Menü

Beten im Namen Jesu

von Dagmar Diehl (Bodenheim)

Predigtdatum : 10.05.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : Johannes 16,23b-28.(29-32).33
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:
"Gelobt sei der Herr, der mein Gebet nicht verwirft, noch seine Güte von mir wendet." (Psalm 66, 20)
Psalm: 95, 1 - 7

Lesungen
Altes Testament: 2. Mose 32, 7 - 14
Epistel: 1. Timotheus 2, 1 - 6 a
Evangelium: Johannes 16, 23 b - 28 (29 - 32) 33

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 161, 1 – 3 Liebster Jesu, wir sind hier
Wochenlied: EG 133, 1 + 5 + 6 oder EG 625, 1 - 3 Zieh ein zu deinen Toren oder Wir strecken uns nach dir
Predigtlied: EG 328, 1 + 2 + 5 + 6 Dir, dir, o Höchster will ich singen
Schlusslied: „Vater, unser Vater…“ oder EG 369, 1 - 3 + 7 (T: Christoph Zehendner, M: Hans-Werner Scharnowski) oder Wer nur den lieben Gott läßt walten

Begrüßung
„Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft, noch seine Güte von mir wendet“ - mit diesen Worten aus Psalm 66, - dem Wochenspruch für die neue Woche - begrüße ich Sie alle ganz herzlich zu unserem Gottesdienst.
Unser Sonntag heute trägt den lateinischen Namen „Rogate“ d. h. übersetzt: „Betet“.
Dieser Aufforderung werden wir heute im Gottesdienst nachkommen, wenn wir uns im Gebet an Gott wenden. Ich wünsche uns dabei das Vertrauen des Psalmbeters, dass Gott uns hört und sich unserer annimmt.

Predigt

Liebe Gemeinde,
der Predigttext für den heutigen Sonntag Rogate steht im 16. Kapitel des Johannesevangeliums, in den Versen 23 - 28 und 33.

Bevor Jesus diese Welt verlässt und zu seinem himmlischen Vater zurückkehrt, nimmt er Abschied von seinen Jüngern. Er spricht zu ihnen folgende Worte:

Verlesung des Predigttextes

Liebe Gemeinde,
was ist Ihnen von unserem Predigttext in Erinnerung geblie-ben? Wahrscheinlich der letzte Satz:
„In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“

Dieser Satz enthält den stärksten Trost. Einen doppelten Trost: Zum einen: Angst zu haben darf sein, denn sie gehört zu unserem Dasein in dieser Welt dazu.

Zum anderen: Diese Angst wird nicht das letzte Wort haben.
„In der Welt habt ihr Angst.“ Jesus sagt klar und deutlich, was ist. Wer wirklich in der Welt lebt, wer beteiligt miterlebt, wie die Welt immer wieder erschüttert und aufgerieben wird, der empfindet auch Angst. Das bleibt keinem erspart. Wer mit wachen Sinnen und fühlendem Herzen in der Welt lebt, dem kann ja auch wirklich angesichts mancher Ereignisse angst und bange werden.

Da gibt es
- die Angst angesichts der weltweiten kriegerischen Kon-flikte, (hier können aktuelle Geschehnisse genannt wer-den)
- oder die Angst, die darin wurzelt, dass es heute, anders als früher, viel weniger Kontinuität im Leben gibt: Beruf, Partner/in, Wohnort sind keine festen, verlässlichen Grö-ßen mehr;
- und schließlich die ganz unterschiedlichen Ängste, die je-der von uns mit sich herumschleppt.

Es gibt ganz verschiedene Arten von Angst.
- Es gibt die Angst, die einen klaren Gegenstand oder Aus-löser hat, aber auch die diffuse Angst, deren Ursachen wir nicht kennen und nur schwer ergründen können.
- Es gibt die Angst vor Ereignissen mit weltweiter Bedeu-tung und die Angst vor Ereignissen, die nur für einen Ein-zelnen oder eine kleine Gruppe von Bedeutung sind, wie z. B. bei den Jüngern Jesu das Ereignis des Abschieds von ihrem Herrn und Meister.

Viele Menschen in unserer Gesellschaft haben Angst. Manche von ihnen macht die Angst sogar krank. Trotzdem ist Angst noch kein gesellschaftlich akzeptiertes Phänomen. Mit anderen Gefühlen oder Krankheiten gehen wir wesentlich offener um. Angst wird dagegen immer noch in Verbindung gebracht mit persönlicher Schwäche und der mangelnden Fähigkeit, sein Leben zu bewältigen.

Doch Angst zu haben, gehört zu unserem Menschsein. Nicht umsonst zieht im Märchen einer aus, um das Fürchten zu lernen. Wer dagegen Angst nie zulässt, weil er sich dafür selbst verachtet oder schämt, oder wer beängstigende Situ-ationen meidet, der nimmt sich selbst die Möglichkeit an diesen Situationen zu wachsen und sich als Mensch weiter-zuentwickeln.

