Der dreieinige Gott
von Edelgard Richter (04838 Doberschütz)
Predigtdatum
:
11.06.2006
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Pfingstmontag
Textstelle
:
Epheser 1,3-14
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth; alle Lande sind seiner Ehre voll. (Jesaja 6,3)
Psalm: 145 (EG 756)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 6,1-13
Epistel:
Römer 11,(32).33-36
Evangelium:
Johannes 3,1-8.(9-15)
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 328
Dir, dir, o Höchster
Wochenlied:
EG 126
oder EG 139
Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist
Gelobet sei der Herr, mein Gott
Predigtlied:
EG 325,1-4+10
Sollt ich meinem Gott nicht singen
Schlusslied:
EG 164
Jesu stärke deine Kinder
3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.
4 Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten; in seiner Liebe 5 hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, 6 zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten.
7 In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade, 8 die er uns reichlich hat widerfahren lassen in aller Weisheit und Klugheit. 9 Denn Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, 10 um ihn auszuführen, wenn die Zeit erfüllt wäre, dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist.
11 In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluss seines Willens; 12 damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christus gehofft haben.
13 In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit - in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist, 14 welcher ist das Unterpfand unsres Erbes, zu unsrer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit.
Hinführung
Vorbemerkungen zum Epheserbrief: Der vorliegende Brief lässt nichts von einer persönlich Bekanntschaft zwischen Paulus und der Gemeinde erkennen. In alten Handschriften fehlt zudem „in Ephesus“ (1,1). Deshalb wird vermutet, dass es sich bei dem Brief ursprünglich um ein Rundschreiben an verschiedene kleinasiatische Gemeinden handelte, das von einem mit dem Gedankengut des Paulus vertrauten Schreiber verfasst wurde. Inhaltlich ist der Brief ein Lehrschreiben von der christlichen Gemeinde als dem „Leib Christi“. Der Abschnitt des Predigttextes eröffnet das nachfolgende Gebet des Briefschreibers für die Adressaten (Eph. 1,3-3,21).
Zur Predigt: Für die Predigt griff ich in weiten Teilen auf die Gedanken von Dr. Gisela Schneemann (Berlin) zurück, die in den Göttinger Predigtmeditationen veröffentlicht worden sind (54. Jahrgang, Heft 3, S. 285 ff.). Dort findet sich auch die kleine Geschichte über Watchman Nee.
Liebe Gemeinde!
Der ganze Abschnitt unseres Predigttextes ist ein einziger Aufruf an uns, Gott zu loben und zu preisen. Er hat uns gesegnet. Er hat uns erwählt. Wir sind seine Kinder. Er ist uns gnädig. Er vergibt uns die Sünden. Er schenkt uns den Heiligen Geist. Und das alles haben wir von Gott „durch Christus“ oder „in Christus“, so lesen und hören wir immer wieder.
Was heißt das: „in Christus“? Eine kleine Geschichte soll veranschaulichen, was das bedeuten mag. Der chinesische Christ Watchman Nee nahm ein kleines Buch in die Hand und legte ein Stück Papier hinein. „Schaut jetzt genau hin“, sagte er zu seinen Zuhörern. „Ich nehme dieses Papier. Es ist ein Ding für sich, unabhängig von diesem Buch. Da ich im Augenblick keine Verwendung für dieses Papier habe, lege ich es in das Buch hier. Das Buch sende ich nun mit der Post zu einem Freund. Ich gebe nicht das Papier auf, denn das habe ich in das Buch getan. Was wird nun aus dem Papier? Kann das Buch zu meinem Freund gehen und das Papier hier bleiben? Kann das Papier ein von dem Buch unabhängiges Schicksal haben? Nein, wo das Buch hingeht, da geht auch das Papier hin. Wenn ich das Buch in den Fluss werfe, fällt auch das Papier in den Fluss. Ziehe ich das Buch schnell wieder heraus, dann bekomme ich auch das Papier wieder. Was das Buch durchmacht, das macht auch das Papier durch, denn es ist noch immer darin.“ Soweit Watchman Nee.
„In-Christus-Sein“ – das lässt sich verstehen als völlige Verbundenheit unseres Schicksals mit dem Schicksal Christi. Nicht dass wir mit Christus identisch würden, wie der Zettel auch nicht mit dem Buch identisch ist. Er ist nicht einmal eine Seite aus dem Buch. Aber er ist darin.
Wie schlägt sich nun dieses „in Christus“ in unserer Erfahrung nieder? Wie weit her ist es mit der Erfahrung der Erwählung, des Erlöst-Seins und des Heiligen Geistes?
Da ist die Erfahrung der Erwählung
Ist es nicht eher so gewesen all die Jahre in der DDR, dass das Bekenntnis zu Gott und die Worte: „Ich glaube an Jesus Christus“ für die Karriere im Beruf hinderlich waren? So viele Christen in der DDR wurden eben nicht erwählt, nicht mit höheren Posten oder Leitungsaufgaben bedacht. Und auch heute noch ist man schneller abgewählt, als einem recht sein kann. Berufserfahrung? Das zählt doch nicht. Erwählt wird, wer jung ist, flexibel, dynamisch. Und wie wählen wir selbst aus? Wer darf in unseren Freundeskreis hinein? Stolz werden Freunde präsentiert, die es „zu etwas gebracht haben im Leben“.
Gottes Wahl ist anders ausgerichtet. Er kommt auf uns zu. Er wählt uns, nicht umgekehrt. Am deutlichsten wird das an dem Wort Jesu (Joh. 15,16): „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“ Dass Gott uns erwählt hat, können wir nicht fühlen. Das wurde bei unserer Taufe sichtbar gemacht und wird uns im Bibelwort gesagt. Wer dieses Wort gelten lässt, für den gilt es.
