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Befreiung im Vertrauen auf Gottes Gnade

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 31.10.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 23. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Matthäus 10,26b-33
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Wochenspruch:

Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. (1. Korinther 3,11)

Psalm: 46,2-8 (EG 725)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 62,6-7.10-12
Epistel:
Römer 3,21-28
Evangelium:
Matthäus 5,1-10 (11-12)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 243
Lob Gott getrost mit Singen
Wochenlied:
EG 341
oder 351
Nun freut euch, lieben Christen g’mein
Ist Gott für mich, so trete
Predigtlied:
EG 494
In Gottes Namen fang ich an
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns

Jesus sprach zu seinen Jüngern:
26b Es ist nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird. 27 Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was euch gesagt wird in das Ohr, das predigt auf den Dächern. 28 Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle. 29 Kauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. 30 Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt. 31 Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als viele Sperlinge. 32 Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. 33 Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.

Liebe Schwestern und Brüder!
Da stehen die Jünger um Jesus herum. Bis zu diesem Tag ging es ihnen gut bei ihm. Sie haben ihm zugehört, sie haben ihn gefragt, wenn sie etwas nicht verstanden haben, sie haben gehört, wie andere ihre Fragen stellten. Aber dann hat Jesus etwas gesagt, was ihnen in die Knochen gefahren ist, was ihnen das Herz in die Hosen hat rutschen lassen: Jetzt seid ihr dran! Jetzt ist es angesagt, dass ihr euch auf den Weg macht, um meine Botschaft auszubreiten. Vor euch liegen die Städte und Dörfer Galiläas, eure Heimat - da seid ihr jetzt gefordert.
Ich erinnere mich gut, wie das zu meiner Schulzeit war. Wir hatten einen Klassenlehrer, der nahm pro Stunde einen dran zum Vorrechnen. Am Anfang der Stunde saßen wir deshalb alle auf heißen Kohlen: Wen trifft’s heute - und wenn er dann sagte: „Elmar, an die Tafel“, dann saßen wir anderen ganz locker da und hatten für den Rest der Stunde ausgesorgt - denn wir hatten nur einen Elmar in der Klasse.
Vielleicht geht es uns mit der Aussendungsrede auch so. Das hört sich gut, dass die Jünger ausgesandt werden - wir waren ja damals nicht dabei. Aber wir hören diese Geschichte heute - und wie zu den Jüngern damals sagt Jesus uns heute: Jetzt seid ihr dran. Ich brauche euch, euch Leute und Kirchgänger hier in … Ich brauche euch, damit meine Sendung weiter geht, damit mein Wort weitergetragen, damit meine Botschaft nicht in eurer schönen Kirche bleibt und draußen, wo die Menschen sind, ungehört verhallt. Die Botschaft Jesu an diesem Sonntag heißt: Ich brauche euch!
Seht, das ist nicht nur eine Bürde, nicht nur eine Zumutung - das ist auch eine große Würde. Es gibt ein Lied von Arno Backhaus, da singt er: Ich bin ein Mitarbeiter des Höchsten! Ich bin nur einer von Millionen im Telefonbuch, aber ich bin ein Mitarbeiter des Höchsten. Haben Sie das schon jemals gedacht von sich selbst: Sie sind nötig als ein Mitarbeiter des Höchsten - des Königs aller Könige, des Herrn aller Herren, des Schöpfers des Himmels und der Erde. Jesus will sein Reich nicht ohne Sie bauen, sondern mit Ihnen als seinen Mitarbeitern!
