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Der dreieinige Gott

von Ulrich Heckel (Stuttgart)

Predigtdatum : 26.05.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Pfingstmontag
Textstelle : 4. Mose 6,22-27
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Leitbild:
Der dreieinige Gott

Wochenspruch:
"Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll." (Jesaja 6, 3)

Psalm: 121

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 6, 1 - 13

Epistel: Römer 11, (32).33 - 36

Evangelium: Johannes 3, 1 - 8.(9 - 15)

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 179, 1 – 4 Allein Gott in der Höh sei Ehr
Wochenlied: EG 126, 1 – 5 oder EG 139, 1 – 5 Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist
oder Gelobet sei der Herr
Predigtlied: EG 140, 1 - 5 Brunn alles Heils
Schlusslied: EG 170, 1 - 4 Komm, Herr, segne uns

Hinführung:
Der evangelische Gottesdienst endet mit dem aaronitischen Segen (4. Mose 6,24 - 26). Doch ist diese Form des Schlusssegens für einen christlichen Gottesdienst keineswegs selbst-verständlich. Erst Martin Luther hat den aaronitischen Segen in die Gottesdienstordnung ein-geführt.

Der Abschnitt bietet ein liturgisches Formular, das Mose durch eine göttliche Offenbarung von JHWH selbst empfangen hat, um es Aaron und dessen Söhnen weiterzugeben. Nach 3. Mose 9,22 hat Aaron den Segen mit zum Volk erhobenen Händen erteilt. Diesem Vorbild entsprach die Praxis im Jerusalemer Tempel (Sirach 50, 20f).

Der aaronitische Segen besteht aus drei parallel gebauten Sätzen. Der dreigliedrige Aufbau legt - analog zu 2. Korinther 13, 13 und im Anschluss an Martin Luther - eine trinitarische Interpretation nahe.

Gliederung:
Für den Sonntag Trinitatis entfaltet die folgende Predigt den aaroni-tischen Segen darum in drei Wünschen, die den Segen des dreieinigen Gottes aufzeigen
in der Bewahrung durch den Schöpfer („Viel Glück und viel Segen“),
im Tod und der Auferstehung Jesu Christi (Segnen heißt: „unter das Kreuz stellen“) und
im Frieden als Gabe des heiligen Geistes („Schalom!“).

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des heiligen Geistes
sei mit euch allen! (2 Korinther 13,13)

Liebe Gemeinde,
der Predigttext für den heutigen Sonntag ist ein bekannter Text, ein altes Segenswort: der aaronitische Segen. Zwar hat ihn erst Martin Luther in die christliche Gottesdienstordnung eingeführt. Doch wurden mit diesen Worten schon die Israeliten im Jerusalemer Tempel gesegnet. Seinen Namen hat der aaronitische Segen von Aaron, dem Bruder des Mose, der am Berg Sinai von Gott zum ersten Priester der Israeliten berufen wurde. Hören wir also den Predigttext mit der Geschichte von der Einsetzung des aaronitischen Segens aus 4. Mose 6,22-27:

Lesen des Predigttexts: 4. Mose 6,22-27

Dieser Segen, liebe Gemeinde, ist uns so vertraut, dass wir uns über seine Bedeutung vielfach kaum noch Gedanken machen. Umso mehr lohnt es sich, diese Worte einmal genauer anzuschauen.

Ein Pfarrer erzählt von einem Taufgespräch. Der Sinn dieses Segens hat sich dabei ganz neu erschlossen.

Zur Vorbereitung der Taufe hatte er mit den Eltern einen Termin ausgemacht. Nun saßen sie im Wohnzimmer. Die Eltern hatten sich schon über den Taufspruch Gedanken gemacht und den aaronitischen Segen vorgeschlagen. Er wollte gerade die Eltern fragen, was sie an diesem Segenwort denn so angesprochen hat, da fing der Säugling plötzlich an zu schreien. Der Vater sprang auf und ging zum Kinderbett. Er beugte sich über den Rand, nahm seinen Sohn auf den Arm und strahlte ihn an. Der Täufling hörte sofort auf zu brüllen und reagierte mit einem fröhlichen Lächeln.

