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Auferstehung – geöffnete Augen

von Felizitas Muntanjohl (65549 Limburg)

Predigtdatum : 23.03.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Osternacht
Textstelle : 1. Korinther 15,19-28
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Wochenspruch:

Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. (Offenbarung 1, 18)

Psalm: 118 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
1. Samuel 2, 1 – 2. 6 – 8a
Epistel:
1. Korinther 15, 1 – 11
Evangelium:
Markus 16, 1 – 8

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 116, 1-5
Er ist erstanden
Wochenlied:
EG 117, 1-3
Der schöne Ostertag
Predigtlied:
EG 112, 1-5
Auf, auf, mein Herz, mit Freuden
Schlusslied:
EG 100, 1-5
Wir wollen alle fröhlich sein

Hinführung:
Dieser Perikopentext ist ein mittlerer Abschnitt aus dem 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes, in dem sich Paulus mit der Frage der Auferstehung auseinandersetzt. Hat er zuvor die Zeugen genannt und dann sich gegen die Leugnung der Auferstehung gewandt, so betont er hier, dass dieser eine Mensch die Wende seit der Geschichte Adams gebracht hat und damit zum Erstling einer neuen Wirklichkeit geworden ist. Angelpunkt zwischen der vorigen und der jetzigen Perikope ist der Vers 19. Ihn nehme ich auch als zentrale Aussage, weil hier die Auferstehungshoffnung der nur innerzeitlichen Hoffnung entgegengesetzt wird. Alle Hoffnung, die weniger als das ist, fällt unter das „Nur”.
Ich beginne mit der Freude des Osterfestfeierns als fröhliches Frühlingsfest, wie es noch in der Allgemeinheit verankert ist, als Anknüpfungspunkt. Dann stelle ich die Schwierigkeiten dar, denen wir uns heute bei der Rede von der Auferstehung, dem eigentlichen Inhalt des Festes, gegenübersehen. Gott als Schöpfer und Jesus als guter Mensch sind die noch leichter vermittelbaren Darstellungen des christlichen Glaubens. Für wirkliche Hoffnung braucht es aber mehr als das. Über die Begrenztheit des „nur” weltimmanenten Glaubens versuche ich dann, den umfassenden Weitblick, den Paulus mit der Erfahrung des Auferstandenen gewann, näher zu bringen. Letztlich gipfelt die christliche Hoffnung in dem, was der letzte Vers der Perikope nennt: dass Gott alles in allem sei.

19 Hoffen wir nur in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten unter allen Menschen.
20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. 21 Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. 22 Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden. 23 Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus, danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören; 24 danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er alle Macht und Gewalt vernichtet hat.
25 Denn er muss herrschen, bis Gott ihm “alle Feinde unter seine Füße legt” (Psalm 110,1). 26 Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. 27 Denn „er hat alles unter seine Füße getan“ (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. 28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.

