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Das Wort von der Versöhnung

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 24.06.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Johannesbrief 1,5-2,6
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Wochenspruch:"Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist." (Lukas 19, 10)

Psalm: 103, 1 - 5.8 - 13 (EG 742)

Lesungen

Altes Testament: Hesekiel 18, 1 - 4.21 - 24.30 - 32

Epistel: 1. Timotheus 1, 12 - 17

Evangelium: Lukas 15, 1 - 3.11 b - 32

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 440, 1 - 4 All Morgen ist ganz frisch und neu

Wochenlied: EG 353, 1 - 3 Jesus nimmt die Sünder an

Predigtlied: EG 353, 6 - 8 Ich bin ganz getrosten Muts

Schlusslied: EG 421 Verleih uns Frieden

Liebe Gemeinde,

Sie werden die Situation kennen: Sie sehen, dass etwas schief läuft. Sie überlegen: Muss ich das sagen? Muss ich mich da reinhängen?

Relativ leicht beantwortet bei Eltern, die mitbekommen, wie ihr Kind sich in der Schule in Sicherheit wiegt: Das ist doch klar, dass ich ihm sage: Wenn du so weiter machst, dann gibt es eine Ehrenrunde?

Aber schwieriger wird es schon, wenn wir abends in der Wirtschaft zusammen sitzen. Sage ich da zu einem Freund: Wenn du nicht die Finger vom Bier lässt, obwohl du noch Auto fahren willst, dann bist du unverantwortlich. Sage ich ihm: Dass der Führerschein bei einer Kontrolle weg sein kann, ist das kleinere Übel - du bist ein Unfallrisiko

Noch schwieriger wird es womöglich sein, guten Bekannten zu sagen: so wie ihr miteinander umgeht in eurer Ehe, werdet ihr euch bald nichts mehr zu sagen haben?

Es ist gut zu verstehen, dass sich da der Gedanke einstellt: Ist das wirklich meine Aufgabe? Es ist gut zu verstehen, dass viele sagen: Misch dich nicht in fremde Geschichten ein - jeder ist für sich selbst verantwortlich. Schließlich wir wissen nur zu gut: Man liebt den Kritiker nicht, der einen von Wolke 7 herunter holt. Man handelt sich schnell böse Worte ein: Du bist ein Besserwisser, du bist ein Moralapostel, was geht dich das an?

Es ist sicherlich einfacher, sich aus allem raus zu halten, andere ihren Weg gehen zu lassen, auch wenn wir das Gefühl haben: das wird schief gehen. Und gewiss ist wahr: Schmeicheleien sagen sich leichter als Kritiken. Wer reichlich lobt ist im Allgemeinen beliebter, als wer häufig kritisiert oder tadelt. Überlegen sie einmal für sich selbst: Wie gehen sie mit den Leuten um, die sie kritisieren, die Ihnen unangenehme Wahrheiten sagen und wie stellen sie sich zu denen, von denen Sie reichlich Lob erfahren?

Ich möchte eine Behauptung aufstellen: Es ist eine Form von Unbarmherzigkeit, wenn ich einen Menschen in sein Unglück rennen lasse und es ist ausgeübte Barmherzigkeit, wenn ich ihn warne: wenn du so weiter machst....

Wichtig dabei wird aber sein: rede ich von oben herab oder stelle ich mich mit meinen Worten auf eine Stufe mit dem, zu dem ich rede?

Wie es gelingen kann, unbequeme Wahrheiten zu sagen, ohne von oben herab zu sprechen, ohne hochmütig zu sein und doch einen neuen Weg aufzuzeigen, das hören wir in unserem Predigtwort aus dem 1. Johannesbrief.

Johannes sagt unbequeme Wahrheiten. Aber er sagt sie nicht aus einer Position der Besserwisserei heraus. Er sagt sie nicht von unten nach oben - er sagt sie in der Solidarität dessen, der den Weg des Glaubens mit seinen Brüdern und Schwestern in der Gemeinde geht.

Das können wir merken an der Art, wie er spricht: „Wenn wir sagen”- „Wer sagt”, so fängt er seine Sätze an und macht damit deutlich: Was da gesagt wird, das kann ich auch sagen, das ist auch mein Glaube.

