Wochenspruch: Christus spricht: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich. (Lukas 10,16a)
Psalm: 34,2–11 (EG 718)
Reihe I: Johannes 5,39-47
Reihe II: Apostelgeschichte 4,32-37
Reihe III: Jona 1,1-2,2(3-10)11
Reihe IV: Lukas 16,19-31
Reihe V: 1. Johannes 4,(13-16a)16b-21
Reihe VI: Jeremia 23,16-29
Eingangslied: EG 452 Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied: EG 382 Ich steh vor dir mit leeren Hän-den, Herr
Predigtlied: EG 390 Erneure mich, o ewigs Licht
Schlusslied: EG 171 Bewahre uns, Gott
1 Es geschah das Wort des HERRN zu Jona, dem Sohn Amittais:
2 Mache dich auf und geh in die große Stadt Ninive und predige wider sie; denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen.
(3 und sprach: Ich rief zu dem HERRN in meiner Angst, und er antwortete mir. Ich schrie aus dem Rachen des Todes, und du hörtest meine Stimme.
4 Du warfst mich in die Tiefe, mitten ins Meer, dass die Fluten mich umgaben. Alle deine Wogen und Wellen gingen über mich,
5 dass ich dachte, ich wäre von deinen Augen verstoßen, ich würde deinen heiligen Tempel nicht mehr sehen.
6 Wasser umgaben mich bis an die Kehle, die Tiefe umringte mich, Schilf bedeckte mein Haupt.
7 Ich sank hinunter zu der Berge Gründen, der Erde Riegel schlossen sich hinter mir ewiglich. Aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, HERR, mein Gott!
8 Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den HERRN, und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel.
9 Die sich halten an das Nichtige, verlassen ihre Gnade.
10 Ich aber will mit Dank dir Opfer bringen. Meine Gelübde will ich erfüllen. Hilfe ist bei dem HERRN.)
11 Und der HERR sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.
Die neue Perikopenordnung hat aus dem Jona-Buch – neben der Perikope am Ostermontag - weitere Perikopen als Predigttexte aufgenommen und zwar aufgeteilt auf drei hintereinanderliegende Sonntage (1., 2. und 3. Sonntag nach Trinitatis) und drei Perikopenreihen (III, IV und V). So lobenswert es ist, diese Erzählung als Predigttexte aufzunehmen, so stellt es doch die Prediger*in vor Fragen. Worauf den Fokus bei der ersten Predigt legen, ohne dass der zweite und dritte Teil erforderlich ist? Was muss bei der Predigt über die hinteren Predigtabschnitte vom Anfang der Geschichte erzählt werden, damit der Gesamtzusammenhang verstanden wird?“
Das Jonabuch ist - anders als die andern kleinen Profetenbücher - keine Zusammenstellung von profetischen Worten, sondern eher eine Geschichte, eine Novelle, die sich mit Jona beschäftigt.
Daher habe ich mich entschieden, über Jona als Prototyp eines Menschen zu predigen, der sich mit dem Ruf Gottes konfrontiert sieht, Gericht zu predigen, weil die Missstände in der Welt zum Himmel schreien. Die verschiedenen Reaktionen Jonas erscheinen mir interessant für unsere eigenen möglichen Reaktionen. Darum wird der gesamte Erzählzusammenhang in den Blick genommen, anders als es die Perikopenordnung vorsieht.
Da es nicht möglich ist, das gesamte Jonabuch als Predigttext vorzulesen, verfahre ich so, dass ich an den für die Predigt entscheidenden Stellen, Verse aus dem Jonabuch zitiere.
Liebe Gemeinde,
wenn wir ehrlich sind, dann leiden wir ja schon manchmal darunter, dass Gott nicht klar und eindeutig mit uns redet. Da gibt es Situationen, in denen wir einfach nicht so recht entscheiden können, was wir sagen oder was wir tun sollen. Da wäre eine klare Ansage schon toll.
Die Bibel ist ja voll von Geschichten, in denen Gott mit Menschen redet. Und da wünschen wir uns vielleicht in diese Zeiten zurück, in denen Gott noch so direkt mit ihnen sprach. Aber wenn man genau auf diese Geschichten sieht, so war es schon in Vorzeiten wohl doch nicht so einfach.
