Wochenspruch: "Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und ha-be die Schlüssel des Todes und der Hölle." (Offenbarung 1,18)
Psalm: 118,14-24 (EG 747)
Reihe I: Jesaja 25,6-9
Reihe II: Lukas 24,36-45
Reihe III: Offenbarung 5,6-14
Reihe IV: Jona 2,(1-2)3-10(11)
Reihe V: Lukas 24,13-35
Reihe VI: 1. Korinther 15,50-58
Eingangslied: EG 103 Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Wochenlied: EG 99 Christ ist erstanden oder EG 100 Wir wollen alle fröhlich sein
Predigtlied: EG 262 Sonne der Gerechtigkeit
Schlusslied: EG 112 Auf, auf, mein Herz, mit Freuden
6 Und der HERR Zebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist.
7 Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind.
8 Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der HERR hat's gesagt.
9 Zu der Zeit wird man sagen: »Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der HERR, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.«
Christ ist erstanden von der Marter alle! Des sollen wir alle froh sein! Christ will unser Trost sein! Kyrieleis.
Erstanden von aller Marter: Jesus ist auferstanden aus der Tiefe, hat sein schlimmstes Leid, seine Qualen ausgestanden. Er steht wieder, liegt nicht mehr im Grab. Das Grab ist leer. Und nichts, kein Leid, kein Tod bringt ihn mehr um. Er hat überstanden, was wir uns nicht vorstellen können – und will uns jetzt trösten. Das entnehme ich den Worten dieser ersten Strophe, die wir eben gesungen haben.
Und im selben Atemzug singen wir: Kyrie eleison. Herr, erbarme dich! Ich brauche dein Erbarmen. Ich brauche deine Hilfe, Gott, dass ich begreifen kann, was das für mich bedeutet. Erbarme dich über meine Gedanken, damit ich mich getröstet fühle, wenn ich Trost brauche. Hilf mir, dass ich nach meiner eigenen Trauer auch wieder leben kann.
Können Sie sich diesen Worten anschließen? Mir kommt da ein schönes Bild, eine Szene, die mir dabei hilft. Ich lade Sie ein, mitzugehen und sich ihre eigene Geschichte dazu vorzustellen:
Wir sehen Menschen vor uns, die in einer Beziehung zu uns stehen, nahestehende Menschen, die wir lieben. Manche von ihnen sind schon gestorben, aber die anderen sind da. Und noch andere sind wichtig geworden: Menschen, mit denen wir arbeiten oder gearbeitet haben, Nachbarn, Bekannte. Das Verhältnis zwischen uns und ihnen war oder ist mal gut und mal nicht so gut, vielleicht sogar problembeladen.
Manche kennen wir schon lange, aber doch entsteht vielleicht die Frage: Wer bin ich eigentlich für dich? Und: Ist es richtig, was ich von dir denke? Vielleicht kommt uns jetzt so manche Verletzung oder Enttäuschung in den Sinn. Enttäuschungen sind ja, wenn wir das Wort einmal wörtlich nehmen, auch gut und hilfreich: Wir hören auf uns zu täuschen. Durch ein Erlebnis wird ein Bild korrigiert. Das tut oft sehr weh, aber Dinge klären sich. Wir können die Erinnerungen jetzt einfach so stehen lassen. Verschiedene Menschen erscheinen vor unserem inneren Auge.
Nun stehen wir vor einer Tür. Die Tür geht auf und sie alle sind dort; alle, an die wir jetzt gedacht haben. Und jetzt erkennen wir uns. Alle können sich gegenseitig ins Gesicht schauen und wissen, wer vor Ihnen steht, ganz ohne Schein. Alle schauen mit dem Herzen und erkennen, was ehrlich ist, wahrhaftig. Und dann bringt jemand Essen für alle. Sehr gutes Essen, feine Speisen und Getränke für alle. Eine Freude! Und es ist einfach wunderbar, wie offen alle füreinander sind. Uns ist nach Singen zumute, nach Danken und wir finden Melodien, die alle singen können und lieben. Niemand ist traurig. Alle sind beisammen und wissen die Liebe um sich, gehalten, getragen, geborgen und beschützt.
Gab es mal ein so ein wunderbares, unvergessliches Fest irgendwann in Ihrem Leben? – So können Sie sich das vorstellen, nur noch viel schöner: ohne Stress und ohne Streit, ohne die Katerstimmung hinterher.
Liebe Schwestern und Brüder, in solch eine Situation holt uns der Predigttext für heute. Er erzählt davon, wie es für die Völker der Erde sein wird:
Der Herr Zebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist. Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind. Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der Herr hats gesagt.