Aber - so denken Sie womöglich: ich stehe doch gar nicht auf der Gehaltsliste der Kirche. Ich bin doch gar kein Mitarbeiter in der Kirchengemeinde. Ich bin doch nur ein ganz normaler Mensch, der getauft und konfirmiert worden ist und der sich zum Gottesdienst hält. Ja - und doch sind Sie gerufen zum Mitarbeiter Gottes. Martin Luther hat einmal gesagt: Was aus der Taufe gekrochen ist, das ist gerufen zum Zeugenamt und zum Priestertum. Jeder, der in der Taufe gezeichnet ist mit dem Zeichen des Kreuzes, der ist damit auch in die Mitarbeit Gottes hineingestellt.
Ich muss sagen, dass mich das immer wieder berührt und bewegt: dass Gott Menschen in seine Mitarbeit ruft, längst bevor heraus ist, was die denn einmal zu leisten im Stande sind. Wenn wir Mitarbeiter suchen, dann fragen wir meistens: Kann der besonders gut singen, besonders gut Gitarre spielen, besonders gut organisieren, besonders gut lesen oder reden oder argumentieren. Gott fragt nicht so. Gott sagt: Lässt Du dir meine Liebe gefallen? Lässt du dir meine Vergebung gefallen? Lässt du dir meine Treue gefallen? Wenn du das tust, dann bist du mein Mitarbeiter, dann hast du alles, was du als Mitarbeiter brauchst.
Das ist mit dem Ausdruck vom „Priestertum aller Getauften“ gemeint: jeder, der die Taufe empfangen hat und in der Taufe die Zusage von Gottes Treue, Liebe und Vergebung ist dazu gerufen, diese Liebe, Treue und Vergebung weiterzutragen. Jeder, der getauft ist, soll in seinem Leben ein Zeuge Jesu Christi sein.
Und nun liegt eine Besonderheit unserer Stelle darin, dass sie dieses Zeuge-Sein in der Tat zuspitzt auf das Reden! Es gibt andere Situationen in der Bibel, wo es deutlich wird: es kommt auf das Lebenszeugnis an. Es kommt auf die geschwisterliche Liebe, auf das Engagement für die Schöpfung und für die Gerechtigkeit an. In diesem Predigtwort heute aber heißt der Akzent: ich will euch als Zeugen mit eurem Mund! Ich will, dass ihr etwas sagt von mir und für mich!
Jesus will nicht, dass wir als stumme Hunde durch die Welt laufen. Er will, dass wir den Mund auftun für ihn. Er will, dass wir davon weitersagen, was wir bei Jesus und mit Jesus erfahren haben. Er will, dass wir weitersagen, was wir von ihm glauben, was uns das Vertrauen auf ihn bedeutet. Er will, dass wir nicht schweigen, wenn es darum geht zu sagen, wem wir mit unserem Leben vertrauen, was uns Grund zum Danken und zum Loben, wer unsere Adresse ist, wenn wir etwas zu klagen haben.
Es kommt dabei bei den Worten gar nicht darauf an, ob sie immer geschickt gewählt sind. Es kommt dabei auch gar nicht darauf an, dass einer alles ganz korrekt sagen kann - ich bin mir nicht so ganz sicher, ob die Jünger Jesu ein theologisches Examen unserer Tage bestanden hätten - wir sollen die Leute ja nicht von einer Lehre über Jesus überzeugen! Sondern darauf kommt es an, dass einer den Mund aufmacht und sagt: Ich hänge mit meinem Leben an Jesus. Der ist die Quelle meiner Freude, der ist die Quelle meiner Kraft, der ist die Adresse, wenn ich zu klagen habe, und der ist es, auf den ich hoffe, wenn ich ganz schwach bin.
In der Schlosskirche von Wittenberg hängt ein Bild, das Martin Luther zeigt, wie er auf der Kanzel steht und auf den Gekreuzigten zeigt. Das ist der ganze Inhalt der Reformation: dass einer seinen Finger gehoben hat und gesagt hat „An dem hänge ich mit meinem Leben.“
Das ist Luther in einer stillen Stunde aufgegangen und das hat er dann so laut weiter gesagt, dass es eine ganze Welt bis in ihre Grundfesten erschüttert hat. Und Reformation feiern heißt in meinen Augen nichts anderes, als dass wir alle - Pfarrer, Mitarbeiter und alle getauften Christen - das lernen: den Finger zu heben und zu zeigen: der ist es, an dem ich hänge!
Nun geht es uns vermutlich wie den Jüngern damals: Das ist viel verlangt. Auch wenn es nicht ums gekonnte Reden geht, auch wenn es schlichte Worte sein mögen - das ist viel verlangt. Das ist etwas, was das Herz schneller - nicht unbedingt höher - schlagen und die Hände feucht werden lässt. Weil Jesus das weiß, sagt er es gleich dreimal: Fürchtet euch nicht! Weil Jesus weiß, wie tief uns die Furcht im Nacken sitzt, wenn wir uns exponieren sollen, wenn wir Stellung beziehen sollen, wenn wir heraustreten sollen aus den Reihen der schweigenden Mehrheiten oder Minderheiten, darum sagt er es uns: Fürchtet euch nicht - ich bin bei euch!
