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Botschaft, die Tränen trocknet.

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 09.04.2007
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Ostersonntag
Textstelle : Jesaja 25,8-9
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Wochenspruch:

Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.
(Offenbarung 1, 18)
Psalm:
118 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 25, 8 - 9
Epistel:
1. Korinther 15, 12 – 20
Evangelium:
Lukas 24, 13 – 35

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 114
Wach auf mein Herz, die Nacht ist hin
Wochenlied:
EG 101
Christ lag in Todesbanden
Predigtlied:
EG 117
Der schöne Ostertag
Schlusslied:
EG 99
Christ ist erstanden

Jesaja 25, (7) 8 – 9
[7 Der HERR wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind.] 8 Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der HERR [b] wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der HERR hat's gesagt. 9 Zu der Zeit wird man sagen: »Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der HERR, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.«

Liebe Gemeinde!
Zukunftsmusik - so haben die Zeitgenossen des Propheten Jesaja wohl gesagt, als sie seine Worte hörten. Denn vor Augen hatten sie andere Bilder als diese Bilder des Heils: Vor Augen hatten sie trauergebeugte Frauen, die ihre Söhne und Töchter, ihre Brüder und Männer beklagten. Vor Augen hatten sie die Kämpfe, in denen Menschen ihr Leben lassen mussten. Vor Augen hatten sie die Härte, mit der Menschen den Menschen begegnen. Vor Augen hatten sie die Feindschaft der Völker gegeneinander.

Vor Augen hatten sie die Wirklichkeit des Todes, mitten im Leben. Sie sahen den kleinen Tod, wenn Lebensträume eines Menschen lächerlich gemacht werden, wenn Hoffnungen eines Menschen zu Boden getrampelt werden. Sie sahen den kleinen Tod, wenn einer mit seinen Begabungen auf der Strecke bleibt. Sie sahen den kleinen Tod, wenn Beziehungen zerbrechen, wenn Oberflächlichkeit das Miteinander erstarren und versteinern lässt.

Und hinter dem kleinen Tod des Alltages sahen sie den Tod als den letzten Feind, der seine Macht an jedermann erweist: der den König trifft und die Bettlerin, die Heilige und den Spötter, den Armen und die Reiche, die Schafferin und den Genießer. Das alles sahen die Zeitgenossen des Jesaja und die Hörer späterer Zeiten und manch einer wird dann eben gesagt haben: Zukunftsmusik.
Wunderschöne Bilder - aber von Bildern allein kann man nicht leben. Wunderschöne Bilder - aber Bilder verändern die Wirklichkeit nicht. Wunderschöne Bilder - aber von Bilder werden die Tränen nicht trocken, werden keine kummergebeugten Menschen wieder aufgerichtet, werden keine Toten lebendig.

Ja, wenn es nur bei den Bildern geblieben wäre, dann wäre alles beim Alten geblieben. Ja, wenn diese Worte des Propheten „nur” Sehnsuchtsworte wären, dann wäre die Welt noch in den Fesseln des Todes. Ja, wenn alles daran hinge, dass wir Menschen uns dieser Vision annehmen und sie wirklich machen - dann wäre es wohl nur ein schönes Trugbild, dies Wort vom Berg, auf dem die Trauerkleider abgeworfen werden, dies Wort von den Gesichtern, auf denen die Tränen abgewischt werden, dies Wort vom Sieg über den Tod.

Aber es ist nicht bei den Bildern und es ist nicht bei den Worten geblieben.
An einem Morgen steht eine Frau vor einem Grab. In diesem Grab liegt ihre Hoffnung. In diesem Grab liegt ihre Liebe. In diesem Grab liegt ihre Würde. In diesem Grab liegt ihr Herr. Und sie kommt zum letzten Abschied, die Decke über den Kopf gezogen, gebeugt vor Trauer, Tränen im Gesicht. Und als sie an das Grab kommt, findet sie es leer - und neue Last zur alten auf ihrem Herzen: Sie lassen ihn nicht einmal im Tod Ruhe. Sie scheuen nicht einmal den Diebstahl des Leichnams. Und neue Tränen schütteln sie.
Da kommt einer und fragt sie „Maria, was weinst du?“ Und als er sagt „Maria“, da fällt es wie Schuppen von ihren Augen: Er lebt! Das Grab ist leer, weil er nicht im Tod gehalten werden konnte. Das Grab ist leer, weil er den Tod verschlungen hat in seinen Sieg.
Und sie geht zurück zu den Jüngern: Er lebt! Ich habe den Herrn gesehen! Da sind die Tränen getrocknet, die tiefe Trauer ist wie weggeblasen, die Freude bricht sich Bahn. Da hat sich erfüllt, was der Prophet gesehen hat: Die Trauerhülle ist abgetan, die Decke ist weggenommen, der Tag des Herrn ist angebrochen.