Diese Worte können wir so im ersten Teil des Buches Jesaja lesen, im 25. Kapitel. Er verkündet Mut machende Worte und sagt, dass es gut ist, auf den Gott Israels zu vertrauen. Einige Verse in diesem Teil des Jesajabuches kommen besonders in der Adventszeit vor: „Das Volk, das im Finsteren wandelt, sieht ein großes Licht. Und denen, die im Land und Schatten des Todes sind, wird es hell werden“, steht da z. B. im 9. Kapitel. Und: „Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind.“
Dann wird verheißen, dass ein neuer Spross wachsen wird, der neues Leben möglich macht Wir Christen, wenn wir dies lesen, hören darin, dass der Messias verheißen wird. Und dann, im 25. Kapitel steht unser Text, wo von der fernen Zukunft die Rede ist, vom neuen Leben nach dem Tod: „Gott wird abwischen die Tränen von allen Angesichtern …“. Es schließt sich der Vers an: „Dann wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe ... lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.“
Das wird uns auch heute am Ostermontag gesagt. Ein Freudentag, nach den traurigen stillen Tagen, die Freude über die Auferstehung! Doch wie ist das, wenn wir getroffen sind in unserer Trauer? Da ist nicht gleich Freude möglich. Selbst wenn nach einer anderen traurigen Nachricht sich alles zum Positiven wendet, fällt es manchmal schwer, das zu glauben und sich zu freuen.
Vielleicht haben Sie auch noch das Evangelium im Ohr: Dort wurde erzählt, die beiden Jünger gingen zurück nach Emmaus voller Trauer über das Geschehene. Sie wussten schon vom leeren Grab und davon, was die Frauen erzählt haben, aber „ihre Augen waren gehalten“. Auch als Jesus bei ihnen war, konnten sie ihn nicht erkennen.
„Seid ihr zu trägen Herzens, dem zu glauben, was die Propheten gesagt haben?“, fragt er. Die Propheten - das ist zum Beispiel heute unser Text: Er wird die Hülle von allen Völkern wegnehmen, die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind. Wo wir blind vor Tränen sind wird ER sie abwischen und uns erkennen lassen: da ist das Leben!
Die Jünger erleben, was auch wir kennen. Sie sind so gefangen in ihren Gefühlen, dass sie nicht das Neue, Hoffnungsvolle an sich heranlassen können. Sie waren „verhüllt“, dreimal konnten sie nicht erkennen:
Das erste Mal direkt nach der Osterbotschaft der Frauen, die von ihrem Erleben erzählten und sagten, dass Jesus lebt. Das zweite Mal spricht Jesus selbst an, dass sie nicht dem glauben können, was sie von Prophetentexten wissen.
Und die dritte Hülle begleitet sie den ganzen Weg: Sie erkennen Jesus nicht.
Was verbindet die beiden Texte: den aus dem Jesajabuch und den aus dem Lukasevangelium, die Verheißung des großen Völkerfestes und die Erfahrung der Jünger auf dem Weg nach Emmaus: Beide Male wird etwas aufgedeckt. Und eine zweite Verbindung ist das gemeinsame Mahl. Bei Jesaja werden die Völker sich erkennen und in großer Gemeinschaft werden alle auf dem Berg bestens bewirtet werden und auf keines wird geringschätzig geschaut werden, auch sein Volk wird von allen geachtet sein und auf keinem Gesicht werden mehr Tränen sein. Im Evangelium laden die Jünger ihren Begleiter zum Bleiben ein und sie essen miteinander. Und auch hier erkennen sie plötzlich, wer da bei ihnen ist, erkennen sie Jesus als den Auferstandenen.
Sie fragen sich: Brannte nicht unser Herz, als er mit uns redete? Haben wir es nicht irgendwie gespürt, dass da was ist?
Und als drittes wird in beiden Texten von der Freude erzählt, die sie nun empfinden. Und davon soll erzählt werden.
Was kann das für uns heute heißen? Manchmal sind wir blind für das, was gerade an Gutem geschieht. „Manche suchen ihr Glück wie sie ihren Hut suchen, den sie auf dem Kopf tragen“ heißt es. Viele Sprüche und Weisheiten sind an den Kartenständern der Buchhandlungen zu lesen. Du jagst dem großen Glück nach und siehst nicht das kleine, was vor deiner Tür wartet und zum großen Glück für dich werden kann. Manchmal sind wir traurig, weil keiner kommt - und sehen nicht, wer schon da ist. Und manchmal meinten wir, Gott hat uns vergessen und konnten nicht sehen, dass der Umweg, den wir gegangen sind, letztlich gut war und genau richtig für den weiteren Weg.
