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Apostel und Propheten

von Günther Porr (55545 Bad Kreuznach-Ippesheim)

Predigtdatum : 06.06.1999
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Trinitatis
Textstelle : Johannes 5,39-47
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Wochenspruch:

Christus spricht zu seinen Jüngern: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich. (Lukas 10,16)

Psalm: 34,2-11 (EG 718)

Lesungen

Altes Testament:
5. Mose 6,4-9
Epistel:
1. Johannes 4,16b-21
Evangelium:
Lukas 16,19-31

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 139
Gelobet sei der Herr, mein Gott
Wochenlied:
EG 124
Nun bitten wir den Heiligen Geist
Predigtlied:
EG 346
Such, wer da will ein ander Ziel
Schlußlied:
EG 552
Einer ist unser Leben

Hinführung zum Text
1. Der vorliegende Text stellt den Abschluß eines Streitgespräches Jesu mit den Juden dar.
2. Man könnte ihn überschreiben mit den Worten: Auf der Suche nach dem Ziel des Lebens (roter Faden der Predigt).
3. Frage: Reicht es aus, sich Verdienste (ewiges Leben) zu erwerben durch rituelle religiöse Übungen, ohne den dazugehörigen Glauben? Besteht nicht die Gefahr des Verfehlens des Zieles?
4. Jesus will sagen, “Beweise”, so solche gefordert werden, liefern die Schriften nicht, aber sie “weisen” auf mich hin, der ich nicht im eigenen, sondern in göttlichem Auftrag auftrete. Wenn ihr dem “Wegweiser” Mose nicht glaubt, auf den ihr euch gerne beruft, wie wollt ihr mir glauben?
5. “Revision des Lebens” heißt: Wo stehen wir, wie ist es mit unserem Glauben bestellt?
6. Den richtigen Weg suchen und finden durch das Zeugnis der Schrift; nicht Scharlatanen vertrauen, sondern dem, den Gott gesandt hat. Nur das garantiert ewiges Leben.
7. Damit ist die “Revision des Lebens” heilbringend erfolgt und auf den richtigen Weg gebracht.

Jesus sprach zu den Juden: 39 Ihr sucht in der Schrift, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie ist's, die von mir zeugt; 40 aber ihr wollt nicht zu mir kommen, daß ihr das Leben hättet.
41 Ich nehme nicht Ehre von Menschen; 42 aber ich kenne euch, daß ihr nicht Gottes Liebe in euch habt. 43 Ich bin gekommen in meines Vaters Namen, und ihr nehmt mich nicht an. Wenn ein anderer kommen wird in seinem eigenen Namen, den werdet ihr annehmen. 44 Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander annehmt, und die Ehre, die von dem alleinigen Gott ist, sucht ihr nicht?
45 Ihr sollt nicht meinen, daß ich euch vor dem Vater verklagen werde; es ist einer, der euch verklagt: Mose, auf den ihr hofft. 46 Wenn ihr Mose glaubtet, so glaubtet ihr auch mir; denn er hat von mir geschrieben.
47 Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?

