Böses mit Gutem überwinden
von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)
Predigtdatum
:
23.06.2013
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
3. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Johannes 8,3-11
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Leitbild:
Böses mit Gutem überwinden
Wochenspruch:
"Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen." (Galater 6, 2)
Psalm: 42, 2 - 12
Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 50, 15 - 21
Epistel: Römer 14, 10 - 13
Evangelium: Lukas 6, 36 - 42
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 133, 1.2.7 Zieh ein zu deinen Toren
Wochenlied: EG 428 Komm in unsre stolze Welt
Predigtlied: EG 353, 1 - 4 Jesus nimmt die Sünder an
Schlusslied: EG 170 Komm, Herr segne uns
Predigttext Johannes 8,3 – 11:
Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten eine Frau, beim Ehebruch ergriffen, und stellten sie in die Mitte und sprachen zu ihm: Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. Mose aber hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst Du? Das sagten sie aber, ihn zu versuchen, damit sie ihn verklagen könnten.
Aber Jesus bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.
Als sie aber das hörten, gingen sie weg, einer nach dem anderen, die Ältesten zuerst; und Jesus blieb allein mit der Frau, die in der Mitte stand.
Und Jesus richtete sich auf und fragte sie: Wo sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt? Und sie antwortete: Niemand, Herr.
Und Jesus sprach: So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.
Liebe Gemeinde,
Gott ist der große Liebhaber des Lebens. Heilig ist alles, was dieser Liebe zum Leben entspringt und entspricht.
Sie hatte ihren Mann betrogen. Man hatte sie auf frischer Tat ertappt, sozusagen in flagranti. Nun schleppt man sie durch die Straßen. Sie ist vor Scham und Angst ihrer Sinne nicht mehr mächtig. Sie schreit und schlägt um sich Aber sie hat keine Chance im Griff der harten Männerfäuste. So schleppt man sie durch eine johlende Menge, die immer sofort zur Stelle ist, wo was los ist, wo´s kracht, wo die Fetzen fliegen. Hauptsache, ein anderer steht am Pranger und nicht man selbst.
Wo irgendetwas am Zusammenbrechen ist, vor allem Menschen, machen sich viele ein geradezu mordsmäßiges Vergnügen daraus, ihnen den letzten Stoß zu versetzen.
Die Männer, die den Zug anführen, sind hoch angesehen. Männer machen ja bekanntlich Geschichte, Frauen nur Geschichten. Sie wollen keine langen Geschichten machen mit dieser Frau. Ihnen geht es auch nicht um Randale und Sensation. Es geht um Recht und Gesetz, um Sitte und Moral. Wo kommt man da hin, wenn das um sich greift. Da muss hart durchgegriffen werden.
Schließlich braucht jeder etwas, was ihm heilig ist - und wenn es die Ehe nicht mehr ist, was denn dann?
Darum sind sie mit von der Partie - Gemeinderäte, Kirchenvorsteher, sogar der Pfarrer - Menschen, Männer, die noch darum wissen, dass man den Dingen nicht einfach ihren Lauf lassen kann. Der Schaum vor dem Mund der Geifer, die Lust an der Sensation, das ist nicht ihre Welt - das überlassen sie dem Mob, der sich angesammelt hat. Der kommt auch voll auf seine Kosten - denn allein schon der Aufzug der Frau, gerade aus dem Bett gerissen, lässt zwangsläufig tiefe Einblicke zu. Da muss man sich nicht nachts still durch die einschlägigen Programme zappen. Life ist eben live!
Der Zug mit der schreienden, weinenden Frau und den schweigenden, stummen Männern gelangt unversehens in die Nähe eines jungen Mannes. Er ist bekannt dafür, dass er gelassen bleibt, wenn alle verrücktspielen, wenn andere sich dick aufspielen, oder wenn sie den Buchstaben des Gesetzes und der allgemeinen Spielregeln so verkniffen ausleuchten, dass nichts Menschliches mehr übrig bleibt. Wo anderen schnelle Antworten und flotte Schuldsprüche zur Hand hatten, da fängt er meistens erst einmal an zu fragen.
Obwohl: Leben und leben lassen oder: Hauptsache Spaß - das sind nicht seine Devisen. Ganz schön scharf kann er manchmal sein: Wer eine Frau auch nur begehrlich ansieht, der hat schon Ehebruch am Hals - soll er gesagt haben.
Und nun stehen die Männer vor ihm. Der Tatbestand ist überaus eindeutig.
Da wird doch auch er nicht anders können als zu sagen: Was heilig ist, muss heilig bleiben. Und: Wer sich die Suppe einbrockt, der muss sie auch auslöffeln. Wenn er hier nicht klar Stellung bezieht, dann ist er als scheinheiliger Schwätzer entlarvt.
Aber er reagiert überhaupt nicht auf ihre stummen Fragen. Und als einer sagt: „Ist doch klar, sie geht über den Jordan, oder?” da lässt er sich auf die Knie nieder - aber nicht etwa entsetzt oder um zu beten. Er malt Figuren in den Staub, wie ein Kind, das spielt.
Dann steht er nach einer Zeit, als alle schon unruhig werden, auf, sieht die Frau lange an, sodass es ihr noch flauer im Magen wird, wenn das überhaupt noch geht, fasst die ehrwürdigen Männer von Gemeinderat und Kirchenvorstand samt Pfarrer ins Auge, schaut auch noch über den Mob, der plötzlich still wird - wie durch ein unhörbares psst! zum Schweigen gebracht und sagt:
„Wer in seinem Leben noch keinen Mist gebaut hat, der ihn jagt und verklagt und nicht mehr ruhig werden lässt, der kann sie meinetwegen umbringen.”
Sagt´s, und geht wieder auf die Knie nieder und malt im Straßenstaub, so wie die Pflastermaler in Paris und Berlin, mitten im dicksten Straßengewühl - seelenruhig, als gäbe es die Fragen auf Leben und Tod, nach Schein oder heilig gar nicht, die doch alle so aufgewühlt hat.
Eine Weile vergeht. Die Stille bleibt. Man hört nur Schritte, die sich leise entfernen. Der junge Mann steht auf, sieht nur noch die Frau dastehen, mit ihrem zerfetzten Kleid, dem verschmierten Gesicht, lächelt sie an und fragt:
„Wo sind sie alle geblieben, für die deine Schuld so klar war und die deinen Tod wollten?”
„Sie sind alle weg” antwortet sie, - „einer nach dem anderen. Es war, als hätten ihre Gesichter Risse bekommen.” Man kann ihr ansehen, wie es in ihr arbeitet, wie sie versucht auf die Reihe zu kriegen, was sie da erlebt.
Er aber sieht sie an und sagt: „Dann geh du jetzt auch nach Hause. Und komme ins Reine mit dir, mit deinem Mann, mit deinem Geliebten. Du hast eine neue Chance. Nutze sie. Schaffe dir klare Verhältnisse, damit dein Leben nicht zerbricht.”
Sie sieht ihn an und geht - die ersten Schritte in ein neues Leben.
Der junge Mann - Sie haben es längst gemerkt - ist Jesus. Er tut gerade das nicht, was wir alle so leicht hinkriegen: anderen den Rest geben, wenn sie bereits am Zusammenbrechen sind.
Gott ist der große Liebhaber des Lebens. Heilig ist alles, was dieser Liebe zum Leben entspringt und entspricht. Und heilig wird, wer es sich gefallen lässt, dass Gott sich in dieser Liebe zum ihm stellt.
Amen
Verfasser: Pfarrer Paul-Ulrich Lenz i. R.
Am Litzenau 17, 63679 Schotten
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).