Wochenspruch: So spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! (Jesaja 43,1)
Psalm: 139,1-12
Reihe I: 1. Petrus 2,2-10
Reihe II: 5. Mose 7,6-12
Reihe III: Matthäus 28,16-20
Reihe IV: Römer 6,3-8(9-11)
Reihe V: Jesaja 43,1-7
Reihe VI: Apostelgeschichte 8,26-39
Eingangslied: EG 166 Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied: EG 200 Ich bin getauft auf deinen Namen
Predigtlied: EG 209 Ich möcht, dass einer mit mir geht
Schlusslied: EG 157 Lass mich dein sein und bleiben
Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.
Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach:
Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.
Darum gehet hin und macht zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Der 6. Sonntag nach Trinitatis ist mit seinen Lesungen und Gebeten so gestaltet, dass die Gemeinde an ihr Getauftsein erinnert wird. In diesem Zusammenhang steht auch der prominente Predigttext – der Taufauftrag Jesu. Darum bewegt sich auch die Predigt im Kontext der Tauferinnerung. Wo es möglich ist, kann im Gottesdienst auch eigens ein Tauferinnerungsritual eingebunden werden.
Im V 18 des Predigttextes gibt die Version der Lutherbibel 2017 den Wortlaut an: „und lehret alle Völker“. Ich plädiere dafür, den Wortlaut der vorigen Version zu nutzen, da sie dem Wortlaut im Griechischen NT entspricht und „lehren“ hier nicht die gleiche Bedeutung hätte, wie im Vers danach.
Liebe Schwestern und Brüder,
könnten Sie auf Anhieb sagen, an welchem Tag Sie getauft worden sind? Oder wissen Sie Ihren Taufspruch? Die meisten von Ihnen werden vielleicht nachschauen müssen. Wer nicht als kleines Baby, sondern als Kind, als Konfirmand oder auch als Erwachsener getauft worden ist, dem geht das vermutlich anders. Aber die meisten unter uns werden keine richtige und eigene Erinnerung an ihre Taufe haben.
Nun ist der heutige Sonntag im Kirchenjahr der Erinnerung an die Taufe gewidmet. So haben wir als Evangelium auch den Auftrag Jesu gehört, der seinen Jüngern dies mit auf den Weg gibt: Ruft die Menschen in die Gemeinschaft mit mir, mit Gott und mit euch und tauft sie! Von Anfang an haben die christlichen Gemeinden danach gehandelt. Die Taufe ist also der bedeutendste Moment im Leben eines Christen.
Wie getauft wird und besonders auch in welchem Alter, das hat sich im Lauf der Geschichte hier und da geändert. So kennen die Autoren des Neuen Testaments nur die Taufe von Erwachsenen. Kinder zu taufen, das setzte sich erst im Laufe der ersten Jahrzehnte und Jahrhunderte mehr und mehr durch, wenn ganze Familien und Häuser zur christlichen Gemeinde kamen. Und auch die Taufe in einem Fluss oder anderen Gewässer und auch später noch in großen Taufbecken, in denen der Mensch ganz untergetaucht wurde, sind bei uns nicht mehr so verbreitet. Es war aber die Art und Weise, wie man in den ersten Gemeinden getauft hat.
Die äußere Form mag sich mit der Zeit verändert haben. Und doch ist die Taufe auch heute noch die gleiche wie zur Zeit der ersten Gemeinden. Als Kirche tun wir dabei ja nicht etwas, was wir uns ausgedacht hätten, weil es nun einmal gut in die Zeit passt, sondern wir tun, was Jesus uns aufträgt.
Er trägt es schon im ersten Moment Menschen auf, die ganz unterschiedlich in ihrem Glauben dastehen. Der Evangelist Matthäus berichtet, dass die Jünger überwältigt sind von dem Anblick: Sie sehen den Auferstanden, Jesus, der doch am Kreuz gestorben war. Sie hatten nur den Bericht der drei Frauen, die das leere Grab gesehen hatten. Matthäus beschreibt nur die eine Begegnung der Jünger mit Jesus nach seiner Auferstehung. Da kann ich es mir gut vorstellen, dass sie wohl gar nicht wussten, wie ihnen geschah. Und „einige aber zweifelten“. Sie können es gar nicht recht glauben, obwohl sie es sehen.
Jesus gibt ihnen den Auftrag, seine Botschaft weiterzutragen, sie den Menschen bekannt zu machen. Der Kern dieser Botschaft lautet: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Das ist ja schon von Anfang an die zentrale Botschaft der Bibel. Gott sagt es ja schon dem Mose, wenn er seinen Namen nennt und dieser heißt „Ich bin da!“. Es ist das Wesen Gottes, dass er da ist, dass er mitgeht und nicht allein lässt.
Gott ist uns Menschen nahegekommen, ganz nah, in unserem Leben durch seinen Sohn. In Jesus lebt Gott selbst ein Menschenleben bis an sein Ziel. Und dieses Ziel, so hören wir es auch in dem Evangelium von dem großen Auftrag, es ist nicht der Tod, sondern das Leben. Gott zeigt: Er hat die Macht über alles, auch über den Tod, über all das, was das Leben verdunkelt und was es einengen kann. Diese Macht hat der, der all das erlebt und durchschritten hat. Und der sagt seinen Jüngern, sagt es auch uns zu: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Ganz wichtig für die Weitergabe dieser Botschaft des Glaubens ist nun die Taufe. Jesus sagt es deutlich: „Geht hin, tauft die Menschen auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Sicher kann man fragen, ob diese Worte wirklich exakt so aus dem Mund Jesu gekommen sein können – die Wissenschaft hat das immer wieder getan. Mag sein, es sind die Worte, die bereits in der ersten Gemeinde benutzt worden sind und die der Evangelist hier Jesus in den Mund legt. Und doch wären sie auch in diesem Fall den Ursprüngen der Kirche sehr nah und sie drücken aus, was mit der Taufe verbunden ist: Ein Mensch wird ganz bewusst der Macht Gottes anbefohlen. Es soll deutlich sein: Vater, Sohn und Heiliger Geist, Gott mit all seinem Wesen, ist es, der seine Macht auch für diesen Menschen einsetzt. In Gottes Macht leben wir als getaufte Menschen. Und wir sollen eben darin auch wissen: Wir leben als Menschen, mit denen Gott geht, als Menschen, von deren Seite Gott niemals weichen wird.
