Wochenspruch:
„Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ (1. Johannes 3, 8 b)
Psalm: 91, 1 – 4.11 – 12
Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 3, 1 – 19 (20 – 24)
Epistel: Hebräer 4, 14 – 16
Evangelium: Matthäus 4, 1 – 11
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 79 Wir danken dir, Herr Jesu Christ
Wochenlied: EG 365 Von Gott will ich nicht lassen
Predigtlied: EG 366 Wenn wir in höchsten Nöten sein
Schlusslied: EG 398 In dir ist Freude in allem Leide
Vorbemerkungen:
Der 2. Korintherbrief ist der zweite uns erhaltene Brief des Paulus und wahrscheinlich eine Antwort auf einen oder mehrere Briefe, die die Gemeinde aus Korinth an Paulus geschrieben hatte. Dieser Brief ist fast ausschließlich eine Verteidigungsrede des Paulus gegen die Angriffe, die einige Christen in der Gemeinde zu Korinth erhoben. Dieser Abschnitt steht im Kontext fast am Ende einer umfangreichen Ermahnung (2. Ko. 2,14-7,4). Paulus stellt sich nicht als der große Pneumatiker hin, der sich schon in „himmlischen Sphären“ befindet und den realen Bezug zur Gegenwart verloren hat. Er spürt am eigenen Körper, was es bedeutet ein „Diener Gottes“ zu sein und in der Lebens- und Leidensgemeinschaft mit Jesus Christus zu leben. Eine gewisse Ohnmacht spricht aus den Zeilen des Paulus, aber eine Ohnmacht, die an Jesus Christus gebunden ist. Der Ohnmächtige leidet, geht den untersten Weg. Und gerade darin kommt er zum Ziel, so wie Jesus Christus seinen Leidensweg ohnmächtig ans Kreuz ging, hat er doch gerade dadurch die Erlösung für alle Menschen erworben. Die große Sorge des Apostels Paulus ist, obwohl die Korinther die Gnade Gottes empfangen und erfahren haben, sie durch ihr Verhalten sich verscherzen könnten. Er wendet nun alles daran, sie wieder auf den Boden der Gnade Gottes zurückzuholen.
Predigt: 2. Kor 6, 1 – 10
Dieser Text zeigt uns, dass es in den ersten christlichen Missions-gemeinden keineswegs nur „Friede, Freude und Eierkuchen“ gab. Zwar gab es auch große Einmütigkeit und Harmonie, aber auch das Gegenteil: Große Probleme, die bewältigt werden mussten. Es gab Menschen in der Gemeinde zu Korinth, die harte Kritik an der Person, dem Amt und der Arbeit des Paulus übten. Dieser Abschnitt ist eine Antwort des angegriffenen Apostels an seine Gegner.
Der Apostel ermahnt die Gemeinde in Korinth nicht mit trockenen dogmatisch-theologischen Floskeln, auch nicht wie ein Oberschullehrer mit erhobenem Zeigefinger, sondern in liebevoller Unterweisung als einer unter Seinesgleichen. Paulus versteht sich zusammen mit seinen Mitarbeitern als Diener Jesu Christi. Obwohl Paulus es mit radikalen Gegnern und großen Schwierigkeiten zu tun hatte, versteht er die Auseinandersetzungen mit seinen Gegnern nicht als einen Kampf um seine Person, sondern um Christus und seine Sache. Paulus möchte die Gegner in der Gemeinde zu Korinth nicht bekämpfen und mundtot machen, sondern für Christus und seine Sache gewinnen. Er legt großen Wert darauf zu zeigen, dass die Menschen ihm keineswegs gleichgültig sind, denn er ist mit großer Sorgfalt darauf bedacht, dass er mit seiner Person auf keinen Fall Anlass für ein Ärgernis gibt, denn dies könnte sich in der Tat schädlich für den Glauben der Christen auswirken. Bei dieser Gelegenheit zählt Paulus als Beweis für seinen verantwortungsbewussten Einsatz ein umfangreiches Verzeichnis von Leiden, Leistungen und Bewährungen auf, über die man nur staunen kann, dass ein Mensch das alles aushält. Wörtlich sagt Paulus:
3„Und wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit unser Amt nicht verlästert werde;
4 sondern in allem erweisen wir uns als Diener Gottes: in großer Geduld, in Trübsälen, in Nöten, in Ängsten
5 in Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, in Mühen, im Wachen, im Fasten.“
Paulus erinnert die Menschen in Korinth, dass sie die Gnade Gottes empfangen haben und erklärt ihnen was die Gnade Gottes ist, bewirkt und für die Menschen bedeutet.
