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Botschaft, die Tränen trocknet

von Thomas Ludwig (67550 Worms)

Predigtdatum : 02.04.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Ostersonntag
Textstelle : 1. Korinther 15,50-58
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Wochenspruch:
"Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle." (Offenbarung 1, 18)
Psalm: 118, 14 - 24 (EG 747)

Lesungen
Reihe I: Lukas 24, 13 - 35
Reihe II: 1. Korinther 15, 12 - 20
Reihe III: Lukas 24, 36 - 45
Reihe IV: 1. Korinther 15, 50 - 58
Reihe V: Jesaja 25, 8 - 9
Reihe VI Apostelgeschichte 10, 34 a. 36 -43

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 100 Wir wollen alle fröhlich sein
Wochenlied: EG 101, besonders 4 Christ lag in Todesbanden
Predigtlied: EG 116 Er ist erstanden, Halleluja
Schlusslied: EG 552 Einer ist unser Leben

Predigttext 1. Korinther 15, 50 – 58
Die Verwandlung der Gläubigen und der Sieg über den Tod
50 Das sage ich aber, liebe Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit.
51 Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden;
52 und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden.
53 Denn dies Verwesliche muss anziehen die Unver-weslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterb-lichkeit.
54 Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unver-weslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterb-lichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25, 8; Hosea 13,14): »Der Tod ist verschlun-gen in den Sieg.
55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?«
56 Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz.
57 Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!
58 Darum, meine lieben Brüder und Schwestern, seid fest und unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, denn ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.


Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.

Liebe Schwestern und Brüder,

die Passionszeit liegt hinter uns, Karfreitag und der festliche Ostersonntag. Einige von uns haben ein Osterfrühstück in fröhlicher Gemeinschaft eingenommen, vielleicht Ostereier-Suchen mit kleinen Kindern erlebt und womöglich ein besonderes Festessen im Familienkreis genossen, einen Spaziergang in der Frühlingsluft unternommen. Ostern ist ein Familienfest. Man besucht sich und verbringt entspannte Zeit miteinander. Eine gute Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen, vielleicht Fragen wie diese zu formulieren: Wie ist das eigentlich mit der Auferstehung? In den Osterliedern heißt es: „Christ ist erstanden“ – „des sollen alle fröhlich sein“ – „das Leben behält den Sieg“. Was soll das bedeuten für mein Leben im Jahr 2018? „Das Leben behält den Sieg“? Die Wirklichkeit konfrontiert doch eher mit Niederlagen und Krisen, mit Terror, Katastrophen und schlimmen Krank-heiten. Osterfreude? Auferstehung? Was bedeutet das für mein Leben?

Gut, wenn solche Fragen gestellt werden! Das heißt doch, dass vom Osterfest mehr erwartet wird als nur bunte Eier und leckeres Essen.

Es ist schön, dass wir auch heute am zweiten Ostertag zum Gottesdienst zusammengekommen sind – eine gute Gele-genheit, solche und ähnliche Fragen etwas zu vertiefen. Orientierung dazu soll uns der Apostel Paulus geben, der an die Leute in der Stadt Korinth folgendes geschrieben hat:

Verlesung des Predigttextes (ich empfehle die GN-Übersetzung):

Brüder und Schwestern, das ist ganz sicher: Menschen aus Fleisch und Blut können nicht in Gottes neue Welt gelangen. Ein vergänglicher Körper kann nicht unsterblich werden.
51 Ich sage euch jetzt ein Geheimnis: Wir werden nicht alle sterben, wir werden aber alle verwandelt werden.

52 Das geschieht in einem Augenblick, so schnell, wie jemand mit der Wimper zuckt, sobald die Posaune das Ende ankündigt. Die Posaune gibt das Signal, dann werden die Verstorbenen zu unvergänglichem Leben erweckt, und wir, die dann noch am Leben sind, bekommen den neuen Körper.
53 Unser vergänglicher Körper, der dem Tod verfallen ist, muss in einen unvergänglichen Körper verwandelt werden, über den der Tod keine Macht hat.

