Wochenspruch: "Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist." (Lukas 19, 10)
Psalm: 103, 1 - 5.8 - 13 (EG 742)
Reihe I: Lukas 15, 1 - 3. 11 b - 32
Reihe II: 1. Timotheus 1, 12 - 17
Reihe III: Lukas 15, 1 - 7
Reihe IV: 1. Johannes 1, 5 - 2, 6
Reihe V: Lukas 19, 1 - 10
Reihe VI: Hesekiel 18, 1 - 4. 21 - 24. 30 - 32
Eingangslied: EG 289 Nun, lob mein Seel, den Herren
Wochenlied: EG 232 Allein zu dir, Herr Jesu Christ
Predigtlied: EG 353 Jesus nimmt die Sünder an
Schlusslied: EG 345,5 Amen zu aller Stund
Predigttext 1. Johannes 1, 5 - 2, 6
5 Und das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis.
6 Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln doch in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit.
7 Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.
8 Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.
9 Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.
10 Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.
1 Meine Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist.
2 Und er selbst ist die Versöhnung für unsre Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.
3 Und daran merken wir, dass wir ihn erkannt haben, wenn wir seine Gebote halten.
4 Wer sagt: Ich habe ihn erkannt, und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in dem ist die Wahrheit nicht.
5 Wer aber sein Wort hält, in dem ist wahrlich die Liebe Gottes vollkommen. Daran erkennen wir, dass wir in ihm sind.
6 Wer sagt, dass er in ihm bleibt, der soll so leben, wie er gelebt hat.
Liebe Gemeinde,
jetzt haben Sie ganz oft das Wort Sünde gehört. In jedem Satz dieses Bibeltextes. Sünde ist kein angenehmes Wort. Auch deshalb, weil Sünde so vieles heißen kann. So ganz genau kann man gar nicht sagen, was dieses Wort alles enthält. Bei vielen Menschen weckt es zuerst einmal Erinnerung an schlechtes Gewissen.
Sicher aber ist darin enthalten, die Gebote zu übertreten. Also etwas tun, was wir nach Gottes Geboten nicht tun sollen.
Das ist wie Gesetze übertreten. Und wer Gesetze übertritt, der kommt vor Gericht. Ich möchte Sie heute mitnehmen in einen Gerichtssaal und zu einem Richter.
In diesem Gerichtssaal ist ein kleiner Gauner und Tagedieb angeklagt. Die Verhandlung neigt sich dem Ende zu.
Bis zuletzt hat der Angeklagte seine Unschuld beteuert. „Ich habe nichts von allem, was mir vorgeworfen wird, angestellt“. Aber es wurden ihm eine ganze Reihe von Straftaten nach-gewiesen. Er hat eine alte Frau betrogen und ihre Gutgläubigkeit ausgenützt. Er hat Ladendiebstähle begangen. Er hat mit Diebesgut gehandelt.
Jetzt, vor der Urteilsverkündung wird ihm noch ein Schlusswort gewährt. Und was sagt er? „Hohes Gericht“, sagt er, „ja ich habe Fehler gemacht. Es ist richtig, was Sie mir vorwerfen. Aber ich verspreche, ich werde mich bessern. Nichts von alledem werde ich je wieder anrichten. Bitte seien Sie gnädig. Zerstören Sie mein Leben nicht.“
Und dann erhebt sich der Richter zur Urteilsverkündung. Alle im Saal stehen auf. Und der Richter beginnt: „Der Angeklagte wird für schuldig erklärt und zu einer Gefängnisstrafe verur-teilt … usw“.
Es ist ein hartes Urteil. Der Verurteilte sinkt in sich zusammen. Fassungslos hält er die Hände vors Gesicht. Er wird nicht freikommen. Er wird seine Strafe absitzen müssen. Teilnahmslos lässt er sich abführen.
Die Gerichtsverhandlung ist beendet. Alle gehen ihres Weges. Auch der Richter.
Später am Abend sitzt er zu Hause am Tisch. Seine Frau hat das Abendessen gerichtet. Sie wundert sich, dass er so mürrisch ist. Normalerweise fragt sie nicht nach seiner Arbeit. Aber heute doch: „Was war denn los? Was für eine Laus ist dir über die Leber gelaufen?“
„Gar keine“, blafft er zurück und stochert weiter in seinem Teller herum.
