Das Wort von der Versöhnung
von Wolfgang Schmidt (39288 Burg)
Predigtdatum
:
24.06.2007
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
2. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Lukas 19,1-10
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Wochenspruch:
Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. (Lukas 19,10)
Psalm: 103,1-5.8-13 (EG 742)
Lesungen
Altes Testament:
Hesekiel 18,1-4.21-24.30-32
Epistel:
1. Timotheus 1,12-17
Evangelium:
Lukas 15,1-3.11b-32
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 302
Du meine Seele, singe
Wochenlied:
EG 353
Jesus nimmt die Sünder an
Predigtlied:
EG 346
Such, wer da will, ein ander Ziel
Schlusslied:
EG 599
Selig seid ihr
1 Und er ging nach Jericho hinein und zog hindurch. 2 Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. 3 Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. 4 Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. 5 Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. 6 Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. 7 Als sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. 8 Zachäus aber trat vor den Herrn und sprach: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. 9 Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist Abrahams Sohn. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
Liebe Gemeinde
Jericho, die Oasenstadt, unweit des Toten Meeres am Jordan gelegen, hat seit Jahrtausenden immer wieder von sich reden gemacht.
Für die Israeliten war Jericho, die als die älteste befestigte Stadt der Welt gilt, bei der Landnahme der Schlüssel zum gelobten Land Kanaan. Mit kräftigen Fanfarenstößen in ihre Posaunen zogen die Israeliten am siebten Tag begleitet von lautem Kriegsgeschrei in diese Stadt ein.
Später wird im Alten Testament die Stadt Jericho mit ihrem subtropischen Klima und weltberühmten Balsamhainen in Zusammenhang mit einer Reihe von Königen und Propheten erwähnt.
Zur Zeit Jesu zählte Jericho zu den bedeutendsten Städten Palästinas und war ein wichtiger Ort für Steuer- und Zolleinnahmen.
Wie wir in unserem Predigttext gehört haben, kommt auch Jesus eines Tages in diese Stadt und begegnet hier dem Zöllner Zachäus.
Lassen Sie uns im folgendem auf diese Geschichte hören und nachspüren, wie es dem Zachäus dabei ergangen ist.
Dabei sind mir drei Punkte besonders wichtig geworden, über die ich Sie zum Nachdenken einladen möchte:
1. Das unglückliche Leben des Zöllners Zachäus!
Zachäus war klein von Gestalt und reich, haben wir in unserem Predigtext gehört.
Ein kleiner, reicher Mann, der ein Begehren, ja einen großen Wunsch hatte, nämlich Jesus zu sehen. Und das um jeden Preis!
Warum wird das wohl so gewesen sein? Ich denke, weil Zachäus trotz seines vielen Geldes ein unglücklicher Mann war.
Das Unglücklichsein des Zachäus scheint seine Ursache in seinem Reichtum und in seiner fehlenden körperlichen Größe zu haben, da er klein, ja buchstäblich zu kurz geraten war. Er muss irgendwie gespürt haben, dass er trotz seines Reichtums, trotz seines vielen Geldes und trotz seines beruflichen Fortkommens bisher im Leben zu kurz gekommen war. So sehnte er sich nach einem anderen Leben.
Jeder Mensch, der ähnlich wie Zachäus, hauptsächlich an sein eigenes Fortkommen, an seinen Wohlstand, an seine Zufriedenheit, an die Verwirklichung seiner eigenen Interessen denkt, muss immer zu kurz kommen. Da wo ich nur an mich denke, bin ich nicht mehr offen für die eigentliche Aufgabe des Lebens, nämlich etwas Sinnvolles für die Menschen oder die Welt zu tun. Und da wo ich meine, ohne Jesus auskommen zu können wird mir in meinem Leben ein Ziel und eine Perspektive fehlen.
Wer sich an Jesus orientiert, braucht sich nicht mehr selbst Größe zu verleihen, koste es was es wolle, mitunter auch auf Kosten von anderen Menschen, wie es Zachäus leider getan hat. Hier ergeht gleich zu Beginn des Predigttextes eine Warnung an Menschen, die meinen, dass Menschen mit viel Geld (immer) glückliche Menschen sind.
Er, Zachäus, muss etwas von der Außergewöhnlichkeit Jesu gehört oder erfahren haben, sonst hätte er nicht diesen Wunsch gehabt, Jesus zu sehen. Er rannte vor der bevorstehenden Ankunft Jesu in Jericho auf dem Weg voraus, auf dem Jesus entlang kommen sollte, kletterte auf einen Maulbeerbaum und wartete auf ihn.
