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Auferstehung Christi

von Michael Kleemann (39576 Stendal)

Predigtdatum : 17.04.2006
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Ostersonntag
Textstelle : 1. Korinther 15,50-58
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Wochenspruch:

Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. (Offenbarung 1,18)
Psalm: 118,14-24 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 25,8-9
Epistel:
1. Korinther 15,12-20
Evangelium:
Lukas 24,13-35

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 103
Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Wochenlied:
EG 101
oder EG 105
Christ lag in Todesbanden
Erstanden ist der heilig Christ
Predigtlied:
EG 113 oder
EG 526,1-4.7
O Tod, wo ist dein Stachel nun
Jesus, meine Zuversicht
Schlusslied:
EG 116,1.2.5
Er ist erstanden, Halleluja

50 Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit. 51 Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; 52 und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. 53 Denn dies Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit. 54 Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25,8; Hosea 13,14): »Der Tod ist verschlungen vom Sieg. 55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« 56 Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. 57 Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!
58 Darum, meine lieben Brüder, seid fest, unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, weil ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.
Exegetische Vorbemerkungen
Dieser Predigttext macht einem beim ersten Lesen etwas Mühe; die immer wiederkehrende „Verweslichkeit“ bringt den Leser eher in Bezug zum Toten- bzw. Ewigkeitssonntag. Dennoch erschließt sich beim genaueren Hinschauen eine gute Brücke zum Osterfest: am Ostersonntag wurde die Auferweckung Jesu gefeiert. Jetzt, einen Tag später, geht es um die Folgen.
Paulus hatte einen leidenschaftlichen Streit um die „Auferstehung der Toten“ geführt, der sich im gesamten Kapitel 15 (dem längsten dieses Briefes) nachlesen lässt.
Für Paulus ist der Zusammenhang zwischen der Auferweckung Jesu und der zukünftigen „Auferstehung der Toten“ nicht auflösbar; dies aber scheinen seine Gegner vehement zu bestreiten.
Drei Schlussfolgerungen entfaltet Paulus mit zwingender Logik:
1. Der „Leib“ ist nicht nur das anfassbare und mit Haut und Haar versehene Äußere des Menschen, sondern beschreibt zugleich seine ganze Identität, bestehend aus Körper, Persönlichkeit und Beziehungsfähigkeit, als ganzheitliches Geschöpf Gottes. Dagegen spricht Paulus an anderer Stelle (1. Kor. 6, 12-20) nur vom „Bauch“, der zusammen mit der dazugehörigen Nahrung auch (von Gott!) vernichtet werden kann, also durchaus „verweslich“ ist.
2. Das Geschehen der Auferweckung ist nicht gebunden an ein unverändertes „Weiterleben“ der Beziehung von Identität und Leiblichkeit, sondern geschieht allein durch Gottes Handeln, der dem Menschen seine Identität ganz „neu“! geben wird (Kor. 15, 38).
3. Außerdem unterstreicht Paulus einen ganz wichtigen Gedanken: auch wenn Gott uns nach diesem „irdischen Leben“ eine neue Identität schenken wird, behält das Leben davor Sinn und Ziel; es wird nicht einfach belanglos (1. Kor. 15, 30-34) und weggeworfen. Diese Erkenntnis erfährt an anderer Stelle bei Paulus (Römer 8,38) seine ganz besondere Gewissheit: „...dass weder Tod noch Leben uns von der Zuwendung Gottes trennen kann!“
Für die Predigt empfiehlt es sich, die gängige Lutherübersetzung zu benutzen. Die Übersetzung der „Guten Nachricht“ nimmt der Dynamik des Textes die Ausdruckskraft (z. B. das Ersetzen von „Verweslichkeit“ durch „Vergänglichkeit“).