Liebe Gemeinde!
“Such, wer da will ein ander Ziel, die Seligkeit zu finden; mein Herz allein bedacht soll sein, auf Christus sich zu gründen. Sein’ Wort’ sind wahr, sein’ Werk’ sind klar ...” Wirklich?
Können wir das noch so unbefangen nachbuchstabieren, ja singen, wie Georg Weißel es einst gedichtet hat, oder müßten wir nicht eher ins Stottern geraten ob dieser klaren Worte?
Auf der Suche sind Menschen zeit ihres Lebens eigentlich immer, auf der Suche nach Glück, nach Zufriedenheit, nach Geborgenheit, nach Liebe, nach Anerkennung, nach Ehre, nach Wohlstand und vielem mehr. Viele verfehlen auf diesem lebenslangen Suchweg ihr Ziel und werden mit sich und ihrer Umwelt uneins, enttäuscht und zutiefst unzufrieden.
Auch in unserem Text geht es um Menschen, die auf der Suche sind, auf der Suche nach dem ewigen Leben. Und wenn man etwas tiefer in den Text hineinliest, muß man die Überzeugung gewinnen, daß die Suchenden das Ziel oft vor Augen haben, es aber permanent verfehlen.
Jesus hält seinen Zeitgenossen einen Spiegel vor, man könnte auch sagen, er reißt ihnen die Maske vom Gesicht ihrer selbstgerechten Frömmigkeit. Für das Judentum zur Zeit Jesu und für die frühe Christenheit war das Lesen der “Heiligen Schriften”, der Thora, sozusagen “Pflichtlektüre”, und diese Pflicht wurde sehr ernst genommen – ganz im Gegensatz zu uns heute, wo andere “Pflichtlektüren” in vielfältiger Gestalt im Vordergrund unseres Leseeifers zu stehen scheinen.
Das eifrige Bemühen, durch Lesen der Schriften sich ewige Verdienste zu erwerben, wird von Jesus keineswegs infrage gestellt.
Jedoch: Das eifrige Lesen und peinlich genaue Einhalten der Schrift und der ihr innewohnenden Gesetze verschafft allein keine ewige Seligkeit, verhilft eben nicht zum ewigen Leben, weil oft der lebendige Glaube an den, auf den die Schrift, bei Mose angefangen, hinweist, fehlt, vielmehr die Sicherung des eigenen Lebens, die Vermehrung von Ehre und Ansehen, im Vordergrund stehen.
Der tägliche Umgang mit der Schrift, die Verinnerlichung dessen, was sie uns zu sagen hat, das ehrliche Infragestellen unseres eigenen Ichs, kann uns weiterhelfen, den gesuchten Weg endlich zu finden.
Dabei ist es nicht erforderlich, sich mit selbstgestrickten Auflagen abzumühen, etwa in der Weise, täglich ein Kapitel lesen zu müssen. Das riecht nämlich schon wieder nach “toten Werken”, die uns nicht weiterhelfen, weil der Glaube, der diese Werke notwendigerweise beleben muß, auf der Strecke bleibt. Zudem würde diese Prozedur, wollte man sich ihr unterziehen, genau 3 Jahre und 94 Tage in Anspruch nehmen, wie ein kluger Kopf einmal errechnet hat.
Nein – so nicht, sondern mit Augenmaß und der inneren Bereitschaft, aus vielleicht einem Bibelvers die Kraft zu schöpfen, die hilft, auch einen schweren Tag zu überstehen. Ein Neuendettelsauer Theologieprofessor nennt dies im Kontext mit unserem Bibelabschnitt “Revision des Lebens”. Das heißt im Klartext: Überprüfung unseres eigenen Standortes im Hinblick auf unseren Glauben.
Jesus wirft seinen Zeitgenossen zu Recht vor, in den Schriften eifrig zu lesen, ohne jedoch in ihnen den zu suchen, den die Schriften des Alten Bundes bereits vielfach bezeugen. Sie lesen also, ohne ganz zu verstehen, was sie denn lesen. So ähnlich, wie jener Kämmerer aus Äthiopien, der im Buch des Propheten Jesaja las, und nicht verstand, was da geschrieben steht, und dem ein Philippus das Evangelium vom Jesus Christus predigte, worauf er sich spontan taufen ließ, weil er überwältigt war von dem, was er soeben gehört hatte.
Jesus will seinen Zeitgenossen das sein, was Philippus jenem Käm-merer war: der Wegbereiter zu Leben und Seligkeit. Das gilt auch für uns.