Liebe Gemeinde!
Ostern ist das Fest der Freude und der Hoffnung. Wir begrüßen den Ostermorgen mit einer besonderen Aufmerksamkeit für die Schönheit eines beginnenden Tages. Wir schmücken die Häuser mit frischem Grün und bunten Eiern, die vom neu sprießenden Leben erzählen. Ostern ist das Fest, das uns den Winter abschütteln und den Frühling erwarten lässt. Wir singen vom Sieg des Lebens und von der Hoffnung, die sich nicht unterkriegen lässt.
Und doch, so scheint mir, reicht unsere Freude und Hoffnung bei weitem nicht so weit, wie es Paulus in diesem Brief mit dem Osterfest verband. Unsere Osterfreude passt auf eine Blumenpostkarte. Unsere Freude reicht für ein genüssliches Osterfrühstück. Am Abend aber, wenn die Müdigkeit zurückkehrt, wenn der Alltag wieder mit seinen Anforderungen an den Nerven zerrt, wenn Verlorenes unseren Blick zurückwandern lässt,– reicht dann die Osterfreude noch dort hin?
Wir feiern das Ereignis der Auferstehung,– aber es ist ein Ereignis, das wir nicht kennen, nicht erlebt haben, nicht begreifen. Wir lesen Geschichten davon, wir wundern uns, dass manche Leute davon so begeistert berichten, – wir selber aber haben nur an vielen Gräbern gestanden und nichts sehen können von dem, was stärker, endgültiger sein könnte als der Tod. Für uns hat das Erleben dort geendet; wir sahen kein „Danach”, wir hörten nichts als nur die Stille, die dann unsere Häuser füllt.
Auferstehung? Was wäre das? Und was würde es in unserem Leben ändern, wenn wir es begriffen?
Unser Glaube hat sich an das Begreifbare zu halten gelernt. Wir können zustimmen, dass es einen großen Schöpfer geben muss, der der Natur ihre Vielfalt und ihr wunderbares Zusammenspiel ermöglichte. Wir bewundern immer neu im Erwachen der Natur die Größe der Schöpfung. Wir erkennen zunehmend, was für ein wertvolles und empfindliches Gebilde das Miteinander der Naturkräfte ist, wie eine kleine Änderung der Temperatur oder der Bepflanzung enorme Auswirkungen auf große Gebiete haben kann. Wir entdecken zunehmend, wie viele Elemente zusammengehören, damit ein Körper gesund bleiben kann. Wir sind fasziniert vom Blick auf die Erde und in das Universum. Es ist ein großer Gott, den wir da loben für das Geschaffene.
Wir können zustimmen, dass uns mit Jesus ein Mensch in der Weltgeschichte begegnet, der neue Maßstäbe gesetzt hat. Der in seiner Radikalität der Gottesliebe und der Mitmenschlichkeit noch immer weit unseren Kulturen voraus ist. Wir lesen seine Reden und sind beeindruckt und manchmal erschrocken. Wir nehmen ihn immer wieder zum Vorbild, aber wir stecken ihn auch gerne wieder fort, weil uns seine Ansprüche zu hoch sind. Und doch, über alle Religionen hinweg sagen Menschen: das war ein erstaunlicher Mensch, ein großer Prophet, ein Lehrer der Menschheit.
Daraus entwickeln wir unsere christlichen Überzeugungen: dass die Schöpfung ein schönes Geschenk ist, dass wir zu achten und zu bewahren haben. Und dass in der Verkündigung Jesu eine Ethik steckt, die das Zusammenleben der Menschen verändern kann und für viele einen neuen Zugang zu Gott ermöglicht.
Als Christen haben wir einen anderen Blick auf das Leben. Als Christen wollen wir verantwortlich leben.
Hoffnung? Unsere Hoffnung ist vor allem, dass die Menschen endlich lernen, friedlich und verantwortlich in der Welt zu leben, und dass der Glaube die Kraft dazu gibt.
Aber dann schreibt Paulus diesen Brocken:
Hoffen wir nur in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten unter allen Menschen.
„Nur in diesem Leben”. „Nur”! Als wäre es nicht schwierig genug, dieses Leben zu bewältigen, dieses Leben im Glauben zu gestalten! Als hätten wir nicht endlich als aufgeklärte Menschen uns auf den Weg gemacht, dieses Leben ernst zu nehmen, es für viele Menschen zu erleichtern, Menschenrechte umzusetzen!
Und wäre das nicht schon ungewöhnlich viel, wenn wir in diesem Leben auf Christus hoffen? Wenn wir überzeugt davon sind, dass Christus in unserem Ringen um Menschenwürde uns unterstützt; wenn er im Ringen um Frieden und Versöhnung uns den Kopf klärt und das Herz mutig macht? Wenn wir vertrauen, dass er uns in Krankheit und Leiden beisteht und wieder neue Kraft gibt? Ist das nicht ungewöhnlich viel in der heutigen Zeit?
Und dann sagt Paulus: Hoffen wir nur in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten unter allen Menschen.
Wir sind dann nicht nur arm dran, sondern sogar die „elendsten unter allen Menschen”! Wie kann er so etwas sagen?

