Wochenspruch: "Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder." (Römer 8,14)
Psalm: 89,2-5.27-30
Reihe I: Josua 3,5-11.17
Reihe II: Matthäus 3,13-17
Reihe III: Römer 12,1-8
Reihe IV: Jesaja 42,1-9
Reihe V: Johannes 1,29-34
Reihe VI: 1. Korinther 1,26-31
Eingangslied: EG 74
Wochenlied: EG 410
Predigtlied: EG 66 1.2.6-8
Schlusslied: EG 73 1.5.9.10
29 Am nächsten Tag sieht Johannes, dass Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! 30 Dieser ist's, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich. 31 Und ich kannte ihn nicht. Aber damit er offenbar werde für Israel, darum bin ich gekommen zu taufen mit Wasser. 32 Und Johannes bezeugte es und sprach: Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. 33 Und ich kannte ihn nicht. Aber der mich gesandt hat zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du siehst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist's, der mit dem Heiligen Geist tauft. 34 Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist Gottes Sohn.
I. Zeugen sind wichtig
Liebe Gemeinde,
Johannes der Täufer ist ein Zeuge. Und was wir eben gehört haben, ist seine Zeugenaussage. Wie wichtig Zeugen und ihre Aussagen sind, kann man bei jeder Gerichtsverhandlung erfahren, ob man sie nun live miterlebt oder im Fernsehen sieht in einer der zahlreichen Krimi-Sendungen. Ein Zeuge bürgt für die Wahrheit, und zwar tut er es mit seiner ganzen Person. Er war dabei, er hat es selbst gesehen oder gehört, er kann es bezeugen: so war’s! Natürlich gibt es leider immer wieder auch falsche Zeugen, aber in einem guten Prozess werden diese entlarvt und aussortiert und können den Ausgang des Prozesses nicht beeinflussen. Die wahren Zeugen aber haben einen entscheidenden Einfluss auf das Gerichtsurteil.
II. Johannes: der wahre Zeuge
Mit Johannes – dem „Täufer“, wie er in der Bibel des Neuen Testaments oft genannt wird – begegnet uns ein Zeuge von der Art der wahren Zeugen. Es ist wohl keine Übertreibung, wenn man ihn als den Zeugen schlechthin bezeichnet. Er ist der Zeuge für Jesus. Johannes bezeugt, woher Jesus kommt. Er bezeugt, wer Jesus in Wahrheit ist und er bezeugt, was das bedeutet für die ganze Menschheit.
Johannes muss eine gewaltige Persönlichkeit gewesen sein im religiösen Leben seiner Zeit. Die Menschen seien in großen Scharen zu ihm hinausgeströmt an den Jordan, wo er getauft hat, heißt es in zeitgenössischen Berichten. Er war wohl ein großer Bußprediger. Ihm war daran gelegen, dass die Menschen aus einem verkehrten Leben zurückfinden in ein Leben, das dem Willen Gottes entspricht. Seine asketische Lebensweise, seine bedingungslose Hingabe an seinen Auftrag und der Ernst seiner Botschaft machten ihn zu einer Autorität, auf die man hörte in Israel.
Es war also keine Amtsautorität, die ihn auszeichnete. Er wirkte durch seine Persönlichkeit. Man nahm ihm ab, was er sagte. Er war glaubwürdig. Johannes war ein „Gottesmann“ wie er im Buche steht, einer, dem man seine Nähe zu Gott abspürte. Manche sagten: „Das ist Elia“. Oder: „Er ist der Prophet, der am Ende der Zeit wieder kommen wird.“ Manche sahen in ihm einfach „den Messias“, den Erlöser. Größeres lässt sich im jüdischen Glauben nicht von einem Menschen sagen.
Kein Wunder, dass Abgesandte aus Jerusalem, dem religiösen Zentrum Israels zu ihm gekommen sind, um zu erkunden, wer er denn sei und wie sie seine Stellung Gott gegenüber einordnen sollten: Bist du der Christus? Bist du Elia? Bist du der Prophet? Zu ihrer Überraschung wies Johannes jedoch all diese Würdetitel weit von sich: Weder bin ich der Christus, noch Elia noch der Prophet.
Stattdessen zitiert er den Propheten Jesaja und sagt rätselhaft:
„Ich bin die Stimme eines Predigers in der Wüste: Ebnet den Weg des Herrn“; Und er fügt genauso rätselhaft hinzu: „Ich taufe mit Wasser; aber er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennt. Der wird nach mir kommen, und ich bin nicht wert, dass ich seine Schuhriemen löse.“ Wie bitte? Dieser große Gottesmann will gar nichts sein? Der macht sich ja ganz klein. Tut er nur so oder ist da etwas im Gange, was weit über das hinausgeht, das man von einem Bußprediger erwarten könnte?
