Der dankbare Samariter
von Kerstin Mohn (63654 Büdingen)
Predigtdatum
:
28.08.2005
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
12. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Markus 1,40-45
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Wochenspruch:
Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. (Psalm 103,2)
Psalm: 146 (EG 757)
Lesungen
Altes Testament:
1. Mose 28,10-19
Epistel:
Römer 8, (12-13) 14-17
Evangelium:
Lukas 17,11-19
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 302
Du, meine Seele, singe
Wochenlied:
EG 365
Von Gott will ich nicht lassen
Predigtlied:
EG 369
Wer nur den lieben Gott lässt walten
Schlusslied:
EG 171
Bewahre uns, Gott
40 Es kam zu Jesus ein Aussätziger, der bat ihn, kniete nieder und sprach zu ihm: Willst du, so kannst du mich reinigen. 41 Und es jammerte ihn und er streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will's tun; sei rein! 42 Und sogleich wich der Aussatz von ihm und er wurde rein. 43 Und Jesus drohte ihm und trieb ihn alsbald von sich 44 und sprach zu ihm: Sieh zu, dass du niemandem etwas sagst; sondern geh hin und zeige dich dem Priester und opfere für deine Reinigung, was Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis. 45 Er aber ging fort und fing an, viel davon zu reden und die Geschichte bekannt zu machen, sodass Jesus hinfort nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen konnte; sondern er war draußen an einsamen Orten; doch sie kamen zu ihm von allen Enden.
Liebe Gemeinde !
Keiner von uns ist gerne krank. Krankheit ist etwas, dem wir alle, ob jung oder alt, ausweichen, wo und wie wir nur können. Darum verwenden wir auch viel Zeit und Energie darauf, uns vor Krankheiten zu schützen. Durch gesunde Ernährung, eine maßvolle Lebenweise, Sport und Bewegung, Vitamine und vorbeugende Medikamente,Vorsorgeuntersuchungen und Aufklärung über Risiken usw.
Und dennoch ist uns allen bewusst, daß es keine Garantien gibt, nicht krank zu werden. Kein Mensch kann guten Gewissens behaupten, noch nie krank gewesen zu sein. Viele bleiben von großen Beschwerden verschont, aber selbst mit einem Schnupfen oder einer Magenverstimmung fühlen wir uns oft schon krank. Krankheit ist unangenehm und durchbricht unseren täglichen Alltag und Lebensrhythmus. Sie hindert uns daran, so zu leben, wie wir gerne möchten.
Viele Krankheiten haben wir im Griff und können gut damit umgehen. Wissen genau, wie wir uns verhalten müssen, um wieder gesund zu werden. Aber oft hat sie uns im Griff, beherrscht unser Leben, und wir sind ausgeliefert. Es gibt Krankheiten, die uns nur eine Zeitlang einschränken, andere verändern unser Leben nachhaltig, bis dahin, dass sie zum Tode führen.
Jede Erkrankung wirft unsere Tages- und Lebensläufe über den Haufen. Bei einer normalen Magenverstimmung z. B. müssen wir auf bestimmte Speisen und Getränke verzichten und die Lebensweise ändern. Man kann nicht mehr alles essen, fühlt sich müde und schlapp, kann vielleicht nicht arbeiten gehen und außerdem muss man noch darauf achten, andere in der Familie nicht anzustecken.
Vieles ist geregelt für den Krankheitsfall, aber wie oft stellt uns eine Krankheit auch vor schier unlösbare Aufgaben und Entscheidungen. Und so versuchen wir es zu vermeiden, wo es nur geht: krank zu werden oder mit Krankheit in Berührung zu kommen.
Unser Bibel-Text erzählt von einem Mann, der Aussatz hatte. Eine schwere Erkrankung, die man heute mit Lepra vergleichen kann. Sehr ansteckend und mit großen Auswirkungen. Aussätzige waren nicht nur schwer leidend, sondern sie wurden auch aus der Gemeinschaft der Gesunden ausgeschlossen. Sie mussten sich zurückziehen, durften nicht mehr in ihrem Haus und ihrer Familie leben. Totale Isolation war nötig, um sich gegen die Ansteckung zu schützen. Keinerlei Kontakt zu den Gesunden. Die Berührungsangst war riesengroß.