Erwähltsein zur Kindschaft, heilig und untadelig vor Gott zu leben, Christus ähnlich zu werden – manchem mag das auf Dauer zu anstrengend und zu schwierig sein. Aber ohne Christus sind wir nichts anderes als alle andere Kreatur, bestimmt, eine kurze Zeit zu leben und dann zu sterben. In Christus hat unser Leben Sinn und Ziel.
Da ist die Erfahrung des Erlöstseins
Ohne die Vergebung funktioniert unser menschliches Miteinander auf Dauer nicht. In der Familie, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft, im Kollegenkreis – überall, wo Menschen aufeinandertreffen, machen sie auch Fehler im Umgang miteinander und sind auf die Vergebung anderer angewiesen. Wer kennt das nicht: Da komme ich nach einem „Dumme-Jungen-Streich“ als Kind zu den Eltern. Die erheben den Zeigefinger und nehmen mich dann doch in den Arm und sagen: „Schwamm drüber.“ Mir fällt ein Stein vom Herzen. Es ist ein herrliches Gefühl von Befreiung, Erlösung, wenn Schulden erlassen, Schuld vergeben wird. Dieses Gefühl kennt doch jeder Mensch.
Und trotzdem kann kaum jemand etwas damit anfangen, wenn von der „Erlösung durch das Blut Jesu Christi“ die Rede ist. Sünde – Fernsein von Gott – wird gar nicht mehr als Belastung empfunden. Und wenn man keine Belastung empfindet, braucht man auch nicht entlastet zu werden. In vielen evangelischen Gemeinden herrscht die Meinung, dass es sozusagen Gottes Sache sei zu vergeben. Das sei Gottes Wesen. Man könne darum leben wie man wolle – Gott ist ja sowieso gnädig. Wer dies glaubt, dem sind seine Sünden nicht vergeben.
Unser Glaube von der Vergebung der Sünden gründet sich auf ein ganz konkretes Geschehen, auf ein historisches Ereignis, und nicht auf irgendeine für uns nicht greifbare Wesensart Gottes. Weil Christus am Kreuz gestorben ist, haben wir die Erlösung. Ohne Christus sind wir durch unsere eigene Schuld von der Nähe Gottes ausgeschlossen. Durch Christus haben wir Zugang zu Gott, zu seinem Wort und Willen und sind in seinen Heilsplan mit hineingenommen.
Da ist die Erfahrung des Heiligen Geistes
Mit dem Heiligen Geist tun wir Christen uns häufig recht schwer. Wenn er doch so einfach sichtbar wäre wie bei der Taufe Jesu im Matthäusevangelium beschrieben (Mt. 3,16)! An seinen Auswirkungen im Leben der Christen erkennen wir den Heiligen Geist, lernen Jugendliche in den Konfirmandenstunden. Wie wirkt er also nach Epheser 1,13+14? Das „Gießkannenprinzip“ funktioniert hier nicht. Der Geist wirkt nicht allgemein. Er wirkt bei denen, die das „Wort der Wahrheit“ gehört haben, so der Schreiber des Epheserbriefes. Er wirkt bei denen, die der Wahrheit glauben, dass Jesus für sie gestorben und ihre Sünde vergeben ist. Er ist gleichsam das Siegel darauf, die Bestätigung, dass wir uns nicht irren, dass die Sündenvergebung keine Einbildung ist, dass wir Gottes Kinder und Erben sind.
Da spricht auch die Diskrepanz zwischen der Gotteskindschaft und unserem Verhalten nicht dagegen. Auf der einen Seite ist der Mensch das, was er ist: jemand, der unendliches Leid zufügen kann, der immer wieder versagt und scheitert. Das ist die Wirklichkeit. Andererseits sind die Glaubenden, so hören wir, in Christus gesiegelt mit dem Heiligen Geist. In der Taufe wurde uns eine andere, noch kaum sichtbare Wirklichkeit aufgestempelt. An den Säuglingen, die getauft werden, lässt sie sich verstehen. Keiner weiß, wozu die Kleinen einmal fähig werden. Aber ihre Eltern sind glücklich. Sie sehen nicht nur das hilflose Wesen, sondern den ganzen künftigen Menschen mit all seinen Gaben und seiner Güte.
Wie die Eltern des hilflosen Säuglings nicht warten mit ihrer Liebe, bis das Kind etwas kann, so wartet auch Gott nicht, bis der Mensch ein besserer geworden ist. Er drückt ihm vielmehr von Anfang an sein Siegel auf: Du bist bestimmt, etwas zu sein zum Lob der Herrlichkeit Gottes.
Als Sünder sind wir berufen (Röm. 5,8). Der Heilige Geist führt uns sozusagen auf dem Weg der Heiligung, einem Weg, den wir ein Leben lang gehen.
Wie der anfangs erwähnte Zettel nicht mit dem Buch, so ist der Christ nicht mit Christus identisch. Der Glaubende ist noch unterwegs zu dem Ziel, zu dem er berufen ist. Aber ohne Christus sind wir unfähig, dieses Ziel zu erreichen. In Christus stehen wir unter der Leitung des Heiligen Geistes, der uns Gewissheit gibt und führt. Gelobt sei Gott, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen in Christus Jesus! Amen.
Verfasserin:
Pfrn. Edelgard Richter, Lindenallee 20 – OT Sprotta, 04838 Doberschütz
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).