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Den Versuchungen standhalten

von Victoria Rode (Wintzigerode)

Predigtdatum : 09.03.2014
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Aschermittwoch
Textstelle : Jakobus 1,12-18
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Wochenspruch:
Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. (1. Johannes 3, 8)
Psalm: Psalm 91, 1 – 4.11 – 12

Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 3, 1 – 19 (20 – 24)
Epistel: Hebräer 4, 14 – 16
Evangelium: Matthäus 4, 1 – 11

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 210 Du hast uns Herr gerufen
Wochenlied: EG 362 oder EG 347 Ein feste Burg ist unser Gott Ach bleib mit deiner Gnade
Predigtlied: EG 378, 1.4 - 5 Es mag sein, dass alles fällt
Schlusslied: EG 171 Bewahre uns Gott

Hinführung
In den christlichen Gemeinden kommt es Ende des 1. Jahrhunderts zu Spannungen. Die ersten Christen waren vor allem Unfreie und arme Menschen: für sie war das Evangelium Befreiung und Zuspruch. Mit der Zeit kommen andere hinzu. Das soziale Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinden wird größer. Die Versorgung der Bedürftigen gelingt nicht, Reiche und Arme werden ungleich behandelt. Das Streben nach Macht und Einfluss nimmt zu.

Der Verfasser des Jakobusbriefes bezeichnet dieses Verhalten, das sich in den Gemeinden zeigt als Sünde, weil es gegen den Willen Gottes ist. Christen steht es nicht zu, mit weltlichem Maß zu messen.

Für den Autor gehören Handeln und Reden untrennbar zusammen. Nur durch den rechten Glauben lässt sich dieses Verhalten überwinden. Doch was meint er ist der rechte Glaube? Der rechte Glaube ist für Jakobus die Rückbesinnung auf den, der das Maß aller Dinge ist: Gott selbst. Die Grundlage bildet dabei das Gebot der Nächstenliebe.

Der Predigttext spricht von der Spannung der Hingabe an die irdischen Versuchungen und Anfechtungen und dem was Gottes Wille ist.

In unserem Alltag gibt es genügend Anfechtungen, denen wir standhalten müssen. Die Predigt nimmt diese Spannung am Bespiel eines Jugendlichen auf. Um in der Schule angesagt zu sein und dazuzugehören, würde er ungefragt Mutproben in Kauf nehmen, nur um seine Ruhe zu haben. Dabei verlässt er sich auf Aussagen anderer ohne seinem vermeintlichen Gegner selbst gegenüber zutreten und herauszufinden, was er von ihm verlangt.

Dem Gegenüber steht die Figur des Jakobus. Er prangert durch seinen Brief an die christlichen Gemeinden dieses Verhalten an.

Beide Figuren begegnen sich nun in der Straßenbahn. Der Versuch, dem Predigthörer zu verdeutlichen, dass der Jakobustext auch heute am Sonntag Invokavit noch zu uns spricht. Jakobus regt Arne zum Nachdenken an. Gibt aber keine voreiligen Lösungsvorschläge. Arnes Entscheidung, wie er in Zukunft mit Peter und seinen Jungs umgehen soll, bleibt offen. (An diesem Punkt würde es die Möglichkeit geben an der Predigt und ihrem Geschehnissen weiterzudenken und zu arbeiten)

Der Predigttext wird in zwei verschiedenen Übersetzungen (Luther 1984 und Basisbibel) während der Predigt gelesen.

Predigt
Heute ist Arne schon vor dem Wecker klingeln wach. Noch ist es dunkel draußen. Er zieht die Decke über den Kopf und wälzt sich im Bett hin und her. Noch habe ich Zeit, denkt er.
In den letzten Wochen fällt ihm das Aufstehen mit jedem Tag schwerer.

Seit das neue Halbjahr im Februar begonnen hat, geht er nicht mehr gern in die Schule. Vor ein paar Monaten war das noch ganz anders. Er konnte es kaum erwarten seinen Rucksack zu nehmen und in Richtung Schulbus zu laufen. Er verbrachte die Pausen gern mit seinen Freunden. Er liebte Mathematik und Sport. Er war ein freundlicher und hilfsbereiter Schüler. Und auch die Mädchen mochten ihn und seine tiefblauen Augen.

