Befreiung im Vertrauen auf Gottes Gnade
von Hans-Georg Leipoldt (06618 Naumburg)
Predigtdatum
:
31.10.2002
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
23. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Philipper 2,12-13
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Wochenspruch:
Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. (1. Korinther 3,11)
Psalm: 46,2-8 (EG 725)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 62,6-7.10-12
Epistel:
Römer 3,21-28
Evangelium:
Matthäus 5,1-10 (11-12)
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 243
Lobt Gott getrost mit Singen
Wochenlied:
EG 341
oder 351
Nun freut euch, liebe Christen g’mein
Ist Gott für mich, so trete
Predigtlied:
EG 494
In Gottes Namen fang ich an
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns
(Der Verfasser empfiehlt, statt der für den Reformationstag vorgesehenen Epistel Philipper 2, 5-11 zu lesen, da dieser Text die Grundlage für unseren Predigttext ist.)
12 Meine Lieben, - wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit - schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern. 13 Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.
Als weitere Übersetzung wird in der Predigt die von Klaus Berger angeboten.
Liebe Gemeinde!
Der Apostel Paulus hat aus dem Gefängnis einen Brief an die Gemeinde in Philippi nach Mazedonien, es gehört heute zu Griechenland, geschrieben. Es war die erste christliche Gemeinde auf europäischem Boden. Paulus war per Schiff aus der heutigen Türkei herübergekommen.
Paulus liebte diese von ihm gegründete Gemeinde, und sie standen in Kontakt zueinander, so gut es unter diesen schwierigen Verhältnissen möglich war. Paulus will einen Mitarbeiter zu ihnen schicken und bittet die Gemeinde, sich keine Sorgen um ihn zu machen. Sein Leben stehe in Gottes Hand, ob er überlebe oder stürbe. Seine unstillbare Sehnsucht aber sei es, beim Herrn zu sein.
Ein Abschnitt aus diesem Brief ist der heutige Predigttext zum Reformationsfest:
Jesus Christus ist der Herr!
Daran, meine Lieben, sollt ihr zuerst denken. Ihr habt immer gehorcht, nicht nur, wenn ich bei euch war, auch wenn ich nicht bei euch war.
Ich fordere euch daher auf: Wagt euch mit Furcht und Zittern auf den Weg zu eurem Heil bei Gott. Denn ihr habt es mit Gott zu tun. Er allein kann, wie er will, euch die Kraft geben zum Wollen und zum Tun.
(Übersetzung nach Klaus Berger)
Wagt euch mit Furcht und Zittern auf den Weg zu eurem Heil bei Gott.
Am Vorabend seiner Kreuzigung betete Jesus Christus im Garten Gethsemane, allein, denn seine Jünger Petrus, Jakobus und Johannes, die er mitgenommen hatte, waren in dieser schweren Stunde eingeschlafen: „Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst.“
Dreimal betete er diese Worte mit Furcht und Zittern, gehorchte zu unserem Heil bei Gott. Das Gebet mit seinem Vater, der auch unser Vater ist, das Gebet zu Gott hat ihm Kraft und Gehorsam geschenkt, ihn für den nächsten Tag, seinen Todestag vorbereitet, den Weg zum Kreuz zu gehen.“ Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden,“ so hat es uns Gottes Sohn im Vaterunser gelehrt.
Am 31.Oktober 1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg gegen den Ablasshandel, also den Loskauf von Schuld und Sünde durch Geld. Dagegen hat Luther zum Streit aufgerufen. Das war die Geburtstunde der Reformation. Heute ist der 485. Gedenktag, in einigen Bundesländern ein Feiertag.
Aber der schwerste Tag in seinem Leben war der 18. April 1521 auf dem Reichstag zu Worms, wo er als kleiner Augustinermönch gegen Kaiser und Papst antreten musste, um seine reformatorischen Schriften zu widerrufen. Er tat es nicht. „Hier stehe ich ,ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen.“ So hat er nach mündlicher Überlieferung gesprochen. Damit war sein Leben in Gefahr. Mit Furcht und Zittern hat er sich auf den Weg gemacht, den Heilsweg zu Gott. Er hat es gewagt, allen wohlgemeinten, aber auch den falschen Einflüsterungen zu widerstehen im Vertrauen auf Gott.
Am Morgen des 18. August 1976 verabschiedete sich Pfarrer Oskar Brüsewitz aus dem Dörfchen Rippicha von seiner Frau und seinen beiden Töchtern und fuhr mit seinem „Wartburg“ in die Kreisstadt Zeitz, Bezirk Halle. In der Fußgängerzone entfaltete er ein Plakat, übergoss sich mit Benzin und zündete sich an, wurde zur lebenden Fackel. Ungefährer Inhalt des Plakates (es wurde sofort entfernt): „Funkspruch an alle......Funkspruch an alle.........Die Kirche der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen.“
Das Herz von Oskar Brüsewitz brannte für Christus, seinen Herrn, er klagte die DDR an, aber auch die Kirche, sie war ihm zu lau, zu halbherzig, nicht kämpferisch genug auf dem Weg zum Heil bei Gott.
Die Betroffenheit damals war groß und ist bis heute groß geblieben. Und die Fragen: war das der Wille Gottes, war das der Wille von Bruder Brüsewitz oder beides, darf sich ein Christ selbst töten?
