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Das Wort von der Versöhnung

von Wilfried Blümner (39108 Magdeburg)

Predigtdatum : 12.06.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Lukas 15,(1-3),11b-32
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Wochenspruch:

Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. (Lukas 19,10)

Psalm: 103,1-5.8-13 (EG 742)

Lesungen

Altes Testament:
Hesekiel 18,1-4.21-24.30-32
Epistel:
1. Timotheus 1,12-17
Evangelium:
Lukas 15,1-3.11b-32

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 322,1-6
Nun danket all und bringet Ehr
Wochenlied:
EG 232
oder EG 353
Allein zu dir, Herr Jesu Christ
Jesus nimmt die Sünder an
Predigtlied:
EG 354,1-3
Ich habe nun den Grund gefunden
Schlusslied:
EG 168,4-6
Wenn wir jetzt weitergehen

1 Es nahten sich Jesus allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. 2 Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. 3 Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: 4 Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eins von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er's findet? 5 Und wenn er's gefunden hat, so legt er sich's auf die Schultern voller Freude. 6 Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. 7 Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.
[8 Oder welche Frau, die zehn Silbergroschen hat und einen davon verliert, zündet nicht ein Licht an und kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis sie ihn findet? 9 Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren hatte. 10 So, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln Gottes
über einen Sünder, der Buße tut.]

