Das vornehmste Gebot
von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)
Predigtdatum
:
11.10.1998
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
16. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Römer 14,17-19
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Wochenspruch:
Dies Gebot haben wir von ihm, daß, wer Gott liebt, daß der auch seinen Bruder liebe. (1. Joh. 4,21)
Psalm: 1 (EG 702)
Lesungen:
Altes Testament:
2. Mose 20,1-17
Epistel:
Römer 14,17-19
Evangelium:
Markus 12,28-34
Liedvorschläge:
Eingangslied:
EG 450
Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied:
EG 397
oder EG 494
Herzlich lieb hab ich dich, o Herr
In Gottes Namen fang ich an
Predigtlied:
EG 133,8+11+13
Du, Herr, hast selbst in Händen
Schlußlied:
EG 322,5
Er gebe uns eiun fröhlich Herz
17 Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem heiligen Geist. 18 Wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen geachtet. 19 Darum laßt uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander.
Liebe Gemeinde!
Die ersten Worte des Textes, den wir hier gehört haben, erscheinen uns einerseits recht selbstverständlich. Andererseits können sie uns doch allzu leicht in Konflikte bringen. Das Reich Gottes ist eine Sache des geistlichen Lebens, und Essen und Trinken ist eine Sache unseres rein körperlichen, irdischen Lebens - eine pure Selbstverständlichkeit. Oder hat da etwa irgendjemand Zweifel?
Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem heiligen Geist.
Nun sind auch heute noch viele Menschen der Meinung, das Reich Gottes sei das Reich der Ewigkeit, das zukünftige Reich, das Jenseits, das uns nach unserem leiblichen Tod erwartet, wenn wir das ewige Leben haben.
Das ist ein fundamentaler Irrtum. Das Reich Gottes ist auch schon hier in dieser Welt, in unserer Zeit. Durch Jesus Christus ist es sichtbar angebrochen. Dies in Abrede zu stellen, das würde bedeuten, daß man die Herrschaft Gottes über seine Welt in Abrede stellen wollte.
Gott hat diese seine Welt erschaffen, sie gehört ihm und ist uns nur als Leihgabe überlassen. Für uns kommt es nun darauf an, wie wir damit umgehen.
Soweit wir uns nach seinem Willen verhalten, stehen wir in seinem Reich. Wo wir uns ihm entziehen, stehen wir unter der Herrschaft des Bösen.
An anderer Stelle hat Paulus den Unterschied zwischen leiblich und geistlich deutlich gemacht. Das sind keine gegensätzlichen Welten, sondern zwei Teile unseres Menschseins.
Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist.
Das stimmt ja nun unbestreitbar. Aber in früheren Generationen hat man daraus den Trugschluß abgeleitet, daß Essen und Trinken zum Reich Gottes im Widerspruch stehe. Genau da liegt der Irrtum: Essen und Trinken als solches stehen in keinem Widerspruch zum Reich Gottes, sondern nur ihre Überbewertung. Für das Reich Gottes kommt es nicht darauf an, daß wir etwa dem Essen und Trinken eine Absage erteilen. - Wer hätte da schon etwas davon?
Gott will, daß alle von ihm geschaffenen Menschen leben sollen. Und zum Leben gehören nun einmal Essen und Trinken notwendigerweise dazu. Es kommt nur auf die Bewertung an. Es ist nur die Überbewertung des Irdischen, des Leiblichen, die Genußsucht, die Maßlosigkeit, die zum Reich Gottes im Widerspruch stehen.
Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist.
Zur Gerechtigkeit gehört auch, daß wir die Gaben dieser Erde nicht ausräubern oder sie egoistisch nur für uns nutzen, sondern daß wir sie bewahren, und vor allem, daß wir andere teilhaben lassen an dem, was uns anvertraut ist. Man kann dies auch ganz konkret als ein Stück praktizierten Friedens bezeichnen.
...in dem heiligen Geist - Wo uns der Heilige Geist regiert, da handeln wir auch entsprechend. - Wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig. - Christus zu dienen, das ist im Grunde ganz einfach: Wir brauchen nur so zu leben, wie er es uns vorgemacht hat. Und doch ist das oft so unendlich schwer!
