Wochenspruch: Gelobt sei der Herr, der mein Gebet nicht verwirft, noch seine Güte von mir wendet. (Psalm 66,20)
Psalm: 18 (EG 707)
Reihe I: Johannes 16,23b-28(29-32)33
Reihe II: Matthäus 6,5-15
Reihe III: Sirach 35,16-22a oder Daniel 9,4-5.16-19
Reihe IV: Lukas 11,(1-4)5-13
Reihe V: 1. Timotheus 2,1-6a
Reihe VI: 2. Mose 32,7-14
Eingangslied: EG 369,1-4.7 Wer nur den lieben Gott lässt walten
Wochenlied: EG 133,1-5.7 Zieh ein zu deinen Toren
Predigtlied: EG 361,1-3.8-10 Befiehl du deine Wege
Schlusslied: EG 182,1-3.8.9 Suchet zuerst Gottes Reich
Predigttext: Lukas 11,(1-4)5-13
(Das Vaterunser
1 Und es begab sich, dass er an einem Ort war und betete. Als er aufgehört hatte, sprach einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte. 2 Er aber sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. 3 Gib uns unser täglich Brot Tag für Tag 4 und vergib uns unsre Sünden; denn auch wir vergeben jedem, der an uns schuldig wird. Und führe uns nicht in Versuchung.)
Der bittende Freund
5 Und er sprach zu ihnen: Wer unter euch hat einen Freund und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote; 6 denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann, 7 und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben. 8 Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, so viel er bedarf.
Zuversicht beim Beten
9 Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 10 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. 11 Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um einen Fisch, und der gibt ihm statt des Fisches eine Schlange? 12 Oder gibt ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion? 13 Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!
Im 11. Kapitel des Lukasevangeliums sind einige Aussprüche und Gleichnisse Jesu zusammengestellt, die das Thema Beten in den Blick nehmen: Lukas 11, 1–4 (Vaterunser); Lukas 11, 5–8 (Das Gleichnis vom bittenden Freund); Lukas 11, 9–13 (Worte zum Beten und zur Gebetserhörung).
Vers 13 ist ein überraschender Schluss dieser Reihe. Der Heilige Geist kommt als verheißene und erbetene Gottesgabe in Sicht. Und es steckt darin indirekt auch die Antwort auf die Frage, wie es sich mit vielen unerhörten Gebeten verhält. Jesus verweist auf die Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Eltern werden ihren Kindern nicht unbedingt geben, was diese erbeten hatten. Aber sie werden ihnen Gutes geben. Ebenso ist es mit dem Himmlischen Vater. Er wird den Glaubenden Gutes geben – wenn er auch nicht alle konkreten Bitten erfüllt. Er verheißt die Gabe des Heiligen Geistes. Auf diesen Gedanken lege ich in meiner Auslegung den Schwerpunkt.
Der Sonntag Rogate gehört zur Osterzeit. Mit diesem Predigttext schauen wir schon ein wenig voraus auf das Pfingstfest.
Die Erfahrung des Bittens und die Erfahrung, um etwas gebeten zu werden, sind zutiefst menschliche Erfahrungen. Es lohnt sich, sie genauer zu betrachten. In unserer Zeit verschwindet der Mut zum Bitten immer mehr. Dienstleistungen werden gewöhnlicherweise bezahlt. Oder sie werden – z.B. im familiären Kontext – als selbstverständlich genommen und eingefordert. Ich möchte zeigen, dass Bitten durchaus riskant ist. Doch das Wagnis lohnt. Denn es verbindet uns Menschen, wenn wir einander etwas bitten. Und es verbindet uns mit Gott, wenn wir uns im Gebet an ihn wenden.
I. Bitten ist riskant
II. Bitten würde das Leben einfacher machen
III. Bitten schafft Verbindung
IV. Gott will auch gebeten werden
V. Gebetserhörung nicht garantiert!
VI. Gute Eltern geben ihr Bestes
VII. Gott gibt uns sein Bestes
VIII. Wie kann ich diese Kraft anzapfen?
IX. Beharrlichbitten um Gottes Geist
Ich möchte den Hörer/innen Mut machen zum Bitten und Beten.
