Der Einzug des Königs
von Manfred Günther (35325 Mücke)
Predigtdatum
:
13.04.2003
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Judika
Textstelle
:
Johannes 12,12-19
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Wochenspruch:
Der Menschensohn muss erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. (Johannes 3,14b.15)
Psalm: 69,2-4.8-10.21b.30 (EG 731)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 50,4-9
Epistel:
Philipper 2,5-11
Evangelium:
Johannes 12,12-19
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 341,1+6+7
Nun freut euch, lieben Christen g’mein
Wochenlied:
EG 87
Du großer Schmerzensmann
Predigtlied:
EG 346,1-5
Such, wer da will, ein ander Ziel
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns
12 Als die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem käme, 13 nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und riefen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel!
14 Jesus aber fand einen jungen Esel und ritt darauf, wie geschrieben steht (Sacharja 9,9): 15 »Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.« 16 Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so mit ihm getan hatte. 17 Das Volk aber, das bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, rühmte die Tat. 18 Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan. 19 Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.
Liebe Gemeinde!
Heute sind meine Gedanken zu diesen Versen ganz eigene Wege gegangen. Aber ich will sie ihnen doch vortragen. Vielleicht bin ich dann ja nur etwas weiter entfernt von diesem Bibelwort, aber doch um so näher bei ihnen und den Menschen unserer Tage?
Wir hören hier von einer einmaligen Gelegenheit, Jesus Christus zu begegnen. Der sehnlich erwartete König Gottes zieht in Jerusalem ein. Man hätte ihn sich ja noch ein wenig prunkvoller gewünscht, nicht gerade auf einem Esel reitend, aber immerhin: Er ist der verheißene Heiland, der Messias, der Sohn Davids... Das weiß jeder von denen, die hier mit Palmzweigen winken und ihm huldigen. Eine große Menge ist das gewesen, wie wir hören. Aber trotzdem: Sicher nicht alle Menschen von Jerusalem.
Ich musste an die denken, die damals zu Hause geblieben sind. Und warum sie sich wohl nicht auch aufgemacht haben zu Jesus? Sicher waren viele in der Stadt, die es nicht wussten, dass heute ausgerechnet Jesus durch die Tore einzieht. Andere werden nicht haben kommen können, wegen ihres Alters und ihrer Krankheit etwa. Aber noch andere hat es gewiss gegeben, die haben gezögert... „War das wirklich der Messias? Ist dieser Jesus der Christus, der Sohn Gottes?“ So fragten sie sich vielleicht. Und darum waren sie nicht hingegangen. Sie wollten nicht - bevor sie innerlich überzeugt wären - in den Sog der allgemeinen Begeisterung geraten.
Ich finde, diese Haltung ehrt diese Leute! Denn sehen wir doch einmal auf die anderen, die hier mit den Palmzweigen wedeln: Bestimmt waren viele von ihnen nur Tage später auch wieder dabei...vor dem Palast des Pilatus, als die Menge über eben diesen Jesus den Stab bricht und schreit: „Ans Kreuz mit ihm!“ Wie gesagt: Die Zurückhaltung dieser Menschen war sicher gut, besser jedenfalls als ihm erst huldigen, dann aber umfallen und ihn ans Kreuz bringen.
Aber es gab sicher noch eine Gruppe von Leuten, die hier die Begegnung mit Jesus eher gemieden haben: Ich nenne sie einmal die „Verschämten“. Es sind die, denen es aus vielen, ganz unterschiedlichen Gründen einfach nicht möglich war, in die Nähe dieses Jesus zu treten. Die interessieren mich heute am meisten! Ja, heute! Sie haben ja jetzt bestimmt schon bemerkt, dass diese Geschichte vom Einzug in Jerusalem durchaus auch für unsere Zeit etwas zu sagen hat.
Die gibt es doch heute auch, die Menschen, die jede Begegnung mit Jesus suchen, die sich für ihn begeistern, sich zu ihm bekennen und ihm ihr Leben weihen wollen und ihm fromme Lieder singen. Gewiss halten das viele auch durch, aber wir kennen auch jene, die irgendwann von den fanatischsten Anhängern zu seinen erbittertsten Feinden oder in seiner Sache absolut Gleichgültigen werden.
(Vielleicht hat ihr „Halleluja“ uns deshalb immer schon ein wenig unglaubhaft geklungen, weil wir dahinter schon den dunklen Unterton des „Kreuzige“ gehört haben? Oder wir haben uns doch wenigstens gewundert, wie sie ihr Hosianna vom Sonntag mit ihrer alltäglichen Lebensart zusammenbringen können, die nur raffen kann und ganz und gar nicht das Wesen ihres angeblichen Herrn widerspiegelt. Ja, waren wir nicht fast erleichtert, als sie dann irgendwann ihr wahres Gesicht gezeigt haben? - Ist es also nicht wirklich besser, einer bleibt gleich zu Hause, wenn Jesus kommt, als dass er ihn erst anhimmelt, um ihn dann doch zu verraten?)
