und opferbereit lebte; der den Menschen nahe war, wenn sie Sorgen und Nöte hatten; der ihnen Vertrauen schenkte; der ihnen half; der ihnen offen und ehrlich gegenübertrat; der sie mit der Wahrheit konfrontierte; der Unrecht als Unrecht ansprach und nicht alles mit dem scheinbar frommen Mäntelchen der Nächstenliebe zudeckte; der aber auch vergeben konnte und Menschen einen neuen Anfang ermöglichte.
Das ist ein Stück des Wesens der göttlichen Liebe, und diese Liebe wird uns auch durch das göttliche Gericht am Ende aller Zeiten tragen. Unser Predigttext sagt: „Furcht rechnet mit Strafe.“ Wenn wir das Wesen der göttlichen Liebe begriffen haben, dann wissen wir, dass alles das, was Gott uns schickt, nicht Strafe im Sinne von Vergeltung ist, sondern zurechtweisende, helfende Liebe.
Das ist manchmal sicher nur schwer zu verstehen und zu erkennen, so wie Kinder ja oft auch nicht verstehen können, warum ihnen die Eltern diesen oder jenen Wunsch nicht erfüllen, und was das mit Liebe zu tun haben soll.
Wer Gottes Liebe erkannt und erlebt hat - durch einen Menschen, in einer Gemeinde, in einer Gruppe, im Gespräch mit Gott, beim Hören und Bedenken seines Wortes, im Abendmahl, im Erkennen, wie Gott mich geführt und geleitet hat und wo er mir Kraft, Freude und Hilfe hat zuteil werden lassen - , der wird selbst etwas von dieser Liebe ausstrahlen. Und der wird nicht schweigen, wenn es darum geht, Gott mutig und fröhlich zu bezeugen. Den Gott, von dem es zu Recht in diesem schönen Text unserer Bibel heißt: „Gott ist Liebe!“ Amen.
Verfasser: Pfarrer Dr. Martin Remus, Templiner Str. 8, 99091 Erfurt
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