Diese Geschichte, liebe Gemeinde, erschließt die allzu vertrauten Segensworte neu. Denn dieser Segen will nichts anderes sein als ein Ausdruck der freundlichen Zuwendung Gottes.

Sein Wortlaut ist kunstvoll gestaltet. Drei Sätze sind es, drei Wünsche, die ich zum Sonntag Trinitatis in drei Schritten entfalten möchte:

1. „Viel Glück und viel Segen“

Wer zum Geburtstag „Viel Glück und viel Segen“ singt, möchte dem Geburtstagskind etwas Gutes tun. Und doch spüre ich selber ganz genau, dass dieses Gute nicht in meiner eigenen Macht steht, sondern auf eine höhere Kraft angewiesen ist. Darum wünscht man sich ja „Viel Glück und viel Segen“, weil man es nicht selber in der Hand hat.

Eine ganz ähnliche Bedeutung hat auch der erste Satz des aaronitischen Segens: „Der Herr segne dich und behüte dich“, d. h. er tue dir Gutes und bewahre dich vor allem Übel. Dieser Wunsch appelliert an Gott, dass er seine Hand über unser Leben hält und sich als der treue Menschenhüter erweist (wie in Psalm 121, den wir zum Eingang gebetet haben).

Am Geburtstag schaut man zurück auf das vergangene Jahr. Und meist gibt es viel Grund zur Dankbarkeit, dass wir wieder ein Jahr beschützt, behütet und bewahrt worden sind. Das ist ein großer Segen. Und für diesen Segen der Bewahrung können wir dem Schöpfer und Erhalter unseres Lebens nur von Herzen dankbar sein.

Und doch wissen wir, dass es auch andere Erfahrungen gibt, die weniger schön sind. Ein Segen ist keine Garantie, die vor Unglück bewahrt. Deshalb ist auch ein Segenswort keine Garantieurkunde, wie wir sie beim Kauf eines Elektrogeräts bekommen. Das Leben ist vielfältiger als jedes Gerät, das wir umtauschen können, wenn es nicht so läuft, wie es soll.

Unser Lebensglück erschöpft sich nicht in einem störungsfreien Ablauf. Glück und Segen bestehen – hoffentlich – auch in Gesundheit und Wohlstand oder Frohsinn, aber nicht allein. Ganz wesentlich sind die Beziehungen, in denen wir leben. Vor allem, dass eine Beziehung hält. Dass sie durch Dick und Dünn geht. Dass sie nicht nur in guten, sondern auch in schweren Zeiten trägt.
Darum ein zweiter Gedanke:

2. Segnen heißt: „unter das Kreuz stellen“

Der zweite Wunsch lautet: „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.“
Die Gnade Gottes wird hier anschaulich gemacht durch das Leuchten des Angesichts.
Blicke sind wichtig für eine Beziehung. Ein Gesicht, das – wie bei jenem Vater im Taufgespräch – vor Freude strahlt, das lacht und leuchtet, sagt mehr als viele Worte. Das Leuchten der Augen, ein wohlwollendes Lächeln, ein freundliches Gesicht versteht schon jeder Säugling, noch lange bevor er sprechen kann.

Das göttliche Wohlwollen, das hinter diesem Segenswort steht, soll auch durch die Körpersprache vermittelt werden. Worte können lügen. Aber die Haltung des Körpers verrät, was im Innern vor sich geht. Darum wird der Segen in der Bibel mit der Haltung des ganzen Körpers verbunden: „Der Herr erhebe sein Angesicht …“

Gott selber bleibt bei diesem Segen zwar unsichtbar. Aber er will, dass dieses Wohlwollen durch eine Geste der Zuwendung zum Ausdruck kommt. Darum hat er Aaron beauftragt.
„Und Aaron hob seine Hände auf zum Volk und segnete sie“ (1).