Aber das ist inzwischen alles Geschichte. Seit dem Umzug in die neue Stadt ist der Gang in die Schule nicht mehr leicht und unbeschwert. Peter und seine Gang aus der Parallelklasse bestimmen heute seinen Alltag. Sie pöbeln ihn immer wieder an. Sie drohen ihm, wenn er sich auf dem Schulhof mit einem Mädchen unterhält. Sie fordern ihn zu Mutproben auf, damit er dazu gehören kann.
Schon beim Frühstück ist ihm übel, wenn er nur daran denkt, dass er gleich los muss. Bisher kam er immer glimpflich davon. Aber lange hält er diesen Druck nicht mehr aus.
Aus dem freundlichen 16jährigen ist ein stiller und zurückgezogener junger Mann geworden, der am liebsten mit sich allein ist.

Der Wecker klingelt. Zeit zum Aufstehen, denkt Jakobus. Gott sei Dank ist heut ein kurzer Schultag! Es ist früh am Morgen als er sich an seinen Schreibplatz setzt. Durch das Fenster kann er die aufgehende Sonne beobachten. Das Meer funkelt in ihrem Glanz. Eine angenehme Kühle weht durch das Fenster zu ihm herüber. Alles ist noch ganz still auf den Straßen. Es ist noch nichts zu spüren von der Betriebsamkeit, die sonst vor seinem Fenster herrscht.

Die letzten Tage waren anstrengend. Immer wieder hörte er von den Spannungen, die in den Gemeinden außerhalb Palästinas vorherrschen. Neid, Streit und Kampf beherrschen ihr Leben. Die Reichen sitzen am längeren Hebel. Sie bestimmen das Leben in den Gemeinden. Sie sagen wo es lang geht und beuten ihre Arbeiter aus. Sie vertrauen mehr auf sich selbst, und nicht auf Gott. Und die kleinen Leute haben ihre Stimme verloren. Für sie interessiert sich schein-bar keiner mehr. Jakobus hält diesen Druck nicht mehr aus.
Es muss etwas geschehen, denkt er. Noch bevor die Sonne ganz am Himmel steht, greift zu Feder und Tinte und beginnt zu schreiben:

12 Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben.
13 Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand.
14 Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt.
15 Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.
16 Irrt euch nicht, meine lieben Brüder.
17 Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.
18 Er hat uns geboren nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir Erstlinge seiner Geschöpfe seien.

Liebe Gemeinde,
vor unserem inneren Auge sind gerade zwei Lebensausschnitte vorbeigezogen. Zwei Menschen, zwischen denen 2000 Jahre Geschichte liegen, haben etwas von ihrem Leben preis gegeben. Erlebnisse, die so unterschiedlich sind und sich doch ähneln. Erfahrungshorizonte zwischen denen Welten liegen und die auf normalem Weg nie zueinander kommen könnten.

Heute Morgen möchte ich mit ihnen dennoch ein Experiment wagen. Das was im realen Leben nicht möglich ist, kann heute unter uns geschehen. Schließen wir die Augen und lassen wir es zu einer Begegnung zwischen Arne und Jakobus kommen ...