I. Bitten ist riskant
Liebe Gemeinde,
Bitten ist etwas Anderes als Kommandieren. Kommandieren heißt: »Du musst es tun, aber plötzlich. Wehe, wenn nicht ...!« Bitten ist anders. »Ich bitte dich…«. Wenn man so etwas sagt, weiß man, dass der andere auch nein sagen könnte. »Nein, es geht leider gerade nicht«. Oder: »Was du brauchst, kann ich dir leider nicht geben.« Dieses Risiko ist drin. Es kann sogar eine wüste Antwort kommen. Bitten ist wirklich riskant. Zum Bitten brauchen wir Mut und Vertrauen. Wir zeigen uns dabei mit unserer Bedürftigkeit. Wir zeigen uns damit als die, die nicht alles alleine können. Jesus weiß das natürlich. Er weiß, wie scheußlich man sich dabei fühlen kann, wenn man um etwas bitten muss. Trotzdem sagt er: »Bittet!« »Bittet, so wird euch gegeben.«
II. Bitten würde das Leben einfacher machen
Im Grunde ist das Bitten ganz einfach. Meistens genügt ein schlichtes Wort. Und manchmal wird eine Situation unnötig schwierig, bloß, weil jemand nicht bitten kann. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen bei einem Festessen am reichlich gedeckten Tisch. Ihr übernächster Nachbar
lädt sich seinen Teller voll mit Spätzle und Fleisch. Er schaut nach der Soße. Die steht bei Ihnen. Sie haben nicht gesehen, dass er sie braucht. Aber plötzlich ist da ein ganz langer Arm vor Ihnen, der Hemdärmel beinahe in Ihrem Teller, der Daumen gefährlich nahe an Ihrem Weinglas. Der Tischgenosse angelt sich die Soße selbst. Nehmen wir mal an, es geht gerade noch gut. Vielleicht auch nicht. Aber bestimmt wäre es einfacher gewesen, er hätte was gesagt.
III. Bitten schafft Verbindung
Im Grunde ist es schön, um etwas gebeten zu werden. Es heißt ja: Der andere traut mir was zu. Er sieht mich mit dem, was ich kann. Er achtet mich. Er hat Vertrauen zu mir. Das ist etwas Schönes. Sogar Kinder und Jugendliche freuen sich meistens, wenn sie um etwas gebeten werden. Es heißt: Man traut ihnen etwas zu. Wohlgemerkt: Kommandieren ist unangenehm. Kommandoton ruft Trotz hervor. Aber gebeten werden ist schön. Und nachher die Freude ernten und den Dank: Das ist besonders schön. Bitten und eine Bitte erfüllen: Das schafft eine gute Verbindung zwischen Menschen. Und so leben wir miteinander auf gute Weise. Mal sind wir diejenigen, die bitten. Manchmal sind wir diejenigen, die anderen was zuliebe tun. Mal tun wir genau das, um was wir gebeten worden sind. Mal schlagen wir etwas anderes vor. Etwas, was uns gerade möglich ist. Eine Lösung, die uns in den Sinn kommt. So hängen wir als Menschen zusammen. Und das ist gut so. Bitten und gebeten werden sind Gegenmittel gegen die Isolation. Sie schaffen Verbindung.
IV. Gott will auch gebeten werden
Gott will auch gebeten werden. »Er lässt sich gar nichts nehmen, es muss erbeten sein.« Gott ist kein Dienstbote und kein Befehlsempfänger. Er tut uns gerne was Gutes. Aber nur, wenn wir darum bitten. Zu große Bescheidenheit ist fehl am Platze. Denn wenn wir Gott nicht bitten, dann ist es so, als ob wir nichts von ihm halten und ihm nichts zutrauen. Es ist, als ob wir ihn links liegen lassen, nach dem Motto: »Ich bin selber groß.« »Ich schaff das schon.« Wir machen es uns unnötig schwer durch unseren Stolz und durch unsere übergroße Bescheidenheit. Gott lässt sich gerne bitten.
V. Gebetserhörung nicht garantiert!
Und trotzdem ist auch ein Risiko dabei. Es kann sein, dass Gott uns nicht gibt, was wir bitten. Oder er gibt es nicht sofort. Ob es die neue Stelle ist, die wir uns gewünscht hatten. Heilung von einer Krankheit. Gutes Wetter fürs Fest. Ein Kind. Es kann sein, dass wir es nicht bekommen trotz inständiger Bitten. Das ist schwer zu ertragen. Wir fragen uns dann, ob Gott uns denn wirklich liebt. Ob er uns wirklich hört und sieht oder ob er nur eine Einbildung ist. Unerhörte Gebete sind nicht so leicht zu verkraften.
