Beten im Namen Jesu
von Wolfdietrich Rasp (Pirmasens)
Predigtdatum
:
06.05.2018
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Kantate
Textstelle
:
Kolosser 4,2-4.(5-6)
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Wochenspruch:
"Gelobt sei der Herr, der mein Gebet nicht verwirft, noch seine Güte von mir wendet." (Psalm 66, 20)
Psalm: 95, 1 - 7
Lesungen
Reihe I: Johannes 16, 23 b - 28 (29 - 32) 33
Reihe II: 1. Timotheus 2, 1 - 6 a
Reihe III: Lukas 11, 5 – 13
Reihe IV: Kolosser 4, 2 - 4 (5 - 6)
Reihe V: Matthäus 6, (5 - 6) 7 - 13 (14 - 15)
Reihe VI 2. Mose 32, 7 14
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 294 Nun saget Dank und lobt den Herren
Wochenlied: EG 344 Vater unser im Himmelreich
Predigtlied: EG 166, 1 – 4 + 6 Tut mir auf die schöne Pfor-te
Schlusslied: EG 168, 4 - 6 Du hast uns, Herr, gerufen
Predigttext Kolosser 4, 2 – 4
Ermahnung zum Gebet und zum rechten Wort
2 Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksa-gung!
3 Betet zugleich auch für uns, auf dass Gott uns eine Tür für das Wort auftue und wir vom Geheimnis Christi reden kön-nen, um dessentwillen ich auch in Fesseln bin,
4 auf dass ich es so offenbar mache, wie ich es soll.
5 Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus.
6 Eure Rede sei allezeit wohlklingend und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt.
Liebe Geschwister in Christus,
da hilft nur noch Beten - diesen Spruch, diese Rede kennen Sie vielleicht noch aus Kindertagen, aus Situationen, in denen Eltern verzweifelt waren über …, in denen Schlimmes pas-siert ist oder einfach ganz viel Angst im Spiel war. Und die Geste dazu: Hände vors Gesicht, Hände zusammenschlagen, sich Abwenden. Verzweiflung. Ein Rettungsanker - das Ge-bet.
Heute steht das Gebet im Mittelpunkt dieses Sonntags. Er heißt lateinisch: Rogate - Betet.
So möchte ich Euch, liebe Mitchristinnen und Mitchristen ein-laden zu einem Spaziergang durchs Beten, zu einer Erkun-dungsreise ins Land des Gebets.
Wenn wir das Land betreten, merken wir es oft nicht. Wir betreten kein Neuland. Das Land des Gebets ist uns sehr vertraut. Die Schwelle ist niedrig. Ein „O Gott“, ein „o je“, kurze Gebete. Stoßgebete. Wir sagen das x-mal am Tag – vielleicht merken wir es gar nicht mehr.
Mein Kind/Enkelkind ist hingefallen, hat sich das Knie aufge-schlagen oder geschürft – „o je“.
Von (Euch) Jugendlichen bringt einer eine schlechten Note nach Hause: „O Gott“ sagen die wenig erfreuten Eltern.
Eine riesige Rechnung liegt im Briefkasten. Unerwartet. Ich öffne sie „ach du liebe Güte!“
Parkplatz für konkrete gemeindenahe Situationen
Beispiele, die sich beliebig ergänzen ließen. Jede und jeder von uns hat entsprechende Geschichten und Erlebnisse durchlebt.
Wir alle beten auf diese Weise jeden Tag. Wir beten mehr, als es uns eigentlich bewusst ist. Wir verbinden unser Er-staunen, unsere Überraschung, unser Entsetzen mit Jesus, mit Gott und seiner Güte. So betreten wir das weite Land des Gebets. Viele bleiben hier, an der Schwelle stehen, trau-en sich kaum weiter.
Kommt, liebe Geschwister in Christus, lasst uns sehen, was uns erwarten kann im Land des Betens.