Und nach einer Weile: „Ich weiß gar nicht, wozu ich meine Arbeit mache. Es hat doch gar keinen Sinn. Ich habe noch keinen einzigen erlebt, der sich gebessert hat. Die kleinen Tagediebe nicht, die immer wieder vor mir stehen. Steif und fest behaupten sie: Gar nichts habe ich angestellt. Ich bin unschuldig. Und nach der Beweisaufnahme fangen sie dann an zu winseln und versprechen hoch und heilig: „Ich werde mich bessern“. Und über’s Jahr sieht man sich dann schon wieder.
„Aber darüber brauchst du dich doch nicht so aufregen. Das sind halt arme Schlucker.“
„Ja, klar“, braust er auf.“ Schlimmer sind die, die im Anzug kommen und mit Krawatte und teurer Uhr am Arm. Die reinen Unschuldslämmer. ‚Alles, was ich mache, ist ganz gesetzestreu‘. Dabei weiß man ganz genau, die würden über Leichen gehen, wenn’s ihnen was nützt. Und ihre Verteidiger stoßen ins gleiche Horn. Vorne schöner Schein, und dahinter: nichts als Finsternis. Lügner sind das.“
Sie ist erschrocken, wie wütend er ist. Und sagt erst mal nichts mehr.
Später dann fängt sie doch noch mal an: „Du, ich muss dir was erzählen. Ich war heute, während du den Tagedieb verurteilt hast, mal wieder bei den Christen. Es zieht mich einfach immer wieder dahin.
Die bemühen sich alle, ein gutes Leben zu führen. Ohne schlecht übereinander zu reden. Ohne einander über den Tisch zu ziehen. Ohne Gemeinheiten, sondern sie wollen einfach gut zueinander sein und einander helfen. Die sagen: Wir wollen keine Sünde begehen. Wir wollen keine Fehler machen und keine Fehltritte.“
Und auf einmal ist einer aufgestanden und hat geredet, und am Ende gesagt: „Wer behauptet, er habe keine Sünde, der lügt.“
Ihr Mann fällt ihr ins Wort: „Ja und, das sag ich doch auch. Was ist da besonders dran?“
„Tja, du steckst die Leute ins Gefängnis. Und nichts wird besser. Sie machen grad so weiter.“
Die beiden haben an diesem Abend nicht mehr weiter diskutiert. Sie waren müde vom Tag.
Aber am nächsten Morgen hat er doch noch mal nachgefragt: „Du, wie leben die Christen, was denken die? Erzähl mir mehr davon.“
Sie hat’s getan, so gut sie’s konnte. Immer wieder, wenn sie Zeit dafür hatten. Immer mehr. Sie hat von Jesus erzählt. „Die glauben, sagte sie, „dass Jesus ihr Fürsprecher ist, wenn sie einen Fehltritt gemacht haben. Ihr Fürsprecher bei Gott.“
„Also ist der, an den die Christen glauben, etwa auch so ein gerissener Anwalt, wie ich sie bei den Verhandlungen erlebe“?
„Nein, der macht etwas, was kein Verteidiger machen würde. Der legt nicht nur ein gutes Wort für sie ein, der nimmt den ganzen Schlammassel, den sie angerichtet haben, auf sich. Auf seine Kappe. Sagen sie bei den Christen.“
Ungläubig schaut ihr Mann sie an. „Das gibt’s nicht. Das kann gar nicht sein.“
Aber es hat ihm keine Ruhe mehr gelassen. Die Sache mit diesem Verteidiger hat ihn nicht mehr losgelassen. Er hat immer weiter gefragt. Er wollte mehr wissen, als seine Frau ihm erklären konnte. Er hat sich immer weiter hineingedacht in den Glauben der Christen. Am Ende ist ihm was aufgegangen. Glasklar stand es ihm vor Augen: Und wenn ich der klügste und gerechteste Richter der Welt wäre, so gibt es doch noch einen, der alle meine Kunst überbietet. Denn mit seiner Liebe richtet Christus viel mehr aus als ich mit meinem Recht.
