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Christus, der Auferstandene ist schon da, auch wenn wir ihn noch nicht erkennen

von Ulrike Spengler (Jena)

Predigtdatum : 06.04.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Ostersonntag
Textstelle : Lukas 24,13-35
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Wochenspruch:
"Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle." (Offenbarung 1,18)

Psalm:
118, 14 - 24 (EG 747)


Lesungen
Altes Testament: Jesaja 25, 8 - 9

Epistel: 1. Korinther 15, 12 - 20

Evangelium: Lukas 24, 13 - 35

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 114, 1. 2. 5. 8 Wach auf, mein Herz, die Nacht ist hin
Wochenlied: EG 116 Er ist erstanden, Halleluja
Predigtlied: EG 209, 1 - 4 Ich möcht’, dass einer mit mir geht
Schlusslied: EG 117, 1 - 3 Der schöne Ostertag

Hinführung
Die Emmausgeschichte erzählt den Weg von zwei Men-schen, die zum weiteren Jüngerkreis Jesu gehörten. Sie sind nach Emmaus aufgebrochen, um Abstand zu finden von den Ereignissen an Karfreitag in Jerusalem. Auf den Weg dorthin begegnet ihnen ein Fremder. Als Hörende der Geschichte wissen wir bereits, dass es Jesus, der Auf-erstandene ist, der die beiden seelsorgerlich begleitet. Aber den beiden sind noch die Augen gehalten, sie erkennen ihn nicht, noch nicht. So werden wir als Hörende hinein ge-nommen in den Prozess, der verhalten und beinahe schwe-bend Raum gewinnt. Am Ende erkenne sie Christus als den Auferstandenen und der Gedanke an neue Hoffnung und Wandlung des bisherigen Lebens wird möglich.

Gliederung
1. Der Jubelruf zu Ostern – berührt er uns?
2. Enttäuschte Hoffnungen
3. Wegbegleitung - Begleitung für die aufgewühlte Seele
4. Wer ist dieser Wegbegleiter? – Der Blick von außen auf das langsame Erkennen des Auferstandenen
5. Neuer Erkenntnisgewinn

Predigt

Liebe Gemeinde heute am Ostermontag,

er ist erstanden, halleluja, freut euch und singet, halleluja. So singen wir in diesen Tagen zum Osterfest. Hatten Sie in diesem Jahr schon Gelegenheit einzustimmen in diesen Ju-belruf? In der Osternacht oder gestern am Ostersonntag? Wie haben Sie heute mitsingen können? Aus vollem Herzen und oder eher zurückhaltend?

Zurückhaltend, weil Sie vielleicht einen Abstand spüren zwischen der Euphorie, die in diesem Jubelruf steckt und dem, was Sie gerade innerlich spüren?
Dann ist vielleicht jetzt Gelegenheit, sich in kleinen Schrit-ten heran zu tasten an den vollmundigen Ruf der Oster-botschaft.

Sie sind heute eingeladen mitzugehen mit zwei Menschen, von denen die Bibel erzählt. Zwei Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben, eigentlich um Abstand zu gewin-nen von den tragischen Ereignissen des Karfreitags in Jerusalem. Abschied mussten sie nehmen von den Hoff-nungen, die im Zusammensein mit Jesus gewachsen waren. Ja, sie hatten angefangen, an eine bessere Welt zu glauben. Vieles war möglich geworden: Reiche teilten mit den Armen, Ausgestoßene fanden einen Platz in der Gemeinschaft, Kranke wurden gesund. Der Tod Jesu am Kreuz – er machte alles zunichte, vor allem die Hoffung.

Doch hören Sie selbst … (Text Luk 24, 13 - 35)

Unterwegs sind zwei Menschen, weg von den dramatischen Ereignissen in Jerusalem. Die Schwere und die Enttäu-schung im Gepäck. Auch anderes hatten sie gehört. Frauen waren am Grab gewesen, die nur eine Erscheinung von Engeln gesehen haben, die sagen, dass Jesus lebt. Sie hör-ten es wohl, aber es erreichte sie nicht.