Im Grunde sind Prediger und Predigerinnen immer in einer Philippusrolle, denn sie haben die Gute Nachricht von Jesus Christus Menschen weiterzusagen und Suchenden den Weg zu weisen. Das kann nur gelingen, wenn man selbst bereit ist, sich unter die Suchenden einzureihen und nicht von “oben herab”, wozu eine erhöhte Kanzel leicht verleiten kann, auf die Menschen einzureden.
Jesus geht es nicht um eigene Ehre, nicht darum, als ein geachteter, beachteter und vielleicht brillanter Prediger angesehen zu werden, sondern einzig und allein darum, Menschen den Weg zum Heil zu weisen, gerade denen, die Gott nicht kennen, ihn nicht wirklich anerkennen und lieben. Er will ihnen helfen, die “Revision ihres Lebens” zu vollziehen. Er handelt dabei nicht im eigenen, sondern in Gottes, seiner Vaters, Namen.
Doch damals wie heute, stößt er, der Radikalität, der Kompromiß-losigkeit seiner Botschaft wegen, auf breite Ablehnung. An Jesus scheiden sich die Geister, damals vor nahezu 2000 Jahren, und bis auf diesen Tag. Der Mensch gewordene Gott hatte und hat es schwer, sich Gehör zu verschaffen, auch daran hat sich bis heute nichts geändert. “Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf”, heißt es im 1. Kapitel des Johannes-Evangeliums. Weiter heißt es: “Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.”
Das heißt: Wer sich auf Gott einläßt und dem vertraut, was die Heilige Schrift berichtet, aus ihr Trost und Hilfe empfängt, der ist auf dem richtigen Weg, dem Weg zum ewigen Leben, auf dem Weg der Gotteskindschaft.
Wir haben uns weitgehend anstelle der Bibel unsere Ersatz-Götter, unsere Ersatz-Christusse, geschaffen, die viele Gesichter haben und oft in der Gestalt von falschen Propheten, von in die Irre leitenden Heilsbringern, auftreten. ‚Denen vertraut ihr mehr als ihr mir vertraut‘, sagt Jesus klar und unmißverständlich. Das gilt auch heute noch. Und dem stellt der schon erwähnte Liederdichter Georg Weißel gegenüber: “Ach sucht doch den, laßt alles stehn, die ihr das Heil begehret; er ist der Herr, und keiner mehr ...” Es tut auch uns Christen zuweilen gut, uns dieser Worte zu erinnern, denn auch wir sind vor falschen Propheten nicht immer gefeit.
Ich hatte eingangs bereits von dem Spiegel gesprochen, den Jesus seinen Mitmenschen vorhielt. Er wird noch deutlicher: ‚Nicht ich werde euch bei meinem Vater anschwärzen, schlechtmachen, anklagen, nein, der, auf den ihr euch immer beruft, der Verfasser der Schriften, Mose, wird euch vor Gott anklagen. In eurem Verhalten liegt ein eklatanter Widerspruch: Ihr beruft euch auf Mose, dennoch glaubt ihr nicht, was er geschrieben hat. Er hat bereits Zeugnis über mich abgelegt, aber ihr weist es von euch; wenn ihr diesem Zeugen keinen Glauben, kein Vertrauen schenkt, wie wollt ihr mir glauben?‘
Wie wollen wir glauben, wenn unsere Bibeln zuhause im Kleider-schrank zwischen abgelegten Wäschestücken verstauben, wenn uns das Wort, in dem sich Gott offenbart, nichts mehr wert ist? Wenn wir unsere Worte, unsere Taten, unsere Verdienste, höher bewerten? Auch für uns Christen gilt, uns ständig der Revision unseres Glaubens und Lebens zu unterziehen, unseren Standort mit Hilfe der Schrift je neu zu überprüfen, wie der Wachoffizier auf der Kommandobrücke eines Schiffes mit Hilfe des Sextanten den Standort, die Position, stets neu überprüft und ins Logbuch einträgt.
Der Sextant unseres Glaubens ist das in der Schrift bezeugte Wort Gottes. Was sonst? Und daraus folgt dann notwendigerweise: “Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.” (Jakobus 1,22) Davor aber bewahre uns der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Verfasser: Prädikant Günther Porr, Herrengarten 6, 55545 Bad Kreuznach

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