Die Zeit des Römischen Reichs damals war gar nicht so unähnlich der heutigen: Es gab die verschiedensten Religionen, Philosophien und Heilslehren nebeneinander. Und alle wollten zeigen, dass sie wissen, wie man das macht: richtig leben.
So wie das heute auch ist: Wir können erfahren, wie wir unsere Gesundheit bewahren, welche Ratschläge uns die Sterne geben, welches politische System verteidigt und welches abgeschafft werden soll; wir werden belehrt, was man heute zu denken und zu glauben hat und was veraltet ist, und wir haben schon längst begriffen, dass man alles beweisen, vernünftig erklären und statistisch belegen muss, damit es überzeugt.
Aber dann kommt so eine unerwünschte Krankheit und schert sich gar nicht darum, ob man gesund gelebt hat. Da sagen junge Leute: ihr wollt uns ja nur zu funktionierenden Maschinen machen, da besaufen wir uns lieber. Da kommen ein paar Unglücksfälle nacheinander und unser ganzes Lebenshaus stürzt ein wie nichts.
Und niemand kann uns die Frage beantworten, warum es diesen trifft und jenen nicht, der es weit mehr „verdient” hätte – so wie wir das meinen beurteilen zu können.
Das Leben ist nicht logisch, und es hört nicht auf unsere gescheiten Erklärungen. Wir haben gedacht, wir hätten es verstanden, aber es entzieht sich unserem Kopf und unseren Händen. Wo ist ein fester Halt?
Liebe Christen, sagt Paulus in seinem Brief, gebt Acht, dass ihr nicht mit eurem Christsein auf dasselbe Modell hereinfallt, das ihr rundherum auch angeboten bekommt: Wir haben ein Rezept für euch, wie das Leben gelingt!
Jesus bringt nicht nur ein paar Ratschläge für ein netteres Leben, Gott baut nicht nur eine schöne Kulisse für bequemen Genuss, Hoffnung ist nicht nur die Kraft für den Weg, den ich mir vorgenommen habe.
Hoffen wir nur in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten unter allen Menschen.
Hoffnungen bieten uns auch andere an. Lebensrezepte haben andere geschmackvoller anzubieten. Wir wollen nicht eine neue Sekte auf dem Markt der Religionen sein, die nun grad mal den Gag einer Totenerweckung anbietet.
Wir bieten etwas Größeres, Umfassenderes.
Gebt euch nicht zufrieden mit dem „Nur”!
Wir haben nicht nur einen Schöpfergott, der uns mit einem neuen Frühling erfreut.
Wir haben nicht nur einen großen Propheten kennen gelernt, dessen Lehre die Schranken zwischen Menschen abbaut. Er redet nicht nur von dem Ernst der Gottesbeziehung und dass er ein Kind Gottes sei.
Nein, da ist etwas ganz Neues passiert, das uns einen Blick ermöglicht, der weit über das bekannte Leben hinausreicht.
Dieser Gott, der alles geschaffen hat, der sitzt nicht irgendwo und schaut kopfschüttelnd zu, was er da angefangen hat. Er ist noch immer dabei, werbend, rufend, mahnend. Er hat noch immer neue Phantasie, uns sehen zu lassen, in die Tiefe sehen: in die Tiefe der Natur, in die Tiefe der menschlichen Seele und in die Tiefe des Herzens Gottes.
Dieser Christus, Mensch aus dem Herzen Gottes, war weit mehr als ein leidenschaftlicher Gottesfreund und ein überzeugender Prediger. Er hat sich hineingestürzt in den Abgrund der menschlichen Engstirnigkeit und Verzweiflung, Machtgier und Todessucht. Er hat ertragen, was vom ersten Menschen an das Zusammenleben vergiftet hat an Überheblichkeit, Neid und Gewalt. Er ist dem nicht ausgewichen.
Er hat sich fallen lassen in das Meer der Liebe Gottes, das ihn scheinbar verschlang und schließlich über alles hinaus trug. Er hat nicht nur in diesem Leben auf Gott gehofft, sondern diese Hoffnung auch im Leid und im Tod festgehalten – und hat sie schließlich mit seinem Erscheinen auch anderen vermittelt: Keine Not ist so groß, dass Gott nicht noch größer sei. Keine Einsamkeit so tief, dass Gott sie nicht mit seiner Liebe auffinge. Kein Tod so kalt und so still, dass nicht ein neuer Lobgesang, ein neues Leben bei Gott erblühen könnte.
Christus hat einen Anfang gemacht, der nicht mehr zu bremsen ist.
So wie der erste Astronaut auf dem Mond nur der Anfang war und sich seitdem der Blick ins Universum immer noch erweitert. So wie die erste Primel nur den Anfang macht für ein Blütenmeer des Frühlings – so ist Christus für uns der Anfang geworden einer unvorstellbar großen Hoffnung: Dass es für Gottes Liebe und Schöpferkraft keine Grenze gibt.
Geben wir uns nicht zufrieden mit dem „Nur” unseres gewohnten Lebens.
Was Gott uns schenken will, ist weit mehr als ein wenig Kraft für eine kurze Zeit.
Es ist mehr als ein zögernder Glaube in einer ratlosen Welt.
Es ist mehr als ein wenig Freude in einer mühsamen und unbegreiflichen Lebensgeschichte.
Es ist mehr als eine Leidenschaft für Frieden und Gerechtigkeit.
Es ist der weite Blick und die große Freude, die in allem und trotz allem weiter sieht als wir zu sehen gewohnt sind:
Jetzt freuen und plagen wir uns, arbeiten und hoffen wir für unser Leben und die Zukunft der Welt.
Am Ende aber wird sich zeigen, dass durch alle Verirrungen und in allem Gelungenen doch dieser eine alles umgreifend Sinn seinen Weg findet; am Ende werden wir erkennen und darin aufgehoben sein: dass Gott alles in allem sei. Nichts außer ihm – und wir in ihm.

Verfasserin: Pfarrerin Felizitas Muntanjohl, Theodor- Bogner- Straße 20, 65549 Limburg / Lahn

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