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Dankbarkeit gegen den Herrn

von Mirjam-Christina Redeker (99084 Erfurt)

Predigtdatum : 02.10.2022
Lesereihe : IV
Predigttag im Kirchenjahr : Erster Sonntag im Oktober - Erntedankfest
Textstelle : 5. Mose 8,7-18
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Wochenspruch: Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. (Psalm 103)

Psalm: 104

Lesungen

Reihe I: Jesaja 58,7-12
Reihe II: Markus 8,1-9
Reihe III: 2 Korinther 9,6-15
Reihe IV: 5 Mose 8,7-18
Reihe V: Lukas 12,(13-14)15-21
Reihe VI: 1 Timotheus 4,4-5

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 512 Herr, die Erde ist gesegnet
Wochenlied: EG 461 Aller Augen warten auf dich, Herre
Predigtlied: EG 324 Ich singe dir mit Herz und Mund
Schlusslied: EG 508 Wir pflügen und wir streuen

Predigttext: 5 Mose 8,7-18

7 Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Quellen sind und Wasser in der Tiefe, die aus den Bergen und in den Auen fließen, 8 ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt, 9 ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt, ein Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz aus den Bergen haust. 10 Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den HERRN, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. 11 So hüte dich nun davor, den HERRN, deinen Gott, zu vergessen, sodass du seine Gebote und seine Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, nicht hältst. 12 Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst 13 und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt, 14 dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergisst, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft, 15 und dich geleitet hat durch die große und furchtbare Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione und lauter Dürre und kein Wasser war, und ließ dir Wasser aus dem harten Felsen hervorgehen 16 und speiste dich mit Manna in der Wüste, von dem deine Väter nichts gewusst haben, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit er dir hernach wohltäte. 17 Du könntest sonst sagen in deinem Herzen: Meine Kräfte und meiner Hände Stärke haben mir diesen Reichtum gewonnen. 18 Sondern gedenke an den HERRN, deinen Gott; denn er ist's, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen, auf dass er hielte seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es heute ist.

Hinführung

Gerda
Ich möchte Ihnen heute von Gerda erzählen. Sie war eine beeindruckende Frau. Eine sehr herzliche, offene und hilfsbereite Person.

Sie musste als Jugendliche unter schwierigen Bedingungen mit ihren Eltern aus Ostpreußen fliehen. Ihr Bruder ist als junger Mann im Krieg gefallen.

Oft hat Gerda von der Landschaft ihrer Kindheit erzählt. Wie sehr sie die Gegend um die Kurische Nehrung geliebt hat. Auch von den schweren Erfahrungen der Flucht. Aber sie ist dabei nicht verbittert. - Sie hat eine Anstellung in der Apotheke gefunden und viel Hilfe erfahren. So hat sie sich ein neues Leben in der Nähe von Lübeck aufgebaut. Auch vor Ort und in der Kirchengemeinde brachte sie sich immer wieder ein. Die Lage anderer Menschen war ihr nie egal.

So unterhielt sie auch eine Brieffreundschaft mit einer Familie in der DDR. Sie schickte zu Weihnachten und zum Geburtstag kleine Päckchen mit Schokolade, Kaffee, einem Buch und etwas Selbstgemachtem. So entstand auch ein besonderer Kontakt zur kleinen Tochter der Familie.

Sie hat Gerda bald nach der Grenzöffnung als Jugendliche besucht. Im Hausflur fiel ihr ein gerahmter Spruch ins Auge, ein Wort des französischen Schriftstellers Gabriel Marcel. Da war zu lesen: „Dankbarkeit ist die Wachsamkeit der Seele gegen die Kräfte der Zerstörung.“

Gerda hat aus ihrem tiefen Glauben heraus entschieden, sich nicht vom Hader bestimmen zu lassen. Vielmehr war das ihr Lebensmotto: „Dankbarkeit ist die Wachsamkeit der Seele gegen die Kräfte der Zerstörung.“

Predigt

Wir feiern heute miteinander Ernte-Dank. Inmitten eines sehr schwierigen Jahres, das unendlich viel Leid über die Menschen in der Ukraine gebracht hat, aber auch die umliegenden Länder und auch uns mit betrifft.

Heute ist Erntedank-Tag: Ein Tag, der uns besonders in den guten Jahren nicht vergessen lassen soll, wem wir die Güter unseres Lebens verdanken. Aber auch in den schwierigen Jahren dürfen wir nicht zu danken vergessen, damit unsere Seele nicht von Hader und Bitterkeit zerstört wird.

Daran erinnert auch unser Predigttext, der mit uns zurückgeht in die Zeit der Wüstenwanderung des Volkes Israel. An die Schwelle zum Gelobten Land, „in dem Milch und Honig fließen wird.“

Predigttext lesen

Rückblick und Ausblick

Liebe Gemeinde, Dankbarkeit im Leben hat immer mit Rückblick auf das Bisherige und Ausblick auf die Zukunft zu tun.