Liebe Gemeinde,
die eben gehörten Verse aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth muss man erst einmal sacken lassen. Sie alle haben noch den fröhlichen Ostergruß im Ohr: „Der Herr ist auferstanden!“, und jetzt werden wir gleich wieder mit Tod und Sterben konfrontiert. Modergeruch zieht einem unwillkürlich in die Nase bei soviel „Verweslichkeit“; Friedhofsatmosphäre anstelle von Osterfreude.
Andererseits ist sie gerade heute dran, die Frage: was für Konsequenzen hat die Auferstehung von Jesus Christus für uns ganz persönlich? Was wird denn mit uns nach diesem Leben? Was trägt sie aus, die Osterbotschaft in dieser Welt? Und wie kann man sie den Mitmenschen vermitteln, unters Volk bringen?
Die andere Frage ist: Wen interessiert das? Menschen fliegen zum Mond, entschlüsseln jeden noch so geheimen Schöpfungscode; basteln an den Grundbausteinen des Lebens herum; spielen Gott in einer gottvergessenen Welt. Wen also interessiert heute die Frage, wie es nach diesem Leben weitergeht? Darauf kann man eine knappe, aber klare Antwort geben: jeden Menschen, spätestens wenn es aufs eigene Ende zugeht, auch den härtesten Atheisten.
Ganze Bereiche der Hirnforschung beschäftigen sich heute mit sogenannten „Nah-Tod-Erfahrungen“. Bücher füllen sich mit Berichten über Erlebnisse, sogenannte „Filme“, von Menschen, die schon einmal an der Grenze zwischen Leben und Tod gestanden haben, also klinisch tot gewesen sind.
In allen großen Religionen gibt es Antwortversuche auf die Frage: „Das Leben danach?“; in vielen esoterischen Zirkeln und Gruppen diskutiert man Seelenwanderungstheorien und Reinkarnationsvorstellungen; je fernöstlicher, umso interessanter. Im Zeitalter absoluter Selbstverwirklichung kann sich da jeder sein eigenes „Leben nach dem Tod“ gestalten.
Sie ist also durchaus aktuell, die Auseinandersetzung in Korinth zur Zeit des Paulus. Sie sind aktuell, die Fragen: „Wie wird das sein, wenn Gott auferweckt?“ und „Was passiert mit unserer sterblichen Hülle, wenn das Lebenslicht unwiderruflich verloschen ist?“ und „Was geschieht mit denen, die noch leben, wenn der Herr kommt?“
Einiges wissen wir verlässlich, anderes kann man aus den Briefen von Paulus vermuten: Korinth war eine lebendige, aber auch schwierige Gemeindegründung. Sicher lag das nicht zuletzt an der Stadt selber. Bunt und vielgestaltig, Hafenmetropole und Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Religionen. Kluge, streitbare Leute gab es da. Die finden sich sicher auch in der Gemeinde wieder. Die lassen sich nichts einfach nur vorpredigen. Die machen sich eigene Gedanken, sind Widerspruchsgeister.
Damit kann Paulus umgehen. Er ist es gewohnt, für seine Erkenntnisse zu streiten. Das allerdings muss den Paulus sehr persönlich angegriffen haben: die Behauptung einiger, dass es keine Auferstehung von den Toten gäbe. Ein Schlag ins Zentrum seiner Theologie.
Für ihn gibt es kein Wenn und Aber: Jesus Christus ist am Kreuz gestorben, Gott hat ihn auferweckt und damit ein sichtbares Zeichen für die Auferweckung der Toten gesetzt. Wer dies bestreitet, raubt dem Glauben an die Auferstehung Jesu den Sinn. Und, da ist er unerbittlich in der Diskussion, hier steht für ihn der Glaube an Gott überhaupt auf dem Spiel.
Wie steht es mit Ihnen? Haben Sie schon einmal Rede und Antwort stehen müssen mit „Ihrem“ Auferstehungsglauben? Mancher erinnert sich vielleicht zurück, an Zeiten der politischen Auseinandersetzung in der DDR. Da konnte es schon passieren, dass Vertreter eines sogenannten wissenschaftlichen Atheismus gerade bei dieser Frage anfingen, die Konfrontation zu suchen. Die Vertröstung auf ein besseres Leben nach dem Tod galt als besonderes Zeichen der Weltfremdheit.
Im Hier und Jetzt und nicht im Jenseits wurde das Heil gepriesen, täglich im „Neuen Deutschland“ nachlesbar. Auferstehungsglaube wurde zum „Opium fürs Volk“ erklärt und öffentlich der Lächerlichkeit preisgegeben. Dennoch konnte man sich als bewusster Christ daran reiben und musste sich auseinandersetzen, mit dieser Grundfrage christlicher Theologie.
Wie steht es mit unserer eigenen Vorstellung, was denn da aufersteht, am Tag, wenn der Herr wiederkommt? Hat unser Körper dann noch irgendeine Bedeutung? Oder war er nur zweckmäßige Hülle, eben der Vergänglichkeit preisgegeben? Wie das eben so ist, mit den Verpackungen, entsorgt und im schlimmsten Fall zum Sondermüll erklärt.
Martin Luther, in seiner drastischen Sprache, nennt unseren Körper den „alten Madensack“, etwas für die Würmer und nichts weiter.
Was für eine Herausforderung für unsere Zeit, wo der Körperkult so groß geschrieben wird wie kaum je zuvor. Das Zeitalter der Fitnessstudios und Solarien duldet keinerlei Vergänglichkeit. Und am Beispiel der Debatte um Organspende wird einmal mehr deutlich, dass viele unserer Zeitgenossen, auch Christen, nur schwer mit der Vorstellung leben können, einen unvollständigen Körper zu begraben. Was für ein Verständnis von leiblicher Auferstehung verbirgt sich dahinter?