Hinter uns liegt die Schwelle des Stoßgebets. Da stehe ich nun mit Menschen, die mir lieb und teuer sind. Gleich nach der Schwelle öffnet sich ein großes, tiefes, dunkles Tal. Scheinbar unpassierbar, kein Hindurchkommen! Ich habe Angst vor dem, was vor mir liegt. Ich bin wütend auf Men-schen, die einfach weggingen – innerlich und äußerlich. Sie haben mich verraten, sitzen lassen. Ich bin traurig über an-dere, die mir ein Stück voraus gingen. Aus Angst, Wut, Trauer, vielleicht auch aus Ratlosigkeit besteht das tiefe Tal vor mir. Unpassierbar scheint es. Ich sehe noch keinen Weg. Bin hilflos, wütend und traurig. Dem gebe ich eine Gestalt. Ich suche, finde Worte. Ich beginne zu klagen, zu weinen, zu schreien. Mein ganzer Frust gestaltet sich. Den übergebe ich Gott. Er hört mein Klagen. Er sieht meine Verzweiflung. Er spürt körperlich, wie es mir gerade geht. Indem ich klage, indem ich meinen Frust bei Gott ablade kann ich ganz fest darauf vertrauen: Er hört das. Er leidet mit. Er ist genauso unglücklich wie ich. In vielen Psalmen kann die betende Per-son sagen: Dennoch bleibe ich bei Dir, Gott. Ich weiß, Du trägst, hältst mich auch im finsteren Tal der Klage und des Frusts.
Wir gehen langsam, vorsichtig, ängstlich durch das dunkle Tal von Trauer, Frust und Wut. Aber ich gehe nicht allein. Andere gehen mit. Manche von ihnen sehe ich, sie sind nahe bei mir. Andere sind weiter weg. Vielleicht ahne ich, dass es sie gibt. Vielleicht kenne ich sie auch nicht. Ich weiß nur: ich bin nicht allein. Sie begleiten mich nicht nur mit stützender Nähe. Sie begleiten mich auch mit guten Worten. Ich höre sie, ich spüre sie. Viele von ihnen legen bei Gott ein gutes Wort ein. Sie beten für mich und andere, sie halten Fürbitte. Das ist genau das, worum Paulus die Gemeinde in Kolossai bittet: um Fürbitte. Sie mögen bei Gott ein gutes Wort einle-gen für ihn. Stellvertretend.
Bei Gott ein gutes Wort einlegen, in der Fürbitte Mitverant-wortung übernehmen – das tun wir, liebe Geschwister in Christus, jeden Sonntag im Gottesdienst
Parkplatz für Beispiele aus dem Gemeindeleben, z. B. Gebets-kreis/Friedensgebet …
Wenn wir für andere beten, nehmen wir einfach erstmal wahr: wie es Menschen geht - in unserer Gemeinde, in unse-rer Stadt, in unserer Welt. Wir spüren, wo sie der Schuh drückt, wo sie in Trauer leben oder Gefahren ausgesetzt sind, wo Missstände herrschen und Not. Das machen wir uns klar. In der Stille nennen wir Gott ihre Namen. Und die der Kranken an Körper, Geist, Seele. Wir legen für sie ein gutes Wort bei Gott ein. Wir denken vor Gott an die Opfer von Gewalt.
Wir halten Fürbitte und durchschreiten so mit denen im dunklen Tal der Trauer dieses dunkle Tal bis zum Ende. Wir geben der Realität ein anderes Gesicht. Trauer beginnt sich zu wandeln, Wut wird weniger und gewinnt eine andere Ge-stalt.
Immer wieder wird diskutiert, ob Beten tatsächlich was nützt, ob Gebet die Situation eines Menschen verändern kann, der in Not ist, krank, verzweifelt … Wissenschaftlich ist das nicht nachweisbar. Aber es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die entziehen sich wissenschaftlichen Beweisen. Die sind da, ohne dass wir das beweisen können wie die Wärme, die wir, liebe Mitchristinnen und Mitchristen, aus-strahlen. Fürbittend begleiten wir Menschen durch die dunk-len Täler von Klage und Trauer.