Mose schaut am Ende seines Lebens gemeinsam mit seinem Volk voraus. Steht mit ihnen am Ende eines langen Weges an der Schwelle zum Gelobten Land. Hinter ihnen liegen die Knechtschaft in Ägypten, der Gottesberg Horeb und auch noch 40 Jahre Wanderschaft durch die Wüste. Vor ihnen liegt der Schritt in die Freiheit. In das Land, das Gott für sein Volk ausersehen hat. In den schönsten Farben malt er es ihnen vor Augen. Dieses vollkommene, ideale Land: Sieben Arten und Früchte stehen für die ganze Pracht und Fülle. Ja, das ganze Land wird siebenfach beschrieben: ein gutes Land (1), ein Land der Wasserbäche, Quellen und Seen (2), ein Land des Weizens und der Gerste zum Brotbacken, des Weinstocks, der das Leben zum Fest macht, die Früchte des Feigenbaums und des Granatapfels (3), ein Land der Olive und des Honigs (4), ein Land, in dem du nicht in Armut Brot essen musst (5), ein Land, dessen Steine Eisen sind und aus dessen Gebirgen du Kupfer hauen wirst (6), dass gute Land, das Gott dir gegeben hat (7).

Hier gibt es Leben in Fülle und vor allem Leben in Frieden und Wohlstand. Jede und jeder hat genug und kein Nachbar macht dem anderen seinen Besitz, seine Wasservorräte, sein Territorium oder seine Bodenschätze streitig. Aus behauenen Steinen werden die Menschen Mauern, Türme und Häuser bauen können: ein Leben in Sicherheit wird anbrechen. Not und Entbehrungen werden der Vergangenheit angehören.

Wie selbstverständlich haben auch wir den Frieden in unserem Land, den Frieden in Europa in den letzten Jahren empfunden. Viel zu selten haben wir dafür gedankt, dass wir in Frieden und Sicherheit leben dürfen.

Und wie leicht haben die Menschen sich in den Zeiten des Wirtschaftsbooms ihren Wohlstand selbst zugeschrieben. Haben darüber den Geber allen Lebens vergessen.

Diese Gefahr sieht Mose auch für sein Volk: Wie werden sie die Prüfung durch Besitz, Herrschaft und Macht bestehen? Werden sie sich die Dankbarkeit bewahren können oder sich das gute Leben schon bald selbst zuschreiben?

Für die Generation der Kriegs- und Flüchtlingskinder – wie Gerda - war und ist das noch anders. Sie haben die Schrecken und das Grauen des Krieges am eigenen Leib erlebt und nicht vergessen. Sie haben oftmals alles verloren und waren dankbar für ihr blankes Überleben, für einen kleinen Schlafplatz in der Scheune oder Baracke, für einen Kanten Brot oder ein freundliches Wort. Jeder Tag, der aus der Hölle in die Freiheit führte, wurde als ein Wunder erfahren.

So fühlten sich in diesem Jahr unzählige Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einer kleinen Tasche, den müden Kindern auf dem Arm, endlich an der Grenze zu Polen, der Slowakei oder in Deutschland angekommen sind. Sie haben ihr altes Leben auf einen Schlag verloren. Ihr Weg gleicht der Wüstenwanderung des Volkes Israel. Es ist ein Weg ins Ungewisse verbunden mit unzähligen Gefahren und Sorgen. Aber zugleich waren die Menschen dankbar für eine freundliche Geste, für eine warme Suppe oder für einen ruhigen Schlafplatz oder sogar eine Wohnung.

Die fetten und die mageren Jahre

Wenn Mose sein Volk an ihre Wüstenzeit erinnert, dann will er ihre Erinnerung stark machen: „Erinnert Euch daran, wie Gott Euch in schweren Zeiten beigestanden hat. Gott hat euch auch in der Wüste mit dem Nötigen versorgt. Euch vor Gefahren beschützt! Wenn ihr einst reich sein werdet, erinnert euch an eure Armut! So werdet ihr nicht überheblich! So bleibt ihr ein Leben lang dankbar!

So feiert die jüdische Gemeinde gleich 3x im Jahr ein Erntedankfest. Im Herbst baut sich jede Familie eine kleine Laubhütte auf dem Hof: Sie soll an die Wüstenwanderung erinnern: keine Bleibe aus Stein, sondern eine einfache Holzhütte!

Liebe Gemeinde, manche Psychologen sagen, dass es besser ist, von einer Zeit des Mangels langsam den Wohlstand zu steigern. Dann bleibt der Mensch länger dankbar und zufrieden.

