Wochenspruch:
Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. 2. Korinther 5,10
Psalm: Psalm 50, 1.4 - 6. 14 - 15.23
Lesungen
Altes Testament: Jeremia 8, 4 - 7
Epistel: Römer 8, 18 - 23. (24 - 25)
Evangelium: Matthäus 25, 31 - 46
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 568 Wo zwei oder drei in meinem Namen
Wochenlied: EG 149 Es ist gewisslich an der Zeit
Predigtlied: EG 65/637 Von guten Mächten treu und still
Schlusslied: EG 572 Herr, wir bitten: Komm und segne uns
Liebe Gemeinde,
unser Predigtwort führt in die Zeit um 90 n.Chr., - an das Ende des erstes Jahrhunderts zurück. Die Urgemeinde war schon so stark geworden, dass Kaiser Domitian sie als Gefahr für die bestehenden Verhältnisse – für seine Machtstellung – wahrnimmt: er ordnet eine Christenverfolgung an.
Johannes, schon hochbetagt, wird in die Verbannung geschickt. Das würde seinen sicheren Tod bedeuten. Aber der Schlag war ein Eigen-tor, Gott nutzt die Verbannung aus – um Johannes die Offenbarung zu schenken – aus Abgeschiedenheit und „Stille –Sein - Müssen“ erwächst ein Segen für die ganze Christenheit.
Johannes, auf der relativ kleinen, unbewohnten Insel Patmos, wird zum Seher. Zunächst sieht er nur Wasser ringsum. Vor seinem in-neren Auge aber wird das Meer dann zum Völkermeer... mal liegt es still und friedlich, dann kommt Sturm auf... einzelne Tiere tauchen aus den Fluten auf... Herrscher, die für Unruhe sorgen - wie Domi-tian, und dann öffnet Gott ihm den Blick noch weiter, er darf noch tiefer, darf dahinter schauen – er bekommt Durchblick!
Er sieht Vorläufiges und Letztes – dann den Ersten und Letzten:
Er sieht, dass der wahre Herr der Welt nicht in Rom, sondern in den armseligen, verfolgten, christlichen Gemeinden verehrt wird. Der wahre Herr der Welt ist der gekreuzigte, auferstandene und wieder-kommende Herr!
Johannes sieht Visionen von sieben Gemeinden in seinem Wirkungs-bereich in Kleinasien – der heutigen West-Türkei und schickt ihnen Sendschreiben - Briefe u.a., den an die Gemeinde von Smyrna.
Smyrna, das jetzt „Izmir“ heißt, liegt am Mittelmeer und zählt heute 2,5 Millionen Einwohner. Schon damals in der Antike war es eine bunte Stadt, voller Leben und außergewöhnlich schön: die „Zierde der Provinz Asia“ nannte man sie. Große, breite, gerade Straßen führten von einem zum anderen Ende. Die besten Theater fand man dort. Sie war die Heimat großer Philosophen und Dichter:
Pythagoras, Heraklit, Homer.
In der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts kam die „Gute Nach-richt“ von Jesus Christus auch dorthin, aber die kleine Gruppe des neuen Glaubens wurde zunächst nur belächelt: Bemitleidenswerte,- Leute, die nicht zu Leben verstanden.
Anders hingegen die ehrgeizigen Bürger von Smyrna. Der römische Kaiser Domitian - in der Offenbarung wird er als Inbegriff des Teu-fels selbst beschrieben, nannte sich Herr aller Herren und fühlte sich als Gott, er konnte mit ihnen zufrieden sein – sein Kult schrieb gute Zahlen. Einmal im Jahr hatten sie vor seiner Kaiserstatue in der Stadt ein Opfer zu bringen. Sie lieferten ihr Bekenntnis ab, konnten dann aber ihre Wege gehen. So wurde sein Riesenreich zusammengehal-ten...
Die Christen konnten das nicht, denn sie bekannten: es gibt nur den einen Herrn und Gott – daneben keinen anderen… Eigentlich waren sie nicht aufsässig – aber in diese Ecke konnte man sie leicht schie-ben und damit los werden.
Das tat wohl die „Synagoge des Satans“. Die Juden waren als ein-zige vom Opferkult ausgenommen. Die kleine christliche Gemeinde hat sich von der jüdischen Gemeinde getrennt - vielleicht ist sie auch hinausgeworfen worden, jetzt kommen sie massiv unter Druck.
Darüber urteilen können und dürfen wir nicht, schon recht nicht, solche Worte über „die bösen Juden“ heute wiederholen. Weitaus Schlimmeres ist im christlichen Namen, unter christlichem Zeichen („Kreuzzüge“) jüdischen Mitbürgern und sogar den eigenen Schwes-tern und Brüdern angetan worden!
Die Synagoge Satans hat offene, weite Tore. Da treten Juden ein und Christen und Andersgläubige und beginnen die anderen zu hassen, zu verleumden und zu vernichten. Und Satan macht ihnen darüber hinaus noch vor, das wäre der Wille Gottes, Jesu oder Allahs.
Damals jedenfalls wandern viele Christen, die nicht bereit sind, dem Domitian zu huldigen und damit ihrem Gott abzusagen, ins Gefäng-nis.