Dem Heben des Angesichts entspricht das Heben der Hände. Deshalb wird der Segen auch bei uns im Gottesdienst in der Regel nicht wie ein Gebet mit gefalteten Händen erbeten, sondern mit erhobenen Händen direkt zugesprochen, der ganzen Gemeinde zugewandt, mit leuchtenden Augen, mit Blickkontakt zu allen:
Der Herr erhebe sein Angesicht auf euch alle, er lasse sein Angesicht leuchten über jeden von euch, über jede einzeln.

Ein Zeichen göttlicher Zuwendung ist auch das Kreuzzeichen. Denn unser deutsches Wort „segnen“ kommt vom lateinischen „signare“ und bedeutet „mit einem Zeichen versehen“, d. h. „(mit dem Kreuz) bezeichnen“, „das Kreuzzeichen machen.“ Segnen heißt darum: „unter das Kreuz stellen“

Wo ein Mensch mit dem Kreuzzeichen gesegnet wird, wird ihm alles zugesprochen, was Christus für uns getan hat. Am Kreuz hat er für uns den Fluch des Todes auf sich genommen, durch seine Auferstehung hat er uns Heil und Segen gebracht: nichts Verfluchtes wird mehr sein (2). Nicht mehr der Tod hat das letzte Wort, sondern der Segen des lebendigen Gottes. Darum ist das Kreuz kein Symbol der Ohnmacht und des Scheiterns, sondern ein Zeichen für Heil und Leben.

Ein Sprichwort sagt: „Glück und Glas – wie leicht bricht das.“ Das Glück mag zerbrechen, ein Unglück mag hereinbrechen. Aber das Kreuz ist ein Zeichen des Segens, dass Gottes Freundlichkeit und Liebe, seine Güte und Gnade bleibt, auch wenn das Glück vergeht. Wir erfahren Schuld und Scheitern, Krankheit und Tod. Aber Gott bleibt bei uns mit seinem Segen, auch und gerade dann, wenn es nicht so läuft, wie wir es uns gedacht haben.

Segnen heißt für uns Christen vor allem: „unter das Kreuz stellen“. Kein Unglück kann uns trennen von Gottes Liebe, die er in Christus gezeigt hat, in seinem Kreuz und in seiner Auferstehung. In und trotz allem gilt: Gottes Angesicht leuchtet über uns wie das Licht der Sonne.

Die Sonne scheint an vielen Tagen. Doch sie kann auch durch Nacht und Wolken verdunkelt sein. Aber wir wissen: Sie ist da, auch wenn wir sie nicht sehen. Die Nacht geht vorüber, die Wolken ziehen weiter, die Sonne kommt wieder.

So ist es auch beim Segen Gottes. Er erfüllt uns mit Gesundheit und Frohsinn. Aber er bleibt auch, wenn das Glück zerbricht. Er leuchtet in dunklen Stunden, er erhellt Situationen der Anfechtung und Verzweiflung. Gott ist uns nahe, wenn jemand uns die Hände auflegt und ein Segenswort zuspricht.

Der Segen des dreieinigen Gottes erschöpft sich nicht in irdischen Gütern. In Christus sind wir gesegnet mit allem geistlichen Segen im Himmel (3): „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.“

Bleibt noch ein dritter und letzter Wunsch:

3. Schalom!

Wenn in der Bibel vom Frieden die Rede ist, so hat das Wort einen umfassenderen Sinn als im Deutschen. Friede ist Schalom, meint nicht nur die äußere Abwesenheit von Krieg und Streit, sondern auch die innere Zufriedenheit, den Frieden mit Gott, die Erfahrung von Vergebung und Versöhnung, das Erleben einer heilvollen sozialen Gemeinschaft. Schalom!

Dieser Friede ist ein großartiges Geschenk des heiligen Geistes. Aber er enthält auch eine Verpflichtung.

Der aaronitische Segen ist Gabe und Aufgabe. Gott will uns nicht nur Zuspruch geben, er will uns auch in Anspruch nehmen. „Segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen,“ sagt Jesus beim Gebot der Feindesliebe. Für Paulus gehört ein solches Segnen zum „vernünftigen Gottesdienst“, d. h. im Alltag der Welt (4).