Immer wieder wird auch davon berichtet, dass Menschen auf den Ruf Gottes, auf seinen Auftrag an sie, mit Ausweichen oder gar mit klarer Ablehnung reagierten. Von Mose wird z. B. berichtet, dass er seinen Sprachfehler vorbrachte („eine schwere Sprache und eine schwere Zunge!“ 2.Mose 4,10). Jeremia führte sein Alter ins Feld: „Ich bin zu jung!“ (Jeremia1,6). Doch es half alles nichts: Gott hat die Menschen in die Pflicht genommen, von denen er wollte, dass sie seine Botschaft ausrichten.
Manchmal braucht es viele Stationen, damit es von der Berufung Gottes für einen bestimmten Auftrag auch zu seiner Erfüllung kommt. Von Jona wird solche eine Geschichte erzählt. Von Jona wird sie erzählt und in manchem können wir uns wohl selbst eintragen.
Gleich zu Beginn unseres Predigttextes ergeht der Ruf an Jona: „Es geschah das Wort des HERRN zu Jona, dem Sohn Amittais: „Mache dich auf und geh in die große Stadt Ninive und predige wider sie; denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen.“
Eindeutiger geht es nicht. Nach Ninive soll Jona gehen. Eine Stadt voller Bosheit.
Wo das Jonabuch hier seltsam knapp bleibt, da sind andere Prophetenbücher auskunftsfreudiger, wenn es darum geht, Ninive zu lokalisieren und auch darüber zu berichten, was in dieser Stadt so alles vorgeht.
Ninive war eine der großen mesopotanischen Königstädte. Heute würde man sie gegenüber von Mossul im Irak ansiedeln. Damals zu biblischer Zeit gehörte sie zum israelfeindlichen Assyrien.
Beim Propheten Nahum heißt es, Ninive wäre eine Stadt von „Bluttaten“. Da ging es also nicht um kleine Betrügereien oder um Rechtsbeugung, sondern um schwerste Verbrechen. Nicht umsonst verkörperte Ninive damit alles, was man in sich in Israel als widergöttliche Mächte vorstellen konnte.
Gott will sich diese Zustände nicht länger gefallen lassen und gibt Jona den Auftrag gegen die Bewohner der Stadt und ihrer Bosheit zu predigen.
Ich denke, vielen wird damals der „Ruf“ der Stadt Ninive schon zu Ohren gekommen sein und manche haben sich vielleicht auch gedacht: warum greift Gott hier nicht ein? Warum sendet er nicht jemanden, der diese Bosheit beim Namen nennt und harte Konsequenzen androht?
Zu denken, Gott müsste durch jemanden entschieden eingreifen und dann zu erkennen, dass man selbst diejenige oder derjenige sein soll, das stellt alles doch noch einmal vor eine neue Ausgangslage.
Jona wird damit beauftragt in die Stadt Ninives zu gehen, um gegen das dort herrschende Unrecht zu predigen. Doch Jona ist nicht erfreut darüber, dass er auserwählt ist. Er versucht aber gar nicht, mit Gott ins Gespräch zu kommen, um den Auftrag loszuwerden. Ahnt er schon, dass er keine Chance hat? Und er folgt auch nicht dem Ruf Gottes. Nein, statt gleich loszulegen, tritt er die Flucht an.
Was steckt da dahinter?
Ich denke, es ist die Angst vor der Reaktion der Bewohner von Ninive. Einzeln einer großen Bevölkerung gegenüber zu stehen und diese mit ihrer Bosheit zu konfrontieren, das ist nicht so leicht, das merkt Jona. Er selbst kann sich von Gott geschickt wissen, doch die Bewohner von Ninive glauben an andere Götter. Die haben keinen Respekt vor ihm und vor seinem Gott. Wer weiß, wie sich die Situation auswächst? Wer weiß, ob Gott ihn da beschützt? Diese Fragen bewegen Jona.
Er ahnt, dass er auch ganz persönlich mit der Gerichts-Botschaft identifiziert werden kann. Das macht ihm Angst, panische Angst. Nur weg, nur weit weg von Ninive und vor diesem Auftrag Gottes.
„Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem HERRN nach Tarsis fliehen und kam hinab nach Jafo. Und als er ein Schiff fand, das nach Tarsis fahren wollte, gab er Fährgeld und trat hinein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren, weit weg von dem HERRN.“
Warum Tarsis? Tarsis liegt genau entgegengesetzt von Ninive, also möglichst weit weg davon.