Dann liegt dieses dunkle Tal hinter uns. Vor uns öffnet sich ein weites Feld. Leicht geschwungene Hügel, ein laues Lüft-chen, Frühlingssonne, pollenfrei. Freundlich, einladend ist diese Gegend im Land des Betens. Hinter mir ahne ich die Schwelle des „oje“ und das dunkle Tal der Klage. „Gott sei Dank“ denke ich, höre mich schon wieder ein Alltagsgebet sprechen. Gott sei Dank – die kürzeste Form des Dankens. Ich gehe durch die herrliche Landschaft. Jetzt geht es mir gut. Ich freue mich, genieße. Wenn ich mich freue, wenn es mir gut geht, kann ich Gott, danke sagen, mich bei ihm be-danken.
Im Dankgebet blicke ich zurück, genieße die Gegenwart, freue mich auf die Zukunft. Es ist gut, hier zu sein, danke guter Gott. Mir wird bewusst, dass nichts in diesem Leben, dass nichts von dem, was mir an Gutem widerfährt, selbst-verständlich ist. Ich verdanke mich und mein Leben, ich ver-danke die Menschen, die mit mir den Alltag gestalten, die ich liebe, die mich lieben und die mir nahe sind dem Gott, der alles Leben liebt. Wir gehen weiter und vor die Sonne schie-ben sich dunkle Wolken. Sie verdunkeln unseren Weg durch die Ebene des Dankes. Da gibt es Situationen, die sind allem zum Trotz weniger schön, da leben Menschen in unserer Mit-te in Armut, da haben Kinder Hunger, auch nach Liebe und Respekt, da haben sich zwei gefunden und dunkle Wolken von Krankheit oder drohendem Verlust der Arbeit ziehen auf.
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Ja, dann kann ich Gott im gleichen Atemzug danken für das Gute. Auch das, was mich bedroht kann ich ihm ans Herz legen, es ihm und meinen mitbetenden Geschwistern anver-trauen. Die dunkle, bedrohliche Wolke wird sich verändern, vielleicht scheint ein wenig Licht hindurch, vielleicht zieht sie auch weg.
Wir verlassen die Ebene des Dankens, immer flacher wird das Land. Wir nähern uns der letzten Station unseres Weges, dem Strand. Sonne und Palmen, eine leichte Brise, traum-haft, idyllisch, wie Südsee, Urlaubsbilder aus‘m Reisepros-pekt. Wir erreichen das Land des Lobens und Preisens. Schön ist es, gut anzusehen, leicht auszuhalten – und den-noch fremdle ich ein wenig. Viele Menschen, die in ihrem Glauben fromm geprägt sind, fühlen sich hier sehr zu Hause. Sie loben, preisen und anbeten Gott, geben ihm die Ehre um seiner selbst willen, genießen dieses Land, diesen freundli-chen und warmen Strand sehr. Vielleicht, liebe Mitchristinnen und Mitchristen, vielleicht müssten wir dieses Land des Lo-bens und Preisens ein wenig mehr entdecken, vielleicht müssten wir uns tatsächlich aufmachen und hineinschnup-pern. Hier ist es gut sein, wir sind angekommen. Unser Weg endet hier.
Beten ist Reden mit Gott und hören formuliert ein neues Lied. Im Beten unterbreche ich mein Alltagsgeschäft. Ich falte die Hände, so dass sie nichts anderes tun können. Ich gehe durch das Land des Betens, werde stiller und stiller und höre auf das, was Gott mir antwortet.
So möchte ich Euch, liebe Geschwister in Christus, Mut ma-chen, Wege zu entdecken im Land des Betens.
Unterwegs begleitet uns der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft in Christus Jesus, Amen.
Verfasser: Pfarrer Wolfdietrich Rasp
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