Aber kommen wir zu den „Verschämten“, wie ich sie genannt habe: Sie interessieren mich, habe ich gesagt. Aus zwei Gründen. Einmal glaube ich, sie sind heute noch viel zahlreicher geworden als damals in Jerusalem in den Erdentagen Jesu. Und dann: Sie sind mir sympathisch. Ich kann sie verstehen. Aber dennoch wünschte ich ihnen, dass sie über sich selbst und ihre Scham hinauskommen. Aber jetzt will ich endlich sagen, was ich damit meine:
Ich denke da etwa an die älter gewordenen Gemeindeglieder, die vielleicht meinen: Ich kann doch jetzt im Ruhestand nicht zum Kirchgänger werden. Oder: Wenn ich jetzt auf einmal in den Bibelkreis meiner Gemeinde ginge, was würde denn meine Nachbarin sagen? Oder auch: Selbst in meiner Familie würden die doch die Welt nicht mehr verstehen, wenn ich vielleicht mit dem täglichen Lesen der Bibel anfangen würde.
Ja, liebe Gemeinde, solche hat es zur Zeit Jesu schon gegeben und die gibt es heute auch - ich glaube, wie gesagt: noch viel mehr als damals. Und ich würde diesen Menschen so gern Mut machen, dass sie sich aufmachen „zu Jesus“ oder was das in unseren Tagen heißt. Dass sie den Schritt in die Kirche lenken oder zu einem Kreis oder zu einer Übung, die nie ihre Art war, sei es Bibellese oder die Losung am Morgen... trotz aller Vorbehalte, trotz der Reden der Nachbarn, trotz der fragenden Blicke ihrer Kinder oder Enkel, trotz der eigenen Scham eben!
Was ich zur Ermutigung sagen kann, ist dies: Es ist einfach zu wichtig, dass einer zu Jesus kommt, als dass es an solchen Dingen scheitern dürfte! Stellen sie sich doch nur vor, wenn es heute wäre, wie damals: Wer nicht an der Straße gestanden hat, als Jesus in Jerusalem einzog, der hat ihn verpasst. Ein zweites Mal kam er nicht vorbei. Und denken sie nur, wegen dem dummen Gerede eines Mitmenschen: „Na, du bist wohl fromm geworden?“, soll eine Beziehung, die uns froh machen und retten kann, im Keim erstickt werden. Das wäre doch furchtbar! Nicht auszudenken, wenn Jesus dann nie mehr wieder vorbeikäme!
Aber es gibt auch jene, die sind vielleicht noch jung, haben aber seit ihrer Konfirmation nur sehr lockeren Kontakt mit Gott und seiner Sache gehalten. Auch sie zähle ich zu den „Verschämten“. Es ist ja in unseren Tagen fast schon eine Mutprobe, wenn man in einer Clique junger Menschen bekennt: Ich gehe gern in die Kirche! Mir gefällt es im Gottesdienst gut. Ich versuche als ein Christ, eine Christin zu leben.
Die Blicke der anderen können wir uns gut vorstellen! Darum denken wir nicht schlecht von denen, die hier nicht standhalten. Machen wir ihnen doch Mut! Denn auch hier glaube ich, dass Jesus nicht immer wieder vorbeikommt. Vielleicht ist es also irgendwann zu spät. Dann hat das Leben, die schlechten Erfahrungen, die Ernüchterung und Resignation alle Begeisterung aufgefressen. Dann führt vielleicht kein Weg mehr zurück zu Jesus und seiner Sache. Darum wünsche ich den Menschen, von denen ich jetzt rede, dass sie dem trotzen können, was andere reden oder denken.
Was liegt denn schon daran, wenn manche ach so guten Freunde mich schief anschauen oder blöde Bemerkungen machen? Wie geht denn das weiter? Nun, vielleicht machen sie die Witze noch eine ganze Weile. Im schlimmsten Fall wird der Kontakt mit ihnen schwierig und geht verloren. Aber selbst wenn es so wäre: Was ist denn dann schon passiert? Worum geht es denn auf der einen und der anderen Seite? Hier steht die fragwürdige Freundschaft zu Lästermäulern und solchen Leuten auf dem Spiel, die im Grunde nur selbst unsicher sind und sich auf Kosten anderer stark und überlegen vorkommen wollen. Und da ist Gottes Sache, das Wort von der Vergebung, der Auferstehung und dem Ewigen Leben... Müsste ich da nicht wissen, was für mich wichtiger ist?
Noch einige kenne ich, die würde ich auch zu den „Verschämten“ rechnen. Reiche, die meinen, sie müssten gleich allen Wohlstand aufgeben, wenn sie in die Nähe der Gemeinde Jesu Christi kämen. Menschen, die Schuld auf sich geladen haben und nun denken, sie wären ein für allemal nicht mehr würdig der Gemeinschaft mit Jesus und den anderen Christen. Solche, die vielleicht früher einmal die erklärten Gegner des Glaubens waren. Und noch manche andere zählen hier dazu.
Allen möchte ich heute sagen, dass doch Gottes Wort und Verheißung tausendmal wichtiger ist als alles andere, was uns vielleicht noch abhält, Jesus zu begegnen. Der Tag an dem Jesus in Jerusalem einzieht, ist heute und nicht morgen und schon gar nicht irgendwann. Heute! Wenn wir unsere Scham oder alles andere überwinden, was uns noch zurückhalten mag, dann können wir ihn heute noch treffen. Und dann kann uns nichts mehr aus seiner Nähe vertreiben. Amen.
Verfasser: Pfr. Manfred Günther, Lohgasse 11, 35325 Mücke
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