„In der Welt habt ihr Angst“ so stellt Jesus fest. So ist es und so gilt es auch für uns Christen. Es gibt Ereignisse, Ge-gebenheiten, Situationen, die uns ängstigen. Das ist eine Tatsache, der wir uns stellen müssen, die ernst genommen und ausgehalten werden will. Wie aber kann das gesche-hen?

Bestimmte Ängste können wir mit dem Verstand angehen. Sie lassen sich mildern durch Analyse, Einordnung, Bewer-tung, Information. Ängste vor allem Fremden z. B., die ge-speist werden durch Unkenntnis und Vorurteile. Solche Ängste lassen sich überwinden, indem man Bewusstseinsbil-dung und Aufklärung betreibt.

Bei anderen Ängsten geht das nicht:
- Etwa bei der Angst vieler Menschen unserer Zeit, ob wir es als Menschheit schaffen werden, unsere technischen Errungenschaften verantwortlich einzusetzen, ohne die Welt damit zu zerstören

- Oder die Angst vor den sich verschärfenden sozialen Ge-gensätzen in unserer Gesellschaft, die für viel Zündstoff sorgt.

Dieser Angst kommen wir nicht so schnell bei.

Da gibt es keine Heilung durch Aufklärung, im Gegenteil: gerade die nüchterne Einschätzung der Lage muss in vielen Fällen dieser Angst recht geben.

- Auch der Todesangst angesichts einer schweren Krankheit oder einer bevorstehenden Operation ist nicht mit vernünftigen Argumenten beizukommen, etwa mit den hohen Erfolgsaussichten einer Behandlung oder der Kom-petenz der Ärzte.

- Genauso wenig den diffusen Ängsten, deren Gründe wir gar nicht so genau kennen.

Wie ist es möglich, diese Ängste zuzulassen, sie nicht zu verdrängen und dabei dennoch zuversichtlich und getrost zu sein, wie es im zweiten Teil dieses letzten Verses heißt: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost…“?

Gegen die Angst der Jünger im Moment des Abschieds stellt Jesus das Gebet. Er legt ihnen und uns allen nahe, mit un-seren Ängsten nicht allein zu bleiben, sondern uns Gott an-zuvertrauen, um uns dadurch wenigstens ein Stück weit von unserer Angst befreien zu können. Er ermutigt uns dazu, die Verbindung zu Gott zu suchen und zu pflegen, seelische und geistige Verbindung.

Jesus legt uns das Beten ans Herz. Beten heißt: in Verbin-dung treten mit ihm und mit Gott und in Verbindung bleiben. Für die Jünger bedeutet dies, dass sie trotz äußerem Getrenntsein von Jesus innerlich nicht allein bleiben. Das Beten schafft Nähe und innere Verbundenheit. Beten über-windet die Distanz, überwindet den Abschiedsschmerz und mildert die Angst.

Jesus gibt seinen Jüngern dabei keine Anleitung zum Beten. Aber er betont immer wieder eine Sache: Das Beten in sei-nem Namen. Vielleicht ist Ihnen das beim Hören des Textes aufgefallen, dass gleich dreimal die Redewendung gebraucht wird: „In meinem Namen sollt ihr beten.“

Was meint Jesus damit?

In seinem, in Jesu Namen, beten wir, wenn wir so beten, wie er es uns vorgelebt hat:
- wenn also sein Vertrauen zu Gott auch unsere Ge-betshaltung mitprägt;
- wenn seine Offenheit für das, was Gott ihm antwor-tet, auch unser Gebetsverständnis bestimmt.

Vertrauen und Offenheit. Beides wird sichtbar im zweitwich-tigsten Gebet Jesu nach dem Vater-unser – in seinem Gebet im Garten Gethsemane. Dort wendet er sich Gott, seinem himmlischen Vater zu, voller Angst vor dem Leidensweg, der ihm bevorsteht und zugleich voller Vertrauen, dass Gott sein Gebet erhört und ihm beisteht.

Jesus ringt mit Gott, bittet ihn inständig, dass er den Kelch des Leidens an ihm vorüber gehen lässt. Er lässt Gott teil-haben an seiner Verzweiflung und Todesangst. Und am Ende dieses inständigen Gebets ist er offen und bereit für alles, was auf ihn zukommt; ja selbst für das, was Gott ihm an Schwerem auferlegt.

„Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe“ so betet Jesus. Er legt sein Leben vertrauensvoll in Gottes Hand und ist zugleich offen für Gottes Beistand für den vor ihm lie-genden Weg.

Vertrauen und Offenheit, das ist Beten im Namen Jesu.
- Offenheit für die Hilfe, die Gott schenkt,
- Offenheit für die Wunder, die Gott wirken kann,
- Offenheit für die Erfahrung, dass Gott zwar nicht immer die Not selbst wendet, aber uns und unseren Umgang mit ihr wandelt.

Vertrauen und Offenheit – das zeichnet das Gebet im Namen Jesu aus.

