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Das Geheimnis der Herkunft

von Gerhard Begrich (Drübeck)

Predigtdatum : 24.12.2006
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Heiligabend (Christvesper)
Textstelle : Johannes 7,28-29
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Wochenspruch:
Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.
(Johannes 1, 14)
Psalm: 2 oder 96 ( EG 738 )

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 9, 1 – 6
Epistel: Titus 2, 11 – 14
Evangelium: Lukas 2, 1 – 14 (15 – 20)


Liedvorschläge
Eingangslied: EG 27 Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
Wochenlied: EG 23 Gelobet seist du, Jesus Christ
Predigtlied: EG 40 Dies ist die Nacht, da mir erschienen
Schlusslied: EG 46 Stille Nacht

Johannes 7, 28 – 29
28 Da rief Jesus, der im Tempel lehrte: Ihr kennt mich und wisst, woher ich bin. Aber nicht von mir selbst aus bin ich gekommen, son-dern es ist ein Wahrhaftiger, der mich gesandt hat, den ihr nicht kennt. 29 Ich aber kenne ihn; denn ich bin von ihm, und er hat mich gesandt.


Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder!

Da kommt man nach Hause – und da ist Weihnachten. Alle Jahre wieder. Man weiß es und hätte es wissen können. Aber: Weihnachten kommt immer zu früh. Auf einmal heißt es: mor-gen ist Heilig Abend. – Nun aber los, und dann beginnt, aber wohl auch schon zu spät, die Weihnachtshektik, der berühmte Weihnachtsstress...

Nun aber ist es geschafft, wir sind hier, sitzen da – und warten: auf die immer gleichen Lieder, die gleiche Geschichte. Alles wie im vergangenen Jahr. „Gelobet seist du, Jesu Christ“ haben wir gesungen, „Stille Nacht, heilige Nacht“ singen wir gleich und die Weihnachtsgeschichte nach Lukas im Deutsch von Martin Luther – und keinen anderen Text (!) bitte, haben wir gehört. Weihnachten gilt mehr und ganz besonders: keine Ex-perimente, nichts Neues. Wir freuen uns über das Bekannte, das Uraltbekannte, über das, was wir alle schon wissen: Die Botschaft der Engel – für die ganze Welt. Die lautet: Euch ist heute der Heiland geboren: Das muss dreimal gelesen werden, einmal liegt der Ton auf Euch, dann auf Heute und schließlich auf IHM, dem Heiland.

Und da gibt es wirklich nichts Neues zu sagen. Denn mehr geht überhaupt nicht. Christentum ist immer Weihnachtschristen-tum. Ohne Weihnachten gar nichts. Dies ist die Nacht aller Nächte für Kirche und Welt, für Stadt und Land – und für uns. Von dieser frohen Botschaft leben wir. Jahr für Jahr, Tag für Tag. Immer und jederzeit.

Wir also gehören nicht zu denen, die die Hauptsache vergessen haben – wie jene Tierversammlung in der schönen Geschichte vom Weihnachten der Tiere. Wie? Sie kennen die gar nicht, die hat ihnen noch niemand erzählt? – Na gut. Hier ist sie:

„Es war am Morgen der Heiligen Nacht, da hatte der Löwe die Tiere des Waldes eingeladen, um den kommenden Abend rich-tig und schön vorzubereiten. Und alle Tiere kamen. Nun, fast alle. Was brauchen wir, fragte der König.
Mohrrüben und grünen Kohl, gesunde Kost für den Magen, sagte der Hase. Ach was – sagte der Wolf. Ich brauche Hasen-braten, es kann auch ein Kaninchen sein. Schmuck, Gold und Silber – kreischte etwas zu schrill die Elster. Ruhe brauch ich, sagte der Dachs. Ich will mal wieder richtig schlafen, einfach schlafen.
Wir brauchen Licht, viel Licht, sagte der Luchs. Es muss dun-kel sein – und gemütlich, flüsterte die Eule. Und der Fuchs schrie etwas aufgeregt: Ohne Gänsebraten kann ich mir Weih-nachten gar nicht vorstellen. Und ich brauche Süßes, viele Sü-ßigkeiten, brummte der Bär. Kein Heiliger Abend ohne Lübe-cker Marzipan. Und ich, sagte der Ochse, will einmal wieder richtig saufen, Liter für Liter.

Dann schwiegen die Tiere. Der Löwe fragte: Ist das alles? Ist das wirklich alles? I-A, schrie der Esel: Wir haben das Wich-tigste vergessen: Das Kind!“ Soweit die Geschichte. Hier höre ich auf. Wer weiß, wie es im Wald weitergeht.

Wir hören diese Geschichte ohne Ermahnung oder pädagogi-sche Absichten – wir haben das Kind nicht vergessen. Wir nicht.
Ein Kind wird geboren. Sogleich schreit es. Wegen der Lunge, sagen die Leute. Stimmt aber nicht. Es ist wegen des Zustandes der Welt.
Bin ich hier richtig, fragt das Kind. Habe ich liebende Eltern? Die richtige Hautfarbe? Das richtige Land? Brot zu essen und Muttermilch? Wird Krieg geführt, kann ich das Wasser trinken, die Luft atmen? Haben meine Eltern Arbeit, sind sie glücklich? – Na dann besten Dank, dann bin ich es auch. –
So schreit das Kind, und röchelt ein wenig, das klingt wie örö, örrö oder so ähnlich... Das ist französisch: Je suis heureux (ge-sprochen: sche swiesörö). Ich bin glücklich – sagt, schreit, weint das Kind. Seien wir’s auch. Denn wir wissen: In jedem Kind beginnt Gott seine Schöpfung neu. Ein Kinderlachen er-hält die Welt...

