Das Wort von der Versöhnung
von Joachim Kruse (99734 Nordhausen)
Predigtdatum
:
02.07.2006
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
2. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
1. Johannesbrief 1,5-2,6
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Wochenspruch:
Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. (Lukas 19,10)
Psalm: 103,1-5.8-13 (EG 742)
Lesungen
Altes Testament:
Hesekiel 18,1-4.21-24.30-32
Epistel:
1. Timotheus 1,12-17
Evangelium:
Lukas 15,1-3.11b-32
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 441
Du höchstes Licht
Wochenlied:
EG 232
oder EG 353
Allein zu dir, Herr Jesu Christ
Jesus nimmt die Sünder an
Predigtlied:
EG 398
In dir ist Freude
Schlusslied:
EG 365
Von Gott will ich nicht lassen
Einführung:
Das Leitwort des Sonntags ist Versöhnung.
Gott hat keinen Gefallen am Tod des Sünders, sondern freut sich über jede/n, der/die umkehrt (s. Evangelium: Lukas 15). Jesus Christus ist das menschgewordene Licht Gottes, das in die Welt gekommen ist, um unsere Schuld in den Schatten zu stellen und uns ins Licht.
Der Horizont der Perikope ist dabei universal: Christus ist Friedens-stifter und Anwalt nicht nur für uns, sondern für die ganze Welt.
Der beim ersten Hören nicht leicht zu fassende Predigttext wird bereits in den liturgischen Texten da und dort aufgenommen und entfaltet.
Die Predigt versucht, der Mystik des Textes entsprechend, mit Bildern in diesen einzuführen. Hörerinnen und Hörer sollen Vergebung als Befreiung zu neuer Lebenschance erleben und empfinden. Das wollen die Lieder und Kanons unterstützen.
Dazu eine „Geschichte aus dem Hause Luther“
Katharina von Bora im Gespräch mit Martin Luther:
„Glauben ist ein schweres Handwerk, das meinst du doch, und du zeigst es ihnen, und ich bin wohl die Kleinmütige, die meint, wenn Luther zweifelt, nimmt Gottes Sache Schaden.
Was beklagst du dich, Martinus! Auch du lebst von Fehlern, die die Leute machen. Von ihren Sünden.
Im Grunde leben doch alle von den Fehlern ihrer Mitmenschen. Der Schuster davon, dass wir uns die Sohlen ablaufen, der Schneider davon, dass wir uns die Röcke zerreißen, die Juristen vom Unrecht der Leute, die Ärzte von den Krankheiten und der Totengräber von unserem Tod. So ist es auch mit dem Pfarrer, er lebt davon, dass die Leute sündigen. Glaubst du wirklich, dass sich daran etwas ändern wird, auch wenn sie nun alle deinen kleinen Katechismus auswendig lernen?“
Quelle: Christine Brückner „Wenn du geredet hättest, Desdemona. Ungehaltenen Reden ungehaltener Frauen“; Hofmann und Campe, Hamburg 1983, S. 44
Kanon: EG 456 Vom Aufgang der Sonne (z.B. statt: Gloria Patri)
Liebe Gemeinde!
I.
Erinnern Sie sich noch an Sofi, liebe Gemeinde?
Sofi – das war die Sonnenfinsternis vor einigen Jahren!
Viele Menschen in ganz Europa waren in Unruhe an diesem Tag.
Die einen, weil sie Angst hatten vor einem schlimmen, kosmischen Ereignis. Die anderen, weil sie neugierig waren, was für ein Schauspiel die Natur wohl bietet.
Gut war dran, wer zum richtigen Zeitpunkt am rechten Ort war! Ausgerüstet mit Schutzbrillen war dann durch die Wolkenlücke wunderbar zu beobachten, wie sich der Schatten des Mondes langsam über die Sonnenscheibe schob. Zunächst war noch keine Veränderung sichtbar. Als aber zunehmend mehr als die Hälfte der Sonne verdeckt war, hörten die Vögel auf zu singen, alles wurde mitten am Tag in ein fahles Licht getaucht. Langsam spürbar schob sich da etwas zwischen das Licht, zwischen die Wärme der Sonne und die Zuschauer.
Wenn alles so geblieben wäre, wir wären abgeschnitten von der Leben spendenden Einstrahlung der Sonne auf unsere Erde. Ohne Licht und Wärme wäre bei uns kein Leben mehr. Zwischen die Sonne und uns darf sich dauerhaft nichts schieben.
II.
Zwischen Gott und uns auch nicht, liebe Gemeinde. Da sollte es ähn-lich kraftvoll und lebenspendend sein. Und doch kann man täglich erleben, dass sich da einiges reinschiebt: etwa Halbwahrheiten und Verletzungen, die anderen zufügt werden. Ein Verhalten oder eine Haltung, die sich nicht auf Gottes Weisungen gründen.
Und das ist es, was die Bibel mit Sünde meint. Wenn sich etwas zwischen Gott und die Menschen schiebt. Dann erlebt man zwar keine Sonnenfinsternis – aber doch so etwas wie Gottesfinsternis. Zwischen Gott und Mensch schiebt sich die Sünde. Sie verdunkelt das Licht, das von Gott auf die Menschen fällt. Alles ist in fahles Licht getaucht.
Das Bibelwort für heute beschreibt diese Situation:
5 Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis. 6 Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit. 7 Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde. 8 Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. 9 Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit. 10 Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.