Diese Fragen sind schwer oder gar nicht zu beantworten. Das geschieht oft in unserem Leben, dass wir keine Antwort wissen.
Wagt euch mit Furcht und Zittern auf den Weg zu eurem Heil bei Gott, denn ihr habt es mit Gott zu tun
Es gibt kein Rezeptbuch, kein Gesetzbuch christlichen Handelns. Es gibt nur das Evangelium. Wenn Christus in deinem Herzen wohnt, bestimmt er dein Leben und Handeln. Vor unserm Predigttext aus dem Philipperbrief steht der bekannte Christushymnus ,der mit den Worten beginnt; „Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Jesus Christus entspricht!“
Martin Luther beendet seine Schrift „Die Freiheit eines Christenmenschen“ mit folgenden Worten: „Ein Christ lebt nicht für sich selber, sondern in Christus und für seinen Nächsten; in Christus durch den Glauben, für den Nächsten durch die Liebe. Durch den Glauben erhebt er sich zu Gott, von Gott aus wendet es sich wieder seinem Nächsten zu durch die Liebe und bleibt doch in Gott und in der göttlichen Liebe.“ Dein Wollen und Tun erwächst also aus der Liebe zu Gott. Er allein kann, wie er will, euch die Kraft geben zum Wollen und zum Tun.
Auf unserem Planeten gibt es heute viele ungelöste Probleme. Der Nahe Osten zeigt, Hass vernichtet alle Hoffnung auf friedliche Lösungen zwischen Juden und Palästinensern. Südafrika hat gezeigt, dass jahrzehntelange Rassendiskriminierung durch Versöhnung friedlich beendet werden kann. Terrorismus muss bekämpft werden, aber mit welchen Mitteln, wo ist die Grenze?
Auch in unserem persönlichen Leben haben wir es heute mit Fragen zu tun, von denen unsere Väter keine Ahnung hatten. Die Stammzellenforschung ermöglicht in Zukunft, sowohl chronische Krankheiten zu heilen, aber auch Menschen zu manipulieren Die moderne Medizintechnik macht es möglich Leben zu verlängern, dass ein Patient monatelang im Koma liegen kann. Es ist heute oft schwer, gute Antworten auf unsre Probleme und Fragen zu finden. Wir müssen als Christen darum ringen, gemeinsam im Dialog, im Gebet, in der Heiligen Schrift. Die Zukunft unserer Kinder und Enkel hängt davon ab.
Auch ein Christ, in dessen Herzen Christus wohnt, der sich müht, nach seinem Willen zu leben, kann ratlos sein, kann versagen, kann schuldig werden. Du darfst ratlos sein, Du darfst versagen, Du darfst schuldig werden - Du darfst aber niemals damit aufhören zu beten, zu bitten, dass Gott Dich auf den Weg des Heils führt und Dir die Kraft schenkt zum Wollen und Tun.
Auch der große Reformator Martin Luther ist vor Christus schuldig geworden. So hat er wenige Tage vor seinem Tode in der Andreaskirche zu Eisleben seine schlimmste Predigt gegen die Juden gehalten. Sie war maßlos und hatte für unser Land schreckliche Auswirkungen Er muss sich dafür vor Gott verantworten wie wir auch und um Christi willen dürfen wir darauf hoffen, dass er uns barmherzig ist, denn Christus hat uns am Kreuz mit Gott versöhnt. Es gibt kein Lehrbuch, dass uns lehrt, Gottes Willen zu tun, es kommt aus uns selbst heraus, wächst aus unserem Glauben, ist Antwort auf Christi Erlösung für uns. Du darfst auch Fehler machen, aber nicht nichts machen.
Natürlich ist es müßig, bei jeder Entscheidung, bei jedem Tun nach dem Willen Gottes zu fragen. Ob ich meinen Notgroschen in den Sparstrumpf stecke, ein Sparbuch führe oder in Aktien anlege, das ist mir überlassen, Gott ist auch nicht zuständig dafür, wenn meine Fußballmannschaft verloren hat, auch nicht, was ich meinen Kindern oder Enkeln schenken soll, aber sehr wohl, wenn ich mit meinem Auto Fahrerflucht begehe oder meinen kranken Nachbarn meine Hilfe verweigere.
Auch unserer Politiker, mindestens die Christen unter ihnen, sind anzufragen, ob sie bei ihren Entscheidungen und Ihren Tun als Grundmelodie von ihrem Glauben geprägt sind, oder von irgendwelchen taktischen Winkelzügen.
Es ist schwere Kost, was uns unser Predigttext heute abverlangt, aber es ist gute gesunde HEILSKOST für unser Erdenleben und es ist HOFFNUNGSKOST auf das Reich Gottes.
Ein 24-jähriger Argentinier, Celeste Espeche schrieb: „Herr, mein Traum ist, aufzusteigen und zu fliegen durch Raum und Zeit. Ich bitte Dich, mir Deine Augen zuleihen und mit ihnen mein Leben zu betrachten, um das Geheimnis Deines Willens zu durchschauen.
Aller Gedanken und Vorstellungen entleert, würde ich ausschließlich zum Werkzeug Deines Willens und zum Samen Deiner unendlichen Liebe“. Amen.
Verfasser: Pfr. i. R. Hans-Georg Leipoldt, Flemminger Weg 107,06618 Naumburg
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