Die Kriegsgeneration hat sich immer die lebendige Erinnerung an die Zeiten von Mangel und Not erhalten. Manche Kinder und Enkel mochten das schon gar nicht mehr hören: „Man schmeißt doch kein Brot weg!“; „Lass doch das Wasser nicht laufen!“; „Das muss man doch noch nicht wegschmeißen. Das kann man doch noch verwenden.“

Schwieriger ist es da für uns Heutige. Als eine der stärksten Wirtschaftsnationen der Welt haben wir in diesen Jahren gleich mehrere Erschütterungen zu verkraften: Die Klimakrise, die Coronakrise, den drohenden Krieg in Europa: Nichts ist mehr sicher: Das Klima auf unserer Erde und die Zukunft des Planeten ist bedroht. Preise für Öl, Gas und Benzin steigen, aber auch für Weizen. Die Coronakrise hat uns viel abverlangt und manche Branchen geschwächt, manche Betriebe und Gaststätten stehen gar ganz vor dem Aus.

Wir müssen tiefer in die Tasche greifen: für Energie, für die Verteidigung, für unsere Lebenshaltungskosten. „Die fetten Jahre sind vorbei“.

Das fällt schwer. Aber es kann auch gelingen, gerade in dieser Zeit die Haltung der Dankbarkeit wieder einzuüben. Das haben auch die letzten Jahre gezeigt: die Spendenbereitschaft und die Solidarität in unserem Land haben stark zugenommen. Die Menschen behalten in dieser Krisenzeit nicht alles für sich selbst. Sie übernehmen für andere Verantwortung. Manche von ihnen öffnen ihre Häuser und Wohnungen für fremde Menschen in Not.

Wir spüren: Nichts ist selbstverständlich. Alles, was ich habe, kann ich auch wieder verlieren. Ich habe darauf keinen Anspruch. Bekomme ich es trotzdem geschenkt, dann sollte ich dankbar sein und es teilen. Die Dinge und Geschenke meines Lebens wertschätzen: Der Wohlstand, die Gesundheit und der Erfolg sind nur für einige Jahre geliehen. Sind etwas, das mir nicht einfach zusteht. Sondern bleiben ein Geschenk Gottes.

Das Tischgebet

„und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den HERRN, deinen Gott, loben…“

Liebe Gemeinde, das Tischgebet ist ein wichtiger und schöner Brauch, vor dem Essen noch einmal innezuhalten. Es macht mir bewusst, wem ich eigentlich die Nahrungsmittel und die Mahlzeit verdanke. Ganz frei oder mit altvertrauten Worten: „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast und segne, was du uns bescheret hast.“ Oder der Refrain: „Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt, und hofft auf ihn.“

Auch unsere jüdischen Geschwister beten über dem Brot und segnen es: „Gesegnet seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du das Brot aus der Erde hervorbringst.“ (Psalm 104)

Vor dem Essen besteht oft die Gefahr, dass ich das Tischgebet nur herunterleiere und nicht mit meinem ganzen Herzen dabei bin.

Umso leichter aber kann das passieren, wenn ich schon gesättigt bin: wie schnell ist doch dann der Dank an Gott vergessen. So ist es eine jüdische Praxis, erst nach dem Essen das Tischgebet zu sprechen: „Du wirst essen und sattwerden und den Ewigen, deinen Gott segnen für das schöne Land.“

Der satte Mensch vergisst zu schnell, wem er eigentlich die Speisen auf seinem Tisch, die Gesundheit, das Zusammensein in Sicherheit und Frieden verdankt. Darum ist es heilsam, vor und auch nach dem Essen innezuhalten und zu beten. Wie wir es auch gemeinsam beim Abendmahl tun.

Dankbar zurückschauen und auf Gottes Beistand vertrauen

Innehalten als Rückschau und Ausblick: dazu habe ich auch an jedem Abend Gelegenheit.

Den Tag Revue passieren lassen, mit allem, was gewesen ist. Manche schreiben ein Dankbarkeitstagebuch, ein Tagebuch der schönen Augenblicke. Der Glanzlichter des vergangenen Tages: Wofür bin ich gerade heute, an diesem Tag, trotz mancher Schwierigkeiten, dankbar? Das kann die beste Hilfe zum Einschlafen sein: Ein tröstendes Wort der Nachbarin, wo Schmerzen den Alltag belasten. Ein schmackhaftes Essen. Ein Anruf der Enkelin. Die Umarmung am Abend. Die Sonnenblume im Garten oder die duftenden Äpfel im Korb. Der Sonnenuntergang in allen nur möglichen Rottönen.

Liebe Gemeinde, heute verheißt uns Gott eine Zukunft. Heute schauen auch wir voraus. Gott verspricht uns keinen Wohlstand für immer. Aber seinen Beistand: was auch immer kommt. Sogar in den Wüstenzeiten unseres Lebens.
Danke ich, bleibe ich in Beziehung zu Gott. Dann lebe ich nicht nur von meinem Brot und Wohlstand allein. Sondern auch aus der Quelle des Lebens.
Danke ich, bleibt meine Seele gesund. Bekommt mein Leben eine Richtung.
Danke ich, werde ich frei zur Antwort. Gebe ich Gott mit meinem Leben Antwort. Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Dr. Mirjam-Christina Redeker, Referentin für Personalentwicklung, EKM


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