So kennen wir das ja auch in unserem Leben, wenn sich Hoffnungen zerschlagen haben, wenn unser vertrauens-voller Blick in Zukunft getrübt wird. Wir haben etwas Schweres erlebt. In unser Leben hat sich etwas dazwischen geschoben, was uns herunter zieht, uns traurig macht, Zu-kunft infrage stellt.

Im Nachbarhaus wohnt Bettina mit ihren beiden Kindern. Schon etliche Jahre lebt sie mit ihren Kindern allein. Aber seit einiger Zeit bahnt sich ein neues Glück an. Was sie selbst schon kaum für möglich gehalten hatte, ein neuer Mann tritt in ihr Leben. Von einem Tag zum andern alles wird anders. Sie teilen ihre Zeit mit den Kindern, verreisen miteinander, treiben Sport, was sie beide so leidenschaftlich gern tun, genießen ihre Zeit in Zweisamkeit. Das Leben be-kommt wieder eine neue Leichtigkeit und die Zukunft eine ganz hoffnungsvolle Perspektive. Gemeinsam wollen sie alt werden. Nach einigen Wochen aber verändert sich etwas. Auch der Mann hat eine Familie, Kinder für die er verant-wortlich ist. Andere Kräfte fangen an, an ihm zu wirken, die Kinder aber auch die alte Beziehung mit der Mutter seiner Kinder bricht noch einmal auf. Fragen, ob sie wirklich zu Ende ist, ob er wirklich frei ist für Neues. Auf einmal steht alles auf dem Prüfstand für das neue Paar. Die Hoffnung, die Freude auf eine neue Zukunft - sie bricht in sich zusam-men wie ein Kartenhaus. Fühlte sich nicht alles so stimmig an, so verheißungsvoll?

Oder: Da ist Katja. Die junge Lehrerin macht sich auf dem Weg nach Hause. Es ist bereits 18 Uhr. Seit morgens um 7Uhr ist sie in der Schule. Wenn sie nach Hause kommt, wird sie sich gleich wieder an den Schreibtisch setzen, um die Stunden für den nächsten Tag vorzubereiten. So geht es nun schon seit einigen Wochen. Ja, sie ist noch Berufsan-fängerin, da dauert vieles länger. Aber sie hat jetzt schon das Gefühl ganz und gar im Hamsterrad gefangen zu sein. Nein, so hatte sie sich ihren neuen Alltag nicht vorgestellt. Schon jetzt scheint sie am Ende ihrer Kraft zu sein. Keine Freizeit, keine Ausgleich mehr. Es ist nur ein kleiner Ge-dankenschritt, um alles in Frage zu stellen. War es der rich-tige Lebensentwurf mit dieser Berufswahl? All die Erwar-tungshaltung von außen, die Schule, die Eltern und immer wieder Kinder, die ganz schwierig sind: nur schwer zur Mit-arbeit zu bewegen, oft unruig und abgelenkt. Sollte das ihr Leben sein? Sie sehnte sich zurück nach der schönen Stu-dienzeit, in der es Freiräume gab, gute Begegnungen und die Vorstellungen als Lehrerin ihre Gaben einzubringen. Davon musste sie wohl endgültig Abstand nehmen. Wie sie die sie einst ihr Berufsleben vorgestellt hatte, sah anders aus als das, was sie jetzt zu bewältigen hatte.

Zwei Menschen sind unterwegs nach Emmaus. Erschüttert, enttäuscht. Irgendwie muss es weitergehen an einem an-deren Ort mit einem anderen Leben.

Sie laufen nicht lang allein, ein Fremder kreuzt den Weg der beiden. Er mischt sich ins Gespräch, unaufdringlich fragt er nach. „Was sind das für Dinge?“ Jetzt kommt noch einmal zur Sprache, was da in Jerusalem passiert ist. Sie sprechen über ihre Traurigkeit, aber auch das, was ihren Glauben und ihre Hoffnung ausgemacht hat, all das, was sie mit Jesus erlebt hatten. Ein Zuhörer geht mit, der nicht vorschnell Antworten parat hat, urteilt. So kommt Bewegung ins Ge-spräch, Vertrauen wächst zu diesem Wegbegleiter.

