Auferstehung - geöffnete Augen
von Stefanie Schlenczek (Landau)
Predigtdatum
:
01.04.2018
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Osternacht
Textstelle
:
1. Samuel 2,1-2.6-8a
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Wochenspruch: "Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle." (Of-fenbarung 1, 18)
Psalm: 118, 14 - 24 (EG 747)
Lesungen
Reihe I: Markus 16, 1 - 8
Reihe II: 1. Korinther 15, 1 - 11
Reihe III: Matthäus 28, 1 - 10
Reihe IV: 1. Samuel 2, 1 - 2.6 - 8 a
Reihe V: Johannes 20, 11 - 18
Reihe VI 1. Korinther 15, 19 - 28
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 116, 1 - 2 Er ist erstanden, Halleluja
Wochenlied: EG 106, 1, 4 - 5 Erschienen ist der herrlich Tag
Predigtlied: EG 116, 3 - 5 Er ist erstanden, Halleluja
Schlusslied: EG 100 Wir wollen alle fröhlich sein
Predigttext 1. Samuel 2, 1 - 2.6 - 8 a
Der Lobgesang der Hanna
1 Und Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, mein Horn ist erhöht in dem Herrn. Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils.
2 Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist.
6 Der Herr tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf.
7 Der Herr macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht.
8 Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse.
Die Welt mit neuen Augen sehen
Liebe Gemeinde,
hören Sie gerne Musik? Oder singen Sie gerne?
Es wäre spannend, hier und heute mal eine Umfrage zu star-ten: Wer steht auf welche Musik? Ich wette: Gerade mit Blick auf unser Gesangbuch würde sich zeigen: Die Ge-schmäcker sind doch sehr verschieden!
- eigene Musikpräferenzen einbringen -
Ich glaube aber: Eines haben alle Lieder, alle Musikstücke gemeinsam – ganz egal zu welcher Gattung sie gehören: Lieder vermitteln eine Stimmung, ein Gefühl! Ob ich Schlager mag, oder ihn völlig daneben finde: Ich werde erkennen können, wie der Sänger drauf ist. Ist er nachdenklich, oder ist ihm schwer ums Herz? Ist er fröhlich? Und das werde ich auch bei klassischer Musik spüren. Genauso wie bei Hip Hop oder bei ganz anderen Musikrichtungen. Und ich glaube: Das können wir sogar in Sprachen einschätzen, die wir selbst gar nicht sprechen. In Hebräisch oder so.
Es gibt ein Lied, das heute, an diesem Sonntag, in ganz vie-len Gemeinden vorkommt. Leider haben wir nicht die Melo-die. Doch wir haben den Text. D. h. wir haben die deutsche Übersetzung. Ich bitte Sie, beim Hören mal nur auf die Stimmung zu achten. Und vielleicht kommt Ihnen dabei ja sogar eine Melodie in den Sinn. Eine, die zum Text passen würde. Wo wären hohe Töne dran und wo tiefe? Ist es ein Lied in Moll oder in Dur? Lassen Sie ihrer Fantasie einmal freien Lauf!
(Predigttext: 1. Samuel 2, 1 - 2.6 - 8 a)
Und? Wie klingt das Lied für Sie? Es ist ein gesungenes Ge-bet.
Mein Eindruck: Es sind viele hohe Töne dabei. Das Lied wirkt eigentlich positiv, aber es hat auch ein paar dunkle, schwere Noten. Und eben merke ich: Die Worte "Leider" und "Lieder" haben dieselben Buchstaben. Zufall? Ich frage mich, woher es kommt, das "Leider" im Loblied der Hanna. Was trübt die Freude, die da zum Ausdruck kommt? Vielleicht ist es die Erzählreihenfolge, die einen leicht bitteren Beigeschmack hinterlässt. Wenn man sich den Aufbau der einzelnen Verse so anschaut, dann folgt das, was gut ist, was gelobt wird, meistens auf etwas Schweres, Trauriges. Hanna, die Frau, der das Lied zugeschrieben wird, hat so manches erlebt. Sie wurde gedemütigt. Und vielleicht hatte sie dadurch sogar selbst das Gefühl, für die Gesellschaft nichts wert zu sein.
Das Lied, das Hanna singt, lässt noch etwas von dieser Schwere spüren, etwas von dem, was ihr so lange Kummer bereitet hat. Was sie so verwundbar gemacht hat. Doch da sind auch die hohen Töne in ihrem Lied:
Da hat sich etwas verändert. Und wie groß muss dann Han-nas Freude darüber gewesen sein, als sich das Blatt für sie gewendet hat? Wie groß aber auch ihr Triumph – über dieje-nigen, die vorher auf sie herabgeschaut haben? Jetzt gibt es keinen Anlass mehr dafür! Mit ihr stimmt jetzt alles – so könnte sie es empfunden haben. Und doch – was Hanna vor-her erlebt hat, hat Narben bei ihr hinterlassen. Solche, von denen wir im Lied etwas spüren können, wenn wir mit dem Finger über die einzelnen Verse fahren.
Hanna weiß, wie es sich anfühlt, erniedrigt zu sein. Weiß, wie das weh tut, wenn die Hoffnung stirbt. Und so wirkt es, als müsse es jetzt ganz dringend raus, dass es nun anders ist. Raus zu Gott und raus in alle Welt. Als könne sie es kaum glauben, dass nun doch ein neues Leben auf sie wartet, ja, schon da ist. Sie muss es irgendwie festhalten. Sie könnte das in einem Lied getan haben – so die Idee derer, die das erste Buch Samuel aufgeschrieben und Hanna das Lied in den Mund gelegt haben. Hanna singt vielleicht wirklich, ein-fach um in dem Moment zu bleiben, ihn festzuhalten, den Augenblick, in dem sich ihr Schicksal zum Guten wendet. Der Moment, als etwas geschieht, das ihr hilft, den Blick wieder nach vorne zu richten.