Wir spüren in dieser Geschichte eine große Bewegung, die erst einmal von Zachäus auf Jesus hinführt.
Für uns, liebe Gemeinde, bedeutet dass: Wer der eigenen Verlorenheit, dem eigenen Unglück entfliehen will, hat die Möglichkeit (mit) die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es zu einer Begegnung mit Jesus kommen kann. Dass kann geschehen, indem wir zum Beispiel die Evangelienberichte über Jesus aufschlagen und darin lesen oder uns für andere Möglichkeiten der Begegnung mit Jesus öffnen.
Vielleicht ging es Zachäus so wie jener jungen ehemalige DDR- Bürgerin, die nach der Wende während ihres Auslandsstudiums ihre Kommilitoninnen immer wieder von Jesus erzählen hörte. Eines Sonntags ging sie zu einem Gottesdienst in eine anglikanische Kirche auf den Weg. Dort berührte sie das Evangelium Jesu so sehr in ihrem Herzen, das sie fortan den Kontakt zu dieser Gemeinde hielt und sich bald darauf taufen ließ. Heute ist sie eine fröhliche Frau und für eine Missionsgesellschaft tätig. Auch bei dieser Frau ging, wie bei Zachäus, die Bewegung erst einmal von ihr auf Jesus zu.
Weiter erfahren wir nun, dass Jesus ins Geschehen eingreift, nachdem Zachäus auf den Baum geklettert war.
Der nächste Punkt über den ich nun mit Ihnen nachdenken möchte lautet:
2. Das konkrete Angebot Jesu im Leben des Zachäus!
Lassen Sie uns wieder auf unseren Predigttext hören. Es wird berichtet: Als Jesus an die Stelle kam, wo der Maulbeerbaum sich mit dem versteckten Zachäus befand,
- blieb ER, Jesus stehen,
- sah zu Zachäus auf
- und sprach ihn, Zachäus mit folgenden Worten an: „Steig eilend herunter, denn ich muss heute in deinem Hause einkehren.“
Es ist beeindruckend, dass der nach Glück suchende Zachäus von Jesus in seinem Versteck wahrgenommen wird. ER, Jesus weiß, dass sich Zachäus dort befindet und er weiß auch über ihn und sein Leben Bescheid! Jesus scheint nichts verborgen zu sein, auch nichts von unserem Leben.
Auch wir, liebe Gemeinde, können unsere Suche nach einem glücklichen Leben vor Jesus nicht verbergen. Wenn die Zeit erfüllt ist, die Stunde der tiefen Sehnsucht nach Leben, nach Jesus da ist, spricht Jesus uns an.
Hier ist es der Name Zachäus! Heute muss ich in deinem Hause einkehren, sprach Jesus zu ihm.
Hier an dieser Stelle der Geschichte möchte ich Sie bitten, noch einen Moment inne zu halten, um auf das konkrete Angebot Jesu zu hören, welches er Zachäus macht.
Heute, oder anders ausgedrückt, jetzt gleich, so Jesus, muss ich Zachäus in deinem Hause einkehren. Jesus scheint die Begegnung mit dem Oberzöllner sehr wichtig zu sein. Er will sie nicht auf morgen, übermorgen oder nächste Woche verschieben. Das konkrete Angebot an Zachäus gilt jetzt und Heute!
Das Schöne an unserer Predigtgeschichte ist: Zachäus erkennt seine Stunde, die für ihn zum Heil werden soll. Er steigt eilend vom Baum herunter und nimmt Jesus in seinem Hause auf.
Auch in unserem Leben, liebe Gemeinde, und im Leben aller Menschen gab oder gibt es so einen bestimmten Zeitpunkt, an dem Jesus einkehren möchte in unserem (Lebens)Haus. Wenn wir diesen Zeitpunkt verpassen, kann es für immer zu spät sein.
Das gilt für unsere ganz persönliche Entscheidung des Glaubens, ob wir Jesus Platz und Raum in unserem Leben gewähren wollen, oder nicht. Und das gilt für das Leben all der Menschen, die uns anvertraut und mit denen wir vielleicht über Glaubensfragen im Gespräch sind. Auch in deren Leben gibt es einen Zeitpunkt, ein heute, der für sie zum Heil werden soll. Diesen Zeitpunkt sollten wir alle nicht verpassen.
Denn wer die Chance des heute und jetzt abschlägt, muss wissen, dass es sein kann, dass diese nicht noch einmal kommt.
Menschen. Die davon reden, zu Jesus gehören zu wollen, sollten wir intensiv nachgehen. Es sollte uns wichtig sein, dass sie, diesen bewussten Zeitpunkt der ganz persönlichen Glaubensentscheidung für Jesus nicht zu versäumen.