Die Gnade Gottes ist ein freies Geschenk Gottes in Jesus Christus an den Menschen, durch die uns neues Leben geschenkt wird. Aus Gnaden vergibt er uns unsere Schuld und nimmt uns als seine Kinder an. Dieses Geschenk ist ein freies Angebot, auf das niemand einen Anspruch hat, über das kein Mensch willkürlich verfügen kann, wann er möchte. Es gibt ganz bestimmte Momente, in denen Gott sie uns anbietet. Und dann gilt es allerdings dieses „Jetzt“ zu nutzen. Jesus und die Apostel werden nicht müde, immer wieder zur Wachsamkeit aufzurufen. Jetzt ist die „angenehme Zeit“, das bedeutet so viel wie „Gottes wohlgefällige Zeit“, also „Gottes Stunde“ und darum der Tag der Rettung.
Der Schreiber des Hebräerbriefes zitiert ein Psalmwort (vgl. Ps. 95, 8) und sagt: „Heute, so ihr seine Stimme höret, verstocket eure Herzen nicht“ (Hebr. 3, 8.15; 4, 7). Martin Luther hat einmal gesagt: „Der Gnadenwagen fährt nicht alle Tage durch die Stadt, wenn er aber vorbeikommt, dann steige auf!“ Mit anderen Worten, wenn ich merke, jetzt meint Gott mich, jetzt ruft er mich, jetzt bietet er mir sein Geschenk an, dann gilt es, diesen Augenblick zu nutzen, denn ich weiß nicht, ob es noch einmal eine solche Gelegenheit gibt, wo Gott so deutlich zu mir redet und sein Geschenk mir anbietet.
Das muss sich jeder Mensch sagen lassen: Ich kann Gottes Geschenk nur annehmen, wenn er es mir anbietet. Gottes Geist weht wo und wann er will. (vgl. Joh. 3, 8) Paulus weiß, was das bedeutet, wenn Gott seine Gnade uns Menschen anbietet. Er sagt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die in mir ist.“ (1.Kor. 15, 10) Paulus erinnert sich an jenen Augenblick, wo er auf dem Weg nach Damaskus war, um Christen zu verfolgen, aber Gott hat ihm dieses große Geschenk zuteilwerden ließ, dass er im Glauben an Jesus Christus ein neuer Mensch werden konnte.
Paulus möchte nicht, dass sich die Menschen in Korinth durch ihr Verhalten die Gnade Gottes verscherzen. Er möchte vielmehr ihnen dazu verhelfen, dass sie die Gnade Gottes, wenn Gott sie uns anbietet, nutzen. Nichts wäre für Paulus schlimmer, als wenn jene Menschen die Gnade Gottes ins Leere laufen ließen, wie es wörtlich im Griechischen heißt, dass sie im Glaubensleben ermatten, träge, müde, gleichgültig werden und sich schließlich ganz von Gott abwenden. Ein ganz schlimmer Zustand, wenn es hieße „vergeblich empfangen“.
In der Gemeinde zu Korinth gab es Menschen, die sich als Apostel und die rechten Gemeindeleiter aufspielten. Sie erhoben den Anspruch, mit besonderen Geistesgaben ausgerüstet zu sein. Sie hatten in der Tat mit Gott Großes erlebt. Paulus hält seinen leidvollen Weg entgegen.
Wenn Paulus seine leidvollen Erfahrungen vorträgt, dann ist das allerdings nicht ein Zeichen dafür, dass er das Leiden verherrlicht oder ein „Jammerlappen“ wäre, sondern er setzt das, was er von Gott bekommen hat, seinen Gegnern entgegen. Ein Diener Jesu Christi zu sein, ihm nachfolgen mit allen Konsequenzen bedeutet für Paulus auch den Weg des Leidens und des Kreuzes, des Sterbens und der Ohnmacht zu gehen. Das hat er sich auch nicht ausgesucht, aber das Leben in der Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus und die Verkündigung des Evangeliums haben dies mit sich gebracht. Er möchte seine Erlebnisse nicht auf die persönliche moralische Ebene bringen, sondern zeigen, dass es Begleitumstände seines Dienstes sind. Das ist nun einmal so, wer Jesus Christus konsequent nachfolgt, der eckt an.