Jesus weiß, wie schwer das für uns ist. Wie schwer wir an unerhörten Gebeten tragen. Darum stellt er eine wichtige Frage. »Wie ist das mit euch und euren Kindern? Gebt ihr ihnen immer genau das, um was sie gebeten hatten?«
VI. Gute Eltern geben ihr Bestes
Wenn Sie zurückgehen in Ihren Erinnerungen, dann wird Ihnen wahrscheinlich mindestens ein Beispiel dafür einfallen. Ihr Kind oder Enkelkind hat sich etwas gewünscht. Und Sie haben es nicht gegeben, mit Absicht nicht. Sie wollten ihm etwas Besseres geben.
Denn sein Wohlergehen lag Ihnen am Herzen. Die spontane Enttäuschung mussten Sie in Kauf nehmen. Die Wut und den Trotz vielleicht auch. Aus Liebe haben Sie das in Kauf genommen und standgehalten. »Der Krimi ist nichts für dich. Nein, den darfst du nicht anschauen. Komm, wir machen lieber stattdessen ein Spiel zusammen. Auf was hast du Lust?« »Schokolade ist nicht gut für deine Zähne. Komm, nimm lieber den Apfel oder die Apfelsine. Ich schäl sie dir auch.« Gedankenlose Eltern erfüllen alle Wünsche, nur damit sie ihre Ruhe haben. Liebevolle Eltern tun das nicht. Sie geben nicht immer genau, was das Kind gebeten hatte. Aber bestimmt geben sie nicht einen Skorpion anstatt einem Ei oder eine Schlange anstatt dem Fisch. Sie geben dem Kind etwas Gutes. Sie geben sogar das Beste, was sie haben.
VII. Gott gibt uns sein Bestes
Ebenso ist es bei Gott. Wenn wir ihn bitten, gibt er uns etwas Gutes. Er gibt uns das Beste, was er hat. Er gibt uns den Heiligen Geist.
Was ist der Heilige Geist? Es ist die Gotteskraft. Sie ist unsichtbar. Aber sie ist stark und dynamisch. Sie verwandelt uns. Sie gibt uns Mut. Sie bringt uns in Schwung und holt uns heraus aus der Starre. Sie bringt uns in Verbindung mit anderen. Sie hilft uns, einander zu verstehen und einander zu achten und zu vergeben. Sie bringt uns auf neue Ideen und Gedanken. Sie zeigt uns neue Wege. Wunderbare Gotteskraft. Niemand braucht für immer steckenbleiben in den alten Erfahrungen und in den eingefahrenen Denkmustern. Der Heilige Geist kann uns verwandeln. Er kann uns beflügeln und beleben, trösten und stark machen. Er hilft uns, schwere Zeiten durchzustehen. Er hilft uns, trotz Enttäuschungen weiterzuleben. Wunderbare Kraft.
VIII. Wie kann ich diese Kraft anzapfen?
Eine Frau fragt: »Wie kann ich diese Kraft anzapfen? Gibt es dafür einen Trick? Gibt es eine Formel oder eine Übung dafür?« Sie merkt, wie sehr sie diese Gotteskraft braucht in ihrer augenblicklichen Lage. Sie würde alles dafür tun, um diese Kraft zu bekommen. Manche Leute behaupten ja tatsächlich, sie hätten einen Trick dafür, ein Geheimrezept, ein Programm. Gegen gutes Geld könnte man das bei ihnen lernen, behaupten sie. Aber wir wissen, dass das nur Geschäftsideen sind. Leutefängerei. Jesus hat uns gesagt, wie wir die Gotteskraft bekommen. »Bittet, so wird euch gegeben.« So schlicht geht es: Darum bitten. Gott darum bitten. Beten. Mehr ist nicht erforderlich. »Wer da bittet, der empfängt.« Diese Verheißung gilt. Sie gilt uns. Und allen, die uns danach fragen. Wir werden es ihnen nicht verheimlichen. »Bittet, so wird euch gegeben.« Mehr braucht es nicht.
IX. Beharrlich bitten um Gottes Geist
Darum: Beten wir um Gottes Geist. Heute und morgen und immer wieder. Mit großer Beharrlichkeit. Wir brauchen ihn so nötig wie das tägliche Brot. Beten wir, dass er uns Verständnis und Liebe füreinander schenkt. Neue Ideen, neue Wege. Einen guten, festen Glauben. Den Mut, zu unserer eigenen Bedürftigkeit zu stehen und auch die Bedürftigkeit der anderen zu sehen. Beten wir darum. Und empfangen wir voller Dankbarkeit, was Gott uns schenkt. Amen.
Verfasserin: Pfarrerin i. R. Gabriele Koenigs, Schmiedgasse 13, 75385 Bad Teinach-Zavelstein, koenigsgabriele(at)gmail.com
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