Auch von Zachäus wird berichtet, dass dieser Jesus mit Freuden aufnahm. Hier wird noch einmal unterstrichen, dass wer den richtigen Zeitpunkt, dass Heute für eine Begegnung mit Jesus im Leben nutzt, wird Freude (Lebensfreude) im Herzen verspüren. Menschen, die mit Jesus leben, sind fröhliche Menschen!
Und der letzte Punkt:
3. Die Begegnung mit Jesus führt bei Zachäus zur Korrektur seines Lebens!
Nachdem Zachäus nun Jesus als seinen Gast in sein Haus mitgenommen hatte, erfahren wir in der Geschichte, dass alle, die mit in Jericho versammelt waren, murren.
Hier murrt, meckert nicht eine oder einer, nicht eine Minderheit. Hier murren alle! Alle gegen Zachäus, eine schreckliche Angelegenheit für den Zöllner.
Aber weshalb murren denn die Menschen? Wir erfahren, weil Jesus bei einem Sünder, einem Betrüger, einem Dieb eingekehrt war. Erst jetzt erwähnt der Evangelist, wer dieser Zachäus in Wirklichkeit ist, nämlich ein übler Ausbeuter, ein Eintreiben von Steuern im Auftrag der Römer. Geld, Geld und nochmals Geld ist sein Verlangen. Er war vielleicht sogar der bestgehasste Mann in Jericho. Und ausgerechnet bei dem kehrt Jesus ein. Dass das Murren und Entsetzen bei den Leuten ausgelöst hat, verwundert uns ganz sicher nicht. Oder würden wir verstehen und akzeptieren, wenn Jesus heute ausgerechnet bei einem der meist gehassten Menschen eines Dorfes oder einer Stadt einkehren würde. Stellen wir uns vor wie es wäre, wenn Jesus bei einem paranoiden Kidnapper eingekehrt wäre. Ganz sicher würden wir da auch murren.
Jesus wusste was er tat, dass das genau der richtige Zeitpunkt für eine Begegnung, für ein Gespräch mit Zachäus war.
Wir erfahren in unserem Predigttext nicht, was die beiden miteinander besprochen haben. Wir erfahren nur, dass diese Begegnung mit Jesus das Leben des Zachäus radikal veränderte. Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen und wenn ich jemanden betrogen habe, gebe ich es vierfach zurück, so Zachäus. Die Antwort Jesu darauf ist kurz aber deutlich: Heute ist diesem Haus Heil widerfahren!
Ich denke, dass es uns nicht schwer fällt, uns vorzustellen, wie Zachäus Tage und Wochen nach der Begegnung mit Jesus mit einem gefüllten Geldbeutel und Listen in der Hand durch die Straßen von Jericho gegangen ist, um die Leute auszuzahlen, die er betrogen hat. Und da, wo die Listen ihm über seine Betrügerrein keine Auskunft geben konnten, wird er diese dennoch entschädigt haben, da weder Zachäus noch wir begangenes Unrecht vergessen, bevor es nicht von Jesus vergeben ist.
Im Handumdrehen war Zachäus ein neuer Mensch geworden. Er korrigierte sein Leben und gab mehr Geld an die Leute zurück, als es das jüdische Gesetz zur Wiedergutmachung vorschrieb.
Aber wie jeder von uns brauchte Zachäus zuvor einen, der ihn von seiner Schuld freisprach und ihm einen neuen Anfang im Leben eröffnete, Jesus, der Herr, wie ihn Zachäus in unserer Geschichte ansprach.
Dass für uns alle ermutigende ist, dass Zachäus sich nach seiner Erkenntnis der Schuld nicht aus seinem bisherigen Lebenskreis hinaus schlich, sondern dort blieb, wo er gelebt hatte, in seiner Stadt Jerichow. Nur betrieb er eben jetzt sein Geschäft so, dass es den geltenden Regeln entsprach. Nicht sein Beruf hatte ihn ja unrein gemacht, sondern wie er diesen Beruf ausgeübt hatte.
So eine Korrektur des Lebens ist auch heute für einen jeden Menschen unter uns möglich. Da wo es zu echten Begegnungen mit Jesus im Leben kommt, werden Menschen die Herzen und die Augen geöffnet werden für das Unrecht im eigenen Leben und das Unrecht in der Welt. Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Das ist unsere bleibende Hoffnung, die uns in der Gegenwart und in der Zukunft die Hoffnung auf positive Veränderungen erhält.
Amen.
Verfasser: Superintendent Wolfgang Schmidt, 39288 Burg, Oberstraße 72
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