Beten im Namen Jesu das heißt zum anderen – paradoxer-weise - auf ihn als Mittler verzichten zu können. In unserem Text heißt es:

„Ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will, denn er selbst, der Vater hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.“
Beten im Namen Jesu heißt also: sich der Liebe Gottes ge-wiss sein können. Wir brauchen keinen Protegé, keinen Für-sprecher, der bei Gott für uns eintreten und zu unseren Gunsten sprechen muss. Wir sind ja schon von ihm ange-nommen, erhört, geliebt, weil wir Jesus und damit Gott selbst schon verbunden sind. Wir brauchen keine Vermitt-lung, sondern können uns an das halten, was Jesus hier zu uns sagt: „Er selbst, der Vater hat euch lieb.“ Bekommt man da nicht Lust zum Beten?

Und schließlich schafft das Gebet im Namen Jesu auch Ver-bindung untereinander, zwischen uns, die wir hier im Got-tesdienst zusammen sind. Es verbindet uns zur Gemein-schaft der Christen hier vor Ort in unserer Gemeinde und es stellt uns hinein in die weltweite Christenheit.

Deshalb hat jedes Gebet im Namen Jesu immer auch das Wohl der ganzen Gemeinschaft im Blick. Es gibt nicht nur „Gott für mich“ und „Gott für dich“, sondern Gott für uns alle. Das Beten im Namen Jesu verbietet es also Einzelnen oder Gruppen, für ihre nationalen, ökonomischen oder kon-fessionellen Vorteile zu beten.

Beten im Namen Jesu muss offen sein für die Hoffnungen und Ängste der gesamten Gemeinschaft. Im Namen Jesu darf man zwar für sich beten, aber eben nicht egoistisch beten. Und deshalb gibt es Dinge, um die es sich in seinem Namen nicht beten lässt. Eben all die Dinge, die zu unserem eigenen Nutzen einem anderen schaden würden.

Dies alles bedeutet: Beten im Namen Jesu.
Und wenn wir in seinem Namen beten, dann beten wir im Namen dessen, der uns mit Vollmacht zusagt: „Seid getrost: Ich habe die Welt überwunden!“

Wir haben sie noch nicht überwunden. Zu viel Angst zwingt uns die Welt noch auf, als dass wir sie schon für überwun-den erklären könnten. Aber unser Glaube und unsere Gebete im Namen Jesu sorgen dafür, dass die Welt auch uns nicht mehr überwinden kann. Das ist das Entscheidende!

Im 1. Johannesbrief steht geschrieben: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ Es ist der Sieg des Glaubens, noch nicht des Schauens, noch nicht des Sichtba-ren. Es ist noch die Zeit des Abschiednehmens und nicht des Wiedersehens.

Gerade deshalb gilt auch heute immer noch die Aufforde-rung, die Jesus seinen Jünger damals in dieser schweren Stunde mit auf den Weg gegeben hat:
„Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bit-tet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei.“

Die vollkommene Freude ist uns verheißen, da ist sie noch nicht. Allzu oft sitzt uns noch die Angst im Nacken, die - wie gesagt – verschiedene Gründe und Erscheinungsweisen ha-ben kann. Aber ich denke, wir spüren schon einen freudi-gen Anklang, wenn es uns gelingt, in Jesu Namen zu beten, so wie ich es eben beschrieben habe.

Als wir vor vielen Jahren im Kirchenvorstand beschlossen haben, unsere Kirche tagsüber immer offen zu lassen, da hatte das seinen Grund auch darin, dass wir unser Gottes-haus für Gebete öffnen wollten. Seitdem kommen immer wieder Menschen hierher zum Beten. Wir sehen das an den Eintragungen in unserem Gebets- und Gästebuch. Und ich lade Sie alle ganz herzlich ein, das auch zu tun: Im Alltag einmal innezuhalten, zur Ruhe zu kommen, zu beten, ohne vom Telefon, der Klingel, dem Computer oder von sonst wem gestört zu werden.

Vielleicht spüren Sie dabei schon etwas von der Freude, die uns verheißen ist. Und vielleicht erfahren Sie dabei ja auch das, was ich eben beschrieben habe: Beten hilft, Angst zu mildern, mit mehr Zuversicht durchs Leben zu gehen und dadurch Frieden zu finden.
Am Ende seiner Rede an die Jünger, am Ende seiner Einla-dung zum Beten in seinem Namen sagt Jesus: „Dies alles habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt.“
Nicht Angst, Unruhe und Zerrissenheit, sondern Gelassenheit, Ruhe und Frieden sind uns verheißen.

Mögen uns unsere Gebete in Jesu Namen diesen Frieden schenken:
Den Frieden, der höher ist als alle unsere Vernunft und der unsere Herzen und Sinne bewahre in Jesus Christus, unse-rem Herrn. Amen

Verfasserin: Pfarrerin Dagmar Diehl
Kirchsteig 21, 55294 Bodenheim

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich (Bestellformular).