Krank sein und ausgeschlossen werden. Wie schrecklich. Jeder, der schon einmal krank war, kann das wohl nachempfinden. Nicht dabei sein können, in einem Zimmer alleine liegen oder gar im Krankenhaus. Kaum Besuch, keinen Kontakt haben. Meist ist es nur für wenige Tage oder Wochen. Das kann man noch ertragen. Das ist absehbar.
Bei Aussatz war man aber für immer ausgeschlossen. Doppelt gestraft würde man sagen. Denn Krankheit galt ja zur Zeit Jesu auch als eine Strafe für ein früheres Vergehen. Man war der Überzeugung, daß Gott selbst einen Menschen für sein Vergehen durch eine Krankheit bestraft, und so hatten die Leute auch kein schlechtes Gewissen dabei, die Aussätzigen auszugrenzen.
In gewissem Sinn ist das auch bei uns noch im Denken verankert, denn auch heute sagen ja viele, wenn sie krank werden: Womit habe ich das verdient? Was habe ich nur getan, dass es mir jetzt so schlecht geht?
Aber das ist die falsche Frage. Viel mehr sollten wir uns fragen: Wozu bin ich jetzt krank geworden? Was will mir diese Erkrankung zeigen? Wo muss ich vielleicht mein Leben ändern?
Ein Aussätziger kommt nun zu Jesus und bittet ihn um Heilung. Er ergibt sich also nicht einfach seinem Schicksal, sondern er tut etwas dagegen. Er findet sich nicht damit ab, was ihm geschieht, sondern er sucht nach einer Rettung aus dieser Situation. Er gibt nicht auf. Nimmt all seine Kraft und seinen Mut zusammen und bittet Jesus um Hilfe.
Das ist der erste Schritt zur Heilung: nicht aufgeben.
Sich nicht abfinden, sondern etwas tun.
Hoffen und handeln.
Und Jesus? Jesus wird davon im Innersten berührt. Es jammerte ihn..., heißt es im Text. Er spürt die Verzweiflung, aber auch die Hoffnung dieses Mannes: Du kannst mir helfen. Welch ein Vertrauen drückt sich darin auch aus!
Wie oft werden auch wir von der Krankheit eines anderen Menschen berührt? Vom Schicksal ins tiefste getroffen, fühlen mit und können es kaum ertragen, jemand leiden zu sehen. Aber wie oft weichen wir dem auch aus, wenden uns ab, weil wir glauben, es nicht auszuhalten?
Jesus weicht nicht aus, wendet sich nicht ab, schickt ihn nicht weg, obwohl er genau sieht, dass es sich um Aussatz handelt. Seine Jünger sind sicher zurückgewichen, als der Aussätzige sich nähert, haben vielleicht versucht, ihn zu vertreiben.
Und dann geschieht das Wunderbare: Jesus geht auf ihn zu, berührt ihn. Und das sicher nicht nur mit einem Finger, sondern ganz bewusst. Vielleicht nimmt er ihn sogar in den Arm. ER lässt sich nicht abschrecken vom grauenvollen Anblick des Mannes. Leprakranke laden nicht gerade dazu ein, sie in den Arm zu nehmen. Aber Jesus tut es. Er gibt diesem Menschen das Gefühl, ich bin für dich da.
Er berührt ihn ganz bewusst, und noch mehr, er macht deutlich: Deine Kranheit ist keine Strafe. Gott wendet sich nicht von dir ab, weil du gesündigt hat. Im Gegenteil: Gott wendet sich dir zu. Er kommt dir ganz nah, mitten in all dem Leid und Elend. Er hat keine Berührungsangst. Jesus heilt ihn und... öffnet ihm damit den Weg zurück ins normale Leben.
