Auf heiligem Grund meine Lebensaufgabe finden
von Ralf Friedrich (Dieburg)
Predigtdatum
:
13.02.2011
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
4. Sonntag vor der Passionszeit
Textstelle
:
2. Mose 3,1-10.(11-14)
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Lied vor der Predigt: EG621 Ins Wasser fällt ein Stein
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
Amen
Liebe Gemeinde,
Hier in der Kirche betreten wir heiligen Grund...
Wie geht es uns dabei? Wir gehen doch meistens einfach in unsere Kirche und sicher denken wir uns wenig dabei. Wir beten bevor wir uns setzen. Ich habe sogar auch schon Konfirmanden gesehen, die sich noch dieser Tradition bewusst sind. Doch die Kirche als einen heiligen Ort bewusst wahrnehmen, dass ist doch eher im Unterbewusstsein als im Bewusstsein. Mir fällt dieses Verhalten auf, wenn ich große Kirchen besuche und sehe, wie sich die Menschen dort benehmen. Mit einer Baseballkappe auf dem Kopf oder einer Kapuze auf wird eine Kirche besichtigt. Hier auf dem Land ist es hoffentlich noch anders.
In anderen Religionen ist das anders. Ein gläubiger Moslem wäscht sich die Füße und lässt seine Schuhe am Eingang stehen, bevor er in die Moschee geht. Sie können gerne einmal zu den Baha'i nach Dieburg gehen und sich das ansehen. Auch das Judentum kennt rituelle Waschungen, bevor die Synagoge betreten wird. Wir gehen einfach in die Kirche. Ganz ehrlich: Wo bleibt unsere Ehrfurcht und Achtung vor diesen heiligen Ort?
Ich möchte Sie gerne zu einem kleinen Experiment einladen... Stellen Sie sich bitte vor, wie es wäre, wenn uns Gott an einen heiligen Ort rufen würde. Ja, wenn er uns hier und jetzt rufen würde. Was würden Sie dann machen? Aufhören, an Ihrem Verstand zweifeln oder weglaufen wie der Prophet Jonas?
Nehmen wir an, Gott würde uns jetzt und hier berufen und von uns verlangen, Anhänger zu versammeln und den Glauben, den Weltfrieden, den globalen Klimaschutz oder eine andere Aufgabe zu verkündigen. Wie wäre das für Sie?
Stellen Sie sich vor, Gott erscheint Ihnen jetzt und Sie müssten Zuhause und auf der Arbeit davon erzählen...
Welche Gefühle spüren Sie gerade? Wie geht es Ihnen, bei dieser doch geringen Wahrscheinlichkeit, die allerdings möglich ist, denn ... bei Gott ist alles möglich......
Sie denken, so etwas kann einem Menschen nicht passieren oder vielleicht denken Sie, der Prediger hat heute wohl den Frühschoppen vor dem Gottesdienst genossen?
Dann hören wir doch einmal unseren heutigen, sehr bekannten, Predigttext:
Lese 2. Mose 3, 1 - 14
Was ist da passiert? Da ist Mose, der beim Schafe hüten ein ungewöhnliches Ereignis beobachtet. Er ist neugierig und will nachschauen, was da Merkwürdiges passiert. Dann, ganz plötzlich und unvorbereitet, spricht Gott mit Mose: "zieh die Schuhe aus, denn du stehst auf heiligen Grund." Wie ging es wohl Mose in diesem Moment? Also, ich wäre zuerst einmal richtig erschrocken! Doch damit ist es noch nicht genug. Gott spricht weiter: "Ich habe mir das ganze Drama mit meinem Volk angesehen und ich finde es ist Zeit zu handeln. Ich habe dich ausgewählt und nun geh los und mach mal." Ich würde da auch protestieren. Ich würde Gott auch sagen, dass er sich wohl geirrt hat, ... doch Gott irrt sich nicht!
Szenenwechsel: Heute ist der letzte Sonntag der Epiphanias-Zeit. Nächste Woche beginnt bereits der Blick auf Ostern und die Passionszeit beginnt. Auch Gottes Sohn wurde von Gott erwählt und musste seinen Weg gehen. Jesus betete in Gethsemane: "nicht mein Wille geschehe sondern deiner...", und dann begann Jesu Passion. Das Gottes Wille geschieht beten wir übrigens auch jeden Sonntag beim Vater Unser, doch wie ernst meinen wir dieses Versprechen im täglichen Leben dann auch....
Wie wurde Jesus von Gott berufen? Dazu ein kurzer Rückblick: Wir hören im ersten Kapitel des Markusevangeliums:
Lese Mk 1, 9 - 11.
Gott hat Jesus Christus durch die Taufe berufen. Gottes Geist kam über Jesu wie eine Taube. Und Gott hat gesagt: "Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen." Und wir alle sind getauft im Namen Gottes und auf Jesus Christus. Also, wir alle können von Gott täglich ganz überraschend berufen werden. Halten Sie Ihre Augen und Ohren offen...