So verständlich es ist, dass Jona viele Kilometer zwischen sich und dem Ort seiner Bestimmung bringen möchte, so muss er doch bald erkennen, dass er sich zwar vom Ort seiner Bestimmung entfernen kann, aber nicht von seiner Bestimmung.
„Da ließ der HERR einen großen Wind auf Meer kommen, und es erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, dass man meinte, das Schiff würde zerbrechen. Und die Schiffleute fürchteten sich und schrien, ein jeder zu seinem Gott, und warfen die Ladung, die im Schiff war, ins Meer, damit es leichter würde.“
Erfahrene Seeleute geraten nicht so schnell in Panik. Sie sind es gewohnt, auch stürmische Tage und Nächte auf dem Meer zuzubringen. Doch was sie hier erleben müssen, das führt sie an ihre Grenzen. Eine wütende, brüllende See umgibt sie. Haushohe Wellen werfen das Boot hin und her. Sie können kaum einen Schritt vor den anderen setzen. Wasser bricht immer wieder ein und das Schiff droht unterzugehen. Was tun?
Not lehrt beten. Die Mannschaft ist aus allen Herren Ländern zusammengewürfelt. Alle glauben an einen anderen Gott. Eines vereint sie jetzt in der Not: jetzt hilft nur noch beten. Und sie legen selbst Hand an, um ihre Not zu lindern. Sie werfen Ladung über Bord, damit das Boot leichter wird und nicht einen harten Widerstand gegen die Wellen erzeugt.
Während die See brüllt und tobt, die Matrosen in ihrer Verzweiflung nach Gott um Hilfe rufen, Befehle hin und her schallen, schläft Jona: „Aber Jona war hinunter in das Schiff gegangen, lag und schlief.“
Wie kann man in einer solchen Situation schlafen?
Vielleicht hat ihn die Erleichterung, dass er dem Auftrag Gottes entronnen ist, dazu gebracht, völlig zu entspannen, so dass er schlafen kann. Nur weg von Ninive, nur weg, weit weg nach Tarsis. Sein Heil liegt in der Flucht. Oder er hat geahnt, dass er Gott nicht entfliehen kann. Ninive und Tarsis, für einen Menschen liegen Tagesreisen dazwischen. Kann man glauben, Gott wäre nicht in Tarsis?
Und so legt sich Jona vielleicht auch nieder und wünscht, nicht mehr aufzuwachen, die Stimme Gottes nicht mehr zu hören, die ihn nach Ninive weist. Er macht es wie kleine Kinder, die die Hände vor die Augen halten und hoffen, damit wären sie unsichtbar für die anderen.
Irgendwann fällt dem Kapitän auf, dass der Passagier auf Deck fehlt. Er geht zu ihm und fordert ihn auf, zu seinem Gott zu beten. Vielleicht kann der noch helfen, wo alle anderen versagen. Doch bevor es dazu kommt, wird das Los geworfen, um herauszubekommen, wem die Mannschaft dieses Unglück zu „verdanken“ hat. Jemand muss doch Schuld auf sich geladen haben. Die Götter zürnen nicht umsonst.
Das Los fällt auf Jona. Er gibt sich und seine Herkunft zu erkennen:
„Ich bin ein Hebräer und fürchte den HERRN, den Gott des Himmels, der das Meer und das Trockene gemacht hat.“
Das ist eine interessante Wesensbestimmung, die Jona hier vorbringt. Sein Gott hat alles geschaffen, was Menschen sehen können, worunter und worin sie sich bewegen. Den Himmel und das Meer. Alles also, was sie gerade umgibt. Aber auch das Trockene, das sie gerade entbehren. Alles, alles stammt aus der Hand des Gottes, an den er glaubt.
„Da fürchteten sich die Leute sehr und sprachen zu ihm: was hast du getan? Denn sie wussten, dass er vor dem HERRN floh, denn er hatte es ihnen gesagt.“
Gottes Ruf nicht zu folgen, hat Konsequenzen. Für die Person selbst, aber auch für alle, die mit ihm unterwegs sind. Gott hält fest an seiner Entscheidung und zeigt dies auch.