Drei Absichten verfolgt Johannes mit seinen Worten

1. Er will aufrütteln aus falscher Sicherheit

2. Er will freimachen aus bedrängender Angst

3. Er will hinführen zu wahrhaftigem Leben

1. Aufrütteln aus falscher Sicherheit

Gott ist für mich. Gott ist mit mir. Gott ist bei mir. Das sind Glaubens-Sätze, zu denen wir kommen sollen. Wir sollen es für unser Leben glauben können: wenn wir morgens aus dem Haus gehen zu unserer Arbeit, so ist Gott mit uns. Wenn wir uns abends zu Bett legen, so ist er bei uns. Wenn wir unterwegs sind mitten im dicksten Verkehr, so will Gott mit uns sein.

Vorige Woche war eine Freundin mitten im wilden Gewittersturm auf der Heimfahrt. Sie hatte in dem prasselnden Regen Angst und hat uns dann Tage später gesagt: „Manchmal, wenn da so ein Wasserschwall auf unsere Windschutzscheibe kam, dann habe ich zu Gott geschrien.” Dazu will uns unser Glaube bringen, dass wir das wissen und uns darauf verlassen: Gott ist für mich, Gott ist bei mir, Gott ist mit mir.

Aber: es wird alles falsch, wenn ich daraus mache: Egal, welche Wege ich gehe - Gott muss auf meiner Seite sein. Egal, welche Wege ich gehe - Gott ist wie eine Art Bodyguard immer hinter mir. Gott hat sich nicht so an uns gebunden, dass er immer nur unser Erfüllungsgehilfe ist, immer die Garantie für unsere Erfolge, egal, welche Mittel wir verwenden und welche Ziele wir verfolgen.

Ich möchte es so einfach wie möglich sagen: Gott ist nicht für mich und mein Beistand, wenn ich meinen Nachbarn betrüge. Gott ist auch nicht mit mir, wenn ich meinen Ehegatten betrüge. Gott ist nicht meine Rückendeckung, wenn ich faule Dinger drehe, ob in der Schule oder im Betrieb. Gott ist nicht meine Sicherheitsgarantie, wenn ich mich mit 3 Promille ins Auto setze. Gott ist nicht mein freundlicher Helfer, wenn ich auf Lug und Trug setze.

Johannes sagt: Wenn wir in der Finsternis wandeln - dann lässt Gott uns da alleine laufen. Das heißt doch: wenn wir leben, ohne uns nach Gottes Willen zu richten, ohne uns an ihm zu orientieren, dann lässt er es zu, dass wir uns in unseren eigenen Wegen verrennen. Die Zusage der Nähe Gottes gilt nicht für die Wege, mit denen Gott nicht einverstanden ist. Die Zusage des Beistandes Gottes gilt nicht für die Wege, die dem Willen Gottes widersprechen.

Wir wiegen uns in falscher Sicherheit, wenn wir glauben: Gott ist allemal auf unserer Seite, egal, ob wir seinen Willen achten oder ob wir seinen Willen missachten.

2. Freimachen aus bedrängender Angst

Wer nur einigermaßen nachdenklich ist und selbst kritisch, der wird jetzt wohl sagen müssen: Das ist doch ganz oft so, dass ich erschrecke über das, was ich getan habe - und ich kann es nicht mehr gut machen. Das ist ganz oft so, dass ich ein schnelles Wort wieder zurückholen möchte - aber ich kann es nicht ungesagt machen. Und das ist ganz oft so, dass ich irgendeine Entscheidung am Tag treffe und hinterher erst merke ich: das passt nicht mit meinem Glauben zusammen.

Und dann zieht jemand die Summe seiner Taten und sagt: das ist doch ganz oft so bei mir, dass mein Leben nicht nach dem Willen Gottes läuft. Wenn Gott aber so ist, dass er sich von uns abwendet, wenn wir uns von ihm abgewandt haben - wie soll ich dann vor ihm bestehen können?

Es gibt nicht nur die Haltung der Selbstsicherheit: Ich bin o.k. und Gott muss und wird mit mir schon zufrieden sein. Es gibt auch die Haltung, die an sich selbst kein gutes Haar lässt und nicht glauben kann, dass Gott es doch gut mit uns meint.

Denen, die so über sich erschrecken, denen, die so sagen: dann kann ich vor Gott ja gar nicht bestehen - denen sagt Johannes: Wir haben einen Fürsprecher vor Gott - trotz und gerade wegen unserer Sünde. Wir haben einen Fürsprecher bei Gott, der weiß, wie wir sind und nicht auf Abstand von uns geht. Das ist die Erfahrung der Jünger gewesen: Jesus hat sich der Sünder angenommen. Er hat sich zu der Ehebrecherin gestellt, er hat Sünden vergeben - noch am Kreuz, er hat einen Dieb mit weißem Kragen, einen Wirtschaftskriminellen und Ausbeuter wie Zachäus zur Umkehr gebracht durch seine Güte, er hat Petrus, der ihn verleugnet hat, einen neuen Anfang geschenkt.