Ein Wunder geschieht. Was medizinisch damals nicht möglich war, ereignet sich durch den Willen Gottes. Der Aussätzige wird rein und kann wieder ein Leben in der Gemeinschaft führen. Jesus hat ihn nicht nur gesund gemacht, er hat den Ausgestoßenen auch wieder zurückgeholt. Hat ihm wieder ein Leben in Gemeinschaft ermöglicht.
Wie schön, dass es bei Gott solche Wunder gibt!
Wie gut, dass bei Gott Dinge möglich sind, die uns Menschen trotz aller Bemühungen nicht gelingen. Auch heute, 2000 Jahre später, gibt es noch viele Krankheiten, die nicht heilbar sind. Wo wir auf Wunder hoffen, Wunder erbitten, ja manchmal wie der Aussätzige erflehen.
Aber: Wunder sind nicht zu erzwingen. Sie waren und bleiben immer die Ausnahme. Jemand hat einmal gesagt: Wunder sind wie ein Fenster zum Reich Gottes. Für einen Augenblick können Menschen erleben und sehen, wie es bei Gott sein wird. Solche Augenblicke gibt es, sie werden auch heute ab und zu den Menschen gewährt.
Auch bei uns geschehen Wunder. Es kann etwas ganz Spektakuläres sein: eine Bewahrung oder Rettung, eine unerwartete Heilung. Täglich hören wir auch davon. Aber ein Wunder kann auch etwas unscheinbarer ausfallen. Von uns vielleicht gar nicht recht bemerkt.
Es liegt oft an uns, ob wir die Wunder in unserem Leben erkennen und überhaupt damit rechnen.
Andererseits gibt es genug Menschen, die darüber erzählen könnten, wie das Wunder in ihrem Leben ausgeblieben ist. Wie sie gehofft, gebeten und gefleht haben - und nichts geschah. Ein geliebter Mensch stirbt, eine Krankheit ist nicht heilbar, eine Beziehung nicht zu retten. Und dann fragen wir uns: Warum ist das so ungerecht verteilt?
Wir haben keinen Anspruch auf Wunder. Und wir müssen uns damit abfinden, daß sie hier in unserem Leben immer nur die Ausnahme sind. Ein Geschenk.
Aber eines haben wir ganz sicher: Die Zusage, daß Gott sich nicht von uns abwendet, wenn wir in Krankheit oder Not sind. Daß er unsere Not sieht und ganz bewusst auf uns zugeht. Uns wahrnimmt und berührt. So wie Jesus den Aussätzigen und viele andere Kranke auch.
Jesus ist bei uns, auch wenn die Wunder ausbleiben. Er kann uns helfen, die Wunder in unserem Leben wahrzunehmen, aber er kann und wird uns auch helfen durchzuhalten, wenn keine Wunder geschehen.
Keiner von uns ist gerne krank. Aber wenn wir krank sind, dann ist es gut, wenn da jemand ist, der das mit uns durchsteht. Der bei uns bleibt und es aushält, was die Krankheit mit uns macht.
Krankheit annehmen, jemanden begleiten, das ist der erste Weg zur Besserung, wenn auch nicht immer zur Heilung. Jesus hat gezeigt, wie wichtig und wunderbar es ist, sich den Kranken zuzuwenden. Sie zu berühren und wahrzunehmen. All dem nicht auszuweichen. Und ich wünsche uns, dass wir das immer dann auch erleben wenn wir krank sind; dass da jemand ist, der bei uns bleibt, der keine Berührungsangst hat. So wie Gott bei uns ist. Ich hoffe aber auch, dass wir gerade als Christen die Kraft und den Mut haben, uns den Kranken zuwenden. Sie begleiten und spüren lassen: Du gehörst dazu, auch, wenn du krank bist.
Wunder können wir nicht vollbringen. Sie sind ein Geschenk. Aber wir können einander zeigen, wie wunderbar es ist, nicht ausgeschlossen zu sein. Das ist dann ein kleines Fenster zum Reich Gottes!
Amen.
Verfasserin: Pfrn. Kerstin Mohn, Ellernweg 21, 63654 Büdingen
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