Nun, nachdem die Karten auf dem Tisch liegen, ist nur noch die Frage, was für Jona zu tun ist, damit er seinen Gott beruhigt.
Er greift zum äußersten Angebot. Er will die Mannschaft retten und letztlich auch sich selbst: „Nehmt mich und werft mich ins Meer, so wird das Meer still werden und von euch ablassen. Denn ich weiß, dass um meinetwillen dies große Ungewitter über euch gekommen ist.“
Die Matrosen sind anständige Kerle und wollen dieses Angebot zuerst nicht annehmen. Doch als sie erkennen müssen, dass alle ihre Anstrengungen nichts helfen, entscheiden sie sich doch für diesen harten Schnitt. Es ist besser, dass einer stirbt als dass sie alle untergehen.
Aber sie tun dies nicht, ohne den Gott Jonas um Vergebung anzuflehen, dass er ihnen diese Tat nicht zum Bösen anrechnet: “Ach, HERR, lass uns nicht verderben um des Lebens dieses Mannes willen und rechne uns nicht unschuldiges Blut zu; denn du, HERR, tust, wie dir’s gefällt.“
Obwohl sie alle aus allen Herren Ländern kommen, in denen die unterschiedlichsten Götter verehrt werden, können Sie nicht anders, als jetzt anzuerkennen, dass Jonas Gott diese Wellen schickt und er allein die Macht hat, diese auch wieder zu besänftigen. Sie werfen Jona über Bord, geben ihn ganz in die Hand Gottes. Da wird das Meer still.
Dass Gott über das Meer gebieten kann, ist eigentlich selbstverständlich. Dass aber von einem Augenblick zum andern, er auch dem Wüten und Toben des Wassers Einhalt gebieten kann, das ist schon besonders. Gerade der Unterschied zwischen dem Toben des Meeres und der plötzlichen, totalen Stille, ist ein Machterweis.
„Und die Leute fürchteten den „HERRN sehr und brachten dem HERRN Opfer dar und taten Gelübde.“
Die Matrosen an Bord, aus allen Herren Ländern zusammengewürfelt, unterschiedlichsten Göttern verbunden, die beugen sich angesichts dieses Machterweises des Gottes Jonas und fangen an zu glauben.
Doch nicht nur die Matrosen an Bord des Schiffes bekehren sich zu Gott, sondern auch Jona findet wieder zu sich und zu seinem Gott.
Ganz unten angekommen, in Bauch eines riesigen Fisches, vollzieht sich innerhalb von drei Tagen und drei Nächten eine Wandlung. Er, der in Angst und Not gefangen war, der sich den Tod gewünscht hat, um Gott zu entfliehen, der erlebt und erkennt nun: Gott lässt ihn nicht los und behaftet ihn beim Auftrag, den er ihm gegeben hat. Statt zu ertrinken, findet er sich im Leib eines Fisches vor. Er lebt und kann nun auch wieder mit Gott sprechen. Er spricht nicht nur mit ihm, er lobt ihn mit einem Lied. Er rekapituliert sein Schicksal und fügt als Klammer sein persönliches Bekenntnis ein: „Ich rief zu dem HERRN in meiner Angst, und er antwortete mir….Meine Gelübde will ich erfüllen. Hilfe ist bei dem HERRN.“
Das war ein harter Kampf von der Beauftragung hin zur Annahme. Ein harter Kampf für Gott und für Jona.
Wie wir wohl alle wissen, ist das Happy End damit noch nicht erreicht.
Jona erfüllt seinen Auftrag, indem er Ninive im Auftrag Gottes verkündet: „Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.“
Ninive wird untergehen. Kein Wenn und Aber. Kein Tut Buße, dann vielleicht…
Nein, Ninive wird untergehen!
Jonas Befürchtung, dass er wegen seiner Botschaft verfolgt, vielleicht sogar getötet wird, erfüllt sich nicht. Im Gegenteil: Die Menschen von Ninive hören auf ihn und rufen ein allgemeines Fasten aus, in der Hoffnung den Untergang vielleicht doch noch abwenden zu können. Und sie rufen gemeinsam zu Gott, und zwar zum Gott des Hebräers Jona. Er möge nun auch umkehren, so wie sie umgekehrt sind. Er möge seinen Zorn umwenden in Barmherzigkeit.