Daraus hat die Gemeinde gelernt: Wer sich zu ihm kehrt, wer vor ihm seine Schuld eingesteht, zu dem stellt er sich. Es ist genau anders als es heutzutage läuft: Bei uns gehen alle auf Abstand, wenn einer seine Fehler eingesteht. Jesus aber stellt sich zu denen, die sagen: Ja, das habe ich getan und sucht mit ihnen einen neuen Anfang.

Wenn das wahr ist, muss ich mich nicht mehr selbst entschuldigen, muss ich nicht mehr eigene Schuld unter den Teppich kehren - ich darf sagen, was wahr und wissen: Gott lässt mich deshalb nicht fallen.

3. Hinführen zu wahrhaftigem Leben

Das kennen wir nur zu gut: unsere Worte und unsere Taten fallen auseinander. Es ist leichter, von Liebe zu reden als Liebe zu üben. Es ist leichter, von Vergebung zu reden als zu vergeben oder um Vergebung zu bitten. Es ist auch leichter, über den Glauben, über das Vertrauen auf Gott zu sprechen als es in den großen und kleinen Alltagssituationen zu leben.

Johannes will seine Leser damals und uns hinführen zu einem wahrhaftigen Leben: Unsere Taten sollen anfangen, unseren Worten mehr und mehr zu entsprechen. Dein Wille geschehe - so beten wir - und dieses Beten soll unser Handeln bestimmen. Es soll dazu führen, dass wir nicht zurückschlagen mit Worten, wenn einer uns angegriffen hat, dass wir aufhören, mit Blicken und Gedanken zu töten, dass wir Geduld üben, weil Gott doch auch mit uns geduldig ist. Leben, wie er gelebt hat - das ist das Ziel, das Johannes uns zeigt: Jesus als Vorbild, als Maßstab für unser Handeln.

Aber - so denken Sie wohl und ich auch - das schaffen wir doch nie. Nein, das schaffen wir nie. Und doch: wir können anfangen, so zu tun als ob. Wir können anfangen, Maß an ihm zu nehmen, seine Maßstäbe zu unseren Maßstäben zu machen. Wir können anfangen zu üben: Vergeben, Geduld bewahren, über den anderen nichts Böses reden. Wir können anfangen, die Freundlichkeit, die wir bei Jesus erfahren, weiter zu geben, über unseren Schatten zu springen und nicht zurück zu schlagen.

Wer nie anfängt, kommt auch nicht weiter. Wer einen Weg beginnt, der hat nicht mit den ersten Schritten schon den ganzen Weg geschafft. Wer aber erste Schritte auf einem Weg geht, der gerät manchmal ins Stolpern und mag auch einmal fallen - aber er geht diesen Weg. und erfährt im Gehen: ich komme trotz aller Schwierigkeiten weiter.

Fürbittengebet:

Gott, unser Vater, wir danken dir, dass du uns suchst. Du hast Jesus Christus, deinen Sohn als Zeichen deiner suchenden Liebe, deiner nachgehenden Hoffnung zu den Menschen gesandt. Gib uns, dass wir dir trauen.

Wir bitten dich: Bewahre uns vor aller falschen Sicherheit, dass wir nicht gleichgültig werden und von dir nichts mehr erwarten. Bewahre uns genauso vor der Angst, die über eigenen Schulderfahrungen nicht mehr deinem Vergeben zutraut, dass es uns neue Wege öffnet - zu Dir und zu den Menschen.

Wir sehen: Viele verzweifeln und niemand richtet sie auf. Viele fragen und bekommen doch keine Antwort. Viele leben und wissen nicht wozu. Viele sterben und haben keine Hoffnung über den Tod hinaus.

Gott für alle diese Menschen beten wir zu dir und bitten dich: lehre uns die Sprache der Liebe, damit wir ihnen ihr Elend tragen helfen. Mache unser Leben zu einem Spiegelbild deiner Liebe und Treue. Lass unter uns dein Reich wachsen, in dem Friede und Gerechtigkeit wohnt.

Verfasser: Pfarrer Paul-Ulrich Lenz

Am Litzenau 17, 63679 Schotten

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