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Aufgefahren in den Himmel

von Renate Weigel (64380 Roßdorf)

Predigtdatum : 21.05.1998
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Rogate
Textstelle : Apostelgeschichte 1,3-4.(5-7).8-11
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Schriftlesung: Lukas 24, (44-49) 50-53

Wochenspruch:

Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Joh 12,32)

Wochenlied:

EG 121

Weitere Liedvorschläge:

EG 119; 120; 341; 269

3 Jesus zeigte sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. 4 Und als er mit ihnen zusammen war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, “die ihr”, so sprach er, “von mir gehört habt;

[5 denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen.

6 Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?

7 Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber]

8 ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.”

9 Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg. 10 Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. 11 Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.

Liebe Gemeinde,

in dem alten Kinderbuch ,,Der Struwwelpeter” gibt es die Geschichte vom Hans-Guck-in-die-Luft. Das ist ein Junge, der marschiert recht forsch durch die Welt, den Kopf im Nacken, die Nase hochgereckt und die Augen himmelwärts gerichtet.

Und was passiert? - Er landet zum Schluß im Wasser! Wir haben als Kinder über den Hans-Guck-In-Die-Luft gelacht. Ganz dumm kam er uns vor. Wir wußten es besser: Ich muß doch wissen und sehen, wo ich hintrete!

Das kirchliche Himmelfahrtsfest ist ein schwieriges Datum. Es sieht so aus, als sei das ein Tag für Hans-Guck-In-Die-Lufte, für Menschen, die in den Himmel schauen, einer Gestalt nach, die schon lange nicht mehr zu sehen ist.

Wenig erdnah, nicht so ganz von dieser Welt, eben ein wenig entrückt klingen auch die traditionellen Worte der Kirche zu diesem Tag: Himmelfahrt als Vollendung von Ostern, Himmelfahrt als Fest der Inthronisation, ,,aufgefahren in den Himmel, sitzend zur Rechten Gottes; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten”, Christus, Herr und Herrscher der Welt.

Wer will denn mit so hochgereckter Nase durch das Gestrüpp des Alltags kommen?

Ich muß doch hier auf Erden wissen und sehen, wo ich hintrete! Kein Wunder, daß viele Zeitgenossen an Himmelfahrt ( oder aus . . .?) ausziehen und es sich ganz irdisch und einfach unter freiem Himmel wohlgehen lassen.

Mir ist vor Jahren ein Bild zu Himmelfahrt in die Hände gefallen, das Fastentuch von Baldramsdorf (Kärnten, 1555). Mit dem klaren Blick, den es auf die Himmelfahhrtsgeschichte wirft, hat es mir einen neuen Zugang zum Himmelfahrtstag ermöglicht.

Da stehen sie, zwölf Männergestalten, auf den ersten Blick lauter Hans-Guck-In-Die-Lufte, und schauen in den Himmel, dem gerade entschwindenden Jesus nach. Eine Frau ist auch dabei. Vorne links entdecke ich einen, der gleich meine Sympathie hat. Er steht etwas abgewandt und wehrt mit beiden Händen ab, als wollte er sagen: Ich bleib’ hier unten; mit dem da oben will ich nichts zu tun haben.

Oben im Himmel sieht man - für unsere Augen ein wenig kurios - noch ein Stück Gewand und die nackten Füße Jesu. Sie sind von einem Wolkenkranz umgeben.

Unter den Wolken erhebt sich ein Berg, auf den hinauf sich ein Weg schlängelt, der bei zwei deutlich sichtbaren Fußabdrücken endet.

An den Fußspuren bleibt mein Auge hängen. Sie laden mich ein hineinzutreten. Wenn ich das in Gedanken versuche, merke ich, ich muß den Blick vom Himmel auf die Erde nehmen. Ich muß mich fest auf meine beiden Füße stellen.

Die Spuren führen mich in eine bestimmte Richtung. Es geht von oben nach unten, vom Berg herab in die Niederungen, von den Wolken weg hin zu den Menschen und zur Erde. In diesem Moment höre ich ganz neu die Worte der Engel aus der Himmelfahrtsgeschichte:

,,Was steht ihr und seht gen Himmel? Dieser Jesus, welcher von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.” - Nun laßt es gut sein mit dem Himmel. Ihr wißt doch nicht erst seit heute, daß es eine Dimension in eurem Leben gibt, die über das, was ihr wahrnehmt und denken und fühlen könnt, hinausgeht.

Aber in dieser Dimension liegt nicht euer Auftrag. Der Himmel ist Gottes Sache, wendet euch der Erde zu! Nicht nur die Fußspuren, die Engelstimmen, auch die Worte Jesu führen in diese Richtung.

Als die Jünger ihn fragen: ,,Wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?”, da antwortet Jesus: ,,Es gebührt euch nicht, zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater in seiner Macht bestimmt hat.”

Nicht auf eine einzige Frage, den Himmel und die Ewigkeit betreffend, antwortet die Geschichte. Aber Jesus sagt seinen Leuten, was jetzt als nächstes für sie dran sein wird: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, und ihr werdet meine Zeugen sein.

Noch einmal fällt mein Blick auf die nackten Füße Jesu im Wolkenkranz des Fastentuchs. Erst muß ich schmunzeln. Dann sehe ich aber auch die Wundmale. Ich möchte die Füße gern berühren. Sie sind, selbst noch in diesem Moment, so leibhaftig.

So, wie Jesus selbst leibhaftig war. Ein Mann Gottes zum Anfassen. Er hatte keine Scheu, Menschen zu berühren, er konnte herzen, er konnte mit Speichel und Erde heilen, er teilte die Mahlzeit mit Niedrigen und Hohen.

Wer in seine Fußstapfen tritt, kann nicht abgehoben über den Wolken schweben. Der Weg ihm nach führt mich immer zu den Menschen im Alltagsgestrüpp, jetzt und hier. Da ist mein Platz.

Und Himmelfahrt weist mir diesen Platz zu: an Jesu Stelle mit Fleisch und Blut jetzt und hier bei den Menschen sein. Er zeigt mir, wo ich hintreten soll!

Die nackten, geschundenen Füße geben mir auch einen neuen Blick für die großen Worte.

Wenn sie zu dem ,,Herrn” gehören, wenn Jesus mit seinem Leben und Sterben die Maßstäbe setzt für’s Herr- und Königsein, für’s Herschen und Richten, dann kann ich solche Worte auch annehmen.

Dann kann ich auch an diesem Tage sagen, was ich von keinem Herren und Menschen dieser Welt sagen will und kann: “mein Herr und mein Gott”. Und bin damit keine Hans-Guck-in-die-Luftin, sondern stehe mit beiden Füßen fest auf der Erde. Amen.

Pfrn. Renate Weigel, Bartningstr. 44A, 64289 Darmstadt


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