54 Wenn das geschieht, wenn das Vergängliche mit Unvergänglichkeit überkleidet wird und das Sterbliche mit Unsterblichkeit, dann wird das Prophetenwort wahr: »Der Tod ist vernichtet! Der Sieg ist vollkommen!
55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist deine Macht?«
56 Die Macht des Todes kommt von der Sünde. Die Sünde aber hat ihre Kraft aus dem Gesetz.
57 Dank sei Gott, dass er uns durch Jesus Christus, unseren Herrn, den Sieg schenkt!
58 Darum, meine lieben Brüder und Schwestern, werdet fest und unerschütterlich in eurem Glauben und tut stets euer Bestes für die Sache des Herrn. Ihr wisst, dass der Herr euren Einsatz belohnen wird.


Die Stichwörter „Geheimnis“ und „verwandelt werden“ lassen aufhorchen: „Ich sage euch jetzt ein Geheimnis: Wir werden nicht alle sterben, wir werden aber alle verwandelt werden.“ Auferstehung ist etwas, das nicht jedem sofort einleuchtet. Nein, es ist ein Geheimnis. Und es geht auch nicht um einen eindeutigen, durch Anwendung der menschlichen Logik nachvollziehbaren Vorgang.

Auferstehung ist unlogisch. Auferstehung lässt sich nicht rational erklären. Paulus versucht, die Auferstehung durch das Bild von der Verwandlung zu umschreiben.
Wir denken normalerweise in eindeutigen Kategorien: Ent-weder ist etwas lebendig oder es ist tot. Die Verwandlung, von der Paulus schreibt, befindet sich dazwischen.
„Wir werden aber alle verwandelt werden.“
Verwandlung ist Übergang, Verwandlung geschieht im Ver-borgenen und bleibt der menschlichen Vernunft erstmal unzugänglich.

Es ist also gar nicht verwunderlich, dass jedes Jahr aufs neue die Osterbotschaft von der Auferstehung unser Gehirn zu einem großen Fragezeichen verformt. Das ging wohl schon den frühen Christen in Korinth so ähnlich wie uns heute.

Paulus versucht das Geheimnis für die Korinther und für uns zu lüften. Er schreibt:

Der folgende Abschnitt sollte wegfallen, wenn die Luther-Übersetzung für die Textverlesung gewählt wurde.
»Der Tod ist vernichtet! Der Sieg ist vollkommen! Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist deine Macht?«

Martin Luther hat diese Stelle etwas anders übersetzt als die moderne Gute-Nachricht-Übersetzung, aus der ich eben vorgelesen habe. Bei Luther heißt das so:
»Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?«

Das klingt nach Kriegsgeschrei. Ich stelle mir dazu eine altertümliche Schlachtszene vor – aus einem Hollywood-Film. Vielleicht so, wie im Film „Braveheart“, wenn schottische Bauern gegen das englische Heer kämpfen: Eine erbitterte Schlacht ist im Gange und die kleine Gruppe tapferer Kämpfer scheint dem Untergang schon nahe, denn die Übermacht der Feinde ist groß. Aber dann wendet sich plötzlich das Blatt und das Heer der Feinde weicht zurück. Da fangen die Bauern an, sie zu verhöhnen und zu verspotten: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“

Von Martin Luther stammen auch die Liedverse, die wir vorhin gesungen haben. Im Lied „Christ lag in Todesbanden“ begann die vierte Strophe so: „Es war ein wunderlich Krieg, da Tod und Leben rungen; das Leben behielt den Sieg, es hat den Tod verschlungen ...“

Was hat Luthers mit Kriegsbildern durchzogene Dichtung, was hat das Geheimnis der Auferstehung mit meinem Leben zu tun?

Manchmal kommt mir das tägliche Leben wie so eine mit-telalterliche Schlacht vor: Auch der moderne Mensch steht da ganz allein und sieht sich einer riesigen Übermacht bis an die Zähne bewaffneter Feinde gegenüber. Und die Feinde können ganz unterschiedliche Gestalt annehmen: für manche sind es Ängste vor düsteren Entwicklungen unserer Welt wie Terrorgefahr, Klimaentwicklung, Finanzmarkt oder Krieg. Anderen ist der Feind noch dichter auf den Pelz gerückt und zeigt sich als Überforderung an der Arbeit, Prüfungsangst, Mobbing, Ehekrise oder Krankheit.