Wenn uns der Wochenspruch an diesem Sonntag und durch die kommenden Tage von Gott her zuruft: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“, dann dürfen wir wissen, dass wir sogar als seine Kinder bei Gottes Namen gerufen werden, dass wir – wie wir auch immer heißen und woher wir kommen mögen – zu Gottes Familie gehören, dass wir auch seinen Namen in unserem Leben tragen.
Für die Weitergabe der Botschaft Gottes ist die Taufe ganz wichtig. Darum haben wir den Auftrag dazu. Warum das so ist? Nun, schon immer richtet sich die Taufe an einen ganz konkreten Menschen. Auch das war in der christlichen Kirche immer so und wird immer so bleiben. In der Taufe geht es um einen ganz konkreten Menschen. Ich kann nicht stellvertretend für jemand anderen die Taufe empfangen. Und ich kann auch nicht etwa mit einem Wasserschlauch in eine Menschenmenge spritzen und dann behaupten: Ihr seid jetzt alle getauft. Es geht um den konkreten Menschen, weil es Gott immer um den konkreten Menschen geht.
Was Gott zusagt, wo er herausfordert, wo er tröstet und womit er ermahnt – all das zielt auf das ganz persönliche Gegenüber. Eben das unterscheidet ja das Taufen von dem Lehren, was in dem Auftrag auch vorkommt.
Sicher, die Menschen müssen auch von Gottes Botschaft hören, sie sollen immer weiter in diese Botschaft hineingeführt werden, sollen die Möglichkeit bekommen, sie immer besser zu verstehen. Und doch braucht es für die Beziehung zwischen Gott und mir etwas mehr. Eben das wird in der Taufe greifbar. Die Worte Gottes, sie sind eben nicht einfach in großer Geste für alle Menschen aller Zeiten pauschal gesagt – so sehr sie auch zu jedem Menschen gesprochen sind. Sie sollen mir gesagt sein.
Diese Beziehung gründet in der Taufe, zu der Jesus die Jünger beauftragt und die auch für ihn vor aller Lehre steht. Das Fundament des Lebens soll die Beziehung sein, in der ich nach Gottes Willen fragen kann und in der er mir immer wieder begegnet in seinem Wort.
Von diesem Fundament hat einmal Martin Luther geschrieben: „Wie könnte aber Gott freundlicher mit dir reden und deine Person gewisser und eigentlicher in das Wort ein schließen, denn es in der Taufe geschieht, die niemand, denn nur dir allein gilt, und deine eigene Taufe heißt und ist?“
Darum ist die Taufe wichtig, ja der zentrale Moment in unserem Leben als Christen. Da wird deutlich: Gott spricht zu mir ganz persönlich. Ich ganz persönlich bin in eine Beziehung zu ihm gerufen und mir ganz persönlich gelten die Zusagen Gottes. „Ruf die Menschen in meine Gemeinschaft“, sagt Jesus, „tauft sie – zeigt ihnen damit, dass sie für Gott einzigartig wichtig sind und zeigt ihnen auch auf, was es heißt: Als Christ leben.“
Auf dem Weg des Glaubens, auf dem Weg dieses Lebens, da kommen dann ganz unterschiedliche Momente vor. Da gibt es die Stunden der Sicherheit, der felsenfesten Gewissheit, dass Gott da ist und dass ich auf ihn mein Leben bauen kann. Und es kommen genauso die Stunden der zaghaften Schritte, des Tastens in einem Nebel von Zweifeln – wie schon bei den Jüngern, die Jesus im Evangelium begegnen. In all diesen Momenten aber gilt unwiderruflich: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Das gilt für jede und jeden von uns. Das gilt von dem Moment der eigenen Taufe an, in dem Gott uns in sein Wort eingeschlossen hat und damit ja auch in sich selbst. Das gilt auch da, wo ich vielleicht gar keine Gewissheit mehr spüren kann.
Eben darum ist es ein großes Geschenk, dass wir die Taufe haben, die einfach geschehen ist und die keiner mehr wegdiskutieren kann. Wenn ich mich daran erinnere, dass ich getauft bin, dann erinnere ich mich doch damit genau daran: Gott hat Ja gesagt zu mir und meinem Leben. Ich bin Gottes geliebtes Kind, seine geliebte Tochter, sein geliebter Sohn. Er hat Wohlgefallen an mir, einfach, weil ich da bin. Egal, was alle anderen sagen oder mich spüren lassen – Gott sagt es mir in jedem Moment: Du bist unendlich wertvoll. Das soll mir bewusstwerden, wenn ich mich an die Taufe erinnere, wenn ich etwa meinen Tauftag bewusst bedenken kann oder mir meinen Taufspruch ins Gedächtnis rufe. Da wird mir deutlich, wie ich Gott selbst auch zu mir ganz persönlich sprechen höre: Siehe, ich bin bei dir alle Tage bis an der Welt Ende.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Matthias Cyrus, Obere Kirchstraße 3, 99991 Großengottern
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