Liebe Gemeinde!
Wem wäre das noch nicht passiert? Wir hatten etwas verloren und gesucht, überall gesucht! Wir waren schon ganz verzweifelt. Aber dann fanden wir das Gesuchte, und die Freude war groß! Und manchmal kann die Freude so groß sein, dass wir es einfach anderen erzählen müssen: Stell dir vor, was mir passiert ist! Aber nun habe ich es wieder gefunden.
Jesus erzählt von einem Schaf, das sich verlaufen hatte. Bei uns war es vielleicht ein Schlüssel, der plötzlich fort war. Oder sogar die Geldkarte! Wir hatten alles auf den Kopf gestellt. Das gibt es doch nicht, das kann doch nicht fort sein! Etwa gestohlen? Und dann schließlich ein Aufatmen. Welch ein glückliches Erlebnis, wenn das Gesuchte wieder da ist.
Und wenn das schon bei einem toten Gegenstand so ist, wie viel mehr erst, wenn ein Mensch verloren geht. Das Wertvollste, was es gibt, ein Mensch! Und wenn es sogar ein Mensch ist, den wir geliebt haben – das kann unendlich schmerzlich sein!
Da ist ein Kind auf einmal verschwunden. Im Gewühle des Kaufhauses plötzlich weg oder auf einem Campingplatz, auf einmal nicht mehr gesehen. Überall wird gesucht. Schließlich wird der Name des Kindes ausgerufen. Es kann abgeholt werden. Da wird nicht geschimpft. Da wird das wiedergefundene Kind nur in die Arme geschlossen. Welch große Erleichterung und Freude!
Auch Gott, so wollte Jesus mit seinem Gleichnis sagen, sucht mit Schmerzen, wenn ein Mensch verloren gegangen ist. Er setzt alles in Bewegung, um ihn wieder zu finden. Hat er nicht Jesus deshalb in Bewegung gesetzt, um die Menschen zu suchen, die ihm verloren gingen? Welch eine Freude, wenn ein Mensch wieder gefunden wurde! Welch eine Freude bei Gott, wenn das geschieht!
Liebe Gemeinde, welche Botschaft wird hier verkündet! Ein jeder darf sie für sich hören: Du denkst vielleicht, dass du Gott gleichgültig bist und er nicht nach dir fragt. Es kommt dir vielleicht so vor, als ob du verloren seist bei Gott und den Menschen. Aber Gott will dich nicht missen! Du gehörst zu ihm. Er will mit dir leben. So wertvoll bist du ihm, dass er auch deinetwegen Himmel und Erde in Bewegung gesetzt hat. So sehr fragt er nach dir!
Aber nun dürfen wir nicht übersehen, dass Jesus dieses Gleichnis „Von der Freude über das Wiedergefundene“ an eine ganz bestimmte Adresse gerichtet hatte. Er hatte es denen erzählt, die sich nicht mit freuen wollten, als Jesus Menschen für Gott wieder finden wollte. Jesus hatte dieses Gleichnis hauptsächlich den Pharisäern erzählt, die sich darüber ärgerten, dass er sich mit den Zöllnern und Sündern abgab. Voller Empörung sagten diese: Mit solchen Leuten setzt er sich an einen Tisch und isst sogar mit ihnen. Wie kann Jesus der von Gott geschickte Messias sein, wenn er sich so verhält? Unmöglich! Der Messias muss doch in erster Linie zu den Frommen und Getreuen kommen, zu den Gerechten, aber nicht zu diesen Randsiedlern der Gesellschaft, zu den Versagern und vaterlandslosen Gesellen wie diesen Zöllnern! „Der lässt sich ja mit diesem Gesindel ein“, so sagten sie abfällig.
Aber auch das sollten wir wissen: Die Pharisäer, das waren Menschen, die ihren Glauben sehr ernst nahmen. Die Zolleinnehmer dagegen waren Leute, die im Interesse der verhassten römischen Besatzungsmacht und im eigenen Interesse überall von den Durchreisenden Geld kassierten. Und bei solchen Leuten kehrte Jesus ein! Vielleicht können wir den Ärger der Pharisäer durchaus verstehen?!
Sagen wir, liebe Gemeinde, nicht auch manchmal von bestimmten Menschen unter uns: „Die kann man doch vergessen!“ Wie grausam ist unsere Sprache. Sind sie damit nicht für uns schon wie tot? Wie lieblos ist manchmal unser Urteilen!
Das Gleichnis, das Jesus erzählt hat, will helfen, anders denken zu lernen. Denn Gott, so gibt Jesus zu verstehen, leidet darunter, wenn sich jemand von ihm abgewandt hat und sein Glück und Heil woanders sucht. Es ist ihm keineswegs gleichgültig, wenn jemand sich verirrt hat und einen Weg einschlägt, der nicht gut für ihn ist. Er sieht es mit Schmerzen, wenn einer womöglich durch Drogen sein Leben kaputt macht. Es tut ihm weh, wenn Menschen das Geld zum Maßstab aller Dinge machen und dann womöglich – wenn es darauf ankommt – ihn deshalb verleugnen. Und es lässt ihn nicht kalt, wenn Menschen ihn vergessen haben, ihn nicht mehr kennen oder gar nicht kennen gelernt haben.
Enthält damit dieses Gleichnis Jesu nicht auch eine Anfrage an uns Christen? Wenn wir zu Christus gehören wollen, dann dürfen uns ebenfalls diejenigen, die sich - aus was für Gründen auch immer - von Gott entfernt haben, nicht gleichgültig sein. Dann haben wir auf sie zuzugehen. Nein, wir können sie nicht zum Glauben überreden. Aber wir können eine Atmosphäre des Vertrauens ihnen gegenüber schaffen - immer aus der Haltung heraus, dass sie in den Augen Gottes nicht weniger wert sind als wir selbst und wir kein Recht haben, uns in irgendeiner Weise über sie zu erheben.
Es geht um Offenheit ihnen gegenüber. Jesus hatte damals Türen geöffnet, Türen der Häuser, Türen der Herzen. Gerade für die, die sonst links liegen gelassen oder gar von anderen verachtet wurden. Und sein Verhalten änderte Menschen! Unter seiner Botschaft, die er mit Worten und Taten lebte, begann der Glaube bei ihnen zu wachsen, der Glaube an den menschenfreundlichen und Menschen suchenden Gott. Sie kehrten um auf einen anderen Weg. Die Bibel gebraucht dafür das Wort „Buße“.
Jesus sagt: „So wird Freude sein im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen“. Aber ist das nicht ein bisschen übertrieben? Dieses aufwendige Suche nach dem einen Schaf in unserer Gleichnisgeschichte? Das steht doch in gar keinem Verhältnis zu den vielen anderen Schafen, die noch da sind!
Hätte nicht der Schäfer sagen können: Auf das eine Schaf kann ich doch verzichten! Es sind doch noch genug andere da, 99 andere. 99 zu 1! Nur 1%, das verloren gegangen ist, was ist schon 1%?! Diese Verlustquote ist doch zu verschmerzen!
Aber nein, für Gott hat der Einzelne einen unersetzlichen Wert. Gott rechnet nicht mit Menschenmaterial, sondern mit dem einzelnen unverwechselbaren unersetzbaren Menschen. Wenn einer fehlt, dann kommt es nicht zur ungetrübten Freude.
Vielleicht kennen wir das? Da feiert ein Vater seinen 85. Geburtstag. Alle sind da, nur die eine Tochter nicht. Sie ist schon jahrelang nicht mehr gekommen. Aus der Ferne schreibt sie eine kurze Karte. Ihr Platz bleibt leer. Die Gedanken des Jubilars gehen immer wieder zu ihr hin. Nicht, dass die anderen dem Vater gleichgültig wären, aber die größte Freude wäre es doch für ihn gewesen, wenn diese Tochter auch gekommen wäre.
Keineswegs ist es so, dass Gott sich über die 99, die bei ihm geblieben sind, nicht freuen würde. Er freut sich über sie alle, aber vor allem über das Finden und Wiederkommen des Einen. Zur richtigen Freude kommt es erst durch die Umkehr desjenigen, der schon verloren schien. Nun hat Gott wieder, was zu ihm gehört. Nun ist der wieder da, den er schon immer mit schmerzlicher Liebe gesucht hatte. In dem Evangelium unseres Sonntages, im „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ wird dieses eindrücklich geschildert.
Liebe Gemeinde, ob wir nicht verstehen können, dass Gott so ist? Ob wir nicht Jesus verstehen können, der sich so verhielt, wie Gott es wollte? Er ruft uns zu ähnlichem Verhalten. Darum wirbt er mit diesen Gleichnissen „Von der Freude über das Wiedergefundene“, die wir im 15. Kapitel des Lukasevangeliums aufgezeichnet finden. Sie fordern uns auf: Freut euch mit Gott! Denn Gott freut sich über alle Maßen, wenn ein Mensch wieder gefunden wurde, der schon verloren schien. Tut es ebenfalls! Amen.

Verfasser: Pfr. i. R. Wilfried Blümner, Fritz-Reuter-Str. 4, 39108 Magdeburg

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