An einem Morgen sind zwei Männer unterwegs. Sie sind gefangen in ihrer Trauer. Ihr Meister ist gestorben. Ihr Lehrer ist hingerichtet worden. Über ihren Augen liegt es wie ein schwerer Schleier. Und als sich einer zu ihnen gesellt, da sehen sie ihn kaum. Und als er mit ihnen zu reden beginnt, da bricht die ganze Traurigkeit sich Bahn: „Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen würde.” Zerbrochene Hoffnung - das ist der Tod mitten im Leben. Zerbrochene Hoffnung auf die Befreiung, auf die große Tat Gottes - das ist der große Schmerz, der diese Männer gefangen hält. Drei Jahre ihres Lebens sind mit hingerichtet worden, drei Jahre ihres Lebens sind mit verhöhnt und verspottet worden, drei Jahre ihres Lebens sind mit gekreuzigt worden. Es wäre wahrlich kein Wunder, wenn sie nie mehr glauben, nie mehr hoffen, nie mehr lachen könnten.

Und der sich zu ihnen gesellt hat, der spricht mit ihnen und öffnet ihnen die Augen. Als sie die vertraute Geste sehen - „Er nahm das Brot, dankte, brach es, gab es ihnen” -da fällt es ihnen wie Schuppen von den Augen und sie laufen den Weg der Traurigkeit zurück, atemlos und voller Freude „Wir haben den Herrn gesehen“ - und erzählen es den anderen, was ihnen auf dem Weg geschehen ist. Die Tränen sind getrocknet. Die tiefe Trauer ist wie weggeblasen, die Freude bricht sich Bahn. Was der Prophet gesehen hat, das ist an diesem Morgen angebrochen, hereingebrochen als Wirklichkeit in die Welt des Todes. „Er wird den Tod verschlingen“ - dies kühne Wort, das Zukunft atmet und Zukunft atmen lässt, es wird von diesem Tag an anders gesagt: „Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch Jesus Christus.” (Paulus / 1. Kor. 15) Nicht mehr „nur” Zukunftsmusik, nicht mehr „nur“ Sehnsuchts-Bild, sondern Wirklichkeit mitten in der Welt, Wirklichkeit im Durchbruch des Jesus von Nazareth durch den Tod. Was der Prophet noch ansagen musste als die große Hoffnung, das bezeugen Maria und die Emmaus-Jünger und Paulus und mit ihnen die ganze Christenheit: Der Tod ist verschlungen in den Sieg dieses einen, des auferstanden Jesus Christus. Und was der Prophet ansagt, das nehmen seitdem die Christen auf, wenn sie auf den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus zeigen: Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hoffen!

Was an Maria geschehen ist, was an den beiden Jüngern geschehen ist, das ist seitdem unzählige Male geschehen: Menschen in ihrer Traurigkeit, Menschen mit ihren zerbrochenen, geknickten Lebensträumen sind zu Jesus gekommen - und er hat sie aufgerichtet. Er hat getröstet, wie einen seine Mutter tröstet. Er hat Tränen getrocknet, die geweint worden sind um zerbrochenes Leben, um zerstörtes Glück, um betrogene Hoffnung. Und er hat in solches Leben neue Hoffnung hineingegeben, neues Heil geschenkt.

Seit dem Ostermorgen damals in Jerusalem bezeugen es Christen: Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hoffen! Seit dem Ostermorgen damals in Jerusalem gibt es für Christen eine große Freiheit, sich nicht mehr zu beugen unter den Tod, der sich so gerne als der Herr der Welt aufspielt; sich nicht mehr zu beugen unter all die Zwänge, die in dieser Welt das Geschäft des Todes betreiben; sich nicht mehr zu beugen unter die Gesetzmäßigkeiten von Hass und Feindschaft, von Druck und Gegendruck; sich nicht mehr zu beugen unter die Selbstverständlichkeit, mit der Hoffnungen zertreten, Träume lächerlich gemacht, Visionen zu Spinnereien erklärt werden.

Seit dem Ostermorgen damals in Jerusalem ist der auf dem Plan, der stärker ist als aller Tod - und wir dürfen mit ihm leben. Wir dürfen unser kleines Leben an ihn binden - er will es so. In dieser Bindung an ihn strömt Hoffnung in unser Leben, die uns allen Erfahrungen des Todes zum Trotz sagen lässt: Lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.” Und in dieser Bindung an ihn wird das zur starken Gewissheit in unseren Herzen: „Er wird abwischen alle Tränen und der Tod wird nicht mehr sein noch das Leid noch Geschrei wird mehr sein.”
Eine Gemeinschaft, in der das wirklich geglaubt wird, die wird in unserer Welt neue Wege gehen - nicht mehr auf den alten, ausgetretenen Todeswegen laufen, sondern auf Wegen des Lebens und der Hoffnung. Dazu sind wir gerufen, als Jesu Protestleute gegen den Tod, als seine Zeugen für das Leben, das er schenkt. Amen.

Pfarrer Paul-Ulrich Lenz, Leonhardstr. 20, 61169 Friedberg

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