III. Johannes ruft eine Zeitenwende aus
Stellen wir uns die Szene damals am Jordan noch einmal vor Augen. Ungeheuerliches ist da im Gange. Johannes steht im Wasser und tauft und tauft und schaut auf und sieht Jesus auf sich zukommen. Er kennt ihn nicht. Er hat ihn noch nie gesehen und doch weiß er: Der ist’s. „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde wegträgt.“
Gottes Lamm – Agnus Dei – „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld der Welt und ihrer Kinder.“ Wie das? Kann das sein? Ein gänzlich Unbekannter kommt da des Weges. Offenbar will er sich von Johannes, dem großen Gottesmann taufen lassen. Und dieser kann nicht anders als laut auszurufen: „Siehe, das ist Gottes Lamm“. Nicht ich bin’s. Ich bin weder der Christus, noch Elia, noch der Prophet, sondern „Der ist’s“. Alles, was ihr erwarten könnt: Erlösung, Vergebung, Befreiung, das Reich Gottes, Gott selbst auf dieser Welt: „Der ist’s“.
Ein Paukenschlag und mehr als das; ein weltgeschichtliches Ereignis, eine Zeitenwende ist das, die wirkliche Zeitenwende. Und Johannes ruft sie aus.
Erinnern Sie sich noch an den 27. Februar letzten Jahres. Es war drei Tage nach dem Überfall von Putin-Russland auf die Ukraine, da rief der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Deutschen Bundestag eine Zeitenwende aus, und zwar eine Zeitenwende im Blick auf die deutsche Außenpolitik und damit auf die europäische Politik, ja auf die Weltpolitik insgesamt. Von jetzt an wird vieles anders, sehr vieles, ja alles wird anders. Und es ist anders geworden. Wir haben es erlebt, erleben müssen und erleben es noch.
IV. Seht, die gute Zeit ist nah
Zeitenwenden haben es in sich, die Folgen sind unabsehbar. Das gilt für die Zeitenwende, die der deutsche Bundeskanzler ausgerufen hat. Mehr noch gilt es für die Zeitenwende, die Johannes der Täufer ausgerufen hat. Was hat er denn ausgerufen? Ich sage es mit einem Adventslied, das vielleicht manche unter uns auf das Christfest hin gesungen haben oder sich haben zusingen lassen:
„Seht, die gute Zeit ist nah, Gott kommt auf die Erde,
kommt und ist für alle da, kommt, dass Friede werde.“
Um dieses weltgeschichtliche Ereignis ging es, als Johannes ausgerufen hat: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde wegträgt.“ Da wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen, und zwar ein neues Kapitel in der Geschichte zwischen Gott und seiner Welt, ein neues Kapitel der Heilsgeschichte. Noch einmal mit den Worten eines Adventsliedes:
„Gott sei Dank durch alle Welt, der sein Wort beständig hält
und der Sünder Trost und Rat zu uns hergesendet hat.
Was der alten Väter Schar höchster Wunsch und Sehnen war und was sie geprophezeit, ist erfüllt in Herrlichkeit.“
Johannes hat es bezeugt und zwar nicht aus sich selbst heraus, sondern ganz ausdrücklich aufgrund einer göttlichen Eingebung: „Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm“ – auf diesem bislang völlig Unbekannten. Johannes hat es gesehen in einer Vision, die ihm Gott eingegeben hat, längst bevor er Jesus auf sich hat zukommen sehen. Und er durfte auch Gottes Stimme vernehmen. Sie sagte ihm: „Auf welchen du siehst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist’s, der mit dem Heiligen Geist tauft.“
V. Glaubt nicht an mich. Vertraut dem, der kommt.
Jetzt ist es heraus: Jesus, Gottes Lamm, der Erlöser und Retter, ist nicht nur selbst ganz durchdrungen vom Geist Gottes, sondern er gibt denen, die an ihn glauben, diesen Geist auch noch weiter. Er tauft mit dem Heiligen Geist. Und die von ihm getauft sind, die sind – wie Er. Sie sind von diesem Geist Gottes durchdrungen und haben Anteil an Jesu Vollmacht.
Was für ein ungeheuerliches Geschehen hat da bei der Begegnung des Täufers Johannes mit Jesus seinen Ausgang genommen! Es war gleichsam der Urknall für den Beginn des Reiches Gottes. Gott hat durch Johannes seinen Sohn Jesus als den Christus offenbar gemacht: „Damit er offenbar werde für Israel, darum bin ich gekommen zu taufen mit Wasser.“ Ihr braucht auf keinen anderen zu warten, Er ist’s!
Und ich, Johannes, bin dafür Zeuge. Ich bürge für diese Wahrheit mit meiner ganzen Person. Auch wenn ihr mich für einen Großen haltet, bin ich doch ganz klein. Ich bin klein gegenüber dem, für den ich Zeugnis ablege. Ich bin nicht einmal wert, dass ich seine Schuhriemen löse. Glaubt nicht an mich, glaubt an ihn. Dieser Glaube macht euch selig. Es ist der Glaube an Gottes Sohn. Es gibt keinen Größeren in der Weltgeschichte. Wer an Ihn glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt, und wer da lebt und glaubt an Ihn, der wird in Ewigkeit nicht sterben.
Amen.
Verfasser: Pfarrer i. R. Günter Knoll, Wengertweg 48, 71083 Herrenberg
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