Immer steht für den jeweils betroffenen Menschen die ganze Existenz auf dem Spiel. Objektiv gesehen mag es zwar einen großen Unterschied geben zwischen einer Krebsdiagnose und der Kündigung durch den Arbeitgeber, aber ich glaube, die damit verbundene ängstliche Erschüt-terung ist ähnlich.

Das Geheimnis der Auferstehung, sagt Paulus, besteht im Verwandelt werden. Die bedrohlichen Feinde lassen mich in Angst erstarren. Dann denke ich voller Schrecken: „Tod, wo ist dein Stachel? Wann wird er mich vernichten?“ In diese Angst hinein spricht die Osterbotschaft mit dem Vers aus dem Osterpsalm (118): „Du wirst nicht sterben, sondern leben.“ Wenn ich mich dem vertrauensvoll hingebe, kann die Verwandlung beginnen. „Tod, wo ist dein Stachel?“ Derselbe Satz klingt jetzt nicht mehr ängstlich, sondern provozierend, nach dem Motto: „Was willst du?! Du machst mir keine Angst!“ Jetzt kann ich der Bedrohung ins Gesicht schauen, wie sie auch heißen mag. Ich bin nicht verloren. Mein Leben, meine Existenz, mein Schicksal ist in der Hand des Ewigen und ich überlasse dem Schöpfer den Sinn dessen, was ich zu ertragen habe. „Tod, wo ist dein Stachel?“ Vielleicht wirst du mich vernichten. Aber ich gebe nicht so leicht auf! Und wie die Situation sich entwickelt, das wollen wir erstmal sehen!

„Ich sage euch jetzt ein Geheimnis (…) wir werden aber alle verwandelt werden.“
Das Geheimnis der Auferstehung im Leben ist die Ver-wandlung meiner lähmenden Angst in aktive, hoffnungsvolle Zuversicht.
„Tod, wo ist dein Stachel?“
Auch wenn das Bedrohliche stärker zu sein scheint als ich, auch wenn sie mich vernichten kann – ich werde nicht ster-ben, sondern leben!

Verwandlung von lähmender Angst in aktive Hoffnung und Zuversicht. Solche Verwandlung ist wohl kein gradliniger Vorgang, der irgendwann in einem Menschenleben abge-schlossen sein kann. Ängstliche Erschütterungen, die den Atem stocken und den Menschen in Furcht erstarren lassen, werden immer wiederkehren. Aber jedes Jahr an Ostern – und eigentlich in jedem Sonntagsgottesdienst, genau wie in jedem privaten Gebet – lässt sich das Vertrauen in die Auf-erstehung einüben. Die Osterbotschaft lautet: „Du wirst nicht sterben, sondern leben“ Das darf ich glauben. Dann kann sich der erstarrte Mensch entspannen und innerlich wie äußerlich aufrichten. Dann verwandelt sich lähmende Angst in frechen Todestrotz, wie ihn die schottischen Bauern im Film dem englischen Heer höhnisch entgegen halten: „Tod, wo ist dein Stachel?“

Ein Leben aus der Osterbotschaft bewegt sich immer in der Spannung zwischen zwei Polen:
Ängstliche, lähmende Erschütterung – Frecher, mutiger Todestrotz.

Dazwischen ereignen sich die geheimnisvollen Momente der Verwandlung, die Erfahrung einer Auferstehung mitten im Leben. Wem das geschieht, der wundert sich vielleicht über sich selbst, der wundert sich über solch überraschende Ge-wissheit und Gelassenheit einer Bedrohung gegenüber, die ihn oder sie gerade eben noch hatte verzweifeln lassen.

Der vor 100 Jahren lebende Maler Hans Thoma hat solche Verwunderung über sich selbst unter Verwendung eines mittelalterlichen Spruches in die folgenden Verse gefasst, mit denen ich schließen möchte:

Ich komm’, weiß nit woher / ich bin, und weiß nit wer / ich leb’, weiß nit wie lang / ich sterb’ und weiß nit wann / ich fahr’, weiß nit wohin / Mich wundert’s, dass ich fröhlich bin. // Da mir mein Sein so unbekannt / geb' ich es ganz in Gottes Hand / die führt es wohl, so her wie hin / Mich wundert's, wenn ich noch traurig bin.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen


Verfasser: Pfarrer Thomas Ludwig
Herrnsheimer Hauptstraße 53, 67550 Worms

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