Nun steht hier noch eine andere Zusage, die uns vielleicht ein bißchen locken könnte: ...bei den Menschen geachtet. - Wer so lebt, daß es den Menschen gefällt, daß er bei den Menschen geachtet ist, der gerät eben auch allzuleicht in die falsche Richtung.
Wer aber so lebt, daß er Gott wohlgefällig ist, der braucht nicht erst auf den Gotteslohn zu warten, sondern er bekommt den Lohn jetzt schon zu spüren, weil ihn die Menschen um seiner Handlungsweise willen achten.
Auch hier stehen wir in der Gefahr eines Mißverständnisses: Wohlgefällig in Gottes Augen und geachtet von den Menschen - das muß eben doch kein Widerspruch sein, sondern beides verträgt sich miteinander - sofern wir nicht auf den Beifall derer abzielen, die ihren Weg unabhängig von Gott suchen.
Wenn uns die Menschen um dessentwillen achten, was Gnade vor Gottes Augen findet, dann zeigt sich darin eine Harmonie. Und es gibt auch heute viele Menschen, die sich selbst nicht gern vom heiligen Geist lenken lassen wollen, die aber dennoch vor solchen Menschen Respekt haben, die einen geradlinigen Weg gehen.
Hier löst sich ein vermeintlicher Widerspruch und ein verbreiteter Mißverständnis auf:
Wohlgefällig in Gottes Augen und geachtet von den Menschen - das ist eben kein Widerspruch, sondern beides gehört zueinander. Wenn uns die Menschen um dessentwillen achten, was Gnade vor Gottes Augen findet, dann zeigt sich darin eine Harmonie. Und in ihr zeigt sich die Gottes-Herrschaft in dieser Welt, daß seine Maßstäbe auch für solche Menschen Gültigkeit haben, die seinen Namen nicht dauernd im Munde führen.
Jesus selbst hat auch nicht gehungert, um das Reich Gottes in sein Leben zu holen. er hat sich vermutlich fast immer sattgegessen. Er hat auch gefastet, als es sinnvoll war. Und er hat mit den Hochzeitsgästen gefeiert und gegessen und getrunken und war fröhlich mit ihnen.
Darum laßt uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander.
Wenn wir uns an solchen Maßstäben orientieren, dann ist das ein Stück Reich Gottes in unserem Leben. Daß wir die Kraft dazu nicht aus uns selbst holen können, sondern sie uns täglich neu schenken lassen müssen und schenken lassen dürfen, das ist auch ein Stück Reich Gottes: Nur indem wir ihn als den Herrn unseres Lebens anerkennen, finden wir die Kraft und die Weisheit, richtig - das heißt: nach den richtigen Maßstäben - zu leben.
Schon der Prediger Salomo hat gesagt, daß jedes Ding seine Zeit habe.
„Alles zu seiner Zeit“ - so lautet eine alte Weisheit in unserer Sprache. Das gilt auch für Essen und Trinken - und besonders für die Gedanken, die wir darauf verwenden.
Machen wir uns Sorgen um unsere Nahrung? - Das mag im Einzelfall so richtig sein.
Auch wennn hierzulande bei uns in der Regel kein allzu häufiger Anlaß besteht zu derartiger Sorge, so neigen wir doch mitunter dazu, uns um das leibliche Wohl mehr Sorgen zu machen, als uns zuträglich ist.
Und wenn wir darüber die Verbindung mit Gott verlieren, den Dank vergessen, alles als Ansprüche empfinden, die wir an unser Leben zu stellen hätten, dann sind die Maßstäbe verschoben.
Verbindung mit Gott zu halten, unsere tägliche Nahrung mit Dankbarkeit anzunehmen, das ist ein Stück Friede und Freude im Heiligen Geist. Und wo der unsere Herzen regiert, da ist das Reich Gottes gegenwärtig.
Das möge uns allen täglich neu bewußt werden und in unserem Leben wirksam werden. Dann spüren wir, was es auf sich hat mit dem Reich Gottes auf Erden. Amen.
Verfasser: Martin Bender, Prädikant, Südring 98, 55128 Mainz-Bretzenheim
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