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Beten im Namen Jesu

von Angela Rinn (55124 Mainz)

Predigtdatum : 17.05.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : Johannes 16,23b-28.(29-32).33
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Wochenspruch:

Gelobt sei der Herr, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. (Psalm 66, 20)

Psalm: 95, 1 – 7 oder 118 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 32, 7 - 14
Epistel:
1. Timotheus 2, 1 – 6a
Evangelium:
Johannes 16, 23b – 28(29 – 32)33

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 161
Liebster Jesu, wir sind hier
Wochenlied:
EG 133
Zieh ein zu deinen Toren
Predigtlied:
EG 328
Dir, dir, o Höchster, will ich singen
Schlusslied:
EG 369, 7
Sing, bet und geh auf Gottes Wegen

Vorbemerkung:
Die Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium sind das Verbindungsstück zwischen dem Wirken Jesu und der Passionsgeschichte. Der Abschnitt, der am Sonntag Rogate gepredigt wird, schließt die Reden ab, es folgt das Gebet Jesu für die Jünger.
Johannes richtet sich an Christen, die in einer bedrohlichen Umgebung leben. Das Evangelium selbst provoziert die Feindschaft der Welt. Kein Wunder, dass die Menschen Angst haben. Doch in ihrer Angst sind sie nicht allein. Der Heilige Geist, „Tröster“ heißt er im Johannesevangelium, verbindet sie miteinander und mit Gott, wie bedroht, angefeindet, gefährdet sie auch sein mögen, wie sehr auch ihr Leben in Frage stehen mag.
Das griechische Wort, das in V. 26 mit „bitten“ übersetzt ist, müsste eigentlich mit „fragen“ übersetzt werden. Der gesamte Predigttext spielt mit der engen Verbindung zwischen „Frage“ und „Gebet“. Beide Worte können ineinanderfallen, Beten kann Fragen sein und umgekehrt.