Jesus weiß, wie sehr die Furcht in unseren Herzen festsitzt - vor den Blamagen, vor dem Gelächter, vor dem Geschnittenwerden. Es ist nicht so ganz leicht, sich einzumischen, wenn über den Glauben gelästert wird. Es ist in einer Gesellschaft, in der der flotte Spruch, auch wenn er noch so seicht ist, meistens die Lacher auf der Seite hat, nicht so ganz einfach dazustehen und zu sagen: Ich glaube an Jesus, der ist mir wichtig. Und es ist auch wahr - das bringt einem oft genug Widerspruch ein, wenn man sich um Jesu willen einmischt und die Selbstverständlichkeiten unserer Gesellschaft in Frage stellt: dass Geld die Welt regiert, dass das Fressen vor der Moral kommt, dass jeder sich selbst der Nächste ist und alles erlaubt ist, solange es Spaß macht und was dergleichen mehr ist.
Jesus weiß, dass es uns leichter über die Lippen geht, von unseren politischen Überzeugungen zu reden als von unserem Glauben. Er weiß, dass wir weitaus leichter über die Fußballergebnisse oder die neuesten Computererzeugnisse reden als über das, was unseren Glauben ausmacht, als über ihn. Aber er erspart es uns nicht: wir sollen den Mund auftun für ihn.
Und so kommt am Ende ein Wort voller Ernst! Es kommt dieses Wort, von dem ein Freund mir oft gesagt hat: es macht mich erschrecken. Es kommt dieses Wort, das unmissverständlich deutlich macht, dass wir unserer Seelen Seligkeit vertun können, verpassen können, verwirken können - aus Feigheit vor den Menschen.
Jesus macht den Jüngern und uns klar: Ihr habt nur die Wahl euch vor den Menschen zu fürchten und darüber das Heil Gottes zu verspielen oder aber euch vor Gott zu fürchten und in solcher Gottesfurcht die Freiheit gegenüber den Menschen und das Heil Gottes zu gewinnen.
Anders herum gesagt: Jesus erinnert uns daran, wer das letzte, das gültige, das end-gültige Wort über unser Leben sagt. Das letzte Wort über unser Leben haben nicht die Menschen. Alle menschlichen Urteile sind vorletzte Urteile, ob sie nun gut oder schlecht ausfallen. Sie werden überholt, außer Kraft gesetzt, unwichtig - gleichgültig, ob sie uns geschmeichelt haben oder ob sie uns mit Angst erfüllt haben. Am Ende zählen diese Urteile nicht mehr.
Am Ende zählt nur noch ein Urteil, das keine menschliche Instanz spricht, gilt nur noch das eine Wort, das der Menschensohn spricht.
Und nun stellen Sie sich das einen Augenblick vor, diese eine Szene: Auf dem Höhepunkt der Hauptverhandlung im Gerichtsaal, wo es um Leben und Tod geht, verlässt der oberste Richter seinen Platz, geht durch den Raum, geht zu dem Angeklagten und erklärt: die Sache ist erledigt, ich bin sein Freund, ich stehe für ihn ein und hafte für ihn.
Das letzte end-gültige Wort über unser Leben hat Gott. Und dieses Wort über unser Leben ist ein JA - längst bevor wir etwas getan haben. Es ist das JA, das uns in der Taufe zugesagt ist; das JA, das Jesus am Kreuz dem Vater abgerungen hat; das JA, auf das er sich hat festnageln lassen; das JA, das er uns immer wieder im Abendmahl schmecken lässt in Brot und Wein. Gottes JA hat einen Namen: Jesus. Er ist das JA, das wir in Anspruch genommen haben durch unseren Glauben. Er ist das JA, das wir bezeugt haben mit unseren schwachen Worten und unserem armseligen Tun. Er ist das JA, von dem wir gesagt haben: daran will ich mich festmachen mit meinem ganzen Leben.
Wer diesem JA des Königs aller Könige und Herrn aller Herren sein Vertrauen geschenkt hat, wie sollte der nicht auch einstehen für ihn vor den Menschen? Amen.

Verfasser: Pfr. Paul-Ulrich Lenz, Leonhardstr. 20, 61169 Friedberg

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