Den Korinthern wollte das nicht einleuchten. Deshalb ihre Kritik an Paulus. Die „Geisterfüllten“ oder wie es im Griechischen heißt, die „Pneumatiker“ waren der Ansicht, das Christsein erweise sich durch Erfolge, Krankenheilung, Zungenreden, Visionen, Reden mit großer philosophischen Weisheit und dergleichen mehr. Erst recht von einem Apostel dürfe man erwarten, dass er durch die Kraft des Geistes eine überragende geistliche Persönlichkeit sein müsste. Aber Paulus entspreche diesen Vorstellungen nicht.
Paulus nimmt mit einer gewissen Gelassenheit hin, dass er bei den Korinthern in der Kritik, ihrer Meinung nach im Zwielicht steht. Es werden gute Gerüchte, böse Gerüchte, Ehre und Schande über ihn verbreitet. Man hat Paulus wahrscheinlich sogar abgesprochen, dass er ein „Diener Gottes“ sei. (vgl. V. 4) Man hielt ihn für einen „Verführer“, verachtet ihn als einen „Unbekannten“. In der geistigen Welt hat sein Name keine große Anerkennung. Er ist ein Mann, der das „Sterben“ an seinem Körper trägt. Er ist ein „Gezüchtigter“, einer, der mit der Rute erzogen wird. Er weiß von Zeiten eines „Traurigen“, die er aber eine „göttliche Traurigkeit“ nennt. Auf jeden Fall ist er ein „Armer“, die Korinther aber meinen, sie wären reich. Was seine Kritiker bemängeln, bestreitet er auch nicht. Er sagt: „Wir er-weisen uns“ gerade in dem, was ihr Korinther an uns bemängelt, „als Diener Gottes.“
Paulus nimmt zwar diese Kritik auf, verarbeitet sie und reagiert so, dass er sie nicht persönlich nimmt und sich angegriffen fühlt oder sein Lebenswerk negiert würde. Er kann es sich leisten „auf das Image des starken Mannes zu verzichten“, denn er weiß, dass für sein Selbstwertgefühl und für die Beurteilung seiner Arbeit nicht die Kritiker ausschlaggebend sind.
Nun lässt Gott diesen Mann Träger und Überbringer seines Wortes sein, in dem und durch das er seine Stärke erweist. Gottes Kraft wirkt nun einmal durch diesen schwachen Mann. (vgl. 2. Kor 12, 9) Das ist die Dialektik des Paulus: Es ist der alte Saulus aus Taurus und doch ist es der Paulus, weil Jesus Christus aus ihm einen neuen Menschen gemacht hat. (vgl. 2. Kor 5, 17)
Es gibt viele Leiden in der Nachfolge Jesu, aber es gibt auch viel, was die Gnade uns schenkt. Paulus sagt: Wir erfahren Gottes Gnade 6 „in Lauterkeit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, im heiligen Geist, in ungefärbter Liebe,
7 in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, mit den Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken,
8 in Ehre und Schande; in bösen Gerüchten und guten Gerüchten, als Verführer und doch wahrhaftig;
9 als die Unbekannten, und doch bekannt; als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten, und doch nicht getötet;
10 als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben, und doch alles haben.“
Paulus gibt es offen zu: Wir sterben, aber siehe, wir leben. Wir haben Angst, aber wir verzagen nicht. Auch wenn andere mehr haben und mehr können: Wir sind zwar arm und können dennoch andere reich machen. Und selbst dann, wenn das Leben uns durch das dunkle Tal führt, können wir denen Trost vermitteln, die auch schwere Wege geführt werden. Und wenn wir vor Gott feststellen, dass wir wieder einmal mit leeren Händen dastehen, weil wir nichts haben, dann dürfen wir es in Anspruch nehmen, dass wir alles haben, weil wir Jesus Christus haben, der uns in seinen Händen hält und trägt.
Das ist die gute Zeit, die uns durch die Gnade Gottes geschenkt wird: Schwere Wege geführt werden und dennoch mit Jesus Christus verbunden sein. Von seiner Gnade leben, die ihre Kraft in dem Schwachen zur Vollendung bringt. Ja tatsächlich: Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils. Lasst sie nicht verstreichen, ohne sie in Anspruch zu nehmen. Amen
Verfasser: Friedrich Gäntzle
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