Jesus hat uns gezeigt, was es heißt Gottes Willen zu folgen und es gibt immer wieder Menschen, die den Ruf Gottes folgen und die Außergewöhnliches leisten, Menschen begeistern und ihr Leben auf's Spiel setzen.
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an eine kleine Geschichte. Ich komme von der Ostsee-Küste und eines Tages kam einer dieser großen Frühjahrsstürme. Er spülte viele Seesterne an Land. Ein kleiner Junge sah das und begann einen Seestern nach den anderen wieder ins Wasser zu legen. Es war ein Wettkampf mit der Zeit. Die Sonne würde in ein paar Stunden die Seesterne verbrennen. Ein älterer Mann kam vorbei und sprach den Jungen an: "Mein Junge, was machst du denn da. Es sind hunderte Seesterne an Land gespült. Die rettest du nie alle. Was macht denn die ganze Arbeit da für einen Sinn?" Da nahm der Junge einen Seestern, legte ihn liebevoll ins Wasser und sprach: "Für diesen machte es bereits einen großen Unterschied." Der Junge hatte seine lebensspendende Aufgabe für den Tag bereits gefunden.
Das führt mich zu einer ganz wichtigen Frage, die sich zwischen den Zeilen versteckt: was ist der Sinn unseres Lebens? Ich habe diesen Monat in der Zeitschrift Geist & Gehirn gelesen, dass die Suche nach dem Lebenssinn für viele Menschen sehr wichtig ist bei ihrer Spiritualität. Mose war es vielleicht nicht so wichtig. Er war vielleicht glücklich mit seiner Aufgabe. Ihm wurde seine Lebensaufgabe direkt und unverhofft gegeben. Da half auch alles protestieren nichts. Doch, wie finden wir unsere Lebensaufgabe?
Kommen wir zurück zum Anfang der Predigt. Heute werden wir Menschen meistens durch den heiligen Geist von Gott berufen und der wirkt sehr unterschiedlich. Eine Möglichkeit haben wir im Markusevangelium gehört, wie eine Taube kommt er vielleicht auf uns herab. Dann kann das Passieren, was wir vor der Predigt gesungen haben: Gottes Liebe zieht auf einmal weite Kreise in unserem Körper und in unserem Umfeld. Dinge verändern sich... Der heilige Geist kann uns vielleicht unsere Lebensaufgabe zeigen.
Welche Aufgabe denken Sie, würde Gott Ihnen geben oder hat er für Sie geplant? Wie würde der heilige Geist Sie für diese Sache gewinnen? Die Antworten auf diese Fragen können Lebensthemen sein. Manche Menschen sind ein Leben lang auf der Suche nach ihrer Lebensaufgabe, z.B. Parzival, der den heiligen Gral suchte und dann doch scheiterte. Andere finden Ihre Lebensaufgabe eher schnell und einfach, z.B. Martin Luther King bei dem Kampf um Gleichberechtigung der Afro-Amerikaner. Andere kommen eher zufällig zu ihrer Lebensaufgabe, wie zum Beispiel Henri Dumant, dem Gründer des Roten Kreuzes.
Falls Sie sich unsicher sind, welche Aufgabe unser himmlischer Vater für Sie vorgesehen hat, dann beginnen wir doch jetzt mit der Suche. Nehmen Sie sich doch einen Moment Zeit und schauen Sie sich in dieser Kirche um. Wo spüren Sie die Heiligkeit dieses Raumes am meisten?
Betrachten Sie diesen Platz genau, kommen Sie am nächsten Sonntag etwas früher und lassen Sie diesen Ort auf sich wirken, und vielleicht finden Sie hier die Aufgabe, zu der Sie Gott berufen hat.
Seien Sie aufmerksam! Heute passieren diese Berufungen weniger offensichtlich als zur Zeit Mose; doch sie passieren! Jeden Tag, tausendfach. Stellen Sie sich Ihrer Aufgabe, laufen Sie nicht davon und freuen Sie sich darauf, denn mit Gottes Segen wird Ihnen diese Aufgabe ganz leicht fallen und voller Freude gelingen. Diese Aufgabe wird sicher kleiner sein, als ein Volk aus einem anderen Land aus der Knechtschaft zu führen, wie es Mose's Job war oder die Sünde zu überwinden, wie bei Jesu Christus. Doch diese Aufgabe wird groß genug sein, damit Sie daran wachsen und Gott danken können. Jeder Mensch hat eine Lebensaufgabe zu erfüllen. Das lehrt uns die Bibel an vielen Stellen. Packen wir es an! Vielleicht passiert es so, wie wir es in dem nächsten Lied besingen werden: das Licht Gottes zeigt uns unseren Lebensweg...
Und der Friede Gottes, der höher ist als Vernunft, behüte eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen
Lied nach der Predigt: EG557 Ein Licht geht uns auf