Wochenspruch: "Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes." (Lukas 13,29)
Psalm: 86,1-2.5-11
Reihe I: Johannes 4,5-14
Reihe II: Apostelgeschichte 10,21-35
Reihe III: Ruth 1,1-19a
Reihe IV: Matthäus 8,5-13
Reihe V: Römer 1,13-17
Reihe VI: 2. Könige 5,(1-8)9-15(16-18)19a
Eingangslied: EG 66,1-3 Jesus ist kommen
Wochenlied: EG 293 Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all
Predigtlied: EG 73,1-6 Auf Seele, auf und säume nicht
Schlusslied: EG 262 Sonne der Gerechtigkeit
13 Ich will euch aber nicht verschweigen, Brüder und Schwestern, dass ich mir oft vorgenommen habe, zu euch zu kommen – wurde aber bisher gehindert –, damit ich auch unter euch Frucht schaffe wie unter andern Heiden. 14 Griechen und Nichtgriechen, Weisen und Nichtweisen bin ich es schuldig; 15 darum, soviel an mir liegt, bin ich willens, auch euch in Rom das Evangelium zu predigen.
16 Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. 17 Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Habakuk 2,4): »Der Gerechte wird aus Glauben leben.«
Mit dem 3. Sonntag der Epiphaniaszeit tritt der gesamte Erdkreis in den Blick. Von überall her erleben Menschen wie der Hauptmann von Kapernaum im Evangelium die Kraft Gottes, die sich aus der Geburt Jesu entwickelt. Die theologische Beschreibung dieses Erlebens durch den Apostel Paulus ist Epistel und Predigttext. Die wenigen Verse sind voller großer theologischer Themen (z. B. Rechtfertigung, Mission, Erwählung, Heilsuniversalismus), aus der eine Auswahl getroffen werden muss. Aufgrund der Zeit Mitte Januar und eher kleinen Gottesdiensten, die vielleicht wegen einer neuen Corona-Welle oder hoher Heizkosten auch in kühlen Kirchen stattfinden werden, legt die folgende Lesepredigt ihren Schwerpunkt auf die „Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben“.
Auch wenn die Epistel in manchen Gemeinden schon im Anfangsteil des Gottesdienstes gelesen wurde, lohnt es sich, diese nochmals eingebaut in die Predigt zu verlesen.
„Und, wie geht es ihnen so?“ Oft hören wir im Gespräch diese Frage, auf die wir meistens auch nur kurz antworten: „Ganz gut“, „Naja, es muss eben“ oder „ich will nicht klagen“. In solche kurzen Antworten merkt man, dass das Leben ganz schön viel Kraft kosten kann. Jeden Tag neu.
Denn an allen Ecken und Enden wird etwas von uns verlangt oder gefordert. Das schnelle Frühstück mit der Familie am Morgen. Der dichte Klausurenplan für die Schülerinnen und Schüler. Die Aufträge, die im Betrieb noch abgearbeitet werden müssen. Die Fenster, die auf den Glasreiniger warten. Und dann die Preise, die schon wieder angezogen haben. Das Leben kann einem ganz schön Kraft kosten. Erst recht, wenn man mit einer Traurigkeit tief in sich drinnen lebt, weil jemand fehlt, der zu einem gehörte. Weil eine Beziehung so kompliziert ist. Als wenn einem alle Energie entzogen würde.
So hat sich der Hauptmann von Kapernaum gefühlt, von dem wir im Evangelium gehört haben. Die Krankheit seines Knechtes hat ihm alle Kraft, allen Mut geraubt. Und auch der große Apostel Paulus kennt dieses Gefühl, schwach und ausgebrannt zu sein. Da ist so viel, was zu erledigen ist – die römische Gemeinde ist unzufrieden, dass er sie noch nie besucht hat. Da gibt es Gegenwind, und viele der ersten Christen drücken sich in der Öffentlichkeit davor, laut zu bekennen, dass das kleine Kind in der Krippe der Retter der Welt ist - da muss man sich ja doch schämen.
Ja, das Leben kann einem ganz schön viel Kraft kosten. Damals in biblischen Zeiten, und heute bei uns. Wo kommt die Kraft her? Und wie lebt man, wenn die Kraft fehlt? Hören wir, was der Apostel Paulus schreibt am Anfang seines Briefes an die Römer:
Lesung des Predigttextes
Diese Paulusworte sind ein Mut-Mach-Text. Aber nicht, weil Paulus so ein großartiger Mann ist und unser Vorbild darin, kraftvoll durch das Leben zu gehen. Sondern weil Paulus davon erzählt, was ihm selbst Kraft gibt. Inmitten der Vorwürfe, die er aus Rom hört. Inmitten der Schwachheit der Gemeinden, denen oft – wie auch uns – die Kraft fehlt, fröhlich ihren Glauben zu leben. Denn Paulus erzählt von einer Kraft, die ihn trägt, auch wenn er selbst schwächelt. Es ist eine Kraft, die um unsere Kraftlosigkeit weiß.
