Der dreieinige Gott Gottes geheimnisvolle Wirklichkeit
von Bernd Rapp (London)
Predigtdatum
:
11.06.2017
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Pfingstmontag
Textstelle
:
Jesaja 6,1-13
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Predigttext Jesaja 6, 1 – 13
Jesajas Vision und Berufung zum Propheten
In dem Jahr, als der König Usija starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron und sein Saum füllte den Tempel.
Serafim standen über ihm; ein jeder hatte sechs Flügel: Mit zweien deckten sie ihr Antlitz, mit zweien deckten sie ihre Füße und mit zweien flogen sie.
Und einer rief zum andern und sprach: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll!
Und die Schwellen bebten von der Stimme ihres Rufens und das Haus ward voll Rauch.
Da sprach ich: Weh mir, ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn ich habe den König, den Herrn Zebaoth, gesehen mit meinen Augen.
Da flog einer der Serafim zu mir und hatte eine glühende Kohle in der Hand, die er mit der Zange vom Altar nahm,
und rührte meinen Mund an und sprach: Siehe, hiermit sind deine Lippen berührt, dass deine Schuld von dir genommen werde und deine Sünde gesühnt sei.
Und ich hörte die Stimme des Herrn, wie er sprach: Wen soll ich senden? Wer will unser Bote sein? Ich aber sprach: Hier bin ich, sende mich!
Und er sprach: Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehet's nicht; sehet und merket's nicht!
Verfette das Herz dieses Volks und ihre Ohren verschließe und ihre Augen verklebe, dass sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen.
Ich aber sprach: Herr, wie lange? Er sprach: Bis die Städte wüst werden, ohne Einwohner, und die Häuser ohne Menschen und das Feld ganz wüst daliegt.
Denn der Herr wird die Menschen weit wegführen, sodass das Land sehr verlassen sein wird.
Auch wenn nur der zehnte Teil darin bleibt, so wird es abermals kahl gefressen werden, doch wie bei einer Terebinthe oder Eiche, von denen beim Fällen noch ein Stumpf bleibt. Ein heiliger Same wird solcher Stumpf sein.“
Liebe Gemeinde,
“Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbei-lage oder fragen sie ihren Arzt oder Apotheker” - so heißt es immer in der Werbung!
Das hätte sich der junge Jesaja sicher mit weniger Risiken und Nebenwirkungen vorgestellt: das Propheten-Dasein!
Er sah eine wunderbare Thronvision von Gott, dessen Herr-lichkeit einen irdischen Anhaltspunkt hat und doch weit über den Tempel hinausragt. Dieser Tempel ist höchstens groß genug, den winzigen Saum des göttlichen Gewandes zu be-herbergen. Jesaja sah engelsgleiche Wesen und Rauch und er hörte, wie sie sangen und jubilierten: Heilig, Heilig, Heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll!
Ob wir das nachher, wenn wir Abendmahl miteinander feiern, auch so schön und erhaben hin bekommen?
Und weil Jesaja sah und hörte ist er so erfüllt, dass er auch spricht: Er spricht seine Sorge und seinen Zweifel aus, ob er der Gegenwart Gottes standhalten kann. Jesaja erkennt, dass er dem allen nicht gewachsen ist und schlagartig fällt ihm ein, was alles an beleidigenden, unwahren, abfälligen, gedanken-losen Worten aus seinem Mund gekrochen ist.
Mit einer schmerzhaften und eigenartigen Prozedur wird er Teil des Opfers: einer der Seraphim holt eine glühende Kohle vom Altar und berührt damit seinen Mund.
So verletzt und gereinigt zugleich hört Jesaja wieder – dies-mal Gottes eigene Stimme: Wen soll ich senden, wer will unser Bote sein?
Vielleicht war es mehr spontaner Überschwang als lang über-legte Reaktion: Jesaja meldet sich zum Dienst: “Hier bin ich – sende mich!”
So vorbereitet und so motiviert könnte es nun losgehen: Jesaja geht hinaus, verkündet Gottes Willen und wird zum Helden, zum gefeierten Theologie-Star und Glaubenshelden, der aus der Nähe zu Gott ein vollmächtiges Zeugnis ablegt!
Ob Jesaja gerne seine Zusage zurückgezogen hätte als er die Botschaft hörte, die er nun auszurichten hatte? Ob er sein Mandat gerne niedergelegt hätte wegen Befangenheit oder akuter Unlust? Denn wer will schon gegen Mauern des Schweigens predigen? Gegen verstopfte Ohren und Herzen, gegen vorgefertigte Meinungen und unumstößliches Halb-wissen, gegen Selbstzufriedenheit und Hochmut.
Nein – ein bewunderter Kirchen- und Glaubensmann wird er wohl nie, der Jesaja, das wird ihm in diesem Moment klar. Er hat eine traurige Nachricht auszurufen und eben nicht: “Alles wird gut”.
“Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungs-beilage und fragen sie ihren Arzt oder Apotheker!” Nein – Vergnügungssteuerpflichtig ist das Propheten-Dasein nun wirklich nicht! Das hat Dietrich Bonhoeffer in seinem Vortrag “Die Tragödie des Prophetentums” so ausgedrückt: “Was ist ein Prophet? Hier müssen wir zunächst schlichtweg ablehnen jede Ansicht, die dahin geht, ein Prophet sei etwas wie ein Weissager oder Wahrsager. So hört man oft; das ist grundfalsch. Ein Prophet ist ein Mann (und ich ergänze: oder eine Frau!!!), der sich von Gott in einem bestimmten, erschütternden Augenblick seines Lebens angefasst und berufen weiß und nun nicht mehr anders kann, als hintreten unter die Menschen und den Willen Gottes verkündigen. Die Berufung ist der Wendepunkt seines Lebens geworden, und es gibt für ihn nur noch eines, dieser Berufung folgen, mag sie ihn ins Unglück, in den Tod führen.” (Dietrich Bonhoeffer, Gesamtausgabe, Barcelona, Berlin, Amerika 1928 – 1931, 288)
Prophet und Prophetin ist man nicht nur ein bisschen, sondern voll und ganz. Nicht nur mit Herz und Verstand, sondern auch mit Haut und Haar. Nicht nur in guten, sondern auch in bösen Tagen. Prophet und Prophetin, das ist kein Halbtagsjob oder eine Nebentätigkeit, da geht es ums Ganze, um das ganze Leben, voll und ganz!
In welchen Zeiten leben wir? Könnte es sein, dass vielleicht einer von uns oder eine aus unseren Reihen..., - ja könnte es sein, dass wir als Gemeinde und als Kirche einen prophetischen Auftrag haben? Zum Glück müssen wir ja nicht immer wie Jesaja Verstockung ansagen - also das Zusam-menfallen von Nicht - wollen und Nicht - können der Hörenden!
Ob wir vielleicht etwas sagen sollten und eine Meinung haben sollten, wenn Menschen und ganze Menschengruppen pauschal verurteilt werden? Wenn bei den einen am Ende des Geldes noch zu viel Monat übrig ist und bei den anderen am Ende des Monats noch Unmengen von Geld? Sollten wir was sagen, wo Menschen nicht mehr mit Respekt miteinander umgehen, privat und öffentlich und es völlig egal ist, wie und mit welchen Methoden und verdrehten Fakten eine Meinung oder Standpunkte durchgesetzt werden. Stimmen wir mit ein in die allgemeine Angst und Kritik an allem und jedem oder haben wir als Kirche, Gemeinde und Einzelne eine andere Botschaft der Versöhnung, des Respekts, der Aufrichtigkeit, des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe?
(Parkplatz für eigene Gedanken oder aktuelle Bezüge!)
Doch Achtung mit den Risiken und Nebenwirkungen! Prophetisches Leben und Handeln ist kein Sommer-spaziergang und auch keine Teilzeitbeschäftigung. Prophe-tisches Leben und Handeln heißt nicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen – wodurch man ja bekanntlich mit drei Fingern zugleich auf sich selbst zeigt!!! Prophetisches Leben und Handeln beginnt mit dem Staunen und dem Hören, man sucht sich diesen Job nicht aus, sondern bekommt ihn zugewiesen, wird überwältigt und mit hineingezogen in den Auftrag Gottes, wird “angefasst und berufen” und kann dann nicht mehr anders als im Windschatten Gottes in die Welt zu treten.
Prophetinnen und Propheten sind die, die sehen und staunen, hören und verstehen, die sich reinigen lassen und oft durch schmerzhafte Prozesse gehen.
Prophetinnen und Propheten sind Menschen, die mit ganzem Körpereinsatz dafür stehen, dass es nicht um sie geht, sondern um die Sache Gottes, Menschen, die sich rufen und schicken lassen und die deshalb gelassen und geschickt Botinnen und Boten der Nähe Gottes werden.
Beten wir darum, dass Gott immer wieder solche Frauen und Männer in seinen Dienst nimmt. Beten wir für sie, die sie einen schweren Dienst tun. Beten wir darum, dass sie nicht auf verstockte Herzen und taube Ohren treffen, sondern auf Menschen, denen Herz, Ohr und Hand geöffnet wird und die mit Mund und Lippen und all ihrem Tun und Lassen verkün-den, dass Gott der Schöpfer, Erhalter und Vollender der Welt ist.
Beten wir auch für uns, dass wir die Risiken und Nebenwirkungen unseres Glaubens nicht scheuen, sondern den fragen und dem vertrauen, der in seinem Sohn Mensch wurde, unser Bruder und unser Retter.
Amen.
Verfasser: Pfarrer Bernd Rapp
22 Downside Crescent, NW 3 2AR, London
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