Der Segen aus dem Gottesdienst wirkt weiter im Zusammenleben mit anderen Menschen. „Keiner kann allein Segen sich bewahren“, singen wir (5) – ein halber, ein halbierter Segen, ist ein ganzer Fluch. Der Schalom will im alltäglichen Miteinander bewährt und bewahrt werden. „Ist's möglich, soviel an euch liegt,“ schreibt darum der Apostel Paulus, „so habt mit allen Menschen Frieden“ (6).

Diese drei Wünsche dürfen wir heute am Sonntag Trinitatis in die neue Woche mitnehmen:
 dass der Schöpfer unseren Ausgang und Eingang behüte,
 dass der Christus unser Leben unter dem Segen des Kreuzes erhalte
 dass der heilige Geist uns Frieden gebe mit Gott, mit uns selbst und mit den anderen.

(Oder um es mit einem Neujahrswunsch von der schwäbischen Alb zusammenzufassen: „I weisch dr a guads Nuis Johr, da gsonda Leib, da Frieda, da Seaga ond da heiliga Geischt.“)

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!

Gebet zum Eingang:
Gott,
wir haben uns hier versammelt
weil wir deiner Zusage vertrauen.
Du willst mitten unter uns sein.
Du willst uns Geist von deinem Geist geben.
Du willst uns helfen, die Last unserer Zeit zu tragen.
Dafür danken wir dir.
Helmut Liersch, in:
Gottesdienstpraxis, Serie A, V/3, hrsg. von E. Domay, Gütersloh 1995


Fürbittengebet:
Lasst uns im Frieden den Herrn anrufen
um den Frieden, der von oben kommt:
um das Heil unserer Seele
und den Frieden der ganzen Welt.
um den Lauf des Evangeliums unter den Völkern,
Lasst uns den Herrn anrufen:

Kyrie EG 178.12

Für die Bewahrung seiner Kirche
und die Einigkeit unter allen Christen;
für dieses sein Haus,
und alle, die sich in ihm versammeln;
für alle die den Dienst des Wortes tun, dass sie das Wort der Wahrheit recht lehren,
für die ganze christliche Gemeinde und alle, die ihr dienen in der Leitung und in der Arbeit der Liebe;
Lasst uns den Herrn anrufen:

Kyrie 178.12

Für unsere Regierung, dass Gott sie leite und wir unter ihrem Schutz ein friedliches und verantwortliches Leben führen,
für diesen Ort, für das ganze Land,
für unsere Welt und alle, die darin wohnen;
um Gottes Segen für alle Arbeit und Mühe,
um Gesundheit der Luft und Reinheit des Wassers,
um Fruchtbarkeit der Erde und friedliche Zeiten;
Lasst uns den Herrn anrufen:

Kyrie 178.12

Für die Armen, Heimatlosen und Gefangenen,
für die Betrübten und Angefochtenen,
Kranken und Sterbenden und für ihr Heil,
und dass Gott ((uns)) aus aller Trübsal, Gewalt, Gefahr und Not errette
und uns, wenn unsere Stunde kommt, im Frieden heimhole;
Lasst uns den Herrn anrufen:

Kyrie 178.12

Lasset uns beten für alle Menschen
gerade auch für die Regierenden
und die sich als solche aufspielen
für alle die leiden machen
und vor allem für ihre Opfer
Dass Gewalt, Krieg und Terror ein Ende finden
und allen Menschen geholfen werde.
Lasst uns den Herrn anrufen:

Kyrie 178.12

Nimm dich unser gnädig an,
rette und erhalte uns.
dir allein gebührt Ruhm, Ehre und Anbetung,
dir, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. ,
jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
(nach der Chrysostomus-Liturgie)
Amen

Verfasser: Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel
Gänsheidestr. 4, 70184 Stuttgart
Anmerkungen:
(1) 3. Mose 9,22
(2) Offenbarung 22,3
((3) Epheser 1, 3-14
(4) Römer 12,1.14).
(5) EG 170,2
(6) Römer 12,18

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