Das hätte vielleicht auch durch etwas ganz anderes gesche-hen können als durch eine Schwangerschaft. Dieses Glück, das sie jetzt empfindet, war erbeten, ja mehr eigentlich noch. Es war eingefordert. Im Gebet. Jetzt haben wir aber glaube ich alle, die wir hier sitzen, schon einmal die Erfah-rung gemacht, dass sich nicht immer erfüllt, was wir im Ge-bet vor Gott bringen.
Das hätte auch Hanna passieren können. Und ich weiß nicht, wie die Geschichte dann weitergegangen wäre. Aber wissen Sie, ich glaube: Für Hanna wurde es nicht unbedingt anders durch das Gebet. Sondern dadurch, dass sie so entschlossen war: ihr Schicksal zu ändern, sich nicht mehr klein machen zu lassen! Stattdessen sich selbst so wichtig zu nehmen, et-was zu fordern. Von Gott höchst persönlich. Nicht mehr Op-fer sein. Nie wieder! Schluss damit! Das, was Hanna damals beschlossen hat, war nicht nur eine Nachricht an Gott. Ich glaube, das war vor allem eine Nachricht an die niederge-schlagene, gedemütigte Hanna. Von einer Hanna, die stark ist, die zu hoffen wagt. Die neue Kraft entwickelt. Die kämpft und ihr Leben in die Hand nimmt. Und etwas von die-ser kämpferischen Energie findet sich, so fühlt es sich für mich an, auch in dem ihr zugeschriebenen Lied.
An einem anderen Ort, ca. 30 km weiter südlich, könnte ca. 1000 Jahre später auch jemand gesungen haben. Einige mehrere sogar. Und vielleicht hat es ja so ähnlich geklungen, wie wir es vorhin miteinander gesungen haben: "Er ist er-standen, Halleluja!". Nur eben auf Aramäisch.
Was muss das für ein Wechselbad der Gefühle gewesen sein, damals, beim allerersten Ostern? Da war einer, der schien irgendwie alles zu wissen. Der hat die Menschen um sich herum verstanden, ihnen Gutes getan. Ihnen Dinge über das Leben und den Glauben erklärt. Gut, das war nicht im-mer leicht zu verstehen. Manchmal sprach er auch in Rät-seln. Aber zumindest war klar: Der sorgt sich um die Leute um sich herum. Ihm ist wichtig, dass sie ihr Leben neu ver-stehen lernen. Er lehrt sie, er besucht sie, er heilt sie. Und dann wird er politisch verfolgt – und völlig unschuldig zum Tode verurteilt. Ungerecht!
Und für die, die zurückbleiben heißt das: Wieder alleine sein mit den Ängsten, Sorgen und Nöten. Und dazu ist alle Hoff-nung dahin. Unglaublich. Ich wäre wütend gewesen, glaube ich! Und traurig. Hätte die Ungerechtigkeit herausschreien wollen – oder ganz für mich sein und in der Stille weinen.
Vielleicht haben es die Frauen auch so erlebt, die damals bis zum Ende bei ihm waren, bei Jesus. Sie haben ganz wörtlich gesehen, wie ihre Hoffnung stirbt. Sie haben ihre Hoffnung begraben. Und wollten sich an ihre Hoffnung zurückerinnern beim Besuch an der Grabstätte. Und da, ganz überraschend, geschieht dann noch etwas Erschütterndes: Das Grab ist leer! Jetzt fehlt sogar der Ort zum Trauern. Wie leer müssen sich auch die Frauen gefühlt haben? Doch sie bleiben nicht dabei. Sie lassen sich herausrufen. Da ist der Engel, der sagt: "Fürchtet euch nicht!". Der ihnen zuspricht: "Eure Hoffnung ist nicht begraben. Ihr werdet Jesus wiedersehen. Und nun bleibt nicht hier, sondern macht euch auf!". Macht euch auf. Das hat auch Hanna getan. Sie ist den Weg gegan-gen zum Heiligtum in Silo. Vor allem ist sie aber einen Weg mit sich, mit ihren Gefühlen gegangen. Ist nicht zusammen-gebrochen, sondern aufgebrochen. So wie die Frauen am leeren Grab, als der Engel sie über den ersten Schock und über den tiefen Schmerz hinwegführt, ihnen neue Hoffnung schenkt.
Ostern ist das Fest der Auferstehung Jesu Christi. Aber Os-tern ist nicht nur ein Ereignis für Jesus. Ostern können auch wir erleben. Heute. Davon können wir etwas spüren, wo uns ein Aufbruch gelingt, wo neue Hoffnung hervorkeimt und neue Kraft entsteht. Schon das ist ein unfassbar überwälti-gendes Gefühl. Eines, das eigentlich nach draußen will, viel-leicht in einem eigenen Loblied. Oder einfach über ein Strah-len im Gesicht. Und das macht mir Lust auf diese große Hoffnung, die alles umspannt. Die Hoffnung auf das Wun-derbare, auf das Verwandelt-sein, auf das Neu-sehen-können, wenn ich einmal ganz bei Gott bin. Und dann wünsch ich mir, dass diejenigen, die zurückbleiben, auch nicht ver-zweifeln vorm Anblick des so kalten, leblosen Grabsteins, sondern sich anrühren lassen, sich irgendwann finden in der Hoffnung, dass ich gerade bei Gott bin - und ein Loblied auf das Leben singe.
Verfasserin: Pfarrerin Stefanie Schlenczek
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