Die Beiden haben dann Menschen aus der Gemeinde zu sich eingeladen. Mit denen haben sie diskutiert. Und in diesen Gesprächen ist dem Richter immer mehr aufgegangen. Und er hat kluge Sachen gesagt, aus seiner Erfahrung als Richter. Auf einmal war er nicht mehr derjenige, der sich was erklären lassen wollte, sondern die Menschen kamen zu ihm um von ihm zu lernen. Sie haben ihn selbst als ihren Lehrer betrachtet und verehrt. Sie kamen zu ihm und wollten Rat von ihm. „Wie ist das mit der Sünde?“, fragten sie ihn. Mit den Fehltrit-ten und den Vergehen. Wir schaffen es einfach nicht, ohne Fehl und Tadel zu leben.
Und er, der gewohnt war, in glasklaren Sätzen zu reden, sagte immer zuerst dies eine: Gott ist Licht. Und in ihm ist keine Finsternis. Wer ihm nahe sein will, der hält nichts verborgen. In dieses Licht darf alles kommen. Auch das, was ihr falsch gemacht habt, oder was euch unterlaufen ist und leid tut. Ohne Angst. Und wenn es euch doch angst und bange ist, dann denkt daran: Ihr seid nicht allein. Ihr habt einen Fürsprecher. Er tritt für euch ein, wie es kein Anwalt auf der ganzen Welt könnte. Er nimmt die Fehler und Irrtümer und Fehltritte, die euch unterlaufen sind, oder zu denen ihr euch habt hinreißen lassen, auf seine Kappe.
Also vor diesem Richter habt ihr nichts zu befürchten, weil ihr Jesus als unvergleichlichen Fürsprecher habt. An den müsst ihr euch halten. Mit dem müsst ihr euch zusammentun. Und wenn ihr euch an ihn haltet, dann werdet ihr seine Gebote halten. Ohne Angst, dass ihr gleich für immer und ewig verurteilt werdet, wenn euch doch mal was Falsches unterläuft.
„Und“, fragten die Leute, die immer wieder zu ihm kamen, und von ihm Rat hören wollten, „wie geht das?“
Nun, antwortete er dann: „Lebt, wie er, Jesus, gelebt hat.“
Liebe Gemeinde, jetzt habe ich Ihnen von einem Richter erzählt. Niemand weiß bis heute, wer denn den 1. Johannesbrief geschrieben hat. Niemand kann sagen, wer diese wunderbaren Sätze gesagt oder aufgeschrieben hat. Man kann sich aber schon vorstellen, dass sie von einem Menschen stammen, der viel Erfahrung mit Richten und Rechtsprechung hatte. Und der in tiefe menschliche Abgründe geschaut hat. Sein Ziel war, die Menschen dahin zu bringen, dass sie nicht immer wieder die gleichen Fehltritte machen. Seine Absicht war, keine Sünde zu tun.
Vielleicht hat er seine wunderbaren Sätze gar nicht selbst aufgeschrieben. Möglicherweise waren es die Menschen, die ihn als Lehrer verehrten und bei ihm Rat suchten. Was ihnen wichtig war, werden sie aufgeschrieben haben, damit es nicht verloren geht. So können auch wir immer wieder hören: „Gott ist Licht. Und in ihm ist keine Finsternis“.
Amen
Herr Jesus Christus,
wir danken dir, dass du für uns eintrittst. Wir danken dir, dass du auf dich genommen hast, was wir Böses anrichten. Froh und frei können wir unsere Wege gehen.
So bitten wir dich für Menschen in unserer Nähe, von deren Not wir wissen.
Wir bitten dich für unsere Kranken, und für die, die sie pflegen.
Wir bitten dich für die, die niemanden haben, dem sie sich anvertrauen können.
Wir bitten dich für die Opfer von Gewalt.
Für Menschen, die durch Willkür ins Unglück gestürzt wurden.
Wir bitten dich für Menschen, die schuldig geworden sind an ihren Nächsten und es nicht wieder gut machen können, was sie angerichtet haben.
Und wir bitten dich für diejenigen, die richten und urteilen müssen. Gib ihnen Weisheit. Erinnere sie daran, dass all ihr Urteilen vorläufig ist, bist du kommst, und alles zurechtbringst.
Herr, leite uns auf den Weg der Gerechtigkeit, dass wir dein Wort achten.
Amen
Verfasser: Pfarrer Dr. Gerhard Schäberle-Koenigs, Kirchweg 7, 75323 Bad Wildbad-Aichelberg
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97