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Apostel und Propheten

von Stefan Claaß (55122 Mainz)

Predigtdatum : 25.05.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Trinitatis
Textstelle : 5. Mose 6,4-9
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Wochenspruch:

Christus spricht zu seinen Jüngern: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich. (Lukas 10,16)

Psalm: 34,2-11 (EG 718)

Lesungen

Altes Testament:
5. Mose 6,4-9
Epistel:
1. Johannes 4,16b-21
Evangelium:
Lukas 16,19-31

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 452
Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied:
EG 124
Nun bitten wir den Heiligen Geist
Predigtlied:
EG 241
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Schlusslied:
EG 590
Herr, wir bitten, komm und segne uns

4 Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein. 5 Und du sollst den HERRN, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. 6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen 7 und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. 8 Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein, 9 und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore.

Liebe Gemeinde,
lassen Sie uns in Gedanken ein Experiment wagen: Wir räumen alle Bibeln und Gesangbücher aus der Kirche weg. Dann erzählen, beten und singen wir nur das, was wir auswendig kennen. Wie weit werden wir kommen? Wie viele biblische Geschichten können wir sammeln? Wie viele Psalmen beten? Wie viele Lieder singen?
Ich vermute mal, dass die Älteren unter uns Etliches beitragen können, was sie noch aus ihrem Konfirmandenunterricht kennen, damals wurde mächtig auswendig gelernt. Und die Jüngeren würden vielleicht neben dem Vaterunser vor allem das „Laudato si, o mio Signor“ anstimmen.
Und was wäre das Wichtigste von allem?
Gibt es einen inneren Kern, einen wichtigsten Satz?
Bei den Juden käme die Antwort auf diese Frage ganz unmittelbar und schlicht:
„Schema Israel…“, auf Deutsch: „Höre Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein.“
Das ist, ganz konzentriert, das jüdische Glaubensbekenntnis.
Und weiter: „Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.“
Als Jesus von den Pharisäern einmal gefragt wird, welches das höchste Gebot sei, antwortet er genau mit diesem Satz. Und dann fügt er noch einen Satz aus dem 3. Buch Mose hinzu: „Und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Das ist das Herzstück unseres Glaubens: Gott lieben und den Nächsten wie mich selbst.
Diesen Satz hätten wir bestimmt bei unserem Experiment vorhin auswendig sagen können.
Aber können wir diesen Satz auch inwendig: leben wir davon, zehren wir davon?
Das ist die noch viel interessantere Frage als die nach dem Auswendigwissen.
Deshalb heißt es im 5. Buch Mose weiter: „Diese Worte sollst du dir zu Herzen nehmen, du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst.“
Sätze, die wir zwar auswendig zitieren können, die aber in unserem täglichen Leben keine Rolle spielen, sind nicht wirklich lebendig.
Es ist ja auch schwer, wenn alles nur über unseren Kopf und unser Denken laufen soll.
Für wichtige Sachen haben wir Erinnerungshilfen zur Hand: den Kalender für die Verabredungen, das Handy mit den eingespeicherten Telefonnummern der Freunde. Und die der Technik nicht so vertrauen, machen sich für bestimmt Dinge einen Knoten ins Taschentuch oder schreiben sich mit Kuli einen Spickzettel in die Hand.
Das hilft, wichtige Dinge fürs Leben dabei zu haben.
In der jüdischen Tradition war man ähnlich weise. Vielleicht haben Sie in Israel, in einer Synagoge oder im Fernsehen mal gesehen, wie praktizierende Juden sich Gebetsriemen um den Arm binden. Sie tragen Kapseln mit diesem Glaubensbekenntnis am linken Arm, in der Nähe des Herzens. Und sie tragen eine solche Kapsel an der Stirn, für das Denken.
Die Beziehung zu Gott vor Augen haben und sie beherzigen, damit der Glaube keine Nebensache unter anderen bleibt.
