Apostel und Propheten
von Hans-Ulrich Deußen (55270 Schwabenheim)
Predigtdatum
:
17.06.2001
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Trinitatis
Textstelle
:
Matthäus 9,35-38;10,1.(2-4).5-7
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Wochenspruch:
Christus spricht zu seinen Jüngern: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich. (Lukas 10,16)
Psalm: 34,2-11 (EG 718)
Lesungen
Altes Testament:
5. Mose 6,4-9
Epistel:
1. Johannes 4,16b-21
Evangelium:
Lukas 16,19-31
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 243
Lob Gott getrost mit Singen
Wochenlied:
EG 124
Nun bitten wir den Heiligen Geist
Predigtlied:
EG 241
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Schlusslied:
EG 631
In Gottes Namen wolln wir finden
Liebe Gemeinde,
Vor knapp zwei Jahren kam die EKD-Synode in Leipzig unter dem Thema „Reden von Gott in der Welt“ zusammen. Es ging dabei um den missionarischen Auftrag der Kirche. Das Ergebnis dieser Synode wurde von den Synodalen einstimmig verabschiedet. Leider stellte sich bei einer Umfrage (des Amtes für missionarische Dienste in Stuttgart) ein Jahr später heraus, dass von den 23 Landeskirchen zwei Drittel keine nennenswerten Konsequenzen aus der Leipziger EKD-Synode erkennen ließen. Ich finde dies ein beklagenswertes Ergebnis, auch wenn die Antworten dieser zwei Drittel etwas differenziert gesehen werden müssen.
Auf diesem Hintergrund hören wir auf den Predigttext dieses ersten Sonntags nach Trinitatis aus Matthäus 9 und 10:
35 Jesus ging ringsum in alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen. 36 Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben. 37 Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. 38 Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.
10,1 Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unreinen Geister, dass sie die austrieben und heilten alle Krankheiten und alle Gebrechen. [2 Die Namen aber der zwölf Apostel sind diese: zuerst Simon, genannt Petrus, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder; 3 Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus; 4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn verriet.]
5 Diese Zwölf sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter, 6 sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel.
7 Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.
Liebe Gemeinde,
„Reden von Gott in der Welt“. Jesus sucht die Menschen dort auf, wo sie zu Hause sind, in ihren Städten und Dörfern. Ein wenig großzügig betrachtet könnte man wohl sagen: Er machte Hausbesuche. Er wartet nicht darauf, dass die Menschen zu ihm kommen. Der Pfarrer und Evangelist Samuel Keller hat einmal gesagt: „Der Schlüssel zu den Seelen der Menschen hängt bei ihnen zu Hause. Darum gilt es, zu ihnen hinzugehen, sie aufzusuchen in ihrem Alltag, in ihrer Not, in ihrem Kranksein, in ihrem Alleinsein.“
Das war keine Erkenntnis, die einem Mann erst zu Beginn des vorigen Jahrhunderts zuteil wurde. Er hat diese Entdeckung in der Heiligen Schrift bei Jesus gemacht. Der war sein Lehrmeister nach fast 2000 Jahren.
Lehrmeister war Jesus aber auch bei seinen Jüngern. Er zeigte ihnen, wo’s lang geht. Sie waren seine Lehrlinge, die ihn auf seinem Weg begleiteten. Und was sie nicht alles lernen konnten! Wahrscheinlich haben sie erst viel später begriffen, als sie ohne Jesus auf sich allein gestellt waren, was er ihnen alles mitgegeben hatte: „Und Jesus lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen.“
Die Unterrichtung befreite Jesus von allem menschlichen Beiwerk, sie war allein auf die Schrift ausgerichtet, aber er spitzte sie auch zu, wie wir es im Beispiel der Bergpredigt erfahren. Heute würden wir sagen, er vermittelte Katechismuswissen.
Katechismuswissen, das werden mir die Konfirmanden bestätigen, ist eine trockene Angelegenheit, wenn es nicht mit Leben erfüllt wird. Trotzdem kann es mit einigem guten Willen von jedem bewältigt werden. Aber es muss noch etwas hinzukommen. Leben, das ist die Predigt vom Reich, die Proklamation des Reiches Gottes. Jeder soll es erfahren, dass er aufgerufen ist, Bürger dieses Reiches zu werden. Das ist Evangelium, frohe Botschaft.
Und noch etwas gehört dazu: Jesus lässt die leibliche, soziale und wirtschaftliche Not der Menschen nicht links liegen. Evangelium und der Blick für das Notwendige, das Not-wendende gehören zusammen: „und er heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen.“
„Und als er das Volk sah, jammerte es ihn.“
Wenn wir Menschen jammern, dann ist es immer über etwas. Wir jammern über unsere Wehwehchen, darüber, wie schlecht es uns im Blick auf andere geht. Im Neuen Testament wird dies Wort nur von Jesus und in den Gleichnissen nur von Gott selbst gebraucht. Jesus sieht die Auseinandersetzungen, in die das Volk gebracht wird. Auseinandersetzungen zwischen Pharisäern und Sadduzäern, Auseinandersetzungen zwischen Thron und Kirche, zwischen den unterschiedlichen Formen des Judentums. Jesus wird uns in seinem barmherzigen Mitleid mit dem Volk gezeigt. Ihm dreht sich das Herz im Leibe herum.
Dies ist die Situation, in der er seine Jünger anspricht: „Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“
Und nun werden die Zwölf mit Namen genannt. Und siehe da, auch ein Judas ist dabei. Obwohl Matthäus beim Schreiben des Evangeliums ja schon längst von seinem Verrat wusste. Jesus sendet sie alle mit seinem Auftrag aus. Ihnen wird Macht gegeben. Nicht menschliche Macht, die oft darin besteht, den anderen zu unterdrücken und auszunutzen, sondern Macht, die in Barmherzigkeit besteht. Verbunden ist diese Macht der Barmherzigkeit mit dem Auftrag zu verkündigen, in wessen Auftrag sie handeln: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!
Liebe Gemeinde, reden von Gott in der Welt...!
Der Auftrag Jesu ist längst nicht mehr auf die genannten zwölf Jünger beschränkt. Dieser Auftrag gilt uns. Nicht etwa, weil wir um unsere Kirche wegen ihres Schrumpfens durch Austritte Angst haben müssen, sondern weil das Reich Gottes auch in unserer Umgebung verkündet werden muss. Erschreckend ist da allerdings eine Untersuchung der demoskopischen Institute Emnid und Allensbach im Auftrag der katholischen Tageszeitung „Die Tagespost“: 38 % der befragten Christen gaben zu, dass sie in den letzten fünf Jahren nicht öffentlich über ihren Glauben gesprochen haben. Trotz der Millionenausgaben der Werbung in Presse, Rundfunk und Fernsehen ist es erwiesen, dass die Mundpropaganda noch den größten Erfolg hat. Sie ist überzeugend, weil der dem Gegenüber bekannte Mensch dahinter steht.
Liebe Gemeinde, Lehrlinge Jesu Christi, sind wir dabei? Lassen Sie sich nicht beirren, von Ihrem Glauben zu reden. Nicht mit sich selbst, sondern mit den Menschen, die ein Recht darauf haben, von der frohen Botschaft über die Einbürgerung ins Reich Gottes zu erfahren. Amen.
Verfasser: Prädikant Hans-Ulrich Deußen, Raiffeisenstr. 5, 55270 Schwabenheim
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