Wenn Paulus von Leib redet, dann meint er damit mehr, als die bloße Hülle. Für ihn besteht menschliche Identität aus Geschöpflichkeit, Persönlichkeit und Beziehungsfähigkeit. Wir sind nicht nur die Summe unserer sichtbaren Gestalt und unseres Wesens, aber auch nicht nur die Summe unserer Handlungen. Wir werden zum Menschen gerade auch durch unsere gelungenen oder gescheiterten Beziehungen, zu Gott und den Menschen.
Auferstehung geschieht, weil Gott uns eine neue Form der Identität schenkt. Dazu braucht er keine vollständigen, alten Bausteine. Der „alte Madensack“ allein hat dann nur noch untergeordnete Bedeutung, Gott sei Dank! Und in letzter Entscheidung sind wir nicht, was wir aus unserem Leben machen, sondern was Gott aus unserem Leben macht. Dies gilt für das Leben vor und nach dem Tod.
Das ist die revolutionäre Erkenntnis von Paulus, die er sich um keinen Preis zerstören lassen will: Gott schenkt neues Leben und nimmt dem Tod seinen Schrecken. „Tod, wo ist dein Stachel – Tod, wo ist dein Sieg?“
Wo hat dieser Satz seinen Platz in unserem Leben; wie werden wir zu glaubwürdigen Zeugen dieser besonderen Glaubenshoffnung? Manchmal sind es ganz unspektakuläre Erlebnisse, in denen die notwendige Überzeugungskraft aufleuchtet.
Da sagt der Hausarzt beim Verlassen des Sterbezimmers zur Familie der Sterbenden: „Ich habe jetzt in den letzten Wochen erlebt, wie Sie miteinander umgegangen sind. Auch wie Sie Ihrer Mutter geholfen haben, sich auf das Sterben vorzubereiten. Das hat mich sehr beeindruckt. Diese besondere Kraft wünschte ich mir auch, aber ich bin leider kein Christ.“
Oder die Schwester auf der Intensivstation zum Seelsorger: „Ich habe lange Zeit gemeint, ein Pfarrer hätte hier unter uns Fachleuten zwischen all den Krisenfällen nichts verloren. Aber seit einiger Zeit spüre ich, dass der einzig wirkliche Zuspruch für die Sterbenden nur von Ihnen gegeben werden kann. Es ist gut, dass Sie hier sind.“
Vielleicht fällt Ihnen auch ein Beispiel ein, wo Christen mit ihrer Auferstehungshoffnung für andere ein Zeichen gesetzt haben; gegen alle Resignation, gegen die scheinbare Übermacht von Schicksal und Tod.
Paulus fragt ganz provozierend: Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?
Das Sterben ist nicht mehr angstbesetzt, denn der Apostel weiß, was ihn erwartet. Für ihn gibt es keinen Zweifel daran: Gott hat Jesus von den Toten auferweckt und damit ein Hoffnungszeichen für die Menschheit gesetzt. Deshalb kann er dieses Triumphlied anstimmen und die eigene Auferstehung nicht nur fröhlich glauben, sondern auch predigen.
Eine Geschichte von Janosch, dem fantasiereichen Kinderbuchautor zum Schluss:
Einmal kam der Tod über den Fluss, dort wo die Welt beginnt. Da lebte ein armer Hirt, der eine Herde weißer Gänse hütete.
„Du weißt, wer ich bin, Kamerad?“, fragte der Tod.
„Ich weiß, du bist der Tod. Ich habe dich auf der anderen Seite hinter dem Fluss oft gesehen.“ „Du weißt, dass ich hier bin, um dich zu holen und mitzunehmen, auf die andere Seite des Flusses.“
„Ich weiß!“, sagte der Hirt, „aber das wird lange noch nicht sein.“
„Oder wird nicht mehr lange sein. Sag, fürchtest du dich nicht?“
„Nein, ich habe immer über den Fluss geschaut, seit ich hier bin. Ich weiß, wie es dort ist.“
„Gibt es etwas, das du mitnehmen möchtest?“
„Nichts, denn ich habe nichts.“
„Nichts, worauf du hier noch wartest?“
„Nichts, denn ich warte auf nichts.“
So ging der Tod, und als er nach langer Zeit wiederkam, gingen viele hinter ihm her. Ein reicher Geizhals, der immer nur in einem fort jammerte. „Nur noch ein Vierteljährchen und ich hätte noch drei Häuser besessen. So ein Unglück, so ein großes Unglück!“
Ein Rennfahrer war unter ihnen, der Zeit seines Lebens für den großen Preis trainiert hatte. Fünf Minuten vor dem entscheidenden Zieleinlauf hatte ihn der Tod erwischt.
Und viele andere waren dabei, die alle noch so viel vorgehabt hatten. So ein Unglück, so ein großes Unglück!
Als sie an den Fluss kamen, dort wo die Welt aufhört, saß da der Hirt. Und als der Tod ihm die Hand auf die Schulter legte, stand er auf, nahm seine Flöte und ging mit über den Fluss, als wäre es nichts. Dort war es ihm nicht fremd, denn er hatte lange genug Zeit gehabt, über den Fluss zu schauen. Er kannte sich hier aus. Alle seine Töne waren noch da, die er immer für seine Gänse gespielt hatte, und er war sehr fröhlich. Das war schön für ihn.
Was mit den Gänsen geschah? Nun, ein neuer Hirt wird wohl gekommen sein.
„Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“ Zu Ostern hat Gott den Stachel zerbrochen. Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja! Amen.

Verfasser: Superintendent Michael Kleemann, Am Dom 18, 39576 Stendal

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