Wie sehen unsere Lebensgeschichten aus? Wie gut, wenn sich so ein Zuhörer findet, der mitschwingen und sich ein-fühlen kann. Wie gut, wenn sich eine Zuhörerin findet, die nicht gleich eine Beurteilung auf der Zunge hat, die versucht zu beschwichtigen oder die mit gut gemeinten Ratschlägen überhäuft.

So viel Hoffnung, und jetzt so viel Ratlosigkeit, ja Verzweif-lung. Bettina aus dem Nachbarhaus klingelt an diesem Abend noch einmal bei ihrer Untermieterin. Sie will nur noch schnell einen Schlüssel abgeben, aber da kann sie ihre Trä-nen kaum noch hinterm Berg halten. Die Untermieterin schaut in das verzweifelte Gesicht und lädt die Bettina ein, herein zu kommen. Sie holt eine Flasche Wein aus der Küche und dann setzen sie sich zusammen. Sie kennen sich kaum, aber das ist gerade gar nicht wichtig. Sie hört einfach zu, lässt sich erzählen von der glücklichen Zeit voller Hoff-nung und von der großen Traurigkeit heute. Sie fragt behut-sam nach: Was ist geschehen? Was war es, was das neue Glück gefährdet hat? Was könnte ihr jetzt gut tun, was ein nächster Schritt sein? Und im Erzählen fangen die Tränen wieder an zu trocken, die Schwere beginnt für einen Mo-ment zu weichen. Über die Hoffnung, die zerschlagene zu reden hilft, sie wieder in den Blick zu nehmen.

Und Katja, die junge Lehrerin? Auf dem Nachhauseweg trifft sie eine alte Freundin. Als sie in das Gesicht von Katja schaut, sieht sie, in welcher Anspannung sie ist. Sie über-redet sie, noch in ein Kaffee mit zu kommen. Jetzt kann ein-mal alles zur Sprache kommen: das Gefühl der Überfor-derung, die scheinbare Aussichtslosigkeit, die Angst vor der Zukunft und dem Hamsterrad. Die Freundin hört zu und fragt behutsam nach: Warum sie nicht eher aus der Schule heraus kommt, was die Kinder, die so schwer zu behandeln sind, denn so machen. Und im Erzählen wird die Schwere schon ein klein wenig weniger.

Die beiden Wanderer nach Emmaus haben einen Wegbegleiter.

Jetzt, jetzt, erst nachdem als Wichtige erzählt, nachdem alles Ungelöste, Bedrückende, Beklemmende ausgesprochen ist, setzt der Begleiter einen anderen Impuls. „Musste nicht Christus dies erleiden?“ Eine neue Sichtweise, ein neuer Blick auf die Ereignisse kommt ins Spiel. Ein Blick, der gar nicht so neu ist, der aufnimmt, was die alten Propheten schon zu sagen hatten.

Ein Blick, der Sinnspuren sucht im Chaos der Verunsiche-rung. Eine Sichtweise, der in die größeren Zusammenhänge führt und zum Baustein wird für Wandlung. Für die Wand-lung bisheriger Sichtweise, für einen neuen Blick in die Zu-kunft, für neue Spielräume im Leben, für einen nächsten Schritt. Oft braucht es einen langen Weg und ist harte Ar-beit. Die beiden Wanderer spüren: da geht jemand mit, der weit sieht und sie dabei nicht aus dem Blick verliert. „Es brannte unser Herz“, so werden die beiden am Ende der Begegnung erzählen.

Und vielleicht können wir einstimmen. Vielleicht haben wir es selbst schon einmal so erlebt – eine behutsame Weg-begleitung in einer schweren Zeit, wie kostbar sie ist und so gar nicht selbstverständlich, eine im wahrsten Sinne seel-sorgerliche Begleitung.