Sie merken, „Hüllen“ gibt es viele. Manche Wahrheiten werden verschleiert, damit alles so weitergehen kann wie bisher. Wenn etwas verdeckt ist, müssen wir nicht so genau hinschauen. Dafür gibt es viele Beispiele. Zum Beispiel gibt es Fakten, die uns verdeutlichen, in welcher Schieflage wir leben. Wir könnten erkennen, dass große landwirtschaftliche Flächen in Brasilien nicht für die Ernährung vieler Menschen genutzt werden, sondern dort Futter für Vieh angebaut wird, dessen Fleisch wir hier billig kaufen können. Wenn diese Decken wirklich fallen würden, könnten wir ein wirklich gutes Mahl essen ohne den bitteren Beigeschmack, dass da etwas nicht stimmt in unserer Welt – und alle würden satt werden. Was Jesaja uns prophezeit, kann schon dort beginnen, wo wir schon jetzt Probleme aufdecken und bereit sind etwas zu verändern, auch an unserem Konsum.
Es ist sicher menschlich, dass wir manchmal wir lieber Decken drüberlegen als unschönen Tatsachen unverhüllt zu begegnen. Ihnen fallen vielleicht ganz andere Beispiele ein. Es ist menschlich - und genau zu uns Menschen wird diese Vision heute gesagt. Darin heißt es auch: ER wird den Tod verschlingen auf ewig und wird von allen Angesichtern die Tränen abwischen.
Wir können mit Gott rechnen. Dass Er Gnade schenkt, wo wir an unsere Grenzen kommen. Dass wir getröstet werden und Hoffnung finden, immer wieder.
Die Texte sprechen auch genau in unsere Gemeindesituation in …, zu uns, in unser Leben: Ganz konkret denke ich an unser Abendmahl.
Vor das Abendmahl gehörte immer ein Beichtgebet, in dem wir vor Gott bekennen, wo wir schuldig geworden sind und um Vergebung bitten. Wir können ein solches Gebet für uns so formulieren, dass die Worte uns ansprechen und wir sie in unserer Zeit verstehen. Es geht darum, dass wir darüber nachdenken, wo unsere Beziehungen nicht so gut sind wie sie sein könnten. Mit „Beziehung“ meine ich das eigene Verhalten und Verhältnis zu Gott, zu unseren Mitmenschen und zur Schöpfung, zu unserem Lebensraum.
Ein solches Gebet gibt jedem die Gelegenheit, über sich selbst nachzudenken. Wir können merken, dass es gut ist, wenn wir vor uns selbst eingestehen, wo etwas nicht stimmt. Und wir werden entlastet, wenn wir diese Gedanken Gott sagen. Wir können Vergebung erleben, wenn wir aufrichtig voreinander sind und zu unseren Fehlern stehen. Wir werden gute Freundschaft genießen, wenn wir einander ehrlich und liebevoll sagen, was für uns nicht stimmig ist oder was uns auf dem Herzen liegt. Dann wird uns gegenseitig auch da ein Neuanfang möglich sein, wo durch die Decke der Verschleierung oder Unaufrichtigkeit einiges schiefgelaufen ist.
Kennen Sie dieses erleichterte Lachen, wenn Sie etwas ausgestanden haben? Sich frei und offen anschauen zu können ist so schön! Und so ist es, wenn wir am Tisch des Herrn, also in unserer Runde hier vor dem Alter aufrecht stehen können und gemeinsam Abendmahl feiern. Es ist schön, befreit und dankbar Brot und Wein oder Saft miteinander zu teilen und zu merken: Ich bin nicht allein. Das Leben geht weiter und es gibt Menschen, denen ich vertrauen kann, mit denen ich lachen und auch weinen kann.
Wo uns das gelingt, ist jedes Abendmahl Ostern. Dann ist unser Beisammensein ein Freudenmahl. Wir haben eine lebendige Gemeinschaft, in der Jesus Christus unter uns ist als Tröster, als der gute Hirte, als die Tür zum Leben.
Wenn wir uns geliebt und angenommen wissen, brauchen wir uns nichts einander vormachen. Es wird ein Licht aufgehen über jeden, der sich im Dunkel fühlt. Das wird uns verheißen und es kann jetzt schon beginnen, heute am Ostermontag.
Wir bitten gleich im Lied, dass die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen möge. Sie möge auch unsere Sinne erhellen, denn wir brauchen einander, damit wir uns die Fenster öffnen um das Licht herein zu lassen. Gemeinsam können wir uns dann daran erfreuen und unsere Lebendigkeit spüren.
So beginnt Gottes Reich schon jetzt, mitten unter uns. Ich wünsche Ihnen, dass Sie in dieser Hoffnung froh erleben können, dass Ostern ist.
Amen
Verfasserin: Pfarrerin Ulrike Wolter-Victor, Wittekindstraße 13 a, 06114 Halle
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