Johannes will sie ermutigen und trösten:
Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
Das ist die Botschaft an die Gemeinde in Smyrna, in der viele in den sicheren Tod gehen. Das ist auch die Botschaft an uns in diesen letzten Tagen des Kirchenjahres, an denen viele an den Gräbern geliebter Menschen stehen und dort auch den eigenen Tod vor Augen haben - denn mit dem geliebten Menschen ist ja schon ein Stück des eigenen Lebens verloren gegangen.
Über den Tod hinaus ins Leben führen, kann nur Gott. Aber den An-blick des Todes aushalten, die Klagen der Trauernden ernst nehmen, einander begleiten, das können auch wir. Wo Menschen das tun, da stehen sie auf Gottes Seite, denn Gott steht auf der Seite der Leid-tragenden. Heute, am Volkstrauertag denken wir daran, was unserem Volk angetan wurde, aber eben auch, was durch unser Volk anderen angetan wurde.
Totengedenken und Erinnerung an böse Geschichte ist deshalb keine lästige Pflicht. Wir sollten uns diesem Gedenken nicht entziehen durch den vorzeitigen Gang auf den Weihnachtsmarkt.
Und wir sollten uns zum anderen die Frage gefallen lassen: haben wir Christen heute noch den Mut, uns zu unserem Glauben an Jesus Christus als dem Herrn zu bekennen, der ist, der war und der kom-men wird? Oder sind wir eher der Meinung, wie einige zum Gedenk-tag von Dietrich Bonhoeffer äußerten: „War es nicht dumm, so stur und starr seinen Glauben, seine Überzeugung öffentlich zu zeigen, und seinen Mund für die Stummen zu öffnen? Was brachte es ihm? Wäre er nicht besser im Ausland geblieben, um dann später besser in Deutschland wirken zu können?“
Bonhoeffer warnte schon zwei Tage nach Hitlers Machtübernahme in einer Rundfunkrede: „… ein Führer könne auch schnell zum Verführer werden.“. Und wenig später: „…dieser Mann bringt Krieg!“. In Richtung der unentschiedenen Kirche sagte er: „Nur wer für die Juden schreit, darf gregorianisch singen.“. Seine Arbeit führte ihn mehrmals in die USA – letztmals 1939 . Freunde warnten vor der Rückkehr nach Deutschland. Bonhoeffer sah aber hier seine Auf-gabe. Im Widerstand – selbst wenn es Freiheit und Leben kostet.
Am seinem letzten Tag, am 9. April 1945 im KZ Flossenbrügg – wenige Tage vor Befreiung des Lagers durch die Amerikaner - musste er nackt zum Galgen gehen, seine letzten Worte waren: „Das ist das Ende – für mich der Beginn des Lebens“.
Aber noch vorher - in Freiheit, Weihnachten 1942 – nach fast 10 jähriger Naziherrschaft, schrieb er: „Wir sind Stumme Zeugen böser Taten [Judenverfolgung] geworden, sind mit vielen Wassern gewa-schen, haben die Künste der Verstellung und mehrdeutigen Rede gelernt – sind wir noch Kirche Jesu Christi – sind wir noch brauch-bar?“.
Dass der Glauben das Leben kosten kann – können wir uns gar nicht mehr recht vorstellen – dabei wurden 2010 weltweit geschätzte 100 Millionen Christen bedrängt, verfolgt, getötet… Noch nie war diese Zahl so hoch wie heute… Eine Not, die uns eigentlich nicht unbe-rührt lassen kann! Sind es doch unsere Schwestern und Brüder...
Aber wir haben scheinbar andere Probleme, wir fragen: „Kirche wo-hin?“ Pfarr- und andere Stellen müssen aus Kostengründen gestri-chen werden, denn leerstehende Gebäude kosten viel .. - Umbau - oder „Rückbau“ - wozu – für wen soll man sie noch halten... ?
Wenn von zehn Gemeindegliedern nur durchschnittlich zwei im Gottesdienst anzutreffen sind, ist das nicht die Erklärung dafür, dass die äußere Armut der Kirche eigentlich Zeichen einer inneren Ver-armung ist?
Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Die Christen von Smyrna machten nicht alles Geforderte mit und setzten Karriere, Ruf, Ansehen aufs Spiel.
Wir müssen heute auch nicht jedem Zeitgeist nachgeben und nicht jeden Trend mitmachen. Es gibt wohl viele Gefahren, sich anzu-passen oder zu erstarren, oder sich nach allen Seiten hin zu verlieren. Unsere Verantwortung für die Gesellschaft ist gefragt, der Einsatz dafür, dass Anstand und Fairness und Recht und Moral nicht ganz verkommen, wenn scheinbar jeder nur noch daran denkt, wie er Sieger werden und Sieger bleiben kann.
Als Christen sollen wir uns zu Christus und seinen Geboten beken-nen und ihm vertrauen - dem Ersten und Letzten. Er hat viel Leid und Schmerz auf sich genommen für uns - er will, dass wir leben. Und darüber hinaus will er uns gebrauchen, dass auch noch andere, möglichst alle, den Weg zum Leben – zu Ihm – finden.
Die römische Herrschaft über Smyrna ist vorbei – die Stadt ist heute geprägt vom Islam und doch wird berichtet, dass gerade in dieser Stadt auffallend viele Christen leben, die darüber hinaus mit missio-narischen Aktivitäten an die Öffentlichkeit treten. Es gibt viele Neu-anfänge – offenbar ist dort ein guter Nährboden.
Sei getreu bis in den Tod so will ich dir die Krone des Lebens geben.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Christian Günther
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