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Das vornehmste Gebot

von Karsten Müller (39104 Magdeburg)

Predigtdatum : 23.10.2011
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 16. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Markus 10,17-27
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Wochenspruch:Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe. (1.Johannes 4,21)

Psalm: 1 (EG 702, Bayern/Thüringen 732)

Lesungen

Altes Testament: 2.Mose 20, 1 - 17

Epistel: Römer 14, 17 - 19

Evangelium: Markus 12, 28 - 34

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 140 Brunn alles Heils

Wochenlied: EG 494 In Gottes Namen fang ich an

Predigtlied: EG 354 Alles ist an Gottes Segen

Schlusslied: EG 170 Komm, Herr, segne uns

Der Predigttext wird in der Predigt abschnittweise ausgelegt

Liebe Gemeinde,

das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften« Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« . Es ist kein anderes Gebot größer als diese. So beantwortet Jesus heute im Evangelium die Frage nach dem höchsten Gebot. So einfach ist das: Gott lieben und den Nächsten lieben. So schwer ist das: Gott von ganzem Herzen lieben und den Nächsten wie sich selbst.

Immer wieder gibt es Menschen, die es versuchen. Wir gehören als Getaufte zu ihnen. Wir sind mit Jesus auf dem Weg. Im Markusevangelium lesen wir im 10. Kapitel:

Und als Jesus sich auf den Weg machte, lief einer herbei, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?

Zwei Menschen sind auf dem Weg. Sie sind auf unterschiedlichen Wegen. Jesus geht den Weg zum Kreuz, der Namenlose sucht den Weg zum ewigen Leben. Hier kreuzen sich ihre Wege, die unterschiedlicher nicht sein können und doch das gleiche Ziel haben. Der Unbekannte hat auch eine Ahnung, dass Jesus aus Nazareth wissen könnte, wo es lang geht.

Wir stehen daneben und ich frage mich: Ist die Frage nach dem ewigen Leben eigentlich mein Problem? Das ewige Leben ererben – ist das eine drängende Frage? Sind da nicht andere Fragen wichtiger? Leben wir nicht viel zu sehr in dieser Welt, als dass uns die jenseitige so sehr interessiert?

Aber Jesus sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein.

Schon Kinder lernen, dass man nicht mit einer Frage auf eine Frage antworten soll. Jesus gibt eine Antwort auf eine Frage, die ihm gar nicht gestellt wurde. Es geht nicht um Gott, es geht um den Fremden. Auf der anderen Seite: Die Anrede ist auch ein bisschen übertrieben. „Meister“ hätte es auch getan. Ob der Fremde dachte: Dieser Rabbi Jesus, von dem die Leute so wunderbare Dinge berichten, der hat doch sicher schon einen Fuß im Himmel Der muss doch wissen, wie man das macht: ewiges Leben erben?

Die merkwürdige Antwort von Jesus zeigt: Die Dinge des ewigen Lebens sind Sache des Vaters. Dafür bin ich nicht zuständig. Und dann redet Jesus weiter zu dem Fremden:

Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; ehre Vater und Mutter.«

Es fällt auf, dass die Gebote der Gottesverehrung in der Aufzählung fehlen. Der Fremde fragt nach dem Himmel und erhält eine sehr irdische Antwort. Es scheint auch so, als ob er nun „aus dem Schneider“ ist, denn er kann sagen:

Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf. Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach! Er aber wurde unmutig über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter. Und Jesus sah um sich und sprach zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!

Wir konzentrieren uns oft bei dieser Aufforderung Jesu auf die Frage des Besitzes, des Reichtums, der aufgegeben werden soll. Die Verhältnisse in denen wir in der Regel leben, stehen vor der Aufforderung, einen radikalen materiellen Schnitt zu machen, sofort in einem schlechten Licht da. Aber Jesus will uns kein schlechtes Gewissen machen, Forderungen aufstellen, die nicht erfüllbar sind. Wer in einer Familie lebt, wer seinem Partner, seiner Partnerin versprochen hat, in guten wie in schlechten Tagen das Leben zu teilen, der kann nicht einfach sagen: So, jetzt folge ich Jesus nach, seht mal zu, wie ihr klarkommt.

Der Satz, auf den es in unserer Geschichte für uns ankommt, ist:

Komm und folge mir nach!

Dabei geht es hier nicht um ein Hinbiegen einer radikalen Forderung, so dass sie in unser bürgerliches Leben passt. Jesus hat Menschen immer in konkreten Situationen angesprochen. Diese Anrede hören Menschen in unterschiedlicher Weise bis heute. Wir alle wissen, dass es immer auch Schwierigkeiten gibt, wenn wir versuchen, unser Leben als Christen zu leben. Es ist nicht so einfach, wie es klingt, sich klarzumachen, was gerechtes Leben ist. Es ist auch nicht so einfach, gegen die Gedanken der Mehrheit, das Gebot der Nächsten- und Gottesliebe zu setzen. Immer wieder wird es auch Menschen geben, die einen radikalen Ruf hören und diesem radikal folgen. Aber sie sind nicht automatisch Vorbilder, sondern sie erinnern uns daran, dass die Übereinstimmung unseres Lebens mit Gottes Gebot und Wort eine bleibende und auch nie erfüllte Aufgabe ist.

Es wird auch immer wieder Menschen geben, die dem Ruf von Jesus nicht folgen können oder wollen. In unserer Geschichte ist die Spannung zwischen dem Wollen und Können bei dem Fremden deutlich zu merken. Er hadert mit sich selbst, kann den entscheidenden Schritt nicht gehen und wird darüber traurig. Schnell kann er zum geistlich Gescheiterten gestempelt werden. Aber sicher geht die Liebe von Jesus, mit der er seine Forderung in die Nachfolge einleitet, über unser Unvermögen hinaus.

Die Schwere des Auftrags bleibt. Leben mit Gott ist keine Wellness-Veranstaltung. Es kann einem viel Kraft geben aber auch Kraft kosten. Gedanken, die auch den Jüngern nicht fremd sind:

Die Jünger aber entsetzten sich über seine Worte. Aber Jesus antwortete wiederum und sprach zu ihnen: Liebe Kinder, wie schwer ist's, ins Reich Gottes zu kommen! Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.

Wir atmen ein bisschen durch, jedenfalls wenn wir landläufig annehmen, dass wir ja nicht zu den wirklich Reichen gehören. Aber dann fällt schnell auf, dass Reichtum ja relativ ist. Wie reich bin ich im Verhältnis zu – einem Menschen in Afrika zum Beispiel?

Das fällt wohl den Jüngern auch gerade ein: Sie entsetzten sich aber noch viel mehr und sprachen untereinander: Wer kann dann selig werden? Jesus aber sah sie an und sprach: Bei den Menschen ist's unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.

Schwamm über allen Anspruch, der in dieser Geschichte steckt? Ist der Übergang zur Tagesordnung vorgezeichnet? Kann also alles bleiben, wie es ist?

Kann es nicht. Wird es auch nicht. Uns hat Jesus ganz unterschiedlich gerufen, wahrscheinlich bedingungslos, also: ohne Bedingung. Zu teilen, von dem was ich habe, abzugeben – das ist bei uns nicht Bedingung der Nachfolge, sondern ihre Wirkung. Es ist gut, wenn wir daran als Christen erkennbar sind.

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften. Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Das geht ganz praktisch. Amen

Verfasser: Provinzialpfarrer Karsten Müller

Zinzendorfplatz 3, 99192 Neudietendorf

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