Arne lässt sich Zeit an diesem Montagmorgen. Jede Minute kostet er aus, um nicht zu früh in der Schule anzukommen.
Er entscheidet sich heute die letzte Bahn zu nehmen. Notfalls will er in Kauf nehmen etwas zu spät zu kommen. Auf keinen Fall will er Peter und seinen Jungs noch vor Unterrichtsbeginn in die Arme laufen. Als er an der Straßenbahnhaltestelle ankommt, hält die Bahn, die ihn zur Schule bringt, vor ihm. Er steigt ein und setzt sich neben einen Mann, der Ende Februar ein sommerliches Gewand und seltsame Sandalen trägt. Arne mustert ihn und findet diese Begegnung etwas seltsam. Die Türen schließen sich mit einem piependen Geräusch und die Bahn setzt sich in Bewegung.
„Ich wusste, dass du dich zu mir setzen würdest.“, sagte der Unbekannte plötzlich, „ich habe auf dich gewartet.“
„Wir kennen uns doch gar nicht und auch diese Bahn nehme ich sonst nicht!“
„Es ist nicht wichtig zu verstehen, warum ich dich gerade heute hier treffe. Wichtig ist was ich dir sagen will. Sprich mit Peter. Frag ihn, was er von dir will!“
„Kein Wort rede ich mit ihm. Und außerdem weiß ich was er will. Er fordert von jedem eine Mutprobe, der dazu gehören will. Das weiß jeder in unserer Schule. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Und ich muss da jetzt auch durch. Ich kann mich nicht länger drücken. Hab keine Lust mehr Spießruten zu laufen.“
„Arne? Hast du hast noch nie mit Peter gesprochen?“. Er schüttelt den Kopf.
„Und dann willst du wissen, was er von dir fordert?“
„Ach, das lohnt doch nicht zu reden. Das einfachste ist, ich geb' mich damit ab.“
„Vielleicht ist das einfacher und damit auch verführerisch. Aber ist es das, was du möchtest? Ich glaube, es gibt noch eine andere Möglichkeit, wie es funktionieren könnte.“
„Ich weiß nicht“, zögert Arne. „Naja, ich möchte, dass die Sache anders läuft. Ich will ja kein Spielball sein und mich rumschubsen lassen.“
„Dann versuch es, auch wenn es zum Konflikt führt. Aber weißt du Arne, manchmal geht es einfach ums Prinzip. Du bist stark, ich weiß es. Keiner sollte mit anderen einfach machen können, was er will. Sieh Peter in die Augen und frag ihn, was er will.“

Arne sieht aus dem Fenster der Straßenbahn. Er muss blinzeln als er in die Sonne sieht. Der Fahrschein in seinen Hän-den: zerknüllt.

Als Arne seine Haltestelle erreicht, ist Jakobus verschwunden. Nichts scheint mehr an diese seltsame Begegnung am Montagmorgen zu erinnern. Für einen kurzen Augenblick glaubt Arne selbst, dass diese Begegnung nur in seiner Fantasie gegeben hat. Vorsichtig greift seine Hand auf den Sitz neben ihm. Der Platz ist noch warm und eine kleine alte Rolle liegt auf dem Sitz. Er greift nach ihr, rollt sie vorsichtig aus und beginnt zu lesen:

12 Glückselig ist derjenige, der standhaft bleibt, wenn er auf die Probe gestellt wird. Denn weil er sich bewährt hat, wird Gott ihm den Siegeskranz verleihen. Dieser Siegeskranz ist das ewige Leben, das Gott denen versprochen hat, die ihn lieben.
13 Aber niemand, der auf die Probe gestellt wird, soll sagen: "Diese Prüfung kommt von Gott." Denn so wie Gott nicht zum Bösen verführt werden kann, verführt er auch selbst niemanden dazu.
14 Jeder Mensch wird vielmehr durch seine eigene Begierde verführt. Von ihr lässt er sich fortreißen und schluckt ihren Köder.
15 Wenn das geschieht, wird die Begierde gleichsam schwanger und gebiert die Sünde. Aber wenn die Sünde dann ausgewachsen ist, bringt sie ihrerseits den Tod zur Welt.
16 Täuscht euch nicht, meine lieben Brüder und Schwestern!
17 Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben – von dem Vater, der alle Himmelslichter geschaffen hat. Bei ihm gibt es keinen Wandel und keinen Wechsel von hell und dunkel.
18 Es war sein Wille, uns durch das Wort der Wahrheit neu zur Welt zu bringen. Dadurch sind wir gleichsam an die erste Stelle unter seinen Geschöpfen getreten.
Amen.

Verfasserin: Viktoria Rode
ordinierte Gemeindepädagogin auf der Burg Bodenstein
Burgstraße 2, 37339 Wintzingerode

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