2,1 Meine Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist. 2 Und er ist die Versöhnung für unsre Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt. 3 Und daran merken wir, dass wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten. 4 Wer sagt: Ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in dem ist die Wahrheit nicht. 5 Wer aber sein Wort hält, in dem ist wahrlich die Liebe Gottes vollkommen. Daran erkennen wir, dass wir in ihm sind. 6 Wer sagt, dass er in ihm bleibt, der soll auch leben, wie er gelebt hat.
III.
„Gott ist Licht“. „In ihm ist keine Finsternis.“ Gott und Dunkelheit passen nicht zusammen. Sie vertragen sich nicht. Das erfährt man schon in den ersten Sätzen der Bibel. Zunächst war die Erde „wüst und leer“ und „finster“ (Genesis 1,2).“ Und Gott sprach: ‚Es werde Licht!’ und es wurde licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis (Gen 1,3f).“ Es war Gottes erste Tat, Licht und Dunkel voneinander zu trennen. Gott ist Licht.
Das unterscheidet uns von IHM. Menschen bewegen sich im Zwielicht. Manchmal froh, wenn nicht alles ans Licht kommt, was gedacht oder gesagt wird. Da liegen lichte und dunkle Momente und Taten im Streit miteinander. Aus vielen Gründen. Wahrscheinlich können Menschen gar nicht anders. Gott weiß darum.
Das war schon die Erfahrung von Menschen vor 4000 Jahren genauso wie vor 2000 Jahren: „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns.“ (1,8).
Und unsere Erfahrungen heute sind ja auch nicht anders – persönlich wie auch allgemein. Die Computer-Kriege der letzten Jahre wie auch die moderne Genforschung haben zum Beispiel vor Augen geführt, welch zerstörerischen Energien im Menschen liegen.
Wir Menschen neigen zur Gottvergessenheit in unseren Gedanken, in unseren Worten und in unseren Werken – wie es Martin Luther beispielhaft im Kleinen Katechismus ausführt. Wir tun gut daran, dies nicht zu verdrängen, sondern es uns und anderen wie auch Gott einzugestehen.
IV.
In manchen Kriminalfilmen gibt es diese klassische Szene des Verhörs. In einem spartanisch eingerichteten Büroraum sitzt der vermeintliche Täter auf einem unbequemen Holzstuhl vor einem Schreibtisch. Der Kommissar sitzt dahinter. Die Schreibtischlampe ist mit ihrem grellen Lichtkegel auf den Verhörten gerichtet. Alle Finsternis wird ausgeleuchtet. Jedes Unrecht soll ans Licht kommen. Vor Gericht bekommt das so „ans Licht Gebrachte“ Bedeutung.
„Gott ist Licht und in IHM ist keine Finsternis.“ Das Licht Gottes ist anders. Es ist das Licht der Liebe und Versöhnung. Wärmend - und heilend leuchtet es gerade den Sündern, den Schwachen und Verirrten. Es ist ein um Glauben werbendes und zum Leben einladendes Licht. Dies ist nicht zu fürchten. Da ist kein Verhör. Denn Gott nimmt mich so, wie ich bin und bringt mich zugleich - mit meinen Schattenseiten! - heilsam ans Licht.
V.
Dieses göttliche Licht der Liebe – es ist wohl eher so, wie Rembrandt es auf vielen Bildern gemalt hat. Bei ihm steht Jesus oft in der Mitte des Bildes. Und von Jesus geht Licht aus. Von ihm her fällt das Licht auf die Menschen. Und sie kommen zu Jesus, stehen um ihn herum – die in Schuld Verstrickten, die vom Leben Enttäuschten, die zu kurz Gekommenen und in ihrer Seele Verwundeten. Er wird ihnen zur „Leuchte ihres Fußes und zum Licht auf ihrem Wege“ (Ps. 119,105). Darauf lässt sich vertrauen, dass Jesus einen Weg ausleuchtet, der im Leben hält und zum Leben führt.
VI.
In seiner ersten Schöpfungstat hat Gott das Licht geschaffen.
Aber noch einmal scheidet Gott das Licht von der Finsternis.
Am ersten Tag der Woche wälzt Gott den Stein vom Grab seines Sohnes. SEIN Osterlicht leuchtet die letzte Finsternis des Todes aus.
In das dunkle Grab, in dem der Tod sich seiner Macht so sicher war, fällt Gottes Licht der Liebe zum Leben. Aus der finstersten Finsternis holt Gott SEINEN Sohn zurück ins Leben. Ihn, Jesus Christus, der von sich selbst gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt.“
Dieses Licht scheint. In diesem Licht stehen Christen heute, wie im hellen und warmen Strahlenmeer der Sonne. Und wie Menschen beim Sonnenbaden Licht und Wärme der Sonne tanken, können Christen sich Gott, SEINEM Wort und SEINER Nähe aussetzen, um in SEINER Liebe zu sein.
Natürlich beschreiben die Bilder Rembrandts nicht gänzlich unseren Alltag. Vielleicht trifft das Bild von SoFi, der Sonnenfinsternis, eher unsere Glaubens- und Lebenswirklichkeit. Da ist bei jedem und jeder Licht und Schatten im Leben. Aber wie beim Sonnen ist Gott in denen, die sich IHM zuwenden - und sie sind in IHM.
Erst am achten Schöpfungstag aber, wenn Gott einmal die ganze Welt mit sich versöhnt und so SEINE Schöpfung vollendet, werden Menschen gänzlich unbeschattet in SEINEM Licht stehen und singen: „Oh happy day, when Jesus walked, he washed my sins away.“ Amen.
Verfasser: Pfr. Joachim Kruse, Sangerhäuser Str. 1a, 99734 Nordhausen
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