Welch ein Glaube in Assyrien, dem Land, aus dem die Feinde Israels kommen! Was für ein Glauben in Ninive, worauf Gott in seinem eigenen Land, bei seinen eigenen Leuten oft vergeblich gehofft hatte.
Ganz Ninive geht in Sack und Asche. Auch der König. Vom Obersten bis zum Untersten, sie alle stehen zusammen. Hoffen, wo es eigentlich nichts zu hoffen gibt.
Doch bei Gott ist Hoffnung.
Gott bereut seine Ankündigung und verzichtet darauf, Unheil über Ninive kommen zu lassen. Die Menschen von Ninive und alles Vieh darin können weiterleben.
Und Jona?
Statt sich zu freuen, dass seine Predigt einen solch fulminanten Erfolg hat, schmollt er und zieht sich zurück. Und er spart auch nicht mit Vorwürfen Gott gegenüber: „…ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen“. D.h. ich wusste doch, dass du eines anderen besinnst, ja umfällst. Aber ich sollte mich in Gefahr begeben.
Nein, so hatte Jona das nicht gewollt. Der Untergang Ninives wurde angekündigt, jetzt soll er auch vollzogen werden. Aber wie er es im Stillen vorausgesehen hatte, so ist ja nun auch gekommen: Gott ist gnädig.
Jona ist so enttäuscht und auch wütend, dass er nur noch sterben will: „So nimm nun, HERR, meine Seele von mir; denn ich möchte lieber tot sein als leben.“
Jona, so möchte ich rufen, was ist nur in dich gefahren, dass du dich nicht darüber freuen kannst, wenn Menschen sich bekehren. Wenn sie ihren Weg als durch und durch falsch anerkennen und nun darauf schauen, wie sie sich und ihre Verhaltensweisen ändern können? Wenn Gott sich an ihnen als barmherzig und langmütig erweist. Hast Du nicht selbst dies auch erfahren? Gott hat dich nicht ertrinken lassen, sondern dich errettet. Er lässt dich auch jetzt nicht gehen, nachdem du zwar seinen Auftrag ausgerichtet hast, Dich aber nicht darüber freuen kannst, wenn Menschen Rettung erleben.
Ja, die Lektion, die Jona lernen muss, ist noch nicht zu Ende erzählt.
Gott lässt einen Rizinusstrauch wachsen, damit Jona im Schatten sitzen kann, um auf die Stadt hinabzusehen. Jona ist darüber hoch erfreut. Vom Sterben wollen ist plötzlich nichts mehr zu hören. Am nächsten Tag lässt Gott aber den schattenspendenden Strauch wieder verderben. Und schon wieder bittet Jona Gott darum, sterben zu dürfen. So voller Enttäuschung und Wut ist er.
Und wieder versucht es Gott mit Jona: „Dich jammert der Rizinus, um den du dich nicht gemüht hast, hast ihn auch nicht aufgezogen, der in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb, und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts und links ist, dazu auch viele Tiere?“
Eine weitere Reaktion von Jona ist nicht überliefert. Vielleicht hat er sich die Zeit genommen, seine Geschichte mit Gott noch einmal Revue passieren zu lassen; von seinem ersten Wort an ihn bis jetzt.
Wollen wir hoffen, dass er eingesehen hat, dass Gott Menschen in seinen Dienst ruft, auch wenn es für diese unbequem und gefährlich sein kann. Gefährlicher wäre es, wenn kein warnender Ruf Gottes an seine Menschen und seine Welt erschallt, der ihnen Gericht ankündigt und sie dann vielleicht zur Umkehr motiviert.
Gott hält an unserer Berufung in dieser Welt fest, auch wenn wir uns sträuben, wenn wir vor ihm entfliehen wollen. Er geht uns nach, erinnert uns mal sanft, mal heftig an unseren Auftrag und hilft uns, ihn zu erfüllen.
Er erbarmt sich, wem und wann er will. Auch wenn uns das nicht immer gefällt. Seine Barmherzigkeit ist groß und seine Gerechtigkeit ist unausforschlich.
Und er bleibt auch uns auf der Spur, um uns zur Barmherzigkeit unseren Mitmenschen gegenüber zu führen, gleichgültig wer sie sind und wo sie leben.
Verfasserin: Pfarrerin Dr. Christiane Braungart, Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt
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