Unsere Sprache nimmt das auf: Was uns wirklich etwas bedeutet, das nehmen wir uns zu Herzen, das schreiben wir uns hinter die Ohren, das prägt uns, das geht in Fleisch und Blut über.
Ob das wirklich passiert und worauf wir uns verlassen, wenn alle Stricke reißen, das merken wir meistens erst, wenn wir in Not geraten.
Anfang des 2. Jahrhunderts gab es in Israel den berühmten Rabbi Akiba. Trotz eines Verbots durch die Römer liest er mit seiner Gemeinde in den heiligen Schriften. Eines Tages wird er deshalb von römischen Soldaten verhaftet und gefoltert. Es ist die Zeit, in der man während des Gottesdienstes das Bekenntnis spricht: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein.“ Und das tut Rabbi Akiba auch, kurz vor seiner Hinrichtung.
Er wird gefragt: Was soll das, warum sprichst du jetzt diesen Satz? Und er antwortet: Mein ganzes Leben habe ich mir Gedanken gemacht, was das heißt: Du sollst Gott mit deiner ganzen Seele lieben. Ich habe mich gefragt: Wann zeigt sich das, ob ich das kann? Und ich sage: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Ähnlich sind viele Juden in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten gestorben, mit diesen Worten auf den Lippen: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott.“ Er ist größer und mächtiger als jeder kleine menschliche Führer.
Zwei Zusammenhänge können wir darin erkennen:
In der Not erweist sich, worauf wir uns zutiefst verlassen, wenn alle anderen Zusammenhänge unseres Lebens versagt haben. Es zeigt sich, wer wirklich unser Gott ist.
So beschreibt es Martin Luther im Großen Katechismus zum 1. Gebot: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“
Wenn du am meisten über dein Geld nachdenkst, dann ist das Geld dein Gott. Wenn du am intensivsten mit deiner Gesundheit beschäftigt bist, dann ist das dein Gott. Wir können auch Menschen zu einem Gott machen, wenn das die wichtigste und tiefste Beziehung in unserem Leben ist. Die Welt ist voller Götter – je nachdem, woran Menschen ihr Herz hängen.
Die meisten dieser Götter können ein bisschen helfen, ein bisschen glücklich machen, ein bisschen trösten. Aber es ist keiner dabei, der im Leben und im Sterben bei uns bleibt.
Am verlässlichsten ist und bleibt es, auf den Gott zu setzen, der das Leben geschaffen hat, der es liebt und der in Jesus Christus dem Tod das letzte Wort genommen hat.
Ein Jugendlicher hat es neulich so verglichen: Ich kann mich auf meinen Computer verlassen – solange er funktioniert, ist alles prima. Wenn er aber abstürzt, einen Virus eingefangen hat und einfach nicht mehr hochfahren will, dann sieht es ganz schlecht aus. Wie gut ist es dann, wenn ich den Programmierer kenne und anrufen kann.
Mose hätte gesagt: besser den Schöpfer des Lebens kennen und anrufen als sich auf Dinge verlassen, die abstürzen können.
Der zweite Zusammenhang, den wir aus dem „Höre, Israel…“ erkennen:
Wenn ich in Not und Extremsituationen etwas in mir haben will, das mir hilft, dann ist es gut, diese Hilfe auch schon vorher in Anspruch zu nehmen und kennen zu lernen. Wenn wir mit dem Beten warten bis kurz vor unserem Tod, haben wir wahrscheinlich vergessen, wie es geht, und es fällt uns nichts ein.
Darum heißt es im Mosebuch: Nimm die die Worte zu Herzen, rede mit deinen Kindern darüber, zu Hause oder unterwegs, vor dem Schlafengehen oder beim Aufstehen.
Dann wird sich zeigen, ob die Worte, die wir auswendig können, auch inwendig in uns leben.
Das wünsche ich Ihnen allen, den Älteren genauso wie den Jüngeren: dass Sie Bibelworte, Gebete, Lieder finden, mit denen Sie im Alltag etwas anfangen können. Dass Gott Ihnen und Euch in diesen Worten begegnet und weiterhilft: in der Schule, im Büro, zu Hause oder in der Freizeit. Und ganz besonders in solchen Nöten, wenn´s auf echte Hilfe ankommt.

Verfasser: Pfr. Stefan Claaß, Am Fort Gonsenheim 151, 55122 Mainz

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