Vielleicht kennen Sie das: Wenn wir uns kraftlos fühlen, kommt oft von anderen der indirekte Vorwurf, dass wir selbst daran schuld wären: „Reiß Dich einfach zusammen, dann geht es schon.“ - „Nun hab Dich nicht so.“ - „So schlimm ist doch alles nicht.“ Und so wird mir eingeredet, wenn ich nur wollte, könnte ich neue Energie finden. Wenn ich mich nur etwas mehr anstrengen würde, wäre wieder Dynamik in meinem Leben da. Paulus sagt darum an zwei Stellen deutlich, dass er es nicht ist, der Schuld an der Kraftlosigkeit hat: Als er die Römer besuchen wollte, „wurde er bisher von anderen gehindert“. Und darum betont er, „soviel an mir liegt, bin ich willens, zu Euch zu kommen“. Andere Menschen, die Umstände, Schicksalsschläge und vieles mehr nehmen die Kraft. Dinge, für die ich nichts kann. Und so wie Paulus sich selbst nicht die Schuld dafür gibt, so tut es uns auch nicht gut, die Schuld für die fehlende Kraft bei uns zu suchen.
Was uns aber gut tut ist das Bekenntnis, dass ich neue Kraft brauche. In meinem alltäglichen Leben. Neue Dynamik für die Herausforderungen, die mich umgeben und für die ich nichts kann. Niemand hat genug Kraft, um aus eigener Kraft heraus zu leben. Sondern wir brauchen Kraft von außen. Wir können das Leben nicht „kraft unserer Wassersuppe“ bestehen, sondern wir müssen „Kraft tanken“.
Die Tankstelle für Kraft ist für Paulus das Evangelium: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.“
In der guten Nachricht von dem Gottessohn, der hier zu uns auf die Erde gekommen ist, steckt eine Kraft, die unseren leeren Kraftspeicher wieder füllt. Auch wenn fast überall die Weihnachtsbäume abgeräumt und die Weihnachtssterne eingepackt sind, ist das Licht von Jesu Geburt die Kraftquelle, die uns Müden und Kraftlosen wieder auf die Beine bringt. Eine Kraft, die, wie es das griechische Originalwort sagt, uns neue Dynamik im Leben schenkt. Was für ein großartiges Weihnachtsversprechen für unsern Januaralltag!
Es ist eine Kraft im Evangelium zu finden, für die wir nicht bezahlen müssen. Wer für sein Auto Kraftstoff tankt, der rollt angesichts der Zahlen auf der Zapfsäule die Augen. Weil der Kraftstoff kostet. Aber man muss ja tanken, koste es, was es wolle. - Die Kraft, die Paulus im Evangelium findet, wird ihm geschenkt.
Martin Luther hat darum diese Paulusverse geliebt und immer wieder über sie gepredigt. Weil er in ihnen seine eigene Erfahrung widergespiegelt findet, dass die gute Nachricht vom Gottessohn eine Kraft ist, für die wir weder gute Werke oder Spendeneuros bezahlen müssen. Und so ist er immer wieder dankbar für die Erfahrung, wie das Evangelium sein Leben verändert und mit neuer Kraft erfüllt.
Ein Geschenk, für das sich niemand schämen muss – so schreibt es Paulus. Und er meint damit: Wenn ein Kind beim Spazierengehen hinfällt, sich das Knie aufschlägt, und wenn es dann von seiner Mutter in den Arm genommen und getröstet wird – vor allen Leuten, die noch auf der Straße sind, dann sieht zwar jeder, dass es Hilfe braucht, aber peinlich ist es nicht. Dafür muss man sich nicht schämen. Als Christ, als Pfarrer(in), als Lektor(in), als GKR-Mitglied muss es mir genauso wenig peinlich sein, dass ich diese Kraft, diese Energie in meinem Leben brauche. Ja, ich bin oft kraftlos. Ja, mein Leben kostet oft viel Kraft. Ja, ich brauche Dynamik, die ich mir nicht selbst schaffen kann.
„Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.“ Es ist vollkommen egal, ob wir Ossis oder Wessis sind, ob unsere Hautfarbe diese oder jene Färbung hat. Als Christen brauchen wir alle diese Kraft, die von dem Jesus-Kind in der Krippe ausgeht. Nicht nur jetzt in der Nachweihnachtszeit, sondern das ganze Jahr über.
Mit dem Hauptmann von Kapernaum, mit den heiligen drei Königen der Epiphaniaszeit, mit Paulus erlebe ich, dass ich diese Kraft brauche. Und in Jesus Christus verspricht uns Gott diese Kraft, diese Lebensenergie. Nicht im vorherein für alle Zeiten. Und auch nicht so, dass wir vor Kraft nur so strotzen und irgendwann meinen, wir könnten es allein.
Sondern immer dann, wenn wir selbst mutlos und matt sind. Wenn uns alles zu viel wird. Dann finden wir in der guten Nachricht die Kraft, die unserem Leben heute die Dynamik schenkt, die wir heute brauchen. Und auch morgen werden wir die Kraft finden, die wir für den morgigen Tag brauchen. Das verspricht uns Gott.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Dr. Folker Blischke, Wilhelmstraße 50, 06536 Roßla
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