Nein. Wir haben das Kind nicht vergessen. Schon gar nicht zu Weihnachten. Den Heiland der Welt. Wir kennen die Bot-schaft: Euch ist heute der Heiland geboren. Wie gehabt. Also. Was gibt es da noch zu sagen? Oder zu fragen? Ob es denn wahr ist? Ob dieses Kind, der Sohn der Maria, der Retter, der Messias – der Christus ist? Diese Frage ist erlaubt. Auch heute.
Wo bleibt die Antwort, die nicht nur sagt: Es ist so! ?

Wir suchen diese Antwort gemeinsam – in einem Bild. Das Bild sehen wir nicht, niemand hat es. Denn es ist zu sehen im Elsaß, in Frankreich also: in Colmar. Der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Er hat uns eine Antwort gemalt – auf sei-nem Weihnachtsbild. Was ist hier zu sehen – und was nicht?

Was? Vor einer gotischen Kapelle singen und musizieren die Engelchöre – man sieht ihre Freude. Maria sitzt draußen, in einem Garten. Hinter ihr ist ein Berg zu sehen, an dessen Fuß eine Kirche steht, neben Maria ein roter Rosenstock, vor ihr ein Waschzuber aus Holz – und ein Nachttopf (!).

Jetzt haben wir schon beinah genug gesehen – und wissen, was fehlt: kein Ochs, kein Esel, keine Krippe, kein Heu. Hier wird also neues erzählt: Auf dem Berg strahlt Gottes Herrlichkeit im Glanz von lauter Engeln auf einem Thron aus Gold. Diese Of-fenbarung der Herrlichkeit Gottes sieht Maria nicht. Die Mutter sieht nur ihr Kind.

Diese Bilder erinnern. Woran?
Der Berg, auf dem die Herrlichkeit Gottes erscheint, ist doch der Sinai. Dort hörte Israel Gottes Stimme – jetzt spricht Gott auch zu uns, zu seiner Kirche. Auch wir haben jetzt Zutritt zu IHM, unserem Gott. Darum steht also die Kirche am Berg: der Ort Seiner Gegenwart. Denn das will doch die Kirche sein, da-zu wird sie gebraucht in der Welt: Ort der Begegnung, der Be-gegnung mit Gott.

Maria trägt ein schönes rotes Kleid und einen blauen Umhang. Rot und Blau. Das sind die Marien-Farben. Sind sie aber nicht. Maria hat keine eigene Farbe. Rot ist die Farbe für die Liebe Gottes; Blau ist die Farbe für die Gegenwart des Himmels in Christus. Maria ist also eingehüllt in die Farben Gottes und Christi! Und – mischt man diese Farben – was ergibt sich dann? Genau: Violett. Das ist die Farbe der Kirche. So sitzt Maria in diesem Bild des Malers Matthias Grünewald auch al-so Vor-Bild für die Kirche – und schaut auf ihr Kind, unseren Heiland, den Christus. Die Herrlichkeit Gottes spiegelt sich in diesem Angesicht des Kindes.

Das ist die große weihnachtliche Theologie, in diesem Bild: Gott ist in Christus. Schaut auf dieses Kind. Da habt ihr euren Gott! Besser kann man es nicht sagen – und schon gar nicht schöner malen!

Und nun nochmals dieser Nachttopf: Gott ist Mensch gewor-den, ganz und gar: das Wunder der Weihnacht. Mit diesem Wunder im Herzen verlassen wir den Maler, verlassen wir Colmar...

Wir sind ein bisschen verwirrt – was haben wir gefragt. Ob es denn wahr ist? Mit Fragen kommen wir Gott nah.
Auch in Jerusalem haben sie Jesus einst gefragt, ob er der Christus, der Messias sei. Und er hat ihnen geantwortet. Wir können seine Antwort noch heute lesen: „Ihr kennt mich und wisst, woher ich bin. Aber nicht von mir selbst aus bin ich ge-kommen, sondern von IHM, der mich gesandt hat.“ (Johannes 7,28-29).

Und wir hören Seine Antwort, nehmen sie mit Freuden zu Her-zen – und fügen still für uns hinzu: „Geboren von der Jungfrau Maria“. Wir wissen, dass das nicht geht, eine Jungfrau be-kommt kein Kind. Maria aber doch.

Wir leben von den Dingen, die eigentlich nicht gehen. Wir le-ben von diesem Weihnachtswunder. Und mit uns die ganze Welt. Des sind wir fröhlich. AMEN


Vorschläge für Predigtlied und Schlusslied

Predigtlied: EG 46 Stille Nacht
Schlusslied: EG 44 O du fröhliche

Provinzialpfarrer Dr. Gerhard Begrich, Klostergarten 6, 38871 Drübeck , PK@kloster-druebeck.de

Herausgegeben vom

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