Doch die Geschichte ist noch nicht am Ende, sie ist der erste Teil, der uns hineinführen will in eine noch viel tiefere Erfah-rung, die schon mitschwingt und doch noch verborgen ist. Gehen wir noch eine Wegstrecke mit mit den drei Wan-derern.

Noch ist ihr gemeinsamer Weg nicht am Ende. Erst kurz vor Emmaus gibt der Fremde zu erkennen, nun seinen eigenen Weg fortzusetzen. Ungewöhnlich vertraut ist er ihnen ge-worden auf dieser gemeinsamen Wegstrecke. Sie möchten ihn halten und bitten: „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.“ Und er ging mit ihnen hinein und als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach`s und gab´s ihnen. Da erkannten sie ihn, dass er der Herr war.

Liebe Gemeinde, jetzt erkannten sie, wer da mit ihnen ge-gangen war: Jesus, der Auferstandene. Wir, als die Hören-den der Geschichte wissen es ja schon – schon seit Anbe-ginn der Geschichte. Den beiden Wanderern aber waren die Augen gehalten. Den Männern erscheint er vielleicht wie ein Engel, der sich in das klagende Gespräch mit einmischt. Am Ziel angekommen, teilt er das Brot mit ihnen. Da gehen ihnen die Augen auf.

Erkennen und nicht Erkennen liegt so dicht beieinander. Als Hörende werden wir mit hineingenommen in den langsamen Erkenntnisprozess der beiden Wanderer. Damit rücken die beiden, die unterwegs nach Emmaus sind, und wir heute ein Stück zusammen. Heute am Ostermontag befinden sich jeder von uns wohl auf seiner je eigenen Wegstrecke.

Auch wir spüren: Der Auferstandene ist nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort so selbstverständlich für uns verfügbar. Auch wer gehört hat vom leeren Grab und von der Engel-botschaft, muss den Auferstandenen selbst noch nicht er-kannt, gespürt haben. Wer hat schon den Glauben, der zu jeder Zeit, an jedem Ort die Kraft besitzt altes zu verwan-deln. Manchmal ist es ein langer Weg, in dem neue Hoff-nung wieder gefunden wird. Aber wo ins die Augen noch gebunden sind, ist der Auferstandene schon da – so erzählt uns die Geschichte. Wo wir noch ganz gefangen sind in un-seren Ängsten und Enttäuschungen ist der schon da, der uns einlädt zu einer neuen Hoffnung. Und wo wir den nächs-ten Schritt noch nicht für möglich halten, ist der schon da, der uns ins Leben ruft. Amen.


Fürbittengebet
Christus, Auferstandener – ein neues Leben hat begonnen.
Wir dürfen daran teilhaben.
Wir tun uns oft schwer in diesem Glauben. Darum bitten wir dich:
Schenke uns die Erfahrung, dass du schon da bist, wo wir dich noch gar nicht vermuten.
Schenke uns die Geduld, in den dunklen und hoffnungslosen Zeiten unseres Lebens darauf zu vertrauen, dass du der Hoffnung Raum geben wirst.
Schenke uns Vertrauen, dass auch in ausweglosen Situa-tionen, neues Leben uns verheißen ist.

Wir bitten dich für die Nahen und Fernen, die von Krankheit und Tod umfangen sind.
Wir bitten dich für die Nahen und Fernen, die in Lebens-krisen stecken und keinen Ausweg sehen.
Wir bitten dich für Menschen, die in den Kriegsgebieten hei-matlos geworden und an Leib und Seele bedroht sind.

Du willst Leben für alle Menschen. Gib uns den Mut und die Kraft, selbst zum Wegbegleiter für andere Menschen zu werden, die uns brauchen. Wir danken dir, dass du lebst und mit uns gehst in Zeit und Ewigkeit. Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Ulrike Spengler
Am Planetarium 10, 07743 Jena





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