Jesus Christus spricht:
23 An dem Tag werdet ihr mich nichts fragen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben. 24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sei.
25 Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Zeit, daß ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. 26 An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten will; 27 denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, daß ich von Gott ausgegangen bin. 28 Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.
29 Sprechen zu ihm seine Jünger: Siehe, nun redest du frei heraus und nicht mehr in Bildern. 30 Nun wissen wir, daß du alle Dinge weißt und bedarfst dessen nicht, daß dich jemand fragt. Darum glauben wir, daß du von Gott ausgegangen bist. 31 Jesus antwortete ihnen: Jetzt glaubt ihr? 32 Siehe, es kommt die Stunde und ist schon gekommen, daß ihr zerstreut werdet, ein jeder in das Seine, und mich allein laßt. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir. 33 Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Es gibt Momente im Leben, da ist alles fraglos richtig. Große Momente können das sein, vielen Menschen geht es am Tag der Geburt eines Kindes so. Dann ist alles, ohne Frage, richtig. Und es gibt diese kleinen, nach außen hin vielleicht unscheinbar wirkenden Momente: Ein Abend am Rhein, die Sonne geht unter, Kinder füttern Enten, keine Frage, das ist ein kleines großes Stück Himmel auf Erden.
Oder – der Blick in die Augen eines Menschen, der dich liebt, und du weißt, dass du keine Angst haben brauchst, nicht fragen musst nach Sicherheit und Garantie.
Es gibt Momente im Leben, da ist alles fraglos richtig. In diesen Augenblicken öffnet sich der Himmel. Das kann nach außen hin beeindruckend geschehen oder ganz unauffällig. Und es ist, als ob ich neben meinem Herrgott stehe, am Beginn der Schöpfung, und alles, was gesagt werden kann, ist: Siehe, es ist sehr gut. Fraglos gut. Dann brauche ich nicht zu fragen.
Jesus spricht zu Menschen, die viele Fragen haben. Fragen in einer Welt, die bedrohlich ist, die Angst macht, ihr Maul vor Hass weit aufsperrt. Er spricht zu Menschen, die vieles nicht verstehen – und die, wenn sie zu verstehen meinen, ihr Unverständnis damit noch unterstreichen. Manchmal scheint das selbst ihn an das Ende seiner Geduld zu bringen, so dass ihm nur noch Ironie bleibt: „Jetzt glaubt ihr?“. Er hat in einer langen Rede ausführlich versucht, den Seinen den Himmel und die Erde zu erklären, und sie begreifen einfach nicht. Schlimmer noch, sie meinen zu begreifen, wie eifrige, aber wenig begabte Schüler, die ihrem Lehrer mit falschen Antworten auf den Wecker gehen.
Ironie kann auch bitter sein, zumal kurz vor der Bitternis des Kreuzes und des Todes. Doch so höre ich Jesus nicht. Noch ironisch bleibt Jesus liebevoll. Er hat uns die Tür einen Spaltbreit geöffnet, so dass wir einen Blick erhaschen können in eine Dimension, die uns eigentlich noch verschlossen ist. Die Zeiten fallen zusammen, die Ewigkeit öffnet sich im Augenblick. Wenn wir meinen, wir hätten diesen Augenblick ausgemessen und erfasst – wie anders als spöttisch könnte er auf diesen Größenwahn antworten.
Klarer Fall, die Jünger sind noch nicht am Punkt angelangt, an dem es keine Fragen mehr gibt – auch keinen Lehrer, der gefragt werden muss. Es braucht den Tröster, den Heiligen Geist, der ihnen Augen und Herzen und Verstand öffnet. Von sich aus können sie das nicht. Von sich aus sind sie zerstreut, nach außen und nach innen. Jetzt müssen sie noch fragen, nach dem Sinn dieser rätselhaften Rede, nach der Bedeutung der Bilder, nach der Welt und nach dem Himmel. Ihr Meister malt ihnen ein neues Bild vor Augen, das Bild von Menschen, die, geisterfüllt, wie selbstverständlich den Vater bitten, und der gibt ihnen, was sie bedürfen. Kein Wunder, dass das den Horizont der Jünger erst einmal sprengt. Eine atemberaubende Vorstellung, dass Mensch und Gott so miteinander sprechen. Ein Zustand wie zu Beginn der Schöpfung! Der Mensch, mit Gottes Geist belebt, ins Leben gehaucht, mit Worten, die sich formen aus dem Atem dieses Heiligen Geistes. Was so gesagt, gefragt, gebeten wird, das ist im Namen dieses Wortes, das die Welt erschuf, im Namen des Schöpfers, im Namen des Sohnes, im Namen des Heiligen Geistes.
Natürlich ist das, was dann gesprochen wird, die Sprache der Liebe, „denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.“
Wir können an Liebenden lernen, wie dieses Gespräch aussehen könnte. Da wird die Frage zum Liebesbeweis, zum Hinweis auf die Schönheit des Augenblicks. Es muss ein Gespräch sein, der Himmel auf Erden, so wie am Anfang der Welt das Gespräch steht: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei“. „Am Anfang war das Wort“, weiß das Johannesevangelium. Das Wort, das bei Gott war und Gott selbst war das Wort. Noch die schweigenden, staunenden Augenblicke sind dabei Austausch. Das Gegenteil der Liebe ist das schweigende Nebeneinanderher, das nicht mehr fragt, sich nicht mehr interessiert, keine Worte findet. Es ist die Hölle auf Erden, wenn Menschen keine Worte mehr füreinander finden, noch nicht einmal zornige, wenn kein Interesse mehr füreinander da ist, nur stumme Gleichgültigkeit. Auch so wird nichts mehr gefragt. Göttlich ist es nicht.
Göttlich ist, wenn die Frage aus liebevollem Herzen kommt und sich dem Geliebten anvertraut, wenn sie ohne Arg und ohne Angst fragt, frei und offen. Es ist natürlich, dass sie beantwortet wird, alles andere wäre widernatürlich, widergöttlich.
Ein göttliches Frage- und Antwortspiel, ein himmlisches Bild – und wieder reden wir in Bildern, weil die Wirklichkeit sich dagegen sperrt. Eine Wirklichkeit, in der immer wieder ängstlich geschwiegen und ängstlich gefragt wird, in der aus Fragen Unverständnis spricht und aus Antworten Dummheit. Fern sind wir, dem Anfang der Schöpfung, als alles gut war – fern unserem Gott? Nicht, solange sich unser betendes Fragen an ihn wendet!
Wie wird es sein, wenn der nicht mehr da ist, der uns die Welt erklärt und den Himmel öffnet? Wie können wir leben ohne seine Bilder, ohne seine heilvolle Gegenwart, ohne seine Liebe? Die Bangigkeit der Jünger schwebt im Raum. „Wer bin ich ohne den, der gegangen ist“ – die angstvolle Frage der Angehörigen, die um einen Menschen trauern. Ihr habt nun Traurigkeit – wie wahr! Die verheißene ewige Freude ist so fern, nah dagegen die Rätsel, der Schmerz. Wer bin ich ohne sein Du?
Es ist das Leben in einer Zwischenzeit. In der Welt und doch nicht von dieser Welt, mit Augenblicken naher Ewigkeit und Zeiten großer Trauer. Mit erdenschweren Flügeln und jubelnder Freude im Herzen. Mit dem Geschmack des Himmels auf der Zunge und mit Rätseln im Kopf. Lass dich trösten über dich selbst: Du bist nicht allein.
„In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Er hat sie nicht für sich überwunden, sondern für uns, seine in unseren Fragen und merkwürdigen Antworten verstrickten Kinder, die er mit seinem tröstlichen Heiligen Geist erfüllen will und erfüllt. So dass wir, manchmal zu unserem eigenen Erstaunen, zu den richtigen Fragen finden. Und auf diese Fragen wahre Antworten.
Sicher – oft genug frage ich wie ein Kind, das keine Ahnung hat. Oder finde Antworten, von denen ich überzeugt bin und sie sind doch unmündig und unvernünftig.
Und dann gibt es da noch diese kostbaren Augenblicke, in denen ich nur eine Frage stellen kann: Ist es nicht einfach schön? Und die Antwort darauf, manchmal mitten in der Angst, vor dem aufgerissenen Maul der Welt, kann nur lauten: Ja, es ist schön, trotz allem, gerade so, wie es ist, göttlich schön! Das ist ein Gebet. Und siehe, es ist sehr gut.

Verfasserin: Pfarrerin Dr. Angela Rinn-Maurer, Eleonorenstr. 